Auf Grundlage all dessen, was wir aus dem Prozess wissen, will ich folgende Theorie entwickeln. Wohlgemerkt handelt es sich dabei nur um eine Theorie, Spekulation, die versucht, das gewonnene Wissen in einen logischen Kontext zu setzen, es kann trotzdem natürlich alles ganz anders gewesen sein:
- Wir wissen, dass Sebastian F. über einen krankhaft übersteigerten Sexualtrieb verfügt und diesen Trieb auch oder sogar mit besonderem Lustgewinn mittels Gewalt durchsetzt
- Wir wissen, dass Xenia I. nicht in der Lage war, die Wünsche des Sebatian F. zu erfüllen, ihn nicht sexuell zu befriedigen vermochte
- Wir wissen, dass Xenia I an der Beziehung zu Sebastian F. sehr viel gelegen war, dass sie sogar in sozialen Netzwerken sich selbst als verheiratet und Xenia F. (also mit dem Nachnamen von Sebastian F.) bezeichnet hat
- Wir wissen, dass gleichzeitig Sebastian F. an der Beziehung weniger lag, er Sexualkontakte zu anderen Frauen gesucht hat
- Wir wissen, dass Sebastian F. auch erfolgreich Sexualkontakte zu anderen Frauen geknüpft hat
- Wir wissen, dass Xenia I diese Kontakte von Sebastian F. zu anderen Frauen bekannt waren
- Wir wissen aber auch, dass sie solche Kontakte unterbrochen hat, Kontaktaufnahmen der Frauen in Chats abgewiesen hat. Die Anklage geht dabei davon aus, dass dies auf Veranlassung des Sebastian F geschah, einen Beweis dafür gibt es jedoch nicht. Es ist ebenso denkbar, dass dies die Xenia I aus eigenem Antrieb tat
- Wir wissen, dass Xenia I zur Aufrechterhaltung der Beziehung Misshandlungen des eigenen Kindes (der Angeklagte hat das Kind gemäß Zeugenaussagen kopfüber in eine Regentonne gesteckt) geduldet hat
- Wir wissen, dass Sebastian F wiederholt eine Beendigung der Beziehung in Aussicht gestellt hat und Xenia I unter dieser Vorstellung litt, zuletzt belegt aus SMS Austausch wenige Tage vor der Tat
Aus allem diesem schliesse ich: das Interesse an der Beziehung, an der Aufrechterhaltung der Beziehung war seitens Xenia I weit höher als seitens Sebastian F. Diesem Ziel war sie sogar bereit, das Wohl des eigenen Kindes unterzuordnen!
- Wir wissen, dass im Vergewaltigungsfall Cindy H eine Einladung der Xenia I das Opfer in die Falle gelockt hat
- Wir wissen, dass Xenia I ihrer Cousine nach einem Dreier gefragt hat
- Wir wissen, dass Xenia I im Mordfall Yangjie Li der Lockvogel war, der das Opfer ins Haus gelockt hat
Übereinstimmendes Element ist also immer gewesen, dass Xenia I Initiator war. Man kann zwar vermuten, dass dies jeweils auf Veranlassung des Sebastian F. geschah, jedenfalls ganz sicher nicht gegen dessen Willen, aber auffällig bleibt die jeweils sehr relevante, aktive Rolle der Xenia I.
- Wir wissen von dem "Vertrag" zwischen den beiden Angeklagten, in dem sich die Xenia I verpflichtet hat, für die sexuelle Zufriedenstellung des Sebastian F zu sorgen, ggf. auch indem sie eine Dritte ihm zuführt
Daher nun meine Spekulation:
Immer wieder beabsichtigte Sebastian F, Xenia I zu verlassen.
Xenia I bemühte sich, die Aufrechterhaltung der Beziehung auf jedem Weg zu erreichen, auch eben unter Nutzung des genannten Passus im "Vertrag" zwischen den beiden.
Dabei ging sie rein egozentrisch, nur ihrem eigenen Interesse der Aufrechterhaltung der Beziehung folgend vor und ordnete diese den Interessen Dritter, zB. auf körperliche Unversehrtheit, absolut unter!
Schlussfolgerung aus diesem ersten Abschnitt: es spricht nicht wenig dafür, dass die Idee zu dieser Tat nicht von Sebastian F, sondern von Xenia I geboren wurde! Das also sie und nicht er der kriminelle "mastermind" in der Tatplanung war!
