@navi12.0 Einige sprechen von 20% Bevölkerungsverlust, andere von 40%.
Dabei handelt es sich natürlich letzendlich um Schätzungen, die u.a.auf den nicht vollständigen Taufregistern beruhen, daher wird sich die Wissenschaft wohl nie auf eine endgültige Zahl einigen. Aber auch "nur" 20% (was eine sehr komservative Schätzung ist, 30% scheint mir die akzeptiertere Zahl zu sein) wäre eine für einen Konflikt in diee Neuzeit fast beispiellose Zahl, die gravierende Folgen gehabt haben muss.
Von der Infrastruktur und dem tatsächlichen Verlust wurde in meiner Quelle nichts berichtet.
Naja, hier sind wir wieder bei dem Problem, dass du an den Begriff "Infrastruktur" falsche Erwartungen knüpfst. Grundsätzlich gilt, wo nichts ist, kann nichts zerstört werden. Eine moderne Infrastruktur bzw. Industrie, oder Vorläufer wie Manufrakturen gab es einfach noch nicht. Wie schon von mir angeführt, lebten damals 90% der Deutschen von der Landwirtschaft. Trotzdem hatte der Krieg auch wirtschaftliche Folgen. Magdeburg war das kommerzielle Zentrum vom heutigen Nordostdeutschland und erlebte vor dem Krieg eine Blütezeit. Daran konnte die Stadt nie wieder anknüpfen.
Nur gründet auch die meiner Einschätzung nach auf den immer weiter erstarkenden Werten der Aufklärung
Der Begriff "Aufklärung" ist ein anderer, sehr problematischer Begriff. Mein erstes Seminar war über Friedrich den Großen und darin haben wir uns u.a. mit der Selbstinzenierung des Monarchen beschäftigt. Er und z.B. Katharina die Große haben sich zwar gerne als "aufgeklärte" Herrscher inszeniert, aber ihren Erfolg verdankten sie maßgeblich ihrem realpolitischen Pragmatismus, der diesen Werten häufig widersprach. (Davon, dass man unter "Aufklärung" ganz verschiedene Dinge verstehen kann, sollten wir besser gar nicht anfangen).
Friedrich hätte seine Erfolge niemals ohne die Armee erringen können. Die Armee wiederum wurden von seinem Vater, dem "Soldatenkönig" aufgebaut. Der Mann war alles andere als ein aufgeklärtee Monarch (und überdies privat ein echtes Scheusal), aber war halt auch ein überragender Verwalter. Dank seiner Verwaltungsreformen konnte das kleine Preußen eine große, gut gedrillte Armee unterhalten. Polen und Sachsen konnten das nicht, obwohl sie viel reicher und im Falle Polens, viel größer waren. Wirtschaftlich war Preußen bis zur Annektierung Schlesiens ebenfalls unterdurchschnittlich. In der frühen Neuzeit sind viele Staaten von der Bildfläche verschwunden, bzw. in die Bedeutungslosigkeit abgestiegen. Das beste Beispiel ist Polen. Ende des 17. Jahrhunderts noch eine Großmacht, Ende des 18. Jahrhunderts war es von der Landkarte verschwunden.
Ich kann in diesem Zusammenhang nur Kunisch Friedrichsbiographie empfehlen. Das Buch ist zwar nicht mehr in jeder Hinsicht aktuell, aber es gewährt auch eine sehr gute Einführung in den Kontext der Zeit. Zum Beispiel in das dynastische Denken, das die Politik dominierte. Auch zur friderizianischen Wirtschaftspolitik und ihrer Grenzen äußert sich Kunisch. Ich behaupte, dass du nach der Lektüre deine Ansichten in dieser Form nicht mehr äußern würdest.