Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

trollollo schrieb:Wäre völlig unvorstellbar für mich anzunehmen, dass er zu so einer Tat fähig wäre, aber ist ja leider so passiert. Es heißt ja immer, jeder kann in der falschen Situation zum Mörder werden.

In der falschen Situation - ja - . Das denke ich auch. Aber da muss eben ganz genau herausgefunden werden, ob eine Situation eskalierte oder ob diese geplant war.

Bei Bianca sehe ich keine Eskalation einer Situation. Aus meiner Sicht war das kein Totschlag sondern Vorsatz. Ich erkenne eindeutig mindestens zwei Mordmerkmale.

Nämlich

hinterrücks = hinterhältiger Angriff mit finaler Tötung

Arglosigkeit der Getöteten = sie vertraute ihm, indem sie voranging und auch damit, dass sie sich mit ihm überhaupt in den Bunker begab.

Hinzu kommt die nachweisliche Auswahl des Tatortes durch den Angeklagten. Zufall, dass er vor der Tat nach dem Bunker googelte? Es gab ja zudem noch viel mehr digitale Spuren auf zumindest Interesse an Dingen, die zur Tatvor- und Nachbereitung dienten.

Eine Mitschuld Biancas in die Urteilsfindung mit einfließen zu lassen, halte ich wirklich für unsachliche Rechtssprechung.

Wenn sie KL "auf den Keks" ging, dann hätte er sich von ihr fernhalten müssen. Die Tat, die er ausübte, ist das Schlimmste, was jemand machen kann. Da lasse ich die Begründung des Gerichtes, Bianca sei dominant gewesen, nicht zu.

Klarmann schrieb:Arglosigkeit der Getöteten = sie vertraute ihm, indem sie voranging und auch damit, dass sie sich mit ihm überhaupt in den Bunker begab.

Hinzu kommt die nachweisliche Auswahl des Tatortes durch den Angeklagten. Zufall, dass er vor der Tat nach dem Bunker googelte? Es gab ja zudem noch viel mehr digitale Spuren auf zumindest Interesse an Dingen, die zur Tatvor- und Nachbereitung dienten.

All das kann man aber nicht eindeutig nachweisen. Wir wissen nicht, ob B. freiwillig in den Bunker ging und schon gar nicht, wer von beiden zuerst drinn war. Wir können auch nicht feststellen ob alle Stiche von hinten ausgeführt wurden. Er hat vor der Tat nur nach dem Bunker gegoogelt, nach der DNA Vernichtung erst nach der Tat....daraus kann man noch keinen Vorsatz herleiten. Dass er erst nach der Tat nach Vernichtung von DNA Spuren googelte spricht aus meiner Sicht eher für keine geplante Tat, muss aber nicht. Wir wissen nicht, wie vorausschauend er planen und handeln kann. Darüber gab es keine Aussagen im Gutachten. Zeugenaussagen sprachen eher von impulsiven Verhalten, was eher auch nicht für konkrete Planung spricht aber es auch nicht ausschließt. Wenn man neutral darauf schaut, muss man eingestehen, dass die wichtigsten Fragen nicht eindeutig und zweifelsfrei festzustellen waren. Leider ist das so.

kekino schrieb:Wir können auch nicht feststellen ob alle Stiche von hinten ausgeführt wurden.

Das hatte ich vor einigen Seiten auch mal zur Überlegung angemerkt. Ich habe ehr Zweifel daran, dass er sie von hinten erstach.

Ich könnte mir vorstellen, dass das aus einer Umarmung heraus geschah und er stach dann zu. 7x hintereinander. Deswegen hatte er vielleicht auch gar keine großartigen Blutspuren an der Kleidung sondern nur an der Hand bzw. den Händen.

Warum ich das denke? Weil die Einstiche alle im Hals, Nacken und Schulterbereich lagen. Dieses Stichmuster ist für meine Erklärung logischer als wenn er hinter ihr gestanden hätte.

