nasenstüber schrieb:Nemon schrieb:
Würde ich an anderer Stelle näher erklären, bei Interesse ;)
Kannst du gerne machen. ^^
Ich versuch das auch immer wieder (schon seit Jahren) in mein Training zu integrieren, aber aufgrund diverser, alter Verletzungen komme ich nur noch selten an meine kardiovaskulären Belastungsgrenzen, weil das erneute Verletzungsrisiko etwas zu hoch ist. Wenn ich also merke, dass irgendwelche Sehnen/Bänder/Muskeln etc nicht ganz so wollen, wie ich es gerne hätte, geh ich vom Gas, und mach ganz normal mit Zone 2-3 weiter..
Okay, dann nutze ich einen Time Slot, der sich gerade auftut, mal eben für eine Grundatzerklärung und Erfahrungsbericht zum Thema Trainingsintensität
;)Wie bei einigen anderen Themen mit komplexen Sachverhalten im Hintergrund (bspw. Ernährung... ... ...) habe ich mich immer schon gefragt, wie alle Angaben, Empfehlungen und Gebräuche so widersprüchlich und scheinbar unergründlich sein sollen.
Was Training betrifft, kannte ich im Grunde von der Kindheit her auch das einfache Prinzip, dass ich z. B. schnell laufen muss, um schnell zu laufen. Und jetzt, nach einer langen Reise, bin ich genau da wieder angekommen. Ich habe, weil ich nicht mehr offiziell wettkampfmäßig unterwegs bin, den theoretischen Teil der Sportwissenschaft und Trainingslehre immer nur so nebenbei mitgenommen, aber genug mitbekommen, um zu erfahren, dass vieles davon wieder einmal nicht wissenschaftlich evident begründbar ist, sondern vielmehr eben Tradition oder Lehre diverser Trainer-Schulen, die ihre Marke daraus machen.
Für mich stand in den letzten Jahren die Frage im Mittelpunkt meiner Reise, wie ich möglichst effizientes Training so in mein Leben einbaue, dass es nicht zur Belastung und Überlastung führt, sondern die positiven Effekte körperlich, mental und für die gesamte Balance im Life mit Hinblick darauf, fit zu sein uns ins Alter zu schreiten, klar überwiegen.
Ich bin angekommen bei 4 Trainingstagen pro Woche (wenn es nicht geht, halt auch mal weniger, das passiert nichts, so lange die Kontinuität insgesamt erhalten bleibt), zuletzt wurden die Einheiten auch immer kürzer.
Ich vor einer Weile auch auf Standpunkte aus der Wissenschaft gestoßen, die - gegen den Mainstream auf eine gewisse Weise-, die Reduzierung auf sehr einfache Trainings-Prinzipien propagieren. Das heißt in Bezug auf ein gegebenes Trainingsziel (ohne ein solches kann man gar keine Festlegungen treffen und sinnvoll arbeiten und es ist halt nicht Training, sondern eine beliebige Form von Bewegung), dass man so nah wie möglich an einem Zieltempo trainiert: Nur mindestens im Zieltempo oder darüber. Dies ist die härteste Trainingsform. Aaaaber: Das Volumen ist wesentlich geringer, als es in irgendwelchen bekannten Trainingsplänen steht, und die Regeneration deutlich ausgeprägter. Tempo kann man ggf. durch Intensität oder andere aussagekräftige, sportartspezifische Parameter ersetzen.
Nahezu alle hochwertigen neueren (und durchaus auch älteren) experimentellen Studien deuten auch nach Erkenntnis diverser berufener Experten darauf hin, dass die Trainingseffekte am größten sind, wenn die Intensität hoch ist (wobei es natürlich da viele Facetten gibt).
SpoilerBitte hier keine Belegschlacht um Studien und Experten-Meinungen. Es ist das, was ich für mich herauslese und als zutreffend und zielführend empfinde, die Argumentation geht in diesem Moment auch nicht als Kontroverse gegen einen Standpunkt, wo dann Belege entscheidend wären.) Begriffe wie "polarisiertes Training" und "Pyramiden-Training" sind von daher seit einer Weile hoch aktuell: Das polarisierte Training setzt auf ~80% sehr niedrige Intensität (Z1) und ~20% sehr hohe Intensität (je nach Modell Z 3 - Z5 oder Z7. Wobei Zonen-Modelle am Ende eher willkürliche Konstrukte ohne direkte und adäquate Entsprechung in der Physiologie sind). Das Pyramiden-Modell führt am Ende zu einer vergleichbaren Verteilung.
Nun sagt aber der Ansatz, dem ich mittlerweile folge, dass niedrige Intensität im Rahmen eines Trainingsziels, dass eine maximale (Wettkampf-) Intensität anstrebt und verbessern will, immer kontraindiziert ist. Weil, vereinfacht ausgedrückt, die Energiegewinnung im Sport immer über die Kontraktion von Muskelfasern bzw. Zellaktivitäten, die diese herbeiführen, abläuft und diese ertüchtigt werden, indem man sie (über)fordert; dies aber konterkariert wird, wenn man sie im Wechsel submaximal beansprucht und sie sich damit auf ein niedrigeres Level orientieren sollen. Im Zuge dieses Standpunktes geht es auch darum, dass wir nicht verschiedene Typen von Muskelfasern haben, sondern mehr oder weniger ein und derselbe Typus genetisch geprägt ist, sich aber bspw. von T1 zu T2 entwickelt, wenn er entsprechend getriggert wird. Dies nur am Rande.
Ferner geht es bei Trainingsreizen keineswegs darum, das tatsächlich in die Tat umzusetzen, was als Endziel angestrebt wird. Dies ist dem Wettkampf vorbehalten. Es geht vielmehr, darum, die nötigen Reize zu setzen, um diese Vorgänge in den Zellen zu triggern. Mit dem positiven Ausgang, dass wir uns nicht über Gebühr kaputt machen, sondern nach einer Einheit zwei Tage später wieder putzmunter und motiviert sind, um auf mindestens demselben Niveau weiterzumachen. Was für beide Enden der Angelegenheit, ob Kraft- oder Ausdauersport, gleichermaßen gilt.
Nun wird mancher sagen: Logisch, klar, ist doch ein alter Hut. Ist es aber nicht. Der entscheidende Punkt ist bei diesem Ansatz quasi, so wenig Belastung wie möglich durchzuführen und gleichzeitig maximal aufbauend zu regenerieren. Damit ist in dieser Betrachtungsweise die Polarisierung hinfällig. Ich benötige keine Regeneration und keine Z1. Ich setze nur aufbauende Reize, meine Muskelfasern erhalten keine widersprüchlichen Konditionierungen.
Es ist selbstverständlich in der Praxis von sportartspezifischem Training ein gutes Stück komplexer. Man kann meinen, dass ein Marathonläufer hinsichtlich seiner Muskelfasern ziemlich klar auf der einen Seite steht und ein Sprinter ziemlich klar auf der anderen. Das ist auch so, und keiner würde im Ernst Trainingsläufe einbauen, die dem komplett entgegenstehen. Dass Langstreckenläufer Sprints einbauen, Sprinter aber keine Langstreckenläufe, deutet m. E. in diesem Zusammenhang schon an, welches Belastungsprofil der Spezies Mensch eher entspricht. Extreme Ausdauerläufe gehören nicht dazu - jedenfalls nicht in hohem Lauftempo, sondern in flottenm Gang. Das auch erst mal nur am Rande.
Dieser Auffassung zufolge würden auch Extrem-Ausdauersportler effizienter und gesünder trainieren, wenn sie Junk Miles auslassen. Das ist nun der Knackpunkt! Erzähl das mal einem Meilen-Junkie, sei es im Rad- oder Laufsport
:) Und erzähl das mal einem Coach, dessen Trainingspläne nach altem Schema immer irgendwelche Geheimnisse horten, die seine Expertise stützen, ihn unentbehrlich machen
;) Da gibt es zahlreiche überlagernde Modelle mit Zonen, Laktat-Schwellen, angeblichen aeroben Schwellen usw. usf. Da kann man sich eine Trainingslehre zusammenzimmern, die irgendwie Eindruck macht. Am Ende ist aber alles austauschbar oder ersetzbar. Was jeder Sportler nach ein paar Jahren mit Plänen vielleicht irgendwann mal für sich selbst herausfindet. Und wer möchte schon seine Kilometerzählerei aufgeben, an der er sich jahrelang selbst aufgezogen hat. Und viele fürchten vielleicht sogar den horror vacui im Leben, wenn Zeit frei wird und man sich erstmals fragen muss, was man eigentlich ohne den Sport mit sich anfangen soll.
Eine bestimmte Problematik wohnt dem Ganzen immer inne: Wie beweist man den Erfolg oder Misserfolg eines Trainings-Konzeptes, wenn man keinen validen Vergleich damit hat, welchen Erfolg oder Misserfolg eine andere Vorgehensweise gebracht hätte? Das ist ein Dilemma, das nur gute RCT-Studien ansatzweise durchbrechen können. Immerhin kann man daraus nach einer Weile ja Tendenzen ablesen. Eine davon ist, dass viele Sportwissenschaftler von mittleren Intensitäten, bspw. Sweet Spot oder Z2, abraten, weil das auf Dauer kontraproduktiv ist.
Die low intensity ist dann, wie gesagt, so eine Sache. Wozu braucht man die überhaupt? Bestimmte Leistungssportler meinen, möglichst viel Zeit mit ihrem Wettkampfsport verbringen zu müssen und würden sich niemals trauen, das mal anders anzugehen. das erfordert Mut und eine gewisse Zeit - wie z. B. auch eine Umstellung auf Fettstoffwechsel. Und wenn man die Extrembeispiele Marathon ("+x") und Profi-Radsport nimmt, kommt natürlich ein Ausdauer-Aspekt hinzu, der auf einer anderen Ebene als die Leistungsfähigkeit in den Spitzen-Intensitäten liegt, mit denen man am Ende ein Rennen gewinnt und der Champion ist.
Ich vermute, da wird sich in den nächsten Jahren einiges bewegen. Rückblick: Vor nicht allzu langer Zeit habe ich hier an Ort und Stelle noch das konsequente Z2-Training propagiert. Ich habe damit tatsächlich deutlich messbare Verbesserungen auf dem Rad erzielt. Dies allerdings im Rahmen der Umstellung auf LCHF-Ernährung und auf kohlenhydratfreien (Keto-)Sport. Es erfolgte auch ein enormer Gewichtsverlust. Der Witz bei so etwas, Fun fact am Rande, ist dann , dass die VO2 max als relativer Wert in Bezug zur Körpermasse steigt, in dem das Gewicht abnimmt, auch ohne dass man je anders trainiert hätte. Vo2 max ist noch so ein Thema für sich.
Dieses Jahr trainiere ich sowohl Kraft, als auch Ausdauer und die Metcons, die in der Mitte liegen (Kettlebell/Crossfit etc.), nur noch nach dem vorgestellten Prinzip. Im Outdoor-Radsport muss man seine Definition allerdings finden. Selbst wenn man sich auf Kerninhalte und -Intensitäten beschränkt, legt man immer Wege zurück und verbringt zwangsläufig Zeit damit, irgendwo hinzukommen und auch Hügel zu überqueren, die nicht in die Struktur der jew. Einheit passen wollen. Es kommt mir persönlich dabei entgegen, dass ich Sprinter und kein Langstrecken-Lauch bin und auch nicht viel Spaß an Touren über 2 Stunden habe. Ich habe tatsächlich fokussierte Ausfahrten gemacht, z. B. klassisches 4x4/4 min. VO2max. So etwas kann aber auf der Straße heikel und schwer durchführbar sein, auch mit Blick auf die Erholungsintervalle, Sprints erst recht.
Ich habe mich dann prinzipiell so eingerichtet, das es ein paar solche Einheiten gibt, im warmen Halbjahr aber auch der Spaßfaktor bei den Touren seine Rolle spielt. Es gibt pro Fahrt dann zum Beispiel ein paar gesteckte Ziele, z. B. PR oder Rangliste in einem Strava-Segment oder ein hohes Durchschnittstempo über die ganze Strecke. So oder so halte ich das Prinzip ein, dass fast keine Ausfahrt ohne höchste Intensitäten stattfindet. Die Strecken zwischen diesen ist dann halt Erholungsintervall - bzw. de facto dann doch eher keine erholsame Intensität, wenn es bspw. gegen den Wind geht. Dann ist die gesamte Tour eben eine kleine Wettkampfsituation und ich kompensiere die Überbelastung in der folgenden Trainingsplanung. Wenn die hohen Intensitäten motivationsmäßig too much sind, wird die Dauer reduziert oder auch einfach mal nur rumgeeiert. Was selten vorkommt, weil Erfolge doch am meisten motivieren.
Alles in allem gerate ich kaum noch in die Gefahr des Übertrainings und erziele im Vergleich mit anderen Sportlern, die zum Teil ein Mehrfaches an Kilometern in den Beinen haben, konkurrenzfähige Ergebnisse.
So viel für jetzt. Vielen Dank für Ihr Interesse sowie die Geduld und Aufmerksamkeit
;)