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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

1.253 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Leiche, Dessau ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

30.07.2017 um 13:19
Angesichts der in der kommenden Woche beginnend bevorstehenden Plädoyers hat die MZ in einem Artikel den bisherigen Prozessverlauf zusammengefasst.
Neue Infos sind da nicht dabei, aber ich finde, das ist ein schön komprimierter Überblick, bei dem nichts relevantes fehlt. Gut für jemanden, der sich einen Überblick verschaffen will, ohne zB. die 53 Seiten hier durchlesen zu wollen

Mordprozess Yangjie Li Plädoyers und Urteil angekündigt: Einige Fragen noch offen – Quelle: http://www.mz-web.de/28085272 ©2017


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

01.08.2017 um 08:36
Wenn ich das mit er DNA lese, wird einem echt anders. Da muss man ja Angst haben, irgendwann mal eine DNA-Probe abgeben zu müssen. Dann verteilen die Forensiker die schön auf Leichensäcken, Messtäben usw. und plötzlich findet man meine DNA an zig Mordopfern, großes Kino! Wenn man darüber nachdenkt, kommt es einem gar nicht mehr so unsinnig vor, eine freiwillige DNA-Probe zu verweigern... auch oder vielleicht sogar GERADE wenn man unschuldig ist.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

01.08.2017 um 20:22
Gestern und heute wurden die Plädoyers sowohl der Staatsanwaltschaft, der Nebenkläger wie auch der Verteidigung gehalten:

Mordfall Yangjie Li Die tote Studentin „wie Müll entsorgt“ – Quelle: http://www.mz-web.de/28092336 ©2017
Die Staatsanwaltschaft Dessau hat für den Hauptangeklagten Sebastian F. im Mordfall Yangjie Li eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Vergewaltigung und Mordes beantragt, für Xenia I. soll es eine Jugendstrafe von acht Jahren geben.
Die Staatsanwaltschaft wertete allerdings das Teilgeständnis von Xenia I. als nicht glaubhaft ein. Die Tatbeteiligung der 21-Jährigen sei größer als von ihr dargestellt.
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Fast vier Stunden trägt Staatsanwältin Heike Kropf am Montag ihr Plädoyer vor. Immer wieder blickt sie die Angeklagten direkt an. Eine Regung ist bei den beiden 21-Jährigen kaum erkennbar. Kropf geht darauf ein: Auf die Skrupellosigkeit, die Gefühlskälte und Berechnung, die sie hinter dem Mord an Yangjie Li sieht.
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Minuziös widerlegt die Staatsanwältin das frühere Teilgeständnis der jungen Frau als „Schutzbehauptung, als Lüge“. Die Anklage geht davon aus, dass beide Yangjie Li im Mai 2016 gemeinschaftlich vergewaltigt und getötet haben.
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Die selbst erklärte Opfer- und Statistenrolle nimmt Kropf der Angeklagten nicht ab. Eine Reihe von Aussagen, so die Staatsanwältin, seien nicht glaubhaft und sollten die Schuld auf Sebastian F. abschieben. Xenia I. hatte im Januar eingeräumt, Yangjie Li angesprochen zu haben. Von dem Geschehen in der leerstehenden Wohnung will sie kaum etwas mitbekommen haben. Die Angeklagte hatte behauptet, selbst Gewaltopfer von Sebastian F. gewesen zu sein, zu der Tat habe er sie gezwungen.
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„Sie redet sich heraus, will nichts gesehen, nichts gehört und nichts gewusst haben. Das kann nicht sein“, so Kropf. Die Spuren widerlegten diese Version. So war an Yangjie Lis Hand ein Haar von Xenia I. gefunden worden, ebenso gab es DNA-Spuren unter Fingernägeln. Auch an Hand- und Fußgelenken der Studentin war DNA von Xenia I. zu finden.
...
Als unhaltbar sieht Kropf auch die Behauptung an, dass Sebastian F. Yangjie Li in einer Mülltonne zum Hinterhaus transportiert haben soll, um sie über das Fenster nach draußen zu bringen. „Es gab keine Spuren an dieser Mülltonne.“ Yangjie Li sei aus dem Fenster „in die Arme von jemandem“ geworfen worden. Unter der Konifere am Hinterhaus hatte dann mutmaßlich Sebastian F. die Studentin versteckt.

Einen Tag später soll Xenia I. ihren Verlobten gebeten haben, vor Ort nachzusehen. „Ich habe Angst. Hoffentlich sieht dich keiner“, schrieb sie. Und: „Ich liebe dich.“ Er antwortete: „Mach dir keine Gedanken. Ich stehe hier und nichts ist aufgefallen.“
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Als „abgebrüht und kaltherzig“ beschreibt Kropf im Plädoyer das Verhalten von Xenia I.. Sie habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, das Geschehen zu beenden. „Ihr war klar, was passieren wird. Aber sie hat keine Hilfe geholt.“ Auch kurz nach der Tat wurde einfach so in den frühen Morgenstunden mit einer Bekannten weiter gechattet.

