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Was ist aus euren Kindern geworden?

299 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Kinder, Eltern, Erziehung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Was ist aus euren Kindern geworden?

29.10.2021 um 17:41
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:dass es Stellen gibt, bei denen man sich Rat ubd Hilfe holen kann und solche Leute das auch wissen, aber geflissentlich ignorieren.
Ja, das sehe ich genauso. Es wäre ein Schritt, dass man bemerkt, dass Kinder von den Erwachsenen abhängig sind und man sich deshalb um Hilfe bemühen muss.


Was du beschreibst ist eine Verschiebung der wahrgenommenen Bedürfnisse. Kinder brauchen Schutz und Behütung, aber nicht bei Dingen wie Schulwegen, Bäumen und Jacken.

Sondern die grundlegende Sicherheit, zuhause gut aufgehoben zu sein.

Meine waren im Waldkindergarten, haben ihre Schulwege alleine bewältigt, sind bis zu den Knien im Schlamm gesteckt, im Winter ohne Jacke gegangen usw usw


Allerdings habe ich sie vor anderen Dingen bewahrt und beschützt, was wahrscheinlich auch nicht immer sinnvoll war.
Früher waren Kinder eben einfach da, heute sind sie oft Projekte, die möglichst gut gelingen sollen.
Man weiß soviel darüber, was alles schief gehen kann und wie man es scheinbar richtig macht.
Da will natürlich jeder gut dastehen.


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Was ist aus euren Kindern geworden?

29.10.2021 um 18:07
@Bundeskanzleri
Nein ich meine berechnend, durchaus negativ, sie versucht überall die vorteilte zu sein und fühlt sich quasi immer im recht, ihr selbstbewusstsein sprengt jede Messskala.
Da haben wir jetzt zum einen den schlimmen Teil von uns und den selbstbewussten von denen und die Kinder von denen zwei sind heute alle erwachsen und haben wie gesagt das eine Kind und es hat sich scheinbar das berechnende durchgesetzt, sie sind aber freundlich kann man so sagen. Beim Suizid ihres Vaters waren sie traurig aber weinen habe ich sie nie gesehen, weinen habe ich nur unsere Verwandtschaft weiblichenteils gesehen was schon komisch war und zeigt, dass sich bei denen die anderen 50% durchgesetzt haben.
Ich hoffe du verstehst alles ich weiß ein haufen durcheinander :D


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Doors ehemaliges Mitglied

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Was ist aus euren Kindern geworden?

29.10.2021 um 18:40
@Gucky87


Vor die Wahl gestellt, ob wir seinerzeit lieber vor dem Fernseher, dem PC, dem Handy oder der Playstation hätten hocken dürfen, in der warmen, geräumigen Bude, mit Chips und Cola, hätten meine Geschwister und ich bestimmt gejubelt ob dieser luxuriösen Lebensqualität.
Dumm nur, dass PC, Handy und Playstation noch nicht erfunden waren, ein Fernseher gerade mal unten in der Eckkneipe vorhanden war (wo auch das nächste Telefon zu finden war) und wir nicht mal ein eigenes Bett zum drauf hocken hatten.
Folglich mussten wir vier bei Wind und Wetter draussen auf der Strasse abhängen, bis Muttern aus der Fabrik kam bzw. auf den warten, der den Schlüssel hatte.
We were forced to play outside because there was no inside. So formulierte es einmal meine Ehefrau unseren Kindern gegenüber in Rückblick auf ihre Kindheit in Derry/Nordirland.

Da haben es Kinder heute eindeutig besser.


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29.10.2021 um 19:41
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb:Aber mit Sturheit lassen sich gute Dinge erreichen :Y:
Finde ich nicht verkehrt :D
Das ist richtig, kann sehr hilfreich sein. Aber man kann sich auch schonmal wunderbar selbst im Weg stehen.
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb:Hast du das denn schonmal vorher getan?
Nein, hab die über 10 Jahre nicht gesehen (nur ganz kurz im Auto sitzent) und gesprochen noch viel länger.

Meinen Vater hatte ich ähnlich lange nicht gesehen.
Polizei stand spät abens vor meiner Tür um mir das mitzuteilen. Da ich das Bundesland gewechselt hatte, haben die mich ca. zwei Wochen gesucht. Da hätten die auch noch bis nächsten Tag warten können, wo soll man denn so spät Abens noch hin. Fand ich unverantwortlich. Das war ne üble Nacht.


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29.10.2021 um 19:42
Zitat von RainloveRainlove schrieb am 25.10.2021:ist taff und absolut berechnend und gesund
Das bezog sich auf diese Äußerung, das klingt so, als wolltest du lauter gute Eigenschaften aufzählen :D


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29.10.2021 um 21:31
Zitat von DoorsDoors schrieb:Vor die Wahl gestellt, ob wir seinerzeit lieber vor dem Fernseher, dem PC, dem Handy oder der Playstation hätten hocken dürfen, in der warmen, geräumigen Bude, mit Chips und Cola, hätten meine Geschwister und ich bestimmt gejubelt ob dieser luxuriösen Lebensqualität.
Der materielle Wohlstand war weniger, aber auch die "Wertigkeit" der Kinder. Du hast das woanders ja auch geschrieben. Meine Freundin war das Kind geschiedener Eltern (damals schon schwierig). Zu dritt lebte man in einer kleinen Leibgedingwohnung auf dem Hof des Onkels. Die Mutter hatte ein eigenes kleines Zimmer - die Schwestern teilten sich das Durchgangszimmer, das z.T. als Wohnzimmer fungierte, z.T. saß man beim Onkel in der Stube (kam immer auf den Besuch an). Ich wette: in 9/10 Fällen heute würde die Mutter im Wohnzimmer auf der Couch schlafen, während man es den Kindern so gemütlich wie irgendwie möglich macht.

