nairobi schrieb:Ich wäre glaube ich auch nicht bereit, jemanden ständig zu kutschieren, wenn dieser selbst fahren könnte.
Das alles hängt aber stark davon ab, wie man sich mit den Gegebenheiten arrangiert.
Denn klar, wenn man unbedingt ländlich wohnen will, dann ist ein Führerschein ein Muss. Wenn man aber in der Stadt oder auch nur in einem Vorort derselben wohnt, dann muss einen in den allermeisten Fällen niemand herum kutschieren, nur weil man keinen Lappen hat. Und in den paar Fällen, in denen man entweder einen fahrbaren Untersatz braucht, um irgendwo hin zu kommen oder sich etwas liefern zu lassen, tun es dann auch ein Taxi oder ein Lieferdienst.
Ich habe mich zum Beispiel gegen einen Führerschein entschieden. Mit 18 hätte ich noch einen machen wollen, aber es war kein Geld da. Da ich auf dem Dorf gewohnt habe und noch zur Schule gegangen bin, gab es auch noch keine ausreichende Möglichkeit, mir welches zu verdienen.
Ich fand das Dorfleben für mich allerdings schon damals öde, eben weil man einen fahrbaren Untersatz braucht, um überhaupt irgendwo hin zu kommen, wo man etwas erleben kann. Hier in der Stadt steige ich in die Straßenbahn und bin in einer Viertelstunde in der Innenstadt. Wahlweise kann ich auch laufen, mir quasi direkt vor der Haustür ein Fahrrad oder einen E-Scooter mieten und ab einer gewissen Uhrzeit nehme ich eben den Nachtbus oder gönne mir wie gesagt den Luxus einer Taxifahrt (letzteres passiert maximal so 1-3x im Jahr).
Ich bin daher auch schon direkt nach meinem Schulabschluss in eine Stadt gezogen und habe seitdem nicht mehr ländlich gewohnt. Eine nette Lage in einem Vorort ist mittlerweile mein Wohnungsideal. Und obwohl ich mir mittlerweile Führerschein und Auto finanzieren könnte, hat das über die Jahre immer mehr seinen Reiz verloren.
Allein schon wenn ich an die Kosten denke: Wie viel kostet denn heute ein Führerschein? Wenn ich den bei 2000 € ansetze - und das dürfte wenig sein - kann ich fürs gleiche Geld rechnerisch knapp 64 Jahre mit den Öffis fahren (mein Jobticket wird vom AG bezuschusst, ich zahle für mein Ticket nur 1 € pro Tag). Da habe ich aber noch kein Auto, keine Versicherung, keinen Sprit und was damit alles sonst noch so einher geht.
Ich habe daher auch keine Probleme damit, ab und zu einen Lieferdienst kommen zu lassen, der mir schwere Getränkekisten oder sonstiges unhandliches Zeug, dass ich nicht zu Fuß vom Einkaufen nach Hause buckeln möchte, bis zur Eingangstür im 1. Stock schleppt. Dafür zahle ich gerne eine kleine Liefergebühr und ein Trinkgeld für den Fahrer. Ich muss mir auch keinen Transporter, um Möbel aus dem Möbelhaus nach Hause zu befördern. Dafür gibt es Speditionen. Für den Umzug gibt es Umzugsunternehmen. Und so geht das immer weiter.
Kostet mich das extra Geld, dass ich nicht zahlen müsste, wenn ich ein eigenes Auto hätte? Sicherlich. Käme ich mit dem Auto billiger davon? Eher nicht.
Und da geht es jetzt wirklich nur ums Geld. Es kommen hier in der Stadt aber noch andere Faktoren hinzu. Parkplätze sind teilweise Mangelware. Sich aufs Glück zu verlassen, kann zu ungünstigen Zeiten dazu führen, dass man erst mal eine Viertelstunde um den Block fahren muss. Feste Stellplätze daheim und/oder am Arbeitsplatz kosten gut und gerne auch noch mal 70-100 € im Monat.
Mir wäre daher auch prinzipiell nicht wichtig, ob mein Partner einen Führerschein hat. Eine Ausnahme wäre eventuell, wenn er mal einen gehabt hätte, ihn im Suff oder aus anderen Gründen verloren hat und es jetzt nicht durch den MPU schafft.
By the way: Mir fehlt nicht nur der Führerschein, ich bin auch noch Single, kinderlos und im Eigenheim wohne ich auch nicht. Andererseits lebe ich mein Leben ganz zufrieden und am Hungertuch nage ich auch nicht. Meine Meinung zu sogenannten Meilensteinen im Allgemeinen sollte also klar sein.
Wobei, wenn man sich bei Meilensteinen, die am besten jeder absolvieren sollte, auf einen Schul- und dann einen Ausbildungsabschluss und/oder ein abgeschlossenes Studium einigen könnte, wäre ich voll dabei.
Meine Schwester z.B. hat weder das eine noch das andere. Dafür wohnt sie mit ihrem Mann und den gemeinsamen Kindern im (gemieteten) Haus. Wenn man also unter Meilensteinen wirklich nur Führerschein, Ehe, Haus, Kinder versteht (okay ja, den Führerschein hat sie auch nicht, das ist unser Familiending
:D ), hat sie mehr erreicht als ich.
Ich fühle mich trotzdem unabhängiger. Denn sollte ihre Ehe scheitern, dann hat sie nichts + die Hauptlast der Kinderbetreuung. Würde ich mit einem Partner zusammenkommen und sollte sich heraus stellen, dass wir doch nicht zueinander passen, dann habe ich das Geld, um mir doch wieder eine eigene Unterkunft zu suchen.