„Keine Spur von Verwirrtheit oder Angst und Heulanfällen über die ganze Nacht, wie sie es berichtet hatte.“ In den Tagen danach habe sie gewirkt, als ob nichts gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft sieht Sebastian F. aber als treibende Kraft. Einen jungen Mann, dem der Psychiater eine schwere Persönlichkeitsstörung attestierte. „Er hat den überwiegenden Anteil der Gewalt und Brutalität zu verantworten. Er ist skrupellos auf der niedrigsten Stufe der Beweggründe vorgegangen.“ Er werde sich nicht mehr ändern, das hatte Sebastian F. dem Psychiater gesagt. „Er ist auch in zehn oder 20 Jahren der Sebastian F. von heute“, so Kropf.
Anklage fordert lebenslange Haft - http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/plaedoyers-mordprozess-dessau100.html
Die Staatsanwaltschaft machte im Schlussplädoyer deutlich, dass sie vom gemeinsamen Handeln beider Angeklagten ausgeht. Die Aussagen der Frau, sie habe ihren damaligen Partner von den Misshandlungen abhalten wollen und habe unter der Gewalt gelitten, seien nicht nachvollziehbar, sagte die Staatsanwältin. Die Spuren am Tatort sowie die Auswertungen der Handys und Chats zeichneten ein anderes Bild.
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Dem Angeklagten bescheinigte ein Psychiater Gefühlskälte, einen Hang zum Sadismus und ein Streben nach Dominanz. "Schuldgefühle, Scham und Reue waren nicht zu erfassen", fasste der Sachverständige zusammen.
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Neben dem Mordprozess wurden weitere Taten verhandelt, die der Angeklagte begangen haben soll. Nach der Staatsanwaltschaft hielt die Nebenklage ihr Plädoyer. Dabei ging es um zweifache Vergewaltigung aus dem Jahr 2013, für die eine Jugendstrafe gefordert wurde.
Inhaltlich halte ich das Plädoyer der Staatsanwaltschaft für sehr gut nachvollziehbar, die geforderte Strafhöhe für den männlichen Angeklagten ist logisch, nicht verständlich ist für mich daraus folgend jedoch die geforderte Strafe für die weibliche Angeklagte. Dass bei ihr Jugendstrafe zur Anwendung kommen möge, mag diskutabel sein, aber gemäß Plädoyer handelte es sich um einen gemeinschaftlich begangenen Mord, die Täterin hat weder Reue gezeigt noch zur Aufklärung beigetragen, der von ihr behauptete Zwang, unter dem sie gestanden haben will, wird von der Staatsanwaltschaft für unglaubwürdig betrachtet. Angesichts dessen wäre die logische Forderung auch für sie die Höchststrafe, also 15 Jahre gemäß Jugendstrafrecht.

Ähnlich wie ich hier argumentierte dann auch die Nebenklage, die sich inhaltlich zwar sehr ähnlich wie die Staatsanwaltschaft äusserte, aber die Höchststrafe und Feststellung besonderer Schwere der Schuld (also keine vorzeitige Entlassung) für beide Angeklagten forderte:
Die Anwälte der Eltern des Opfers forderten für Sebastian F. ebenfalls lebenslange und für Xenia I. 15 Jahre Haft.
Auch die Verteidigung gab ihre Plädoyers ab.

Mordprozess Yangjie Li Angeklagter Sebastian F. nutzt sein letztes Wort – Quelle: http://www.mz-web.de/28098314 ©2017
Sein letztes Wort vor dem Urteil im Prozess um den Tod von Yangjie Li hat es in sich. „Ich schließe mich den Worten meiner Verteidiger an“, sagte der Angeklagte Sebastian F. am Dienstag vor dem Landgericht in Dessau-Roßlau.

Es ist das erste Mal, dass sich der 21-Jährige inhaltlich äußert. Ansonsten hatte er seit dem ersten Verhandlungstag im November beharrlich geschwiegen, bis auf die wüste Beschimpfung eines Polizisten im Zeugenstand.
...
Mit seinem einzigen Satz zur Sache schließt sich Sebastian F. der Einschätzung seiner Verteidigung an, wonach er ein „grausames, unentschuldbares Verbrechen“ begangen hat. Diese Einordnung belegen polizeiliche Ermittlungsergebnisse und die umfassende Beweisaufnahme mit zahlreichen Zeugen und Gutachtern während des sich über neun Monate hinziehenden Verfahrens.

Demnach ist Yangjie Li Anfang Mai 2016 in ein Haus in der Dessauer Innenstadt verschleppt, dort brutal vergewaltigt und tödlich verletzt worden. Davon spricht selbst die Verteidigung den Angeklagten nicht frei, schließt aber einen Mord aus. Es sei zu keiner finalen Tötungshandlung gekommen, auch ein Tod durch Unterlassen von Hilfe habe nicht zur Entscheidung gestanden.
...
Die Verteidiger sehen eine schwere Vergewaltigung mit Todesfolge als erwiesen an. Da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt erst 20 Jahre alt gewesen ist und seine menschliche Reife große Defizite aufweise, fordert Rechtsanwalt Klaus Rumph für Sebastian F. eine Jugendstrafe von zehn Jahren. Sollte das Gericht am Ende auf Mord entscheiden, will die Verteidigung eine Strafe von zwölf Jahren.
...
Die Möglichkeit zum letzten Wort nutzt die Angeklagte Xenia I. nicht, die sich gleichfalls wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes verantworten muss. Ihre Anwältin Christine Inselmann will diesen Vorwurf nicht akzeptieren. Nach ihrer Bewertung der Spuren, Aussagen und Persönlichkeiten geht der Tod der chinesischen Studentin allein auf das Konto von Sebastian F.
...
Im Gegensatz dazu geht sie davon aus, dass die Mutter von zwei Kindern zwar an der schweren Vergewaltigung, aber nicht an der Tötung von Yangjie Li beteiligt gewesen ist. Ausgangspunkt dieser Sicht sei das „voll umfängliche Geständnis“ der Mandantin, die nach eigenen Angaben die Chinesin zuletzt noch unverletzt gesehen haben will.

Danach habe sie sich vom Ort der Vergewaltigung entfernt, geduscht und sich um ihre Kinder gekümmert. Nach Auffassung ihrer Verteidigung könne dieses Verhalten plausibel sein, da die Angeklagte über eigene „Vergewaltigungserfahrungen“ verfüge. Ihr Stiefvater habe sich an ihr vergangen, später hätte Sebastian F. häufig Sex mit Gewalt erzwungen.