Wir wohnen ja auf dem Dorf. Als Dorfjugend hat man es so an sich, dass man im Sommer auf Dorffeste geht und irgendwann -je nach elterlicher Sperrstunde- mit Fahrrad bzw. zu Fuß über Feldwege nach Hause lief. Das waren die 1980 und 1990er Jahre. Heute schmeißen sich Eltern zu jeder Tages- und Nachtzeit aus dem Bett, um die Sprößlinge abzuholen.


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01.11.2021 um 17:58
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:sich Eltern zu jeder Tages- und Nachtzeit aus dem Bett, um die Sprößlinge abzuholen.
Ja, das stimmt schon. Ich kenne das auch, das ist aber was, was ich nie gemacht habe. Dafür andere Dinge :D

Ich glaube, das hat auch damit zu tun, dass die Angst, dass den Kinder was passieren könnte, irgendwie präsenter ist.

Früher wurde das anders gelöst, da durfte man einfach nicht raus.


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01.11.2021 um 18:46
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb am 07.10.2021:Und für die ehemaligen Kinder: welchen Anteil haben eure Eltern mit der Erziehung an eurem guten oder schlechten Befinden?
Meine Kindheit hat mich ziemlich geprägt, im negativen Sinne.
An den Folgen dieser Kindheit arbeite ich auch heute noch und das wird wohl auch noch länger so bleiben, weil da vieles aufzuarbeiten und zu verarbeiten ist. Allerdings habe ich für mich geschafft unsere schädliche Familiendynamik weitestgehend zu durchbrechen. Auf diese Leistung bin ich tatsächlich stolz, sie trägt zu einem besseren Befinden für mich bei.
Seit Generationen ist meine Familie quasi Opfer ihrer eigenen toxischen Familiendynamik, die kaum jemand zu durchbrechen versucht. Es ist ein Teufelskreis.

Heute denke ich, es war vielleicht sogar ganz gut, dass ich nicht in einer allzu heilen Blumenwelt aufgewachsen bin. Man nimmt einiges an Erfahrung und Einblicken mit, die Menschen innerhalb einer gesunden Familiendynamik verwehrt bleiben. Für mich sind diese Erfahrungen und Einblicke irgendwo auch nützlich (geworden).

Jedenfalls...
Ich bin in vielen Punkten nicht so geworden, wie meine Eltern sich das erhofft hätten. Vor allem kann ich ihre Erwartungen in der Art wie ich lebe nicht erfüllen.

Zu meiner Mutter habe ich schon sehr lange keinen Kontakt mehr, aber mein Vater hat längst gelernt mein Anderssein zu akzeptieren und irgendwo auch wertzuschätzen. Ich würde sogar behaupten, dass mein Verhalten sich auch teils positiv auf ihn ausgewirkt hat.


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02.11.2021 um 07:17
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb am 07.10.2021:Und für die ehemaligen Kinder: welchen Anteil haben eure Eltern mit der Erziehung an eurem guten oder schlechten Befinden?
Wenn es etwas gibt, das ich durch die Erziehung meiner Eltern verinnerlicht habe, dann ist es, darauf zu achten so selbst-und eigenständig wie möglich durchs Leben zu gehen. Das ist mir von ihnen dermaßen eingetrichtert worden, dass es mir immer noch schwer fällt, Hilfe anzunehmen, auch wenn sie angeboten und manchmal auch nötig ist.
Meine Eltern waren Kriegskinder, beide sehr traumatisiert und haben ihre eigenen Traumata an ihre Kinder, durch ihren Erziehungsstil, weiter gegeben. Ein großer Anteil dieser traumatischen Erlebnisse war der, dass sie schon als Kinder sehr früh, sehr selbstständig leben mussten und dementsprechend haben sie ihre eigenen Kinder immer darauf vorbereitet, dies ebenfalls zu können.
Meine Eltern haben den Krieg innerlich nie wirklich verlassen (so hat mir das eine Psychologin mal erklärt und es war für mich stimmig) und das habe ich zu spüren bekommen.
Ich konnte nie zu meinen Eltern gehen wenn ich Probleme hatte, nicht mit ihnen reden. Immer hieß es, da musst du selbst sehen, wie du damit fertig wirst, es ist wichtig, dass du das lernst.

Ich habe mich als Kind nie wirklich geliebt und willkommen gefühlt, hatte eher den Eindruck lästig zu sein, meinem Bruder erging es ebenso. Wir waren so stark durch dieses ständige Gerede, dass wir eigenständig sein müssten, geprägt, dass er einmal dabei zugesehen hat, als ich von mehreren Jungen verprügelt wurde. Er ist ein paar Jahre älter, aber da war nicht damit zu rechnen, dass der große Bruder zur Hilfe eilt. Er hat danach zu mir gesagt, als ich ihn fragte, warum er mir nicht geholfen hat, dass ich da allein durch müsste, es wäre nicht immer jemand da, der mir hilft und je früher ich das lerne, umso besser.
Er hat im Endeffekt nur das gesagt, was wir ständig von unseren Eltern zu hören und zu fühlen bekamen. Ein Beispiel dafür, was diese Erziehung mit uns gemacht hat.


Ich hatte zwischenzeitlich keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, was nicht weiter schwierig war, da sie mir ja selbst beigebracht hatten, selbstständig durchs Leben zu kommen.^^
Je älter ich wurde, desto mehr habe ich hinterfragt, wie meine Eltern so geworden sind, was die Ursache war und habe mich viel mit den Erlebