Vor fast genau einem Monat habe ich meine neue Kettlebell-Reise gestartet. Guter Zeitpunkt für eine erste Bestandsaufnahme.Ich wollte natürlich erst mal wissen, wo ich überhaupt stehe mit dem einarmigen Snatch. Beim ersten Test habe ich es aber gar nicht erst gewagt, die 10 Minuten anzugehen. Aber die 5 Minuten sollten es schon sein. Mit keine Ahnung, ob das überhaupt machbar sein würde. Gleichzeitig war das der erste Versuch mit der Sport-Technik, die ich mir bis dahin nur visuell eingeprägt hatte. Es war im Studio mit den Competition-Bells, die ich ebenfalls das erste Mal ernsthaft geschwungen habe.
Das Ergebnis beim 1. Test: 85 Snatches @16kg.Das war nicht schlecht, und ich wähnte mich gleich voll auf der Spur in die Wettkampf-Rankings, siehe markierte Zeile.
Rechnung ohne den Wirt: Armwechsel matters :)Wenig später wurde mir aber klar, dass ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht hatte. Erstens weiß ich nicht, wie viele von diesen Reps ein Judge überhaupt gewertet hätte. Der Arm muss gestreckt und stabil über dem Kopf sein, die Hüfte muss gestreckt sein. Jegliches Taumeln oder Abnkicken führt zu No-Reps. Zweitens habe ich den Armwechsel nicht berücksichtigt. Im Wettkampf darf der Arm nur ein Mal gewechselt werden. Wie viele Switches es bei meinem Test waren, hatte ich nicht mal mitgezählt.
Okay, was soll's. Ich gehe ja nicht mit übermäßigem Ehrgeiz rein, sondern mit viel Geduld. Ein bisschen wild darf es zum Einstieg ruhig mal zugehen. Ist ja auch Ausdruck einer hohen Motivation. Und immerhin konnte ich feststellen, dass die Kondition grundsätzlich da ist (wäre aber auch ein Ding gewesen, wenn nicht...)
Kettlebell-Sport: Vergleichsweise sanft aber verdammt intensiv!Ich habe gleich noch mehr lange Abschnitte mitgemacht nach diesem Test. Wie das reinhaut, ging mir erst an den nächsten Tagen auf. Das scheint mir eine Besonderheit des Kettlebell-Sports. Man kommt ziemlich schnell und zuverlässig in den intensiven Bereich (wenn ich bei mir die 5 Zonen anwende, spielt sich die Mittelstrecke in Z4 154-162 BPM ab), je nach Tempo geht es schnell in die rote Zone. Aber anders als bei allem, was ich sonst so in dieser Intensität gemacht habe, ob auf dem Rad oder beim CrossFit, läuft das im Kettlebell-Sport irgendwie gefühlt viel geschmeidiger ab. Klar spürt man schnell die erhebliche Ausdauerbelastung der Muskulatur. Aber wenn man im flow des Bewegungsablaufes ist, hat man eben diese flowige Belastung, mit der auch die Atmung einhergeht. Auf dem Rad machen in der hohen Intensität die Beine zu und du bekommst die Blutlunge. Beim Crossfit sorgt die explosive Belastung mit mehr oder weniger Gewicht auch für ein härteres Belastungsprofil, je nach Übung mehr oder weniger. Beim Kettlebell-Sport hingegen sorgt die korrekte Technik genau für das Gegenteil. Wie hart es wirklich war, merke ich mit schöner Regelmäßigkeit erst am nächsten Tag. Es ist also auch ein Thema, die Belastung richtig einschätzen und einteilen zu lernen. Dass man nicht mehr als 2-3 Mal pro Woche KB-Sport trainiert, ist ein Profi-Tipp. Das passt ohnehin in mein Rahmenkonzept (Training alle 2 Tage mit wechselnden Workouts), aber ich merke jetzt auch deutlich, warum die erfahrenen Kettlebell-Sportler das so handhaben und empfehlen.
Entscheidende technische SkillsWann wird man im Gym schon mal angesprochen. Aber witzigerweise wurde ich zwei Mal unabhängig darauf angesprochen, wie lang ich schon Kettlebell mache. Das sehe so routiniert und leicht aus, wobei das doch so schwer ist
:) Okay, wenn ich es nicht grundsätzlich gut hinbekäme und die Technik nicht bewältigen würde, hätte ich wohl auch nicht Lust darauf bekommen, das für den Rest meines Lebens machen zu wollen.
Drei der entscheidenden Dinge habe ich auch schon grundsätzlich im Griff. Das Erste ist natürlich, nicht zu squatten, sondern den Impuls aus der Hüftstreckung zu beziehen (hinge movement). Und nicht heben zu wollen. Hier ist es wie beim Gewichtheben. Heben ist da der geringste Teil. Es kommt darauf an, das Gewicht explosiv aus der Hüftstreckung heraus vertilkal nah am Körper zu beschleunigen (beim Girevoy allerdings "rund" und nicht "eckig").
Die zweite Sache ist die, dass ich irgendwann kapiert habe, wie man die Kugel so aufnimmt, dass sie einem nicht auf den Unterarm prallt. Das ist essenziell. Ich fragte mich immer, wie die Kettlebell-Monster Hunderte Reps machen können und dabei nicht mal Schweißbänder tragen. Nun, jetzt weiß ich es. Klar merkt man es, wenn der Arm Kontakt mit schwerem Metall hat. Aber da ist keinerlei Aufprall mehr, jedenfall beim Snatch nicht. Beim Double Clean kann es schon eher mal passieren. Aber auch da: Keine Schmerzen im Arm.
Der dritte Punkt ist extrem wichtig, und den werde ich mit dem vorigen, wie angekündigt, noch separat abhandeln: Die Grifftechnik, kombiniert mit der Greifkraft. Erstens zur Vermeidung des Aufreißens der Hände/blutigen Blasen, zweitens wegen der Kraftausdauer.
Es gibt im Bewegungsablauf des Girevoy-Snatch etliche Phasen und technische Details, auf die es am Ende ankommt, wenn man 10 Minuten oder mehr macht und dabei wettkampffähig sein will. Darin, dass viele dieser "Monster/innen" offenbar keine Hulk-Statur haben, es sei denn, sie machen nebenbei schweren Kraftsport oder haben es vorher getan, liegt ein wichtiger Hinweis: Es kommt nicht in erster Linie darauf an, schwer heben zu können, sondern die Belastung weitgehend vermeiden zu können. Klar sind auch diese drahtigen Typen mit den 2x32kg-Kugeln extrem stark. Vor allem wissen sie aber, wie sie in Bewegungsablauf unnötige Anspannung rausnehmen und die Muskukatur so erholen können, dass sie möglichst wenig ermüdet.
:note: Geduld und nach und nach auf zentrale Dinge fokussierenMan kann bekanntlich in einer Trainigseinheit immer nur ein Detail eines Bewegungsablaufes wirklich konzentriert fokussieren, vielleicht einen weiteren flanikerend mit hinzu. Ich sehe sehr klar, dass das zunächst zwangsläufig die Grifftechnik ist, mit dem Switch beim Catch, vor allem aber beim Drop. Wenn die Kugel nicht vorne in den Fingern landet und zu viel Reibung entsteht, kommt es augenblicklich zu dem Thema der aufgerissenen Haut und zu Zwangspausen. Zweitens ist ja ein großer limitierender Faktor, wie eben angesprochen, wie lange man mit einem Arm durchhält, bevor man zwangsläufig wechseln muss. Die Ökonomie des Griffs bzw. Lockerlassens ist in jeder Phase damit auch entscheidend.
Das steht also momentan im Vordergrund. Eine Traings-Programmierung auf 10 Minuten hin ist derzeit nich gar nicht angesagt. Neben den Händen sehe ich zu, dass ich die Beinarbeit richtig koordiniere und in den Rhytmus kommen. Der ist auch wichtig. Ich neige dazu, ins Sprint-Tempo zu kommen, in einen Trott, und dabei die Konzentration zu verlieren. Man muss irgendwann auch das Tempo in Verbindung mit der "Parkposition" bei ausgestrecktem Arm in Verbindung mit der Atmung gut steuern können.
Belastung und Umgang mit BeschwerdenJe länger die Sätze gehen, desto mehr ist auch zu spüren, dass der Impuls für die Kugel aus dem Beinen und den Hüften kommt. Das kann auf Dauer schon ermüdend sein. Auch hier gibt es einige Dinge zu ökonomisieren und gezielt zu steuern, wenn es mit den Gewichten auch mal höher gehen soll. Natürlich ist auch hier wieder eine Dysbalance zwischen links und rechts zu spüren. Ziemlich klar sind die Abläufe mit der rechten Büro-Schulter gehemmter als links. Ob links auch der ausdaurndere Arm ist, wir noch herauszufinden sein. Auch wird sich zeigen, wie weit ich ohne ein spezifisches Mobilisierungsprogramm komme. Noch setze ich darauf, dass der KB-Sport für sich schon alles erfüllt. Ein Zirkus-Artist werde ich sowieso nicht mehr
;)Es ist nach jedem Workout deutlich zu spüren, wie der Kettlebell-Swing vor allem die rückwärtige Kette beansprucht. Hier kommen wir aber auch zu dem Thema der Belastung. Man muss ja immer ehrlich sein, und dies zuallererst mal vor sich selbst
;)Es ist ja nicht so, dass ich ganz beschwerdefrei auf diese Reise gehe. Und die Kettlebell soll dagegen helfen. Es gibt eine Vorgeschichte mit einem nie richtig geklärten Problem mit der Hüfte und gelegentlich schon langwierigen Schulterproblemen, vor allem mit der rechten Büro-Schulter. Auch mit der Sehne außen in den Ellenbogen gab es neulich schon wieder ein unterschwelliges Thema.
Ich habe mich aber entschieden, das mal offensiv und aktiv anzugehen und mich reinzuarbeiten, um das zu beobachten und dabei die Beschwerden rauszuarbeiten. Es ist ja mit der Entscheidung für den Kettlebell-Sport die Hoffnung verknüpft, orthopädisch dauerhaft in dne bestmöglichen Zustand zu gelangen. Und ich bin jetzt nach dem ersten Monat in allen genannten Punkten zuversichtlich. Wobei der untere Rücken recht deutlich zu spüren ist. Ich deute das zunächst Mal als Anpassung an die seit einiger Zeit ungewohnte Belastung. Ein weiterer Grund, es nicht zu übertreiben! Ich habe dne Eindruck, dass die KB-Swings da eine gute Wirkung haben als Accessory. Wir werden sehen ... Eine Snatch-unterstützende Übung habe ich von Ksenia Dedyukhina: Mit der Kugel gestreckt über dem Kopf gehen im Wechsel mit einarmigen hohen Swings. Habe ich gestern wieder im Kraft-Workout gehabt. 20kg-Kugel und jeweils 60 Meter pro Arm, das reicht dann mit zwei Runden.
AusblickDen Jerk führe ich anschließend erst ernsthaft ein, wenn ich mit dem Snatch schon ein Stück weiter bin. Overhead-Press kommt aber in Varianten und mit mehr Gewicht jetzt schon vor. Der Jerk mit den Kettlebells ist ein bisschen tricky, wenn man die Kugeln unter Kontrolle halten will, das habe ich schon festgestellt, vor allem die 12er fliegen gerne vorwitzig hoch.
Überhapt warte ich nich auf die bei Prokettlebell bestellten 2x12kg + die 2kg-Magnete. Den double Jerk und 10 min. Snatch gehe ich überhaupt erst mal mit 2x12 an. Wenn die Snatch.Technik stabil sitzt, werde ich mich auch mit dem Dip von Denis Vasilev befassen. eins mach dem anderen.
Einstweilen bin ich noch hoch motiviert und denke schon direkt nach einem Workout über das nächste nach. Aber das neue Bealstungsprofil will mit Bedacht behandelt werden. Unter der Vorgabe, dass ich "nur" jeden zweiten Tag trainiere, heißt das gleichzeitig, dass ich jedes Mal "schon wieder" trainiere. Die Belastung muss also Recovery im gegeben Zeitraum erlauben. Wobei es auch kein Weltuntergang ist, wenn ich mal einen Tag mehr pausiere. Solche Unterbrechungen kommen allerdings durch Begehrlichkeiten der Außenwelt früher oder später ganz von selbst immer wieder rein
;)