Rechtsanwältin Inselmann: „Xenia I. befand sich in einem starkem Abhängigkeitsverhältnis von Sebastian F.“ Erst im Laufe der Untersuchungshaft habe sie sich aus seinem Schatten lösen können. Drei Jahre Freiheitsentzug und Erlass der Verfahrenskosten, so lautet ihr Vorschlag zur Bestrafung von Xenia I.
Interessant an dem Plädoyer des Verteidigers des männlichen Angeklagten ist, dass sogar dieser das sie entlastende "Geständnis" der weiblichen Angeklagten für unglaubwürdig hält und von einer stärkeren Tatbeteiligung ihrerseits ausgeht.

Irritierend ist für mich, dass die Verteidigung bei beiden auf Behauptungen aufbaut, die jeweils durch die Beweislage widerlegt sind, so widerspricht das Verletzungsbild eindeutig der Behauptung, es habe keine Tötungshandlung gegeben bzw. das Opfer sei nicht zum Sterben liegengelassen worden. Ganz im Gegenteil spricht das Verletzungsbild (das Gesicht des Opfers wurde bis zur Unkenntlichkeit zerstört!) für eine Übertötung!
Und ebenso widerspricht die Behauptung der Verteidigung, dass gemäß der Spuren der Tod des Opfers allein auf das Konto von Sebastian F gehe, den tatsächlich vorhandenen Beweismitteln, genaugenommen gibt es (fast) nur Spuren der weiblichen Angeklagten (ausgerissene Haare, DNA Spuren am Opfer, frische Hautpartikel in den Stiefeln von Xenia I, die der Täter vermutlich getragen hat...) Genaugenommen kann man aufgrund der Spurenlage den männlichen Angeklagten "nur" mit der Vergewaltigung in Verbindung bringen, die weibliche Angeklagte hingegen auch mit dem Mord und der Leichenentsorgung!
Irritierend ist für mich daran, was die Verteidigung mit solchen doch nutzlosen, weil widerlegten Behauptungen bezweckt? Wird sie ihrer Rolle damit gerecht? Sollte die Rolle der Verteidigung nicht vielmehr sein, tatsächlich nachweisbare oder notfalls vermutbare, nicht widerlegbare Indizien für eine verminderte Schuld in den Vordergrund zu rücken?

Am Freitag, den 4. August soll nun das Urteil gesprochen werden!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

02.08.2017 um 20:19
Zitat von otternaseotternase schrieb:Irritierend ist für mich daran, was die Verteidigung mit solchen doch nutzlosen, weil widerlegten Behauptungen bezweckt? Wird sie ihrer Rolle damit gerecht? Sollte die Rolle der Verteidigung nicht vielmehr sein, tatsächlich nachweisbare oder notfalls vermutbare, nicht widerlegbare Indizien für eine verminderte Schuld in den Vordergrund zu rücken?
@otternase

Womöglich gibt es gar nichts, was die Indizien entkräften könnte oder eine verminderte Schuld beweisen könnte. Es kann natürlich passieren, dass die Verteidigung des Angeklagten genau darauf baut, dass er lediglich der Vergewaltiger war, während die Angeklagte für den Mord zu verurteilen wäre aufgrund der Spurenlage.

Dieser Fall ist so schrecklich, dass mir die Worte fehlen. Eine chinesische Studentin, deren Eltern möglicherweise für das Auslandssemester gespart haben, die sich viel von dem Studium in Deutschland versprochen hat, und die dann Opfer zweier Menschen wird, die Reizarmut gepaart mit abartigen sexuellen Fantasien ausleben. Pfui Teufel!

Solche Leute wie die beiden Angeklagten möchte ich NIEMALS in meinem Leben kennenlernen oder im Radius von mindestens 100 km von meinem Wohnort wissen.
Zitat von otternaseotternase schrieb am 18.07.2017:Dass weder Ermittler, Gericht, Staatsanwaltschaft noch Nebenklage damals sofort eine Datenabfrage gefordert haben, sehe ich als schweres Versäumnis, ja als Versagen! Wiegt für mich fast noch schwerer als der Fehler der Ermittler, am Anfang nicht sofort alle Überwachungsvideos gesichert und das Gebäude, vor dem die Leiche gefunden wurde, durchsucht zu haben!
Dass die Verteidigung erst jetzt einen Antrag stellte, hinterlässt auf mich schon fast den Eindruck einer kalkulierten Handlung, abwarten, bis gelöscht wurde und dann nach Aufklärung rufen, um die fehlenden Daten dann im eigenen Sinne zu interpretieren...
Das sehe ich auch so. Skandalös von Anfang an, aber hoffentlich nicht bis zum Ende.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

03.08.2017 um 12:50
Auf Grundlage all dessen, was wir aus dem Prozess wissen, will ich folgende Theorie entwickeln. Wohlgemerkt handelt es sich dabei nur um eine Theorie, Spekulation, die versucht, das gewonnene Wissen in einen logischen Kontext zu setzen, es kann trotzdem natürlich alles ganz anders gewesen sein:

- Wir wissen, dass Sebastian F. über einen krankhaft übersteigerten Sexualtrieb verfügt und diesen Trieb auch oder sogar mit besonderem Lustgewinn mittels Gewalt durchsetzt
- Wir wissen, dass Xenia I. nicht in der Lage war, die Wünsche des Sebatian F. zu erfüllen, ihn nicht sexuell zu befriedigen vermochte
- Wir wissen, dass Xenia I an der Beziehung zu Sebastian F. sehr viel gelegen war, dass sie sogar in sozialen Netzwerken sich selbst als verheiratet und Xenia F. (also mit dem Nachnamen von Sebastian F.) bezeichnet hat
- Wir wissen, dass gleichzeitig Sebastian F. an der Beziehung weniger lag, er Sexualkontakte zu anderen Frauen gesucht hat
- Wir wissen, dass Sebastian F. auch erfolgreich Sexualkontakte zu anderen Frauen geknüpft hat
- Wir wissen, dass Xenia I diese Kontakte von Sebastian F. zu anderen Frauen bekannt waren
- Wir wissen aber auch, dass sie solche Kontakte unterbrochen hat, Kontaktaufnahmen der Frauen in Chats abgewiesen hat. Die Anklage geht dabei davon aus, dass dies auf Veranlassung des Sebastian F geschah, einen Beweis dafür gibt es jedoch nicht. Es ist ebenso denkbar, dass dies die Xenia I aus eigenem Antrieb tat
- Wir wissen, dass Xenia I zur Aufrechterhaltung der Beziehung Misshandlungen des eigenen Kindes (der Angeklagte hat das Kind gemäß Zeugenaussagen kopfüber in eine Regentonne gesteckt) geduldet hat
- Wir wissen, dass Sebastian F wiederholt eine Beendigung der Beziehung in Aussicht gestellt hat und Xenia I unter dieser Vorstellung litt, zuletzt belegt aus SMS Austausch wenige Tage vor der Tat

Aus allem diesem schliesse ich: das Interesse an der Beziehung, an der Aufrechterhaltung der Beziehung war seitens Xenia I weit höher als seitens Sebastian F. Diesem Ziel war sie sogar bereit, das Wohl des eigenen Kindes unterzuordnen!

- Wir wissen, dass im Vergewaltigungsfall Cindy H eine Einladung der Xenia I das Opfer in die Falle gelockt hat
- Wir wissen, dass Xenia I ihrer Cousine nach einem Dreier gefragt hat
- Wir wissen, dass Xenia I im Mordfall Yangjie Li der Lockvogel war, der das Opfer ins Haus gelockt hat

Übereinstimmendes Element ist also immer gewesen, dass Xenia I Initiator war. Man kann zwar vermuten, dass dies jeweils auf Veranlassung des Sebastian F. geschah, jedenfalls ganz sicher nicht gegen dessen Willen, aber auffällig bleibt die jeweils sehr relevante, aktive Rolle der Xenia I.

- Wir wissen von dem "Vertrag" zwischen den beiden Angeklagten, in dem sich die Xenia I verpflichtet hat, für die sexuelle Zufriedenstellung des Sebastian F zu sorgen, ggf. auch indem sie eine Dritte ihm zuführt

Daher nun meine Spekulation:
Immer wieder beabsichtigte Sebastian F, Xenia I zu verlassen.
Xenia I bemühte sich, die Aufrechterhaltung der Beziehung auf jedem Weg zu erreichen, auch eben unter Nutzung des genannten Passus im "Vertrag" zwischen den beiden.
Dabei ging sie rein egozentrisch, nur ihrem eigenen Interesse der Aufrechterhaltung der Beziehung folgend vor und ordnete diese den Interessen Dritter, zB. auf körperliche Unversehrtheit, absolut unter!

Schlussfolgerung aus diesem ersten Abschnitt: es spricht nicht wenig dafür, dass die Idee zu dieser Tat nicht von Sebastian F, sondern von Xenia I geboren wurde! Das also sie und nicht er der kriminelle "mastermind" in der Tatplanung war!

- Wir wissen, dass der Tatort vorbereitet wurde, dass das Schloss zu der leerstehenden Tatwohnung einige Tage vor der Tat aufgebrochen wurde. Es handelte sich also zweifelsfrei um eine geplante, vorbereitete Tat.
- Daraus folgt mit fast absoluter Sicherheit, dass Xenia I auch schon deutlich vor Tatbeginn, vermutlich schon Tage vorher wusste, was passieren würde, sobald sie ein Opfer in das Haus gelockt hat

- Wir wissen, wie die Tateinleitung geschah, dies wurde durch ein Überwachungsvideo festgehalten, hierbei agierte die Angeklagte alleine

Die Aussage der Angeklagten, eine Vergewaltigung des Opfers im Flur sei geplant gewesen, widerspricht der Vorbereitung der leerstehenden Wohnung als Tatort, diese Aussage ist unglaubwürdig.
Dass im Flur des Gebäudes umfangreiche Spuren gefunden wurde, die auf einen blutigen Kampf schliessen lassen, lässt sich vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit damit erklären, dass das Opfer von Beginn an weit mehr Gegenwehr als erwartet geleistet hat.

Sebastian F ist zwar aufgrund Größe und Statur dem deutlich kleineren und leichteren Opfer körperlich überlegen gewesen. Trotzdem erscheint es fraglich, ob es ihm alleine und ohne Tatwerkzeug gelungen sein kann, das Opfer zu überwältigen. Da Hinweise auf ein Tatwerkzeug (Messer, Hammer o.ä.) nicht existieren, muss man daher davon ausgehen, dass Xenia I dem Sebastian F bei der Überwältigung des Opfers geholfen hat! Spuren, wie zB. ausgerissene Haare und DNA der Xenia I unter den Fingernägeln der Xenia I deuten ebenfalls auf ihre aktive Beteiligung in dieser Tatphase hin.

Die nun folgende Tatphase liegt im Dunkeln. Die Aussage der Xenia I ist nicht glaubwürdig, andere Informationen jedoch gibt es nicht zu diesem Tatabschnitt.
Ganz fraglos erfolgte eine Vergewaltigung des Opfers durch den Sebastian F.
Ganz fraglos war Xenia I zumindest zeitweise bei dieser Tat anwesend, wie aktiv ihre Rolle war, ist offen. Wenn man davon ausgeht, dass der Sebastian F in den Wochen zuvor einen Dreier verlangt hat, muss man annehmen, dass er bei Tatdurchführung von diesem Wunsch nicht plötzlich abgelassen hat, sondern im Gegenteil von Xenia I verlangt hat, an der Tat teilzunehmen.

Bemerkenswert ist aber nun der weitere Tatverlauf nach der Vergewaltigung.

Von den anderen Sexualkontakten des Sebastian F wissen wir, dass körperliche Gewalt keineswegs von ihm grundsätzlich ausgeübt wurde. Von der nachgewiesenen vorangehenden Vergewaltigung der Cindy H wissen wir, dass diese weder während noch nach der Vergewaltigung mit der Ausübung von Gewalt über die für den Zwang erforderliche hinaus einhergegangen ist. Nur von der Sexualbeziehung zwischen den beiden Angeklagten wissen wir, dass dort von ihm Gewalt ausgeübt wurde.

Für die Ausübung von Gewalt scheint daher die Xenia I als "Katalysator" eine wichtige Rolle zu spielen. Während die von Sebastian F alleine begangene Vergewaltigung nicht in einem Mord mündete, endete die zusammen mit Xenia I begangene Vergewaltigung in einem Mord.
Die Gründe dafür sind unbekannt, aber man kann davon ausgehen, dass Xenia I dafür eine Rolle spielt.

Man kann nur sogar spekulieren, und es spricht einiges dafür, dass nach Ende der Vergewaltigung die Xenia I die führende Rolle in dieser Tat einnahm.

Das Opfer wurde durch stumpfe Gewalt getötet. Man kann es, wie die Anklage es offenbar tut, mit manueller Gewaltausübung in Verbindung bringen, also ohne ein Tatwerkzeug. In diesem Fall muss man von dem Sebastian F als Haupttäter ausgehen, der zu einer solche massiven Gewaltausübung körperlich eher in der Lage ist.
Man kann aber auch die Nutzung eines stumpfen Tatwerkzeuges erwägen. Dafür spielen insbesondere die schweren Feuerwehrstiefel des Angeklagten eine wichtige Rolle. Auch eine schwächere Person kann mit Tritten mit solchen Stiefeln die am Opfer festgestellten tödlichen Verletzungen zugefügt haben. Auch wenn diese Stiefel äusserlich gereinigt waren, konnten die Ermittler Spuren des Opfers an diesen Stiefeln feststellen! Und interessanterweise fanden sich in den Stiefeln frische Spuren (Hautpartikel) der Xenia I, die vermuten lassen, dass sie diejenige war, die diese Stiefel zuletzt getragen hat. In ihrer eigenen Aussage hat sie dies entgegen jeder Spurenlage bestritten, diese Stiefel seit mehr als einem Jahr vor der Tat getragen zu haben. An dieser Stelle lügt sie offensichtlich und man kann nur spekulieren, warum sie das tut! Dafür, dass sie diese Stiefel trug, spricht darüberhinaus, dass Blutspuren auch an einem zweiten Paar Schuhe des Sebastian F gefunden wurden. Er kann aber ja nicht zwei Paare Schuhe gleichzeitig getragen haben.

Weiterhin auffällig ist die massive Übertötung des Opfers. Das Gesicht des Opfers war durch Gewaltausübung bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Diese Form der Tötung deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine geplante, kaltblütige Tat handelt, dass vermutlich die Tötung auch nicht Teil des zuvor aufgestellten Tatplans war, sondern spontan geschah. Und dass diese Tat in Rage, in einem Zustand starker emotionaler Gefühle gegen das Opfer geschah, also nicht allein zwecks Verdeckung der zuvor begangenen Straftat der Vergewaltigung.

Wir wissen nicht, was zu dieser Zeit geschah, leider hat das Versäumnis einer rechtzeitigen Abfrage der Daten von Google auch jede Chance auf Einblick zunichte gemacht.

Wir können jedoch davon ausgehen, dass der Sebastian F davon ausging, das Opfer soweit einschüchtern zu können oder eigene Beziehungen nutzen zu können, um diese Straftat ungestraft begehen zu können. Selbst wenn er aufgrund Gegenwehr des Opfers oder eigener späterer Erkenntnis, nun doch einen Schritt zu weit gegangen zu sein, sich zu einem Verdeckungsmord entschlossen hätte, würde dies nicht das Verletzungsbild des Opfers erklären.

Ich gehe daher davon aus, dass an dem Mord Xenia I einen wesentlichen, möglicherweise den führenden Anteil hatte. Ich vermute, dass die Xenia I gereizt wurde durch die Gegenwehr des Opfers, durch Aussagen des Opfers oder vielleicht sogar durch Aussagen des Sebastian F (möglicherweise hat dieser sinngemäß das Opfer 'gelobt' und Xenia I demgegenüber lächerlich gemacht, mal so als pure Spekulation könnte er zB. gesagt haben: "Ich hätte lieber so eine sportliche Freundin wie die hier und nicht so ein fettes Monster wie Dich"). Sowas könnte die Xenia I soweit gereizt haben, dass diese das Opfer mit massiver Gewalt, zB. durch Tritte mit den Stiefeln getötet hat und Verletzungen weit über das hinaus, was für einen Verdeckungsmord erforderlich gewesen wäre.

Das ist natürlich nur Spekulation, aber es klingt logischer als die von der Xenia I angegebene Version, gemäß derer sie sich zurückgezogen hat und nicht mitbekommen hat, was am Tatort geschah.

Was nun den Abtransport der Leiche und das weitere Nachtatverhalten angeht:
Die Anklage geht davon aus, dass die Leiche noch in der gleichen Nacht aus dem Haus an den späteren Fundort verbracht wurde. Die Angeklagte bestätigte dies in ihrer Aussage und behauptete, die Leiche sei mittels einer Mülltonne an diesen Ort vom Angeklagten alleine verbracht worden.
Das einzige Indiz für diese Version ist die Tatsache, dass auf dem Überwachungsvideo zu sehen ist, dass der Sebastian F in der gleichen Nacht der Tat in den frühen Morgenstunden aussen um das Haus geht. Ob dies jedoch mit der Leichenablage in Zusammenhang steht, ist reine Spekulation, es kann auch andere Gründe gehabt haben.
Gegen diese Version spricht, dass die Polizei bei erster Absuche die Leiche dort nicht entdeckt haben, insbesondere aber auch die Suchhunde die Leiche dort nicht gefunden haben.