Bei hinter ihr:
Sie wäre sofort nach dem ersten Stich nach vorn gefallen. Er hätte sich extra beugen müssen, um den genannten Bereich gezielt zu erreichen. Das erscheint mit unlogisch.
Wenn sie gelegen hätte, hätte er zwar vielleicht auch weitergestochen aber das Stichbild wäre bestimmt anders gewesen.

Vor ihr in Umarmung:
Sie war arglos. Stand nah an ihm. Er brauchte nur den Arm zu heben, um zuzustechen.
Daher fiel sie nicht nach vorn um sondern sackte vermutlich vor ihm zusammen. Der Oberkörper war immer direkt vor ihm. Er stach noch 6x zu. Keine Verletzungen im mittleren oder unteren Rücken.

Die Einstichkanäle dürften von der Führung her ähnlich gewesen sein. ( Er war größer als sie und stieß den Beitel von oben her in sie ein. Da der Beitel keine stumpfe und scharfe Seite hatte, ließ sich daher nicht eindeutig herausfinden, von wo der Beitel geführt
wurde. Also von vorn oder von hinten meine ich damit. )

@Klarmann
Das entspricht nicht den Erkenntnissen der Rechtsmedizin. Es ging nur um den Stich am Hals, der auch von vorne getätigt worden sein könnte, die anderen wurden definitiv von hinten ausgeführt. Lies dir nochmal meinen Bericht dazu durch.
Wir als Außenstehende kennen das Stichmuster doch gar nicht. Ich denke da können wir uns auf die Beurteilung der Fachleute verlassen und wenn die Bewertung der Verletzungen die Möglichkeit, dass er sie umarmend von vorne erstochen hat , zugelassen hätte, wäre das erwähnt worden. Wurde aber nicht, insofern denke ich, solltest du dich nicht auf dieses Szenario versteifen ;) 😉
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@kekino

Habe in der letzten Stunde tatsächlich nochmal Deine sehr interessanten Berichte durchgelesen. Ich hatte die vielen Details nicht mehr richtig im Kopf.

Die Kompetenz anderer zweifle ich nicht an. Zumal Gerichtsmediziner Einstichkanäle gut ausmessen und deren Eintrittsrichtung präzise erkennen können.

Es sollte für mich nur mal eine Überlegung sein, wie es auch gewesen sein könnte.
Letztendlich geht es mir darum zu begreifen, wie das Urteil "Totschlag" zustande kam.

Ich habe mir auch gerade eben versucht vorzustellen, wie die Auffindeposition Bs zu erklären ist. Zitat: "Linke Hand am Hals. Rechte unter dem Kopf." Was ging dem voraus?

Woher kamen die Spuren auf ihrem Rücken? War sie nach dem ersten Einstich über die Wurzel gefallen und dann rumgerollt? Auf was weißt das hin?

Keine Abwehrspuren. Aus meinem Laienverständnis heraus sehe ich da eine arglose Person auf dem Bunkerboden liegen. Angegriffen von einem Menschen, dem sie freiwillig in den Bunker folgte. Einem Ort, den sie gruselig fand nach Aussagen Angehöriger. Und in den sie aus Liebe oder Dummheit oder was auch immer dennoch ging.

Wie der psych. Gutachter schon anmerkte. Ein wütendes Ausrasten des K. mit beispielsweise einem Stich wäre noch erklärbar gewesen. Aber dann hätte er sich zurückziehen müssen und ggflls. Hilfe holen für B.

Genau das tat er nicht. Er sorgte dafür, dass sie mit weiteren sechs Stichen endgültig zum Schweigen gebracht wurde. An einem Ort, von dem er vielleicht annahm, dass man sie nicht so schnell finden würde.

Zitat Gutachter/in aus den Berichten von kekino:
"In der Regel werden zum Töten mehr als zwei Stiche gesetzt. Das soll dem Täter sicherstellen, dass das Opfer auch tatsächlich nicht mehr lebt. "

Und weiter:
"Daher kann bei B. nicht von einer Übertötung in Rage gesprochen werden. Einer Situation, in der man nicht mehr weiß, was man tut." ( oft 20 und mehr Stiche )

Bei B. entspräche es also ehr einer gezielten Tötung.

