Der bequeme Niedergang
29.05.2015 um 20:47Stellvertretent für die Weltprobleme:
Viele Menschen fühlen: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich in den letzten 4 Jahren -wie zuvor auch- weiter geöffnet.
Michael Hüther, Direktor des wirtschaftsnahen Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln argumentiert,
die Schere zwischen Arm und Reich habe sich weiter geschlossen.
Der Grund: Unterschiedliche Definitionen von Armut.
Also meine ich, dass sich auch in den letzten 4 Jahren erwartungsgemäß wieder nichts zum Positiven geändert hat.
Dazu eine Kritik an Maybritt Illners Sendung "Viel Arbeit, wenig Geld – Wohlstand ausgeschlossen?" vom 28.5.2015:
Spoiler http://www.fr-online.de/tv-kritik/maybrit-illner--zdf-was-der-mensch-wert-ist,1473344,30816244.html
Doch die Antwort darauf besteht letztlich in einer alten Weisheit.
„Kann man heute von seiner Arbeit leben?“, will Maybrit Illner am Ende wissen.
Und während die rheinland-pfälzische Landeschefin Malu Dreyer die Frage bejaht, schüttelt Sven Hausmann den Kopf.
Der Berliner Gebäudereiniger hat sich selbstständig gemacht und bezahlt seine Freiheit mit nicht mehr vorhandener Freizeit und unterbezahlter Arbeit, mit einem Stundenlohn von durchschnittlich 7,41 Euro. Seit sieben Jahren habe er keinen Urlaub machen können, berichtet er, denn er müsse sich in seinem Gewerbe der Konkurrenz der Online-Portale erwehren, die andere Preise anböten und die Arbeitnehmer mit Löhnen von sechs Euro abspeisen könnten. Und auf Illners Frage, wie seine Familie mit seinem 16-Stunden-Arbeitstag umgehe, antwortet er knapp: „Die ist weg.“ Er hat sich von seiner Frau – sie sich von ihm ? – getrennt.
Eine Momentaufnahme aus einem deutschen Arbeitsleben. Schaffe, schaffe, aber kein Häusle mehr bauen. Die aktuellen Streiks boten Illner den Anlass für ihre Sendung unter dem Motto "Viel Arbeit, wenig Geld – Wohlstand ausgeschlossen?", und sie hat neben Sven Hausmann auch die Erzieherin Marina Risse zu Gast, die nach 27 Jahren im Beruf gerade mal 1650 Euro netto verdient und sich „unter Wert“ bezahlt fühlt.
Das kann Ulrich Schneider nur bestätigen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wegen seiner Kompetenz und klaren Haltung häufig schon Gast in Talk Shows, weist darauf hin, dass der Stundenlohn im Schnitt in Deutschland bei 25 Euro liege, bei den Erzieherinnen aber bei 17 bis 18 Euro. „Ausgerechnet diejenigen, die mit Menschen arbeiten, werden weit unter Wert bezahlt“, sagt Schneider.
Was auch damit zusammenhängt, dass diese Berufe meistens bei staatlichen Organisationen und Unternehmen angesiedelt sind, weswegen Michael Hüther, Direktor des wirtschaftsnahen Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, von einem „Strukturproblem des Staates“ spricht.
Dem stimmt Schneider sogar zu, gibt aber zu bedenken, dass 60 Prozent der bundesdeutschen Kommunen „klamm“ seien und defizitäre Haushalte hätten.
Zahlen spielen anfangs eine große Rolle, denn Illner kann die Aktualität des Themas anhand so einiger Daten belegen, etwa, dass erst Ende 2014 die durchschnittlichen Bruttolöhne pro Beschäftigtem wieder etwa auf dem Niveau (nur um 1,4 Prozent höher) lagen wie im Jahr 2000. Schneider erwähnt die „ungeheure Spreizung“ bei den Löhnen, erläutert, dass die Zahl der Menschen, die im Billiglohnsektor arbeiten, zugenommen hat. Und verweist auf den Bericht zur Armut. Demnach sind 12,5 Millionen Menschen in diesem Lande (15,5 Prozent) als arm zu betrachten, der Definition folgend, dass arm sei, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens habe.
Aber Hüther kann sich auf den Begriff „Armutsquote“ nicht einlassen. Für ihn ist das eine „Armutsgefährdungsquote“.
Frauen fühlen sich nicht wertgeschätzt
Aber bei all den Zahlen weist Erzieherin Risse auf das zugrundeliegende Problem hin: Es gehe um die „Wertigkeit“. Auch Malu Dreyer hat die Erfahrung gemacht, dass sich wie Marina Risse viele Menschen in den sozialen Berufen „nicht wertgeschätzt“ fühlten. Das gelte vor allem für die Frauen; so seien fast zwei Drittel der im Niedriglohnsektor Beschäftigten Frauen.
Man müsse die Mentalität ändern, sagt Schneider, und meint damit doch etwas anderes als die Bremer FDP-Spitzenkandidatin Lencke Steiner, die auch Bundesvorsitzende der „Jungen Unternehmer“ ist und von einem „mentalen Problem“ redet, es brauche mehr „Mut und Verantwortung“ – zu deutsch: Arme sind selbst schuld.
Aber das war schon der einzige Niveau-Absacker; letztlich läuft es doch auf die alte Weisheit hinaus, dass der Mensch vom Brot allein nicht leben kann. Es geht um mehr Menschlichkeit, fordert Schneider, Armut beginne ja nicht erst mit dem Pfandsammeln; sieben Jahre kein Urlaub wie bei Sven Hausmann, das sei ebenfalls Armut.
Die positive Folge der Debatte um den Mindestlohn sei ja die Frage: „Was ist die Arbeit, was ist der Mensch wert?“
Und auch Michael Hüther sieht, dass „genug Geld im System“ sei, um den Weg hinauszuweisen aus prekären Beschäftigungen zu einer Arbeit, die den Menschen ausfüllt – und von der er leben kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.
kann.
Wie gehabt.
Viele Menschen fühlen: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich in den letzten 4 Jahren -wie zuvor auch- weiter geöffnet.
Michael Hüther, Direktor des wirtschaftsnahen Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln argumentiert,
die Schere zwischen Arm und Reich habe sich weiter geschlossen.
Der Grund: Unterschiedliche Definitionen von Armut.
Also meine ich, dass sich auch in den letzten 4 Jahren erwartungsgemäß wieder nichts zum Positiven geändert hat.
Dazu eine Kritik an Maybritt Illners Sendung "Viel Arbeit, wenig Geld – Wohlstand ausgeschlossen?" vom 28.5.2015:
Spoiler http://www.fr-online.de/tv-kritik/maybrit-illner--zdf-was-der-mensch-wert-ist,1473344,30816244.html
Doch die Antwort darauf besteht letztlich in einer alten Weisheit.
„Kann man heute von seiner Arbeit leben?“, will Maybrit Illner am Ende wissen.
Und während die rheinland-pfälzische Landeschefin Malu Dreyer die Frage bejaht, schüttelt Sven Hausmann den Kopf.
Der Berliner Gebäudereiniger hat sich selbstständig gemacht und bezahlt seine Freiheit mit nicht mehr vorhandener Freizeit und unterbezahlter Arbeit, mit einem Stundenlohn von durchschnittlich 7,41 Euro. Seit sieben Jahren habe er keinen Urlaub machen können, berichtet er, denn er müsse sich in seinem Gewerbe der Konkurrenz der Online-Portale erwehren, die andere Preise anböten und die Arbeitnehmer mit Löhnen von sechs Euro abspeisen könnten. Und auf Illners Frage, wie seine Familie mit seinem 16-Stunden-Arbeitstag umgehe, antwortet er knapp: „Die ist weg.“ Er hat sich von seiner Frau – sie sich von ihm ? – getrennt.
Eine Momentaufnahme aus einem deutschen Arbeitsleben. Schaffe, schaffe, aber kein Häusle mehr bauen. Die aktuellen Streiks boten Illner den Anlass für ihre Sendung unter dem Motto "Viel Arbeit, wenig Geld – Wohlstand ausgeschlossen?", und sie hat neben Sven Hausmann auch die Erzieherin Marina Risse zu Gast, die nach 27 Jahren im Beruf gerade mal 1650 Euro netto verdient und sich „unter Wert“ bezahlt fühlt.
Das kann Ulrich Schneider nur bestätigen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wegen seiner Kompetenz und klaren Haltung häufig schon Gast in Talk Shows, weist darauf hin, dass der Stundenlohn im Schnitt in Deutschland bei 25 Euro liege, bei den Erzieherinnen aber bei 17 bis 18 Euro. „Ausgerechnet diejenigen, die mit Menschen arbeiten, werden weit unter Wert bezahlt“, sagt Schneider.
Was auch damit zusammenhängt, dass diese Berufe meistens bei staatlichen Organisationen und Unternehmen angesiedelt sind, weswegen Michael Hüther, Direktor des wirtschaftsnahen Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, von einem „Strukturproblem des Staates“ spricht.
Dem stimmt Schneider sogar zu, gibt aber zu bedenken, dass 60 Prozent der bundesdeutschen Kommunen „klamm“ seien und defizitäre Haushalte hätten.
Zahlen spielen anfangs eine große Rolle, denn Illner kann die Aktualität des Themas anhand so einiger Daten belegen, etwa, dass erst Ende 2014 die durchschnittlichen Bruttolöhne pro Beschäftigtem wieder etwa auf dem Niveau (nur um 1,4 Prozent höher) lagen wie im Jahr 2000. Schneider erwähnt die „ungeheure Spreizung“ bei den Löhnen, erläutert, dass die Zahl der Menschen, die im Billiglohnsektor arbeiten, zugenommen hat. Und verweist auf den Bericht zur Armut. Demnach sind 12,5 Millionen Menschen in diesem Lande (15,5 Prozent) als arm zu betrachten, der Definition folgend, dass arm sei, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens habe.
Aber Hüther kann sich auf den Begriff „Armutsquote“ nicht einlassen. Für ihn ist das eine „Armutsgefährdungsquote“.
Frauen fühlen sich nicht wertgeschätzt
Aber bei all den Zahlen weist Erzieherin Risse auf das zugrundeliegende Problem hin: Es gehe um die „Wertigkeit“. Auch Malu Dreyer hat die Erfahrung gemacht, dass sich wie Marina Risse viele Menschen in den sozialen Berufen „nicht wertgeschätzt“ fühlten. Das gelte vor allem für die Frauen; so seien fast zwei Drittel der im Niedriglohnsektor Beschäftigten Frauen.
Man müsse die Mentalität ändern, sagt Schneider, und meint damit doch etwas anderes als die Bremer FDP-Spitzenkandidatin Lencke Steiner, die auch Bundesvorsitzende der „Jungen Unternehmer“ ist und von einem „mentalen Problem“ redet, es brauche mehr „Mut und Verantwortung“ – zu deutsch: Arme sind selbst schuld.
Aber das war schon der einzige Niveau-Absacker; letztlich läuft es doch auf die alte Weisheit hinaus, dass der Mensch vom Brot allein nicht leben kann. Es geht um mehr Menschlichkeit, fordert Schneider, Armut beginne ja nicht erst mit dem Pfandsammeln; sieben Jahre kein Urlaub wie bei Sven Hausmann, das sei ebenfalls Armut.
Die positive Folge der Debatte um den Mindestlohn sei ja die Frage: „Was ist die Arbeit, was ist der Mensch wert?“
Und auch Michael Hüther sieht, dass „genug Geld im System“ sei, um den Weg hinauszuweisen aus prekären Beschäftigungen zu einer Arbeit, die den Menschen ausfüllt – und von der er leben kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.kann.
kann.
Wie gehabt.