Es gibt einen interessanten Absatz in diesem Kontext:
Einen Tag später soll
Xenia I. ihren Verlobten gebeten haben, vor Ort nachzusehen. „Ich habe
Angst. Hoffentlich sieht dich keiner“, schrieb sie. Und: „Ich liebe
dich.“ Er antwortete: „Mach dir keine Gedanken. Ich stehe hier und
nichts ist aufgefallen.“ – Quelle: http://www.mz-web.de/28092336 ©2017
Diese Chatnachrichten kann man so interpretieren, wie es die Staatsanwaltschaft tut, dass Sebastian F. am Ort der Leichenablage vom Vortag nachgesehen hat. Man kann die Texte jedoch genauso zutreffend so lesen, dass er erst zu diesem Zeitpunkt die Leiche dort abgelegt hat. Sie hofft, dass ihn niemand bei der Leichenablage sieht und er berichtet, dass es niemandem aufgefallen ist, dass er die Leiche dort deponiert hat.
Das würde erklären, warum weder Suchhunden noch den ersten Polizisten die Leiche aufgefallen ist, sie lag einfach noch nicht da! Wahrscheinlich ging der Täter davon aus, dass nach erster Absuche (die er vom Fenster aus beobachtet haben dürfte) die gleiche Stelle von der Polizei nicht ein zweites Mal abgesucht würde und hielt es daher für sicher, die Leiche dort zu deponieren. Man kann davon ausgehen, dass er plante, die Leiche später alleine oder mit Hilfe eines Dritten abzutransportieren...
Erst als dieser Plan nicht aufging, kam er dann auf Plan B, den überstürzten Wegzug!

In diesem Kontext wäre es eine sehr entscheidende Frage gewesen, wann genau und mit welcher Begründung er seine Mutter damals dazu bewogen hat, seinen Wegzug zu unterstützen. Wir wissen ja aus dem Prozess, dass die ursprüngliche Behauptung, der Umzug sei schon länger geplant gewesen, nicht der Wahrheit entspricht.

Jetzt wäre zum Abschluss zu fragen, warum der Angeklagte nicht aussagt, sofern die von mir hier aufgestellte Theorie zum Tatablauf tatsächlich stimmen sollte. Er könnte in diesem Fall durch eine Aussage sich zumindest partiell entlasten.

Dafür möchte ich zwei Varianten anbieten:
1) Prozesstaktik: das Teil"geständnis" der Angeklagten kam erst nach Bekanntwerden aller wesentlichen Beweismittel. Durchaus denkbar also, dass beide Angeklagte zunächst abgewartet haben, was ihnen nachweisbar ist und dann geprüft haben, wie gut die Chancen jeweils auf wesentliche strafmildernde Effekte durch welche taktische Aussage stehen. Aufgrund der Vorgeschichte des Angeklagten, aufgrund der Vergewaltigung und unter Gesamtwürdigung der Umstände dürfte eine Aussage entsprechend obiger Theorie die weibliche Angeklagte zwar wesentlich stärker belasten und damit ihre Strafhöhe deutlich erhöhen, gleichzeitig aber ihn nur marginal entlasten und nur wenig besser davonkommen lassen. Durchaus denkbar also, dass die Verteidigung sich dazu entschlossen hat, einen Angeklagten "aufzugeben", um den anderen "zu retten"
2) Denkbar aber auch, dass Xenia I den Sebastian F mittels Wissen zum Schweigen und zur Übernahme der vollen Schuld erpresst. Es wäre da die Frage, welches Wissen Xenia I haben kann, ihn zu derartigem zu erpressen. Es muss etwas sehr Schwerwiegendes sein, aber es muss etwas sein, was erst nach der Tat und vor der Festnahme entstanden ist, denn sonst hätte die Xenia I ihn auch schon vor der Tat damit erpressen können, zB. dazu, die Beziehung aufrecht zu erhalten!
Zwischen Tat und Festnahme war aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr als die Tatortreinigung und der Umzug. Es ist auffällig, dass Xenia I genau zu diesen beiden Punkten auch in ihrem Teil"geständnis" die Aussage verweigert hat! Man kann also vermuten, dass in diesem Kontext noch etwas passiert ist, mit dem Xenia I den Sebastian F belasten könnte. Mein Vorstellungsvermögen dazu ist begrenzt, ich kann mir einzig vorstellen, dass es hier einen dritten, einen möglicherweise bis heute unbekannten Helfer gab, den Xenia I beschuldigen könnte, der aber Sebastian F so wichtig ist, dass er diesen schützen will. In der Öffentlichkeit wird dabei immer nur an die Mutter des Sebastian F (und deren Mann) gedacht, aber ich halte es keinesfalls für unmöglich, dass es da noch einen Dritten gab, der bislang mit der Tat noch gar nicht in Zusammenhang gebracht werden konnte!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

03.08.2017 um 14:44
@otternase


vielen dank!

eine super Zusammenfassung und schlüssige Theorien.

ich stimme dir in allen Punkten zu...


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 09:32
Das Urteil ist nun raus:

Mordfall Yangjie Li Urteil: Lebenslang für Sebastian F., 5,5 Jahre Haft für Xenia I. – Quelle: http://www.mz-web.de/28115784 ©2017
Im Mordprozess Yangjie Li wurde am Freitag kurz nach 9 Uhr das Urteil verkündet: Der Hauptangeklagte Sebastian F. muss wegen Mord und Vergewaltigung lebenslang hinter Gitter. Bei ihm stellte das Gericht zudem eine besondere schwere der Schuld fest. Er muss als mindestens 15 Jahre in Haft bleiben.

Xenia I., Mitangeklagte und Ex-Freundin, erhielt wegen sexueller Nötigung eine Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten.

Die Angeklagten vernahmen das Urteil ohne Regung. Beide müssen etwa 60.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Sebastian F. trägt zudem noch die Kosten des Verfahrens. Xenia I. nicht.
...
Die Richter blieben bei Xenia I. damit deutlich unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die hatte acht Jahre Jugendhaft beantragt. Die Nebenklage wollte bei der 21-Jährigen sogar eine Jugendhaft von 15 Jahren.
In Bezug auf den männlichen Angeklagten halte ich das Urteil für angemessen. In Bezug auf die weibliche Angeklagte halte ich es für deutlich zu niedrig! Wie oben ausgeführt vermute ich, dass sie einen sehr wesentlichen Anteil an der Tat hatte, möglicherweise sogar einen ebensogroßen oder noch größeren wie der männliche Angeklagte, insbesondere hinsichtlich der Eskalation der Tat zum Mord.

Mal als Querreferenz ein wie ich meine sehr vergleichbarer Fall: Wikipedia: Karla Homolka


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 10:01
ja, das urteil für die weibliche angeklagte enttäuscht mich....denke, sie hatte mehr Anteil und "Schuld" als hier als Grundlage für das urteil angenommen wird.

danke @otternase!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 10:09
Zitat von otternaseotternase schrieb:Im Mordprozess Yangjie Li wurde am Freitag kurz nach 9 Uhr das Urteil verkündet: Der Hauptangeklagte Sebastian F. muss wegen Mord und Vergewaltigung lebenslang hinter Gitter.
Ich war schon etwas verwundert, dass die StA hier keine Feststellung bzgl. der besonderen Schwere der Schuld beantragt hatte. Ich hatte gedacht, dass die StA den Anteil des Angeklagten nicht ausreichend abschätzen konnte und daher auf diesen Antrag verzichtet hatte. Das Gericht sieht das aber nun anders.

Welchen Anteil die Angeklagte nun wirklich hatte, können wir - ohne den Prozess persönlich verfolgt zu haben - nicht wirklich abschätzen.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 10:54
http://www.bild.de/news/2017/mord/news-eilmeldung-mord-dessau-52762552.bild.html

Lebenslange Haft fuer den Moerder der Studentin.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 11:16
@SCMP77
ich würde das in Summe so interpretieren, dass das Gericht dem Teil"geständnis" der Angeklagten, in welchem diese dem männlichen Angeklagten quasi die Alleinschuld zugeschoben hat, mehr Glauben geschenkt hat, als dies Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung des männlichen Angeklagten getan haben, und dies, obwohl in diesem Teil"geständnis" zumindest einige Aspekte klar unwahr waren und obwohl die Angeklagte den Abbruch der Befragung an kritischer Stelle durch (strategisches?) Weinen erzwungen hat und danach weitere Aussage verweigert hat!
Logische Folge ist, dass das Gericht dem männlichen Angeklagten daher einen noch höheren Anteil, noch mehr Schuld zumisst, als es die Staatsanwaltschaft und Nebenklage tut und umgekehrt der weiblichen Angeklagten weniger Anteil zumisst.

Ob das richtig ist, wissen wir nicht, aber es erklärt zumindest, warum bei dem männlichen Angeklagten über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgegangen wurde und bei der weiblichen Angeklagten darunter geblieben wurde!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 11:28
PS: der nunmehr erweiterte Artikel der MZ bestätigt die Vermutung von mir aus vorangehendem Beitrag:
Xenia I. habe zuerst gedacht, dass Yangjie Li gegangen sei. Als Sebastian F. ihr berichtete, dass er die chinesische Studentin umgebracht habe, habe sie geholfen, die Leiche zu beseitigen.
...
Dem Teilgeständnis schenkt die Richterin Glauben. Sie habe es persönlich abgelegt und nicht über ihre Verteidigerin, sie haben sich auch selbst belastet. Viele ihrer Aussagen würden durch Beweise belegt. – Quelle: http://www.mz-web.de/28115784 ©2017
Angesichts diverses aufgedeckter Lügen in dem Teil"geständnis", angesichts großer Lücken darin, insbesondere was das Nachtatverhalten angeht und angesichts der Weigerung, anschliessend Rückfragen zu beantworten oder Fragen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage zu beantworten, kann ich mich dieser Einschätzung des Gerichts nicht wirklich anschliessen. Ich habe das Gefühl, das Gericht ist da auf ein Schauspiel reingefallen...


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 11:29
@otternase
Wir sind hier nach wie vor im Bereich des Jugendstrafrechts. Da sind fünf Jahre und sechs Monate schon eine hohe Hausnummer bei jemandem, der nicht vorbestraft ist und wegen sexueller Nötigung als Ersttäterin verurteilt wird.

Leider steht in dem Artikel nichts zur Urteilsbegründung bei Xenia I.. Ein zutreffendes Geständnis wird in der Regel lediglich zur Verringerung der Strafe berücksichtigt, nur selten spielt es in der Beweiswürdigung eine Rolle - nämlich dann, wenn es sich mit den anderen Ermittlungsergebnissen deckt. Jeder Angeklagte darf ohne irgendeinen Nachteil im Urteil bezüglich seiner Tat lügen. Man wird Xenia I. schlicht und ergreifend die schweren Körperverletzungen bzw. eine aktive Beteiligung daran nicht nachweisen können. Sebastian F. hat keine Aussage zu ihrer Tatbeteiligung gemacht, alle Spuren lassen sich auch ausserhalb des Gewaltexzesses, der zum Tode führte, erklären.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Nebenklage und StA Rechtsmittel wegen der sexuellen Nötigung einlegen werden. Man hat dort ja scheinbar deutlich mehr Tatanteile gesehen.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 11:31
Die beiden letzte Beiträge kannte ich noch nicht, als ich eben geschrieben habe, sorry.

Auch die Ergänzungen im Artikel stehen ja erst jetzt online. Vom Schauspiel zu sprechen, finde ich schwierig. Eine Aussage ist immer subjektives Empfinden und auch die Bewertung durch das Gericht ist auf dessen persönlichen Erfahrungshorizont gestützt. Wenn Xenia I.s Variante auch nur in Betracht kommt, ist das Gericht verpflichtet, dies zu prüfen und wenn dann noch weitere Anhaltspunkte in ihrem Aussageverhalten dazukommen, hat es hier scheinbar zu mehr als in dubio pro reo geführt, sofern die Presse das korrekt wiedergibt.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 11:56
Ich hab gelesen, dass beide ausserdem zur Zahlung von 60.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden sind. Ich nehme an, dass jeder 30.000 Euro zahlen soll.
Nur an wen?
An die Eltern des Opfers, für den seelischen Schmerz?

Ich habe von solchen Schmerzensgeldern im Zusammenhang mit Mordprozessen in Deutschland bisher noch nichts gelesen.

Den Angehörigen der zum Absturz gebrachten German Wings Maschine wurden Schmerzensgelder zuerkannt. Aber die müssen von der Fluggesellschaft übernommen werden.

In den USA wurde O.J. Simpson zur Zahlung von Schmerzensgeldern verurteilt. - Aber da ist die Rechtsprechung anders.
In den USA zählt zum Bsp Rache. (Ich weiss verschiedene Bundesstaaten, verschiedene Gesetze)

In Deutschland soll eine Tat gesühnt werden. Opfer und Angehörige sollen nicht finanziell "profitieren".
Ich verkürze arg, denn wie hoch müsste eine Zahlung sein, die eine Vergewaltigung oder die Ermordung eines Kindes aufwiegt? Ich glaube ihr versteht, was ich meine.

Jetzt mal davon abgesehen, dass die 60.000 wahrscheinlich nie gezahlt werden, denn da wo nichts ist, kann man nichts holen.- Wundere ich mich. Überhaupt über das Schmerzensgeld- und an wen- und es erscheint mir im Rahmen unserer Gesetze sehr hoch zu sein.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 12:11
Schmerzensgeld ist vererblich. Es muss an die Erben des Opfers gezahlt werden. Hinzu kommt ein auf das Schmerzensgeld anzurechnender Anspruch der nächsten Angehörigen für die psychischen Traumata.

für zukünftige Taten in 844 BGB geregelt, für Taten wie diese gilt die Gesetzesänderung noch nicht, so dass man auf vergleichbare Gerichtsurteile zurückgreifen muss


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 12:17
Zitat von otternaseotternase schrieb:Logische Folge ist, dass das Gericht dem männlichen Angeklagten daher einen noch höheren Anteil, noch mehr Schuld zumisst, als es die Staatsanwaltschaft und Nebenklage tut und umgekehrt der weiblichen Angeklagten weniger Anteil zumisst.
Das würde dem Prinzip - im Zweifel für den Angeklagten - widersprechen.

Man muss hier für jeden Einzelnen sehen, was konnte nachgewiesene werden, was nicht. Wenn die Aussagen der Angeklagten zwar zweifelhaft sind, aber trotzdem nicht wirklich durch die objektiven Tatsachen zu widerlegen sind und die Aussagen nicht weltfremd sind, wird man das beim Schuldspruch berücksichtigen müssen. Hier gilt eben im Zweifel für den Angeklagten.

Das darf dann aber für den anderen Angeklagten nicht zu einer Strafverschärfung führen, denn hier sind dann die Zweifel an den Aussagen der Angeklagten zu bewerten.

Das ist immer ein Problem bei mehreren Angeklagten, wenn der Anteil der einzelnen nicht vollständig zu klären ist, ist für jeden einzeln die für ihn günstigere Sichtweise zu nehmen.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 12:42
Hallo Flusspanther,

danke für die Info.
Das ist mir absolut neu.

Ich gehe später auf deinen Beitrag ein.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 12:45
@SCMP77
so war das nicht gemeint. Offenbar hat das Gericht das Teil"geständnis" der Angeklagten als nicht zweifelhaft betrachtet. Und damit es eben auch als durch diese Aussage als bewiesen betrachtet, dass der männliche Angeklagte den Mord weitgehend alleine begangen hat. Damit, würde ich jedenfalls vermuten, begründet das Gericht die Tatsache, dass es bei dem männlichen Angeklagten noch über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Maß hinausgegangen ist.

Das Kernproblem dürfte insgesamt sein, dass dieser Fall nicht ausermittelt wurde. Da gab es leider diverse Versäumnisse. ZB., dass die Wohnungen der Eltern des Täters nicht zeitnah durchsucht wurde (damit meine ich nicht, dass die Eltern bewusst dort Beweismittel versteckt haben müssen, aber der Täter hat nach Umzug und vor Festnahme dort einige Tage gelebt, es ist nur allzu gut möglich, dass er dort Beweismittel versteckt hat), zB. dass nicht sofort nach der Aussage der Angeklagten eine Nachfrage an Google zur Überprüfung ihrer Aussage hinsichtlich Nutzung Google Translator abgesendet wurde. Und in Prozess war der große Fehler, die Befragung der Angeklagten damals abzubrechen! Man hätte sich nicht durch ihr Weinen beeindrucken lassen dürfen!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

04.08.2017 um 12:47
kurz zwischengeschoben die Sache mit dem Schmerzensgeld:
Quelle: de.jure.org

§ 844
Ersatzansprüche Dritter bei Tötung

(1) Im Falle der Tötung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.

(2) 1Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschrift des § 843 Abs. 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung. 2Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.

(3) 1Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. 2Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.


Fassung aufgrund des Gesetzes zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld vom 17.07.2017 (BGBl. I S. 2421), in Kraft getreten am 22.07.2017


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