- Wir wissen, dass der Tatort vorbereitet wurde, dass das Schloss zu der leerstehenden Tatwohnung einige Tage vor der Tat aufgebrochen wurde. Es handelte sich also zweifelsfrei um eine geplante, vorbereitete Tat.
- Daraus folgt mit fast absoluter Sicherheit, dass Xenia I auch schon deutlich vor Tatbeginn, vermutlich schon Tage vorher wusste, was passieren würde, sobald sie ein Opfer in das Haus gelockt hat
- Wir wissen, wie die Tateinleitung geschah, dies wurde durch ein Überwachungsvideo festgehalten, hierbei agierte die Angeklagte alleine
Die Aussage der Angeklagten, eine Vergewaltigung des Opfers im Flur sei geplant gewesen, widerspricht der Vorbereitung der leerstehenden Wohnung als Tatort, diese Aussage ist unglaubwürdig.
Dass im Flur des Gebäudes umfangreiche Spuren gefunden wurde, die auf einen blutigen Kampf schliessen lassen, lässt sich vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit damit erklären, dass das Opfer von Beginn an weit mehr Gegenwehr als erwartet geleistet hat.
Sebastian F ist zwar aufgrund Größe und Statur dem deutlich kleineren und leichteren Opfer körperlich überlegen gewesen. Trotzdem erscheint es fraglich, ob es ihm alleine und ohne Tatwerkzeug gelungen sein kann, das Opfer zu überwältigen. Da Hinweise auf ein Tatwerkzeug (Messer, Hammer o.ä.) nicht existieren, muss man daher davon ausgehen, dass Xenia I dem Sebastian F bei der Überwältigung des Opfers geholfen hat! Spuren, wie zB. ausgerissene Haare und DNA der Xenia I unter den Fingernägeln der Xenia I deuten ebenfalls auf ihre aktive Beteiligung in dieser Tatphase hin.
Die nun folgende Tatphase liegt im Dunkeln. Die Aussage der Xenia I ist nicht glaubwürdig, andere Informationen jedoch gibt es nicht zu diesem Tatabschnitt.
Ganz fraglos erfolgte eine Vergewaltigung des Opfers durch den Sebastian F.
Ganz fraglos war Xenia I zumindest zeitweise bei dieser Tat anwesend, wie aktiv ihre Rolle war, ist offen. Wenn man davon ausgeht, dass der Sebastian F in den Wochen zuvor einen Dreier verlangt hat, muss man annehmen, dass er bei Tatdurchführung von diesem Wunsch nicht plötzlich abgelassen hat, sondern im Gegenteil von Xenia I verlangt hat, an der Tat teilzunehmen.
Bemerkenswert ist aber nun der weitere Tatverlauf nach der Vergewaltigung.
Von den anderen Sexualkontakten des Sebastian F wissen wir, dass körperliche Gewalt keineswegs von ihm grundsätzlich ausgeübt wurde. Von der nachgewiesenen vorangehenden Vergewaltigung der Cindy H wissen wir, dass diese weder während noch nach der Vergewaltigung mit der Ausübung von Gewalt über die für den Zwang erforderliche hinaus einhergegangen ist. Nur von der Sexualbeziehung zwischen den beiden Angeklagten wissen wir, dass dort von ihm Gewalt ausgeübt wurde.
Für die Ausübung von Gewalt scheint daher die Xenia I als "Katalysator" eine wichtige Rolle zu spielen. Während die von Sebastian F alleine begangene Vergewaltigung nicht in einem Mord mündete, endete die zusammen mit Xenia I begangene Vergewaltigung in einem Mord.
Die Gründe dafür sind unbekannt, aber man kann davon ausgehen, dass Xenia I dafür eine Rolle spielt.
Man kann nur sogar spekulieren, und es spricht einiges dafür, dass nach Ende der Vergewaltigung die Xenia I die führende Rolle in dieser Tat einnahm.
Das Opfer wurde durch stumpfe Gewalt getötet. Man kann es, wie die Anklage es offenbar tut, mit manueller Gewaltausübung in Verbindung bringen, also ohne ein Tatwerkzeug. In diesem Fall muss man von dem Sebastian F als Haupttäter ausgehen, der zu einer solche massiven Gewaltausübung körperlich eher in der Lage ist.
Man kann aber auch die Nutzung eines stumpfen Tatwerkzeuges erwägen. Dafür spielen insbesondere die schweren Feuerwehrstiefel des Angeklagten eine wichtige Rolle. Auch eine schwächere Person kann mit Tritten mit solchen Stiefeln die am Opfer festgestellten tödlichen Verletzungen zugefügt haben. Auch wenn diese Stiefel äusserlich gereinigt waren, konnten die Ermittler Spuren des Opfers an diesen Stiefeln feststellen! Und interessanterweise fanden sich in den Stiefeln frische Spuren (Hautpartikel) der Xenia I, die vermuten lassen, dass sie diejenige war, die diese Stiefel zuletzt getragen hat. In ihrer eigenen Aussage hat sie dies entgegen jeder Spurenlage bestritten, diese Stiefel seit mehr als einem Jahr vor der Tat getragen zu haben. An dieser Stelle lügt sie offensichtlich und man kann nur spekulieren, warum sie das tut! Dafür, dass sie diese Stiefel trug, spricht darüberhinaus, dass Blutspuren auch an einem zweiten Paar Schuhe des Sebastian F gefunden wurden. Er kann aber ja nicht zwei Paare Schuhe gleichzeitig getragen haben.
Weiterhin auffällig ist die massive Übertötung des Opfers. Das Gesicht des Opfers war durch Gewaltausübung bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Diese Form der Tötung deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine geplante, kaltblütige Tat handelt, dass vermutlich die Tötung auch nicht Teil des zuvor aufgestellten Tatplans war, sondern spontan geschah. Und dass diese Tat in Rage, in einem Zustand starker emotionaler Gefühle gegen das Opfer geschah, also nicht allein zwecks Verdeckung der zuvor begangenen Straftat der Vergewaltigung.
Wir wissen nicht, was zu dieser Zeit geschah, leider hat das Versäumnis einer rechtzeitigen Abfrage der Daten von Google auch jede Chance auf Einblick zunichte gemacht.
Wir können jedoch davon ausgehen, dass der Sebastian F davon ausging, das Opfer soweit einschüchtern zu können oder eigene Beziehungen nutzen zu können, um diese Straftat ungestraft begehen zu können. Selbst wenn er aufgrund Gegenwehr des Opfers oder eigener späterer Erkenntnis, nun doch einen Schritt zu weit gegangen zu sein, sich zu einem Verdeckungsmord entschlossen hätte, würde dies nicht das Verletzungsbild des Opfers erklären.
Ich gehe daher davon aus, dass an dem Mord Xenia I einen wesentlichen, möglicherweise den führenden Anteil hatte. Ich vermute, dass die Xenia I gereizt wurde durch die Gegenwehr des Opfers, durch Aussagen des Opfers oder vielleicht sogar durch Aussagen des Sebastian F (möglicherweise hat dieser sinngemäß das Opfer 'gelobt' und Xenia I demgegenüber lächerlich gemacht, mal so als pure Spekulation könnte er zB. gesagt haben: "Ich hätte lieber so eine sportliche Freundin wie die hier und nicht so ein fettes Monster wie Dich"). Sowas könnte die Xenia I soweit gereizt haben, dass diese das Opfer mit massiver Gewalt, zB. durch Tritte mit den Stiefeln getötet hat und Verletzungen weit über das hinaus, was für einen Verdeckungsmord erforderlich gewesen wäre.
Das ist natürlich nur Spekulation, aber es klingt logischer als die von der Xenia I angegebene Version, gemäß derer sie sich zurückgezogen hat und nicht mitbekommen hat, was am Tatort geschah.
Was nun den Abtransport der Leiche und das weitere Nachtatverhalten angeht:
Die Anklage geht davon aus, dass die Leiche noch in der gleichen Nacht aus dem Haus an den späteren Fundort verbracht wurde. Die Angeklagte bestätigte dies in ihrer Aussage und behauptete, die Leiche sei mittels einer Mülltonne an diesen Ort vom Angeklagten alleine verbracht worden.
Das einzige Indiz für diese Version ist die Tatsache, dass auf dem Überwachungsvideo zu sehen ist, dass der Sebastian F in der gleichen Nacht der Tat in den frühen Morgenstunden aussen um das Haus geht. Ob dies jedoch mit der Leichenablage in Zusammenhang steht, ist reine Spekulation, es kann auch andere Gründe gehabt haben.
Gegen diese Version spricht, dass die Polizei bei erster Absuche die Leiche dort nicht entdeckt haben, insbesondere aber auch die Suchhunde die Leiche dort nicht gefunden haben.
Es gibt einen interessanten Absatz in diesem Kontext:
Einen Tag später soll
Xenia I. ihren Verlobten gebeten haben, vor Ort nachzusehen. „Ich habe
Angst. Hoffentlich sieht dich keiner“, schrieb sie. Und: „Ich liebe
dich.“ Er antwortete: „Mach dir keine Gedanken. Ich stehe hier und
nichts ist aufgefallen.“ – Quelle: http://www.mz-web.de/28092336 ©2017
Diese Chatnachrichten kann man so interpretieren, wie es die Staatsanwaltschaft tut, dass Sebastian F. am Ort der Leichenablage vom Vortag nachgesehen hat. Man kann die Texte jedoch genauso zutreffend so lesen, dass er erst zu diesem Zeitpunkt die Leiche dort abgelegt hat. Sie hofft, dass ihn niemand bei der Leichenablage sieht und er berichtet, dass es niemandem aufgefallen ist, dass er die Leiche dort deponiert hat.
Das würde erklären, warum weder Suchhunden noch den ersten Polizisten die Leiche aufgefallen ist, sie lag einfach noch nicht da! Wahrscheinlich ging der Täter davon aus, dass nach erster Absuche (die er vom Fenster aus beobachtet haben dürfte) die gleiche Stelle von der Polizei nicht ein zweites Mal abgesucht würde und hielt es daher für sicher, die Leiche dort zu deponieren. Man kann davon ausgehen, dass er plante, die Leiche später alleine oder mit Hilfe eines Dritten abzutransportieren...
Erst als dieser Plan nicht aufging, kam er dann auf Plan B, den überstürzten Wegzug!
In diesem Kontext wäre es eine sehr entscheidende Frage gewesen, wann genau und mit welcher Begründung er seine Mutter damals dazu bewogen hat, seinen Wegzug zu unterstützen. Wir wissen ja aus dem Prozess, dass die ursprüngliche Behauptung, der Umzug sei schon länger geplant gewesen, nicht der Wahrheit entspricht.
Jetzt wäre zum Abschluss zu fragen, warum der Angeklagte nicht aussagt, sofern die von mir hier aufgestellte Theorie zum Tatablauf tatsächlich stimmen sollte. Er könnte in diesem Fall durch eine Aussage sich zumindest partiell entlasten.
Dafür möchte ich zwei Varianten anbieten:
1) Prozesstaktik: das Teil"geständnis" der Angeklagten kam erst nach Bekanntwerden aller wesentlichen Beweismittel. Durchaus denkbar also, dass beide Angeklagte zunächst abgewartet haben, was ihnen nachweisbar ist und dann geprüft haben, wie gut die Chancen jeweils auf wesentliche strafmildernde Effekte durch welche taktische Aussage stehen. Aufgrund der Vorgeschichte des Angeklagten, aufgrund der Vergewaltigung und unter Gesamtwürdigung der Umstände dürfte eine Aussage entsprechend obiger Theorie die weibliche Angeklagte zwar wesentlich stärker belasten und damit ihre Strafhöhe deutlich erhöhen, gleichzeitig aber ihn nur marginal entlasten und nur wenig besser davonkommen lassen. Durchaus denkbar also, dass die Verteidigung sich dazu entschlossen hat, einen Angeklagten "aufzugeben", um den anderen "zu retten"
2) Denkbar aber auch, dass Xenia I den Sebastian F mittels Wissen zum Schweigen und zur Übernahme der vollen Schuld erpresst. Es wäre da die Frage, welches Wissen Xenia I haben kann, ihn zu derartigem zu erpressen. Es muss etwas sehr Schwerwiegendes sein, aber es muss etwas sein, was erst nach der Tat und vor der Festnahme entstanden ist, denn sonst hätte die Xenia I ihn auch schon vor der Tat damit erpressen können, zB. dazu, die Beziehung aufrecht zu erhalten!
Zwischen Tat und Festnahme war aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr als die Tatortreinigung und der Umzug. Es ist auffällig, dass Xenia I genau zu diesen beiden Punkten auch in ihrem Teil"geständnis" die Aussage verweigert hat! Man kann also vermuten, dass in diesem Kontext noch etwas passiert ist, mit dem Xenia I den Sebastian F belasten könnte. Mein Vorstellungsvermögen dazu ist begrenzt, ich kann mir einzig vorstellen, dass es hier einen dritten, einen möglicherweise bis heute unbekannten Helfer gab, den Xenia I beschuldigen könnte, der aber Sebastian F so wichtig ist, dass er diesen schützen will. In der Öffentlichkeit wird dabei immer nur an die Mutter des Sebastian F (und deren Mann) gedacht, aber ich halte es keinesfalls für unmöglich, dass es da noch einen Dritten gab, der bislang mit der Tat noch gar nicht in Zusammenhang gebracht werden konnte!