Seilbahnunglück am Lago Maggiore

Ja, ich fürchte auch, dass man Nebenklagen vermeiden will. Aber allein das sie bereits gezahlt haben, sehe ich als Schuldeingeständnis

Iva schrieb:Aber allein das sie bereits gezahlt haben, sehe ich als Schuldeingeständnis

Ich sehe angesichts des bekannten Sachverhaltes auch kaum eine Möglichkeit, sich von jeglicher Schuld freizusprechen. Für mich persönlich ist die Auszahlung natürlich auch ein Schuldeingeständnis, aber vor allem eine Maßnahme zur Schadensbegrenzung. Ich habe die unzensierten Bilder des Unglücks gesehen und es wäre für mich unerträglich, wenn die Verantwortlichen mit geringem Geldstrafen o.ä. davonkommen würden. Nun ja. Warten wir ab.

https://www.all-in.de/ueberregionales/welt/seilbahn-unglueck-am-lago-maggiore-ueberlebender-junge-erhaelt-millionenentschaedigung_arid-322648
28. Februar 2024

Die Ermittlungen sind abgeschlossen
Der überlebende Junge erhält drei Mio. Entschädigung
Anklage wurde erhoben

Wann der Prozess beginnt, dazu habe ich nichts gefunden.

Nach Seilbahnunglück am Lago Maggiore: Überlebender erhält Millionenentschädigung

Zwei Jahre nach dem Unglück erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sechs Menschen. Der Prozess läuft noch. Doch zwischenzeitlich haben sich beide Parteien darauf geeinigt, dass der Bub mehr als drei Millionen Schadensersatz erhält, berichtet OE24. Laut italienischen Medien zahlen das Südtiroler Seilbahnunternehmen Leitner und Reale Mutua, die Versicherungsgesellschaft der Betreiberfirma der Seilbahn "Ferrovie del Mottarone" und die Angeklagten den Schadensersatz.

Staatsanwaltschaft klagt sechs Menschen an

Im Mai 2023 hatten die Strafverfolger der Stadt Verbania ihre Ermittlungen abgeschlossen und Anklage gegen den Eigentümer des Seilbahnbetreibers, den Betriebsleiter, den technischen Leiter sowie den Vorstandschef und zwei weitere Mitarbeiter jenes Unternehmens erhoben, das die Seilbahn gebaut hatte. Ihnen wird unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung, schwerste fahrlässige Körperverletzung sowie Gefährdung der Verkehrssicherheit vorgeworfen. Gegen sechs weitere Verdächtige wurde ebenfalls ermittelt, aber keine Anklage erhoben.

@emz
Danke dass du uns immer auf dem Laufenden hältst.

Ich hoffe, dass hier harte Strafen ausgesprochen werden, weil so Dinge (mir fehlt gerade das passende Wort) ja in der Vergangenheit häufiger passiert sind.
Es muss einfach klar sein, dass man sicherheitsrelevante Dinge unbedingt beachtet

Iva schrieb am 21.06.2024:Ich hoffe, dass hier harte Strafen ausgesprochen werden, weil so Dinge (mir fehlt gerade das passende Wort) ja in der Vergangenheit häufiger passiert sind.

Ich muss übrigens sagen, dass dieses Seilbahnunglück bei mir eine Art Phobie ausgelöst hat, was Pendelseilbahnen betrifft. Früher bin ich gern und ziemlich unbekümmert mit diesen Dingern gefahren. Aber seitdem ich damals (versehentlich) das Originalvideo des Seilrisses auf Youtube gesehen habe, kann ich nicht mehr in so eine Seilbahn einsteigen, ohne dass ich diese Bilder im Kopf habe. Seitdem bin ich nur noch mit Umlaufseilbahnen gefahren, bei denen zumindest so ein Unfall nicht passieren kann. Große Pendelbahnen hingegen meide ich.

martenot schrieb:Seitdem bin ich nur noch mit Umlaufseilbahnen gefahren, bei denen zumindest so ein Unfall nicht passieren kann. Große Pendelbahnen hingegen meide ich.

Da ich mich da nicht so auskenne: kannst du kurz erläutern oder einen Link nennen, warum so ein Unfall bei Umlaufseilbahnen nicht möglich ist? Und was genau ist mit "so ein" gemeint?

redsherlock schrieb:warum so ein Unfall bei Umlaufseilbahnen nicht möglich ist? Und was genau ist mit "so ein" gemeint?

Das hat mit der Bau- bzw. Konstruktionsweise vieler Pendelbahnen zu tun. Das Zugseil ist an den Kabinen mit einem sogenannten Vergusskopf befestigt, das ist so ein Bauteil aus Metall, in dem das Ende des Zugseils quasi eingegossen ist. Genau an dieser Stelle (entweder im Vergusskopf innen drin oder knapp außerhalb, das weiß ich nicht) war das Zugseil anscheinend stark korrodiert und ist aus- bzw. abgerissen. Soweit ich verstanden habe, reißt ein Seil normalerweise nicht, es sei denn, es wird über einen langen Zeitraum immer an derselben Stelle stark belastet, was hier anscheinend der Fall gewesen ist. Das Zugseil bei Pendelbahnen läuft normalerweise nicht um, sondern bewegt sich immer hin und her.

Bei einer Umlaufseilbahn gibt es solche Befestigungen der Kabinen am Zugseil nicht, weil die Gondeln immer an- und abgekuppelt werden. Das Zugseil ist also ein endlos umlaufendes Seil, an dem die Gondeln je nach Bedarf dran geklemmt werden. Es gibt also keine Befestigung mit Vergusskopf, sondern die Gondeln werden mit Klemmen festgeklemmt. Da das Seil kontinuierlich umläuft, erwischen die Klemmen immer wieder andere Stellen am Seil und es wird viel gleichmäßiger belastet.

Das heißt nicht, dass es bei Umlaufbahnen keine Unglücksfälle geben kann, aber halt nicht genau so ein Unglück wie am Mottarone. Bei Umlaufseilbahnen kann z.B. der Klemmmechanismus einer Gondel versagen, was dazu führen kann, dass die Gondel seilabwärts rutscht (aber nur bis zur nächsten Gondel, wo sie wahrscheinlich dagegen prallt), oder dass die Gondel nach unten fällt. wenn die Aufhängung bricht.

@martenot

Ob es sich hier wirklich um ein Konstruktionsfehler handelt bezweifle ich. In dem vorliegenden Fall wurde zum einen die Wartung vernachlässigt und zum anderen die Sicherheitsvorrichtung, welche beim Reißen des Seiles ein Unglück verhindert hätte grob fahrlässig außer Betrieb gesetzt.

Wenn man so über die Seilbahnunglücke nachließt, sind auch durchaus recht häufig Umlaufseilbahnen von Unfällen betroffen. Gerade der Klemmmechanismus versagt öfter oder das Seil springt von den Führungsrädern. Man könnte -wenn man wollte - auch behaupten, dass dieser Typ ein Konstruktionsfehler besitzt. Bei einer Pendelbahn hat man immerhin 3 Seile. Wenn die Wartung vernachlässigt wird, dann erhöht sich bei jedem Typ die Unfallwahrscheinlichkeit. Wenn mann dann noch ganz bewusst auf Grund von Dollaraugen die Sicherheitsmechanismen außer Betrieb setzt, dann nehmen diejenigen Unfallopfer ganz bewusst in Kauf.

Es ist halt so, jede Technik birgt Gefahren, sobald unsachgemäß gearbeitet wird, können viele Techniken wie z.B. elektrischer Strom zur Gefahr werden. Wenn man dieses Risiko nicht in Kauf nehemen will, muss man wie ein Einsiedler leben. Aber dort gibt es dann wieder andere Gefahren.

Lento schrieb:Ob es sich hier wirklich um ein Konstruktionsfehler handelt bezweifle ich.

Das habe ich auch weder behauptet noch gemeint. Die Konstruktion der Mottarone-Seilbahn ist ein Standardmodell, wie es viele Seilbahnen gibt. Wobei ich gelesen habe, dass das Prinzip mit den Vergussköpfen inzwischen immer häufiger durch andere Konzepte ersetzt wird, bei denen so ein Seilriss nicht mehr passieren kann.

Lento schrieb:Bei einer Pendelbahn hat man immerhin 3 Seile.

In vielen Fällen sind es zwei Seile, nicht drei Seile (ein Tragseil und ein Zugseil).

Lento schrieb:Wenn man so über die Seilbahnunglücke nachließt, sind auch durchaus recht häufig Umlaufseilbahnen von Unfällen betroffen. Gerade der Klemmmechanismus versagt öfter

Das habe ich ja bereits erwähnt, dass der Klemmmechanismus bei den Umlaufseilbahnen ein Schwachpunkt ist, der gelegentlich zu Unfällen führt.

Ich habe auch keine allgemeine Behauptung über die Sicherheit verschiedener Seilbahntypen abgegeben. Es ging mir darum, dass sich bei mir eine Art "Phobie" bei Pendelbahnen entwickelt hat, seitdem ich damals das Absturzvideo gesehen habe.