Origines schrieb:Wobei sich bei mir nicht erschließt, was das Bild des Opfers bewirken soll. Empathie, Engagement bei unbekannten Zeugen vielleicht. Klar, Daniel W. bekommt ein Gesicht (das ist nicht bei jedem Opfer so), aber gefahndet wird ja eigentlich nach dem Täter - von dem man kein Foto, kein Phantombild hat.
Ich kann dahingehend nur vermuten, dass die großen Bilder der Opfer Gesprächsanlässe ergeben sollen - in einer bunten und lauten Welt ist Aufmerksamkeit ein gefragtes und kostbares Gut, um welches heute, neben Nachrichten und Ereignissen aus aller Welt, auch allerlei Prominenz, die Politik, und nicht zuletzt die gewerblich Werbenden buhlen.
Die Opfer und die Umstände der Tat sollen Aufmerksamkeit erzeugen, und auch bei denen, die nicht Zeitung lesen, oder sich anderweitig über das Zeitgeschehen informieren, zum Gesprächsthema werden.
Vielleicht wird ja tatsächlich der eine oder andere Täter nervös, wenn sich alle Kollegen in der Mittagspause über die Tat unterhalten.
Wenn auf dem Plakat steht: "Wer hat mich hier umgebracht", dann bekommt das Opfer nicht nur ein Gesicht, sondern sogar eine Stimme. Die Verdrängung der Tat durch den Täter wird schwieriger; von Gewissen möchte ich bei solchen Taten nicht vorrangig sprechen, aber vielleicht meldet sich auch das beim einen oder anderen.
Zieht es den Täter tatsächlich zurück zum Tatort, ist das Opfer dort präsent. Liegt der Tatort auf seinem Arbeitsweg, erzeugt auch das Druck auf den Täter.
Ich denke schon, dass man im Fall Daniel W. gute Gründe für die Aufstellung des Plakates hatte. Adressat könnte in erster Linie der Täter sein. Ich kann darüber nur laienhaft spekulieren; die Polizei wird wissen, warum sie so vorgeht.