Klarmann schrieb:Woher kamen die Spuren auf ihrem Rücken? War sie nach dem ersten Einstich über die Wurzel gefallen und dann rumgerollt? Auf was weißt das hin?

Ja, man geht davon aus, dass sie über Geäst abgerollt ist.

Deine Argumentation bzgl. der Arglosigkeit entspricht in etwa der der SA, die ich ja auch durchaus teile aber es wurde eben eingeräumt dass B. durchaus wusste, dass K. aggressiv werden konnte und ging das Risiko eben ein. Daher kann man nicht eindeutig von Arglosigkeit sprechen.

Ansonsten hat auch das Gericht eine gezielte Tötungsabsicht festgestellt und ausgeschlossen, dass es eine Affekttat war....die Merkmale für Mord sind dennoch nicht eindeutig nachweisbar.

kekino schrieb:Deine Argumentation bzgl. der Arglosigkeit entspricht in etwa der der SA, die ich ja auch durchaus teile aber es wurde eben eingeräumt dass B. durchaus wusste, dass K. aggressiv werden konnte und ging das Risiko eben ein. Daher kann man nicht eindeutig von Arglosigkeit sprechen.

Ok. Sagen wir, sie hat sich leichtsinnigerweise in Gefahr begeben. Da stimme ich Dir zu. Er war unberechenbar und cholerisch. Dennoch hat sie doch niemals damit gerechnet, dass er sie töten würde? Ich kann das einfach nicht als Totschlag anerkennen.

Aber ich bin nicht das Gericht. Möchte auch nicht rumnerven.

Meine Meinung:
Die 12,5 Jahre sind nicht wenig aber er könnte bei guter Führung sogar nach rund 8 Jahren wieder draußen sein.
Ich traue ihm zu, dass er versucht durch seine "Schokoladenseite" alles zu geben, um früher rauskommen zu können.

Nun sind 8 Jahre Haft auch noch eine lange Zeit, die einen Menschen prägen. Sein Wesen ist launisch, zur Überheblichkeit und und Selbstverliebtheit neigend. Ich wage es zu bezweifeln, dass sich das in Haft ändern wird.

Aber ob nun 8, 10 oder 12,5 Jahre. Die viel größere Gefahr lauert darin, dass er wieder auf die Menschen losgelassen werden muss. Er bleibt für mich eine tickende Bombe. Resozialisierung hin oder her. Bewährungshelfer können ihn nicht rund um die Uhr betreuen und aufpassen, was er tut.

Er braucht ein stabiles Umfeld. Eine Sicherungsverwahrung wäre eine vorsorgliche Anordnung. Der wird sich nicht ändern. Im Gegenteil. Die Jahre in Haft machen ihn noch aggressiver. Im Knast kann er nicht austicken, wie er möchte. Das Aggressionspotenzial dürfte sich anstauen.

Wikipedia: Sicherungsverwahrung

Hallo in die Runde.
Für alle, die es interessiert. Heute Abend um 20:15 Uhr auf RTL 2 kommt eine Reportage zum Fall und Prozess. Der Crimereporter heißt das.

Liebe Grüße

@kekino
Erstmal danke.
Aber nach 4 Minuten merk ich schon, dass ich mir das nicht 2 Stunden rein ziehe.
Durch deine Schilderungen vom Prozess, sind wir hier wohl besser informiert, als der " normale " Zuschauer dieser Sendung.

S.Goodman schrieb:Aber nach 4 Minuten merk ich schon, dass ich mir das nicht 2 Stunden rein ziehe.

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Hmm... hab genauso gedacht, aber bis jetzt durchgehalten, wobei ich seit ewig mehr kein TV schaue u. dann so gar 2 x 10 Min Werbung hinter mich gebracht habe.

Aber zum Film... na ja ist halt TV. Da geht es um Emotionen.
Aber trotzdem habe ich bis jetzt einige neue Aspekte auf der menschlichen Ebene erfahren.

