Sei gegrüßt
@oneisenough Du scheinst mir hier deinen Körper (Kerzenwachs) von dem Ich-Bin (Kerzenflamme) zu trennen und außerdem auszusagen, dass da noch was ist, was die Kerze im Wechsel auspustet und anzündet. Auch sagst du aus, die Welt sei weniger die Flamme (Ich-Bin) selbst, als vielmehr das, was die Flamme anstrahle. Und nun setzen wir Reihenfolgen. Einfach um der Einfachheit Willen. Sagen wir, als Erstes 1) kommt das, was die Kerze insgesamt zum Entzünden bringt, als Zweites 2) das Kerzenwachs und als Drittes 3) den Kerzendocht, der die Welt entflammt als Viertes 4) erscheinen lässt durch seine Strahlen. Versuchen wir das nun schrittweise etwas durchzukauen. Dazu vereinfachen wir das nochmal tabellarisch und stellen die Aussagen analog, was zu was gehört. Etwa 2) Kerzenflamme sei identisch mit 2) Ich-Bin oder etwa halt 3) Kerzenwachs sei identisch mit 3) Körper. Zu 1) etwa werde ich aber mal eine Aussage machen, die du gerne noch anzweifeln und ihr widersprechen kannst und die ich halt einfach aus meiner Warte jetzt mal so setze. Und zwar sage ich, dass 1), also das die Wechsel Ermöglichende, jenseits der Dualität sein muss und diese ermöglichend dadurch, dass es das Potential der zwei Zustände in sich birgt und es nur zwei Zustände (An und Aus, Licht und Dunkelheit, Sein und Nicht-Sein, Leben und Tod) gibt.
1) Das die Wechsel Ermöglichende. Somit das, was jenseits der Dualität sein muss und diese als Potential in sich bergend. Das ist deckungsgleich mit dem, der die Kerze entflammt und auspustet.
2) Der unmittelbare materielle Sitz der Seele im Körper, in welchem man als Seele zu hausen und durch welchen man zu wirken und an welchen man gebunden zu sein meint. Dieser ist deckungsgleich mit dem Kerzendocht, welcher entzündet oder nicht entzündet sein kann und damit einen dualen Charakter hat. Entzündet erscheint die Seele als Ich-Bin und nicht entzündet als Ich-Bin-Nicht. Das ist etwa im Schlaf der Fall, und wie aber Sri Nisargadatta sagte, ist, fabulös, auch das Ich-Bin im Schlaf latent, wobei es doch aber das Ich-Bin-Nicht ist.
3) Der biologische Körper, den wir brauchen, damit wir überhaupt sein können und in welchem wir als Seele zu hausen, durch ihn zu wirken, an ihn gebunden zu sein meinen. Das ist dechungsgleich mit dem Kerzenwachs, welches den Docht ermöglicht und von welchem der Docht abhängt und in welchem er abbrennt. Ist die Kerze zum Ersten mal entzündet, so nennen wir das Geburt und ist die Kerze abgebrannt, so nennen wir das Tod. Wird die Kerze dazwischen immer mal wieder wechselseitig angebrannt und wieder ausgepustet, so nennen wir das Wachen und Schlafen.
4) Die Welt, in der dieser Körper 3) geboren zu sein meint, der von 1) durch Entbrennen von 2) ins Leben geschickt wird und der nun in dieser Welt sich zu befinden meint. Das ist deckungsgleich mit einem Raum, in welchem eine Kerze sich befindet. Wird sie entzündet, so lässt sie diesen Raum erscheinen.
Erst mal muss danach gefragt werden, was denn 1) überhaupt sein soll, also das, was die Wechsel ermöglicht. Und wie sollte es überhaupt verschieden von der Flamme sein, wenn es doch die Flamme geben soll durch Entzündung des Dochtes 2) der Kerze, damit diese brennen möge und die Welt erscheinen lassen soll. Aber auch muss man fragen, wie könnte sie die Flamme wieder löschen, wenn sie doch wirklich nur Flamme sei ihrem Wesen nach und nicht auch noch was Anderes? Der Docht 2) der Kerze mag auf dem Wachs 3) sich abbrennen, und das Zimmer 4) damit behellen. So etwa wie das die Wechsel Ermöglichende das unmittelbare materielle Haus der Seele eben belebt und wieder entlebt, indem dieses Haus 2) zuerst immer mehr angebaut wird durch das Wachstum des Körpers 3), aber am Ende doch wieder zum Einsturz kommt durch Auflösung eben dieses Körpers bzw. seine Zersetzung. Aber die Welt 4) bliebe trotzdem bestehen, nur dass sie nun nicht mehr von einer bestimmten individuellen Kerze oder Seele beschienen würde. Auch das die Wechsel Erzeugende 1) bliebe bestehen und zwar mit dem Potential, zu entzünden und auszulöschen.
Ich sehe in diesen Analogien nun nur bestimmte Probleme. Denn bleiben wir bei dem Ich-Bin 2), so kann dieses nur alles das selbst sein. Der Körper 3) ist auch das Ich-Bin 2) genauso wie die Welt 4). Ausgenommen vielleicht das die Wechsel Erzeugende 1). Denn was Anderes als das Ich-Bin soll dein Körper denn sein? Wo verortest du dich denn verstanden als das Ich-Bin? Soll das Ich-Bin selbst verschieden vom Körper sein und etwa ein ganz spezieller Bereich davon? Oder ist es nicht eventuell mehr so, dass es bestimmte Areale bzw. einen bestimmten Ort gibt, der letztlich Träger des Bewusstseins bzw. des Ich-Bin ist? Und dieser bestimmte Ort kennt sodann zwei Zustände, die sich aber überlagern müssten und nur mal so, mal so zeigten. Wie Sri Nisargadatta sagte, als er davon sprach, dass das Wachen vom Schlaf nicht gänzlich unterschieden wäre und beiden das Ich-Bin in seiner reinen Form unterliege. Etwa so: "Ich bin an, Ich bin aus - Ich bin, Ich bin nicht".
Jedenfalls aber aus was als aus dem Ich-Bin soll dein Körper bestehen? Auch die Welt, aus was als aus dem Ich-Bin? Ohne dich, wo ist da dein Körper und wo die Welt? Wenn du tief versunken bist im tiefsten Schlaf, wo ist da ein Körper oder eine Welt für dich? Wenn du sagst, dass Ich-Bin sei verschieden vom Körper und der Welt, und bestrahle diese nur, dann musst du das Ich-Bin lokalisieren, nehme ich doch an, denn du musst es in Distanz und Verschiedenheit von den Phänomena setzen. Dabei sage ich, dass das Ich-Bin doch gerade das Phänomenon bzw. die Phänomena selbst ist, seien diese sinnlich, kognitiv oder intelligibel. Das Noumenon bzw. die Noumena hingegen sind das Potential, und damit eventuell eben dieses die Wechsel Erzeugende. Aber wenn doch das Ich-Bin nun das Phänomena schlechthin selbst ist, was soll es dann noch jenseits eben genau dieses Ich-Bin in der phänomenalen Welt geben? Und wenn es nichts jenseits dieses Ich-Bin gibt, dann ist es notgedrungen alles.
Du wirst eventuell meinen, dass es verschiedene Qualitäten und Arten dieses Ich-Bin gibt, aber doch bleibt doch alles eben dies, so möchte ich sagen. Da mag die Welt 4) sein, die wir als in Distanz von uns 2) und 3) meinen. Da mag eben der Körper 3) sein und da mag der Gedanke Ich-Bin 2) selbst sein. Aber ob nun die grobe materielle Welt da draußen, der Körper, Gedanken welcher Art auch immer, Bilder, Fantasiegebilde oder Wörter, sie sind doch alle seiend und das eigentlich Seiende
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ich. Ja, auch das Wort Ich-Bin und der reine Gedanke Ich-Bin selbst oder das wortlose Gefühl und die Gegenwart des Ich-Bin selbst ist doch stets immer das Ich-Bin. Das Ich-Bin ist in jeweils verschiedenen Arten. Es wechselt sich der Fokus der Aufmerksamkeit, die von dem die Wechsel Erzeugenden ausgeht. Und von der ich aber meine, dass sie tatsächlich erst ihre Vollendung durch das findet, was wahrhaft jenseits aller Dualitäten ist und das kann erst das sein, was die Dualitäten trennt und verbindet gleichsam und sie in Eines aufhebt.
Ausgeübte Aufmerksamkeit jedenfalls, so würde ich sagen, ist stets das Ich-Bin. Anwesenheit, die sich wechselt. Doch immer ist Anwesenheit, was sollte sonst sein. Abwesenheit? Was soll das sein? Und auch im Schlaf? Welcher Schlaf? Was ist das? Würde ich nicht auch sowas wie einem Schlaf unterliegen, wenn auch abwesend in der nach außen gerichteten Welt und nur noch in mir selbst und diese Erfahrung der Nicht-Erfahrung nicht machen, wie könnte ich je wieder erwachen? Ich unterliege dem Schlaf,
ich bin auch noch im Schlaf. Und wenn man da sagt, ich bin nicht im Schlaf, da da keine Erfahrung eines Ich-Bin ist, dann möge man sagen: Ich bin dort, weil ich sage, ich bin dort nicht. Ich bestätige mich selbst, indem ich die Erfahrung mache, dass ich nicht bin. Denn im Schlaf bin ich nach Innen gerichtet in mich selbst vollkommen eingegangen. Ich umfasse und umarme mich selbst und da ich mit mir selbst verschmelze, darum verschwinden Innen und Außen und das Gespür dafür.
Du erzählst mir in deinem an mich gerichteten Beitrag, dass du anstatt der Kerze gerne ein Feuerzeug als Analogie verwendest und dass du dann gerne fragst, wer denn das Feuerzeug, nachdem es ausgeschaltet ist, wieder anzünde, wenn doch analog gelte, dass der Körper des Feuerzeugs der biologische Körper wäre. Klar, wenn wir das Feuerzeug nehmen, dann hieße das, dass es sich selbst anschalten müsste. Das scheint beinahe ausgeschlossen. Denn es ist doch jemand Anderes, der es anschaltet. Aber wir müssen bei Analogien immer vorsichtig sein, denn sie können die Realität oft einfach nicht 1:1 abdecken. Der Körper läuft jedenfalls auch im Schlaf weiter auf Hochtouren und ein Erwachen kann durch Vieles ausgelöst werden. So durch äußerliche Reize, aber eben auch durch die natürlichen Hormone des Körpers. Wie siehst du selbst hier also die Rolle des die Wechsel Erzeugenden 1) an? Weisst du, was dazu übrigens interessant ist? Ich erinnere mich hier gleich an die Mundakya-Upanishad, wo das, was wir hier diskutieren, ganz ähnlich auch dargestellt wird und es auch insgesamt die Zahl Vier gibt. Nur ist das große Fragezeichen, das die Wechsel Erzeugende 1) also, dort nicht die Nummer 1) sondern die Nummer 4). Also gerade umgedreht als bei uns. Denn erst sei das Wachen, dann der Traum, dann der tiefe Schlaf und so käme das große Fragezeichen.
oneisenough schrieb:Aber das bist du doch längst. Alles, was du beobachten im Sinne von wahrnehmen kannst, befindet sich in einer Distanz zu dir. Dein Körper macht da keine Ausnahme.
Da möchte ich noch einhaken. Das sehe ich nämlich zur Zeit ein bisschen anders. Zwar ist es äußerst wichtig, zu erst mal zu erkennen, was man nicht ist, um zu erkennen, was man ist. Aber ich sehe da die kleine Ironie darin, dass es eventuell doch so ist, dass man erst herausfindet, dass man alles nicht ist, was man wahrnehmen kann, um dann final nochmal herauszustellen gerade durch dieses Prozess der radikalen Trennung von allem Wahrnehmbaren, dass man eben doch alles das ist. Sri Nisargadatta wiederholt in vielen seiner Dialoge immer wieder, dass man beständig zum puren Ich-Bin zurückkehren müsse und erst zu erkennen habe, was man nicht ist, um zu erkennen, was man ist. Und da sagt er auch klar, alles, was man wahrnehmen könne, das sei man nicht. Aber die feine Ironie auch bei ihm ist doch, dass er dann klar wieder sagt, er sei das alles, wenn ich mich jetzt nicht gänzlich täusche.
Jedenfalls sagst du auch, dass alles, was ich beobachten und wahrnehmen könnte, sich in Distanz zu mir befände. Das finde ich sehr erwähnenswert. Auch das mag man erst mal erkennen müssen, dass Subjekt und Objekt total voneinander verschieden sind und sich in Distanz zueinander befinden und deswegen nicht gleichgestellt werden können. Aber die Pointe sehe ich hier, dass, wenn man sagt, dass sich etwas in Distanz zu Einem befände, man sich selbst dann verorten müsste, damit man eben genau das sagen könnte. Denn eine Distanz setzt stets einen Bezugspunkt voraus. Wenn die Aussage getätigt wird, dass A) sich in Distanz zu B), dann muss das ein Bezugspunkt sein, der ebenfalls lokalisiert wäre und damit könnte es nicht das von dir Genannte sein, da du sehr wahrscheinlich das Absolute meinst, das vollende Ich. Wenn du sagst, alles sei in Distanz zu mir, dann sagst du aber nun, alles würde etwa zu mir zulaufen, der ich Bezugspunkt wäre. Aber dann wäre ich verortet und das kann nicht sein. Denn du willst doch gerade darauf hinaus, dass man ohne Ort sei. Aber dann muss man einwenden, so sich alles in Distanz zu mir befände, ich in Distanz zu mir selbst wäre.
Und auch, wenn man nun sagt, dass ich ohne Ort wäre, so kann sich nichts in Distanz zu mir befinden, denn wie gesagt benötigt die Distanz eben gerade den Ort B), der sich zu mir als Ort A) in Distanz befinden würde. Denn Distanz ist eine Trennung, eine Entfernung. Und die kann es nur da geben, wo sich Orte zueinander verhalten, wo sich Punkte zueinander verhalten. Darum kann sich zu mir nichts in Distanz befinden, wenn ich ohne Ort bin. Alle Raumzeit, über der ich stehe, da ich selbst Nicht-Raumzeit bin, könnte sich somit nicht in Distanz zu mir befinden. Das hieße aber, dass ich in meiner damit unmanifestierten Form "in" der Raumzeit selbst bin und diese "in" mir und doch wäre sie, unbegreiflich, nicht "in" mir und ich nicht "in" ihr. Ich bleibe damit also als Unwandelbares und Raumzeit wie als Wandelbares und Raumzeit stets alles. Ich bin das, was Beides verbindet und trennt gleichsam und was doch selbst weder das Eine noch das Andere ist und doch sowohl das Eine als auch das Andere.
Wenn ich aber nun letztlich davon sprach, dass ich es noch nicht vermochte, mich wirklich von meinem Körper zu lösen, so meine ich damit den Fokus der Aufmerksamkeit zu verschieben auf eine, sagen wir, höhere Ebene. Denn aus welchen Gründen auch immer ist der Fokus nun ganz speziell und in die Materie geworfen. Aber er muss da wieder raus und sich erhöhen. Oder wie es in der Bhagavad-Gita sinngemäß heißt: "So soll man sich zum Selbst erheben und sich nicht selbst versinken lassen."
oneisenough schrieb:Warum man sich selbst in seinem Körper verortet, hat nur praktische Gründe.
Wirklich nur? Oder ist da nicht doch mehr? Ich bewege mich doch durch meinen Körper und durch ihn spüre ich, aus ihm sind die Sinne und alles das und ich belebe ihn. Aber gleichwohl wie ich meine, dass ich darum in meinem Körper hausen würde, so ist es doch tatsächlich mein Körper, der in mir haust gleichsam. Zwar hat es einschneidende Konsequenzen, wenn der Körper sich verändert und etwa man taub ist oder wird, was sodann auch sich auf die Außenwelt auswirkt. Aber das geschieht alles in mir.