@anginose_nbgWann ungefähr fanden die Verschickungen deiner Mutter statt?
Dass ein Kind nicht wusste wohin und für wie lange es verschickt wird, höre ich zum 1.Mal.
Wisst ihr noch, wer damals der Träger war?
Ich denke, das hat die Oma deiner Mutter damals nicht gesagt.
Bei der Anmeldung bekam man mitgeteilt, wo ein Platz frei ist, wie das Heim heisst und wann die Rückfahrt stattfindet. Damit die Eltern ihr Kind von der Bushaltestelle, dem Bahnhof abholen konnten.
Das musste ja dann auch klappen. Darum kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass da ein Risiko eingegangen wurde. Es hätte ja passieren können, dass ein Kind umabgeholt auf dem Bahnsteig steht.
Ich erinnere mich auch noch an einen Vordruck, auf dem Stand, was ich alles für die 6 Wochen brauche.
Was generell gemacht wurde: Jedes verschickte Kind wurde für den Zeitraum seines Aufenthaltes im dortigen Einwohnermeldeamt gemeldet. Damit die Polizei wusste wo sie im Falle ein Kind wird vermisst wusste mit der Suche beginnen muss.
Durch diese Einträge i den Einwohnermeldeämtern können heute ehemals verschickte Kinder recherchieren, ob sie wirklich in ihrem erinnerten Heim waren (manchmal gab es mehrere Kinderheime an einem Ort, oder der Ortsname wird nur bruchstückhaft erinnert.)
Ich wurde durch das Rote Kreuz verschickt. Es gab aber viele weitere Einrichtungen.
Die AWO z.B. hat solche Reisen organisiert, die Deutsche Post hatte Kurheime für Kinder.
(Ich hätte beinahe geschrieben, dass Postangestellte ihrer Kinder mit der Post verschicken konnten. Ich musste gerade selber lachen.)
Wahrscheinlich gab es das auch für Bahnangestellte usw.
Dass sich Kinder erholen sollten, "Farbe" bekommen, an besserer Luft besser gedeihen, selbständiger werden etc., war die Werbung, die die Eltern überzeugen sollte. Und wenn der Kinderarzt so eine Verschickung empfahl, schien das ja auch eine garantiert gute Sache zu sein.
Die andere Seite war den Eltern gestimmt nicht klar: an den Verschickungen wurde Geld verdient. Darum war die Ausstattung der Heime spartanisch und das Essen in vielen Einrichtungen schlecht.
Das mit der körperlichen Züchtigung:
Darum frage ich nach dem Jahr (ungefähr), in dem deine Mutter verschickt wurde.
Ich war noch gewohnt, für ein "Vergehen" von der Lehrer eine gelangt zu bekommen, in den ersten beiden Schuljahren. Dann bekamen wir eine junge Lehrerin, die gelernt hatte, zu unterrichten.
Willkürliche Bestrafungen empfanden aber auch Kinder, die Schläge (oder Ohrfeigen) als Strafe gewohnt waren, als ungerecht. So einfach kannst das nicht abtun.
Was sich in vielen Heimen abgespielt hat, war schädigend und da hätte damals eingegriffen werden müssen.
Die Gründe waren: Nicht ausgebildetes Personal. Die Kinder wurden nur beaufsichtigt und hatten wie am Schnürchen zu funktionieren. Zu viele Kinder. Je mehr Kinder, desto größer der Verdienst.
Kleine Gruppen, in denen die Kinder persönlich angesprochen werden, Vertrauen zu ihrer Betreuerin gab es nicht.
Es gab eine große Masse Kinder (100-150 in meine Heimen) und keine erwachsene Person, die uns ihren Namen genannt hätte. z.B.: Wenn ihr Probleme habt, kommt zu mir.
Es hat zu meiner Verschickungszeit längst moderne Erziehungskonzepte gegeben. Montessori z.B.
Das war aber alles furchtbar altbacken und als einzelnes Kind war man in diesem System verloren.