cododerdritte schrieb:Die Eltern des Opfers sind doch in erster Linie Opfer, sie werden in dem Film von den Komissaren, sie ihnen trotz Leugnung, dass es sich bei dem Opfer um ihre Tochter handelt, Aussagen entlocken wollen, dermaßen gepiesakt und regelrecht brutal gequält. Ich hoffe, dass die reale Polizei da sehr viel einfühlsamer vor geht.
Auch ich fand den Tatort unerträglich, insbesondere den fast sadistischen Umgang mit den Eltern des Opfers. Als hätten es die Kommissarin nicht ertragen können, dass die Eltern nicht weinend zusammenbrechen, musste sie die alles verdrängende Mutter allen Ernstes fragen, ob diese mit der Bisexualität ihrer Tochter nicht klargekommen sei. Dabei war doch vorher schon deutlich geworden, dass die Eltern nichts über das Privatleben der Tochter wussten. Nee, da musste noch etwas Salz in die Wunde gestreut werden.
Dass die Freundin/Mittäterin und ihre Mutter als grenzdebil hingestellt worden sind, die Eltern des Täters als oberflächliche, korrupte Menschen, die prioritär ihren Sexualtrieb ausleben und den missratenen Filius schützen, mag der Zuschauer in Anbetracht der abscheulichen Tat vielleicht noch akzeptieren. Dass allerdings das Opfer als jemand hingestellt wird, der auch für Geld mit jedem ins Bett gehen würde, ist eine Verhöhnung des wirklichen Opfers, das arglos in eine Falle gelockt wurde.
Dem Drehbuchautor war offenbar nicht bekannt, dass die chinesische Botschaft nach der Vergewaltigung und Ermordung von Jangjie Li eine Warnung an Touris rausgegeben hat, in Deutschland nachts draußen keinen Sport mehr zu machen, keine leuchtenden Kleidung und Kopfhörer zu tragen. Es war ihm offenbar auch nicht bekannt, dass die junge Frau abends vom Joggen kam. Wenn man schon von den Tatsachen zum Verwischen abweicht, hätte das Opfer beispielsweise auch eine Musikstudentin vom Lande sein können, die von der Orchesterprobe kam. Mit einer solchen Figur hätte man auch ansatzweise die wirtschaftliche Tragweite, die sich neben der menschlichen Tragodie für die Eltern von Jangjie ergeben hat, darstellen können.
Aber ein Mädchen mit Geigenkasten passte wahrscheinlich nicht in einen vor Fäkalsprache triefenden Tatort.