@MarinaG. Danke für diesen besinnlichen Thread. Deine Geschichte berührt mich sehr, wie auch die nachfolgenden. Du hast das wirklich sehr anschaulich beschrieben, wie Gott sich Dir gezeigt hat. Und auch ich kann bestätigen, dass ich Gott von Kindheit an wahrnehme, aber damals noch keine Bezeichnung dafür kannte, bis meine Mutter mich darüber aufklärte, nachdem ich mir dachte, dass bestimmt nicht nur ich diese behütende Allgegenwart wahrnehme, sondern auch andere Menschen dies tun.
Also erzählte ich meiner Mutter davon und Bingo: Es gibt sogar einen Namen dafür! Das war auch ein Spracherlebnis für mich, das mir aufzeigte, auf welche Weise mein Weg in die deutsche Sprache und Literatur gehen wird. Ich wollte deshalb früher lesen lernen und stürzte mich danach auf die Bücherwelt, darunter antiquarische Bibeln, bebildert mit wunderschönen alten Radierungen. Die Bücher waren noch in alter Schrift gedruckt, sodass ich auch das begierig lernte. Mein Großvater hatte in seiner Bibel eine geheimnisvolle Notiz in Stenografie hinterlassen. Er war ein sehr frommer Mann und meine Mutter erzählte viel Liebes über ihn. Das alles wurde mir zum Wegweiser in die Spiritualität.
Auch wenn meine Kindheit nicht leicht war, spürte ich immer dieses Urvertrauen in Gott. Das wird im Judentum "Emuna" genannt. Ich und meine Schwester gingen dann frühzeitig in die Sonntagsschule der evangelisch-reformierten Kirche, wo uns eine mütterliche Jüdin (im AT) und eine betagte Christin (im NT) unterrichteten, zwei superliebe Frauen, die ständig von der Liebe Gottes sprachen und sangen. Als die betagte Christin bald darauf im Sterben lag, drangen wir Kinder eigenwillig in ihr Sterbezimmer, um sie nochmal zu sehen. Ihr Gesicht strahlte eigentümlich und wir sangen noch einmal für sie das Lied "Gott ist die Liebe".
Damit Du Dich nicht so allein fühlst mit Deiner Missbrauchsgeschichte und Deiner schweren Kindheit, möchte ich Dir mitteilen, dass auch ich Ähnliches durch einen Halbbruder erlebte, der 10 Jahre älter war. Er hat mich und meine kleine Schwester in seinem Heroinrausch immer wieder sexuell belästigt und uns nicht schlafen lassen in unserem Kinderzimmer. Das war noch in unserem Vorschulalter. Ich konnte damals kaum je richtig schlafen, weil er jederzeit in unser Kinderzimmer eindringen konnte, denn er hatte sein Zimmer gleich nebenan. Wir trauten uns nicht, den Eltern etwas zu sagen, weil wir wussten, dass unser jähzorniger Vater total durchgedreht wäre und unseren Halbbruder umgebracht hätte. Wir wollten nicht, dass unser Vater zum Mörder oder zum Mordopfer wird. Die beiden hatten oft im Haus gestritten und getobt, sodass sogar die Wände des alten Holzhauses bebten und der Rest der großen Familie nach draußen rannte in großer Angst vor den beiden. Wir hatten immer Angst, dass einer den anderen umbringen könnte in der Wut.
Der besagte Halbbruder zeigte eine Art, uns kleine Schwestern trotz seiner sexuellen Belästigungen tagsüber wieder zu umgarnen und sich einzuschmeicheln, sodass wir uns schuldig fühlten, wenn wir Ablehnungsgefühle gegen ihn entwickelten. Er hat uns auch emotional vereinnahmt und zeigte sich wie ein Kind, das nicht verpetzt werden darf. Da hatten wir wiederum Mitleid mit ihm. Aus diesem Grund haben wir nie Hass gegen ihn entwickelt, sondern ich half ihm später sogar und unterstützte ihn beim Entzug von den Drogen. Er fand denn auch zum christlichen Glauben und bat auf seinem Sterbebett um Vergebung seiner Sünden. Ich habe ihm vergeben.
Hass ist für mich auch heute noch ein Fremdwort. Ich suche immer nach psychologischen Erklärungen und finde sie auch. Mein heroinsüchtiger Halbbruder starb nicht alleine, sein älterer Bruder, auch ein Halbbruder von mir, starb fast zeitgleich mit ihm. Der ältere Halbbruder war noch fast der schlechtere Mensch, mit dem ich keine Sekunde allein in einem Raum bleiben wollte. Meine Mutter betete sogar, er möge bald sterben, damit er niemandem mehr etwas antun könne. Ihr Gebet wurde erhört. Als die beiden starben, hatte ich eine Vision, wie all das Böse abfiel von ihnen und sie in den Himmel aufgenommen wurden, wobei der Ältere eine ganz kleine Babyseele hatte, völlig unentwickelt, aber es war da. Das fand ich sehr tröstlich, denn ich wusste, dass die beiden emotional und mental unterentwickelt waren, vor allem der Ältere. Diese besondere Wahrnehmung empfand ich sehr friedlich und erlösend, nicht nur für die beiden, sondern auch für mich.
Seither habe ich noch vieles intuitiv wahrgenommen. Große Einschnitte waren der Tod meiner Eltern, die ich beide voraussah. Mein Vater starb im Jahr 1995 und meine Mutter Anfang 2017. In all den Jahren schrieb ich ein Traumtagebuch, wo ich meine vorausschauenden Träume notierte und auf ihr Eintreffen hin kontrollierte. Sie erwiesen sich als sehr zuverlässig.
Als meine Mutter im Sterben lag (Alterskrebs), stand das Jenseitsfenster weit offen, nicht nur für sie, sondern auch für mich wahrnehmbar. Meine Mutter wirkte auf mich wie Mose auf dem Berg Gottes, ihr Gesicht strahlte, so wie Mose von Gott erleuchtet war. Ich sagte ihr liebevoll, dass ich jede Sekunde mit ihr genieße, wo sie nochmal zu uns runterkomme vom Berg, aber dass ich wisse, dass sie irgendwann oben bleiben werde. Sie lächelte weise. Sie wusste genau, wovon ich sprach.
Wir hatten auch eine gemeinsame Vision: Wir beide sahen ihren gütigen Todesengel. Ich wollte sie aber noch nicht gehen lassen und drückte die Tür zu und sperrte den Todesengel noch für eine Weile aus. So schwankte sie 1 Monat ständig zwischen Leben und Tod, wo wir sie als Familie immer wieder besuchten und Abschied nahmen. Dann konnte ich sie gehen lassen und sagte, sie dürfe jetzt ins Licht gehen. Für uns ist gesorgt, sie habe ihre Aufgabe auf Erden sehr gut gemacht. Wieder lächelte sie, ganz schwach. Und auch sie konnte loslassen. Sie sah den Engel, den sie schon als Kind einmal sah, wie sie uns immer erzählt hatte, obwohl sie eine sehr nüchterne Frau war. So starb sie in Frieden inmitten einer wunderschönen Berglandschaft in der Schweiz, mit Blick aus dem Klinikfenster auf den Berggipfel. Sie schwärmte vom gleißenden Licht auf dem Schnee und dem offenen Himmel, der sich für sie auftat.
Als ich später ihren Nachlass durchsah und das Couvert öffnete, wo ihr Grabspruch von ihr hinterlegt wurde, zog ich aus dem Couvert eine Karte mit einem Bibelspruch. Das Bild zeigte eine schneebedeckte Berggipfellandschaft, genau so wie sie es sah, als sie starb. Das war auch eine besondere Synchronizität, die mir unvergesslich blieb.
Spirituelle Grüße, Laura Maelle