Maari schrieb:Kulturell sind wir ja selbst in Deutschland total verschieden. Das sehe ich eher als Bereicherung statt als Hindernis.
Aber Nationalstolz und unterschiedliche geschichtliche Erfahrungen machen es auf europäischer Ebene schwierig zu einer wirklichen Einheit zusammenzuwachsen.
Wohl wahr. Es muss oft nicht mal der Nationalismus mit seinen Auswüchsen sein: Oft kann man meinem Eindruck nach auf rein deutscher politischer Ebene schon Kompetenzgerangel im Bund und unter den Ländern - Föderalismus halt - sehen. Manchmal wollen lokalere Akteure stumpf ausgedrückt so manches Szepter, so manche Kompetenz in eigenen Händen nicht wirklich abdrücken.
Das stelle man sich jetzt übertragen auf eine EU-Ebene und dann im Multiplikator 27 (alle Mitgliedsstaaten) vor. Und auf den Multiplikator kommt noch ein Faktor oder Multiplikator weil andere Probleme hinzukommen könnten wie abstrakt vielleicht auch kulturell bedingt sein könnten, aber nicht in jedem Fall/Land müssen.
Naja, ich bin wirklich so an den Punkt gekommen dass ich keine großen Widerstände gegen eine Art EU-Staat/Föderation/wie auch immer hätte. Dieses Konstrukt müsste man zukunftssicher zusammenzimmern und bauen und man müsste dafür initial und auch langfristig alle Staaten (fair) unter einen Hut kriegen und mit entsprechenden Repräsentanzen. Aber es wäre machbar, wenn es genug Menschen in den jeweiligen Ländern wollten.
Auf die Frage "Warum bist du dafür?" würde ich sagen: Wir sind gemeinsam in einer formell-strukturell noch stärkeren Kooperation stärker und zukunftsfähiger. Es mag abgedroschen klingen aber die Zukunft ist ungewiss. Mir scheint klar, dass in einer kleiner gewordenen globalen Welt mit "interdependencies" (Abhängigkeiten zu anderen Ländern und Landstrichen, schon allein wegen Ressourcen usw) kein kleines bis mittelgroßes Land in Europa nicht mehr im eigenen Sud und Klein-Klein global bestehen kann. Im Worst-Case fliegt der bisherige Laden auseinander und wir fangen gar wieder mit Konflikten und Kriegen untereinander an.
"Nein, das ist unwahrscheinlich" gilt nicht auf Dauer weil keiner weiß was alles in 20 oder 50 Jahren ist. Es könnte durchaus ein Szenario werden gerade wenn uns Supermächte überholen oder Europa quasi links liegen lassen. Skeptikern in Deutschland die mit Repräsentanz ankommen würde ich wiederum sagen: "Wünscht sich einer von euch die deutsche Kleinstaaterei mit zig Fürstentümern oder Dutzenden Stämmen oder sonst was zurück? War man damals besser dran? Ne eher nicht oder?"
Manchmal wird eine (Welt-)Lage so fragil, da hilft nur ein Zusammenschluss. Ein Zusammenschluss heißt ja nicht komplette politische und kulturelle Aufgabe, aber in gewissen Bereichen könnte man dann mit einer Stimme (z.B. im Handel oder nach außen) sprechen und immer noch innere Repräsentanz und Berücksichtigung finden.
Ich glaube daher, in einer gescheit hochskalierten EU wären wir zukunftssicherer unterwegs. Sonst droht auf Dauer nur Teilung, Zwist und Spielball anderer mächtigerer Staaten zu werden. In einer EU können wir aber international mitreden oder Interessen wahren.
Sorry noch für den Mini-Aufsatz aber ich dachte mir, ich haue nochmal ein paar Gedanken oder eine Art Plädoyer dazu raus.