Würde es jetzt nicht total zerreißen.

Ist halt ein gewisses Klientel.

Der Bunker ist vor 2 Wochen zugeschüttet worden und ist jetzt Schutzgebiet für Fledermäuse .
Original anzeigen (2,0 MB)

Original anzeigen (1,7 MB)

Update:

Der BGH hat das Urteil wegen Totschlags aufgehoben.

Die BZ Berlin schreibt am 22.03.2023:

Nach der Tötung der 26-jährigen Bianca S. in einer Bunkeranlage bei Oranienburg (Oberhavel) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Verurteilung des Ex-Freunds Kurt L. (29) wegen Totschlags zu zwölfeinhalb Jahren Haft aufgehoben.

Quelle: https://www.bz-berlin.de/polizei/bianca-in-bunker-getoetet-bgh-hebt-urteil-wegen-totschlags-auf?dicbo=v2-fJaw4CZ&cid=kooperation.article.outbrain.desktop.AR_1.bz

Hier die Pressemitteilung des BGH:

Nr. 55/2023

Urteil wegen Totschlags in ehemaligem
Bunker bei Oranienburg aufgehoben
Urteil vom 22. März 2023 – 6 StR 324/22

Das Landgericht Neuruppin hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen das Urteil haben die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin Revision eingelegt; beide erstreben eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen tötete der Angeklagte seine frühere Partnerin Bianca S. am 15. Juli 2021 in einem früheren Wehrmachtsbunker am Grabowsee bei Oranienburg durch sieben Stiche mit einem Stechbeitel, weil er keine andere Möglichkeit sah, die Beziehung auf andere Weise zu beenden und "endgültig von ihr loszukommen". Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte die Geschädigte heimtückisch tötete.

Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revisionen wegen einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung aufgehoben. Das Landgericht hat zahlreiche gewichtige Indizien nicht berücksichtigt, die dafür sprechen könnten, dass der Angeklagte die arglose Geschädigte in den abgeschiedenen Wehrmachtsbunker gelockt hat, um sie dort unter Ausnutzung stark eingeschränkter Verteidigungsmöglichkeiten zu töten. Der Senat hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Neuruppin zurückverwiesen.

Vorinstanz:

Landgericht Neuruppin – Urteil vom 22. Februar 2022 – 11 Ks 1/21

Quelle: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=1&nr=133013&linked=pm&Blank=1

Die gesamte Entscheidung ist noch nicht online. Aber offensichtlich kritisiert der 6. Strafsenat, dass das LG eine Verurteilung wegen Mord nicht ausreichend geprüft hat. Das Ausnutzen einer "Arg- und Wehrlosigkeit" (Heimtücke) des Opfers ist ein sogenanntes Mordmerkmal.

@Rick_Blaine
Danke für diesen link. Ich bin sehr froh, dass das BGH zu dieser Erkenntnis gelangt ist. Ich war ja bei dem Prozess dabei und auch wenn ich gewisse Aspekte Begründungen des Urteils nachvollziehen konnte ( z.B. das man nicht genau rekonstruieren kann, was genau im Bunker passierte) fand ich es total unverständlich, warum sie das Argument der Staatsanwaltschaft (hatten alle Mordmerkmale nachgewiesen) völlig ausser Acht gelassen haben und B. unterstellt wurde, sie könne ja nicht arglos gewesen sein, weil sie schließlich wusste, dass er auch cholerisch sein könnte.
Bin nun gespannt, wie es weitergeht.

Kurt L. wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nun steht das Urteil steht fest: Kurt L. muss wegen Mordes lebenslang ins Gefängnis. Das entschied die zweite Große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin am Mittwoch. Sie urteilten anders als die Richter, die gegen Kurt L. 2022 eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags verhängt hatten.

Quelle: https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/oranienburg/getoetete-bianca-s-aus-oranienburg-das-urteil-ist-gesprochen-GMM2LHHMLZCQHEJ5O5642WE3TI.html?outputType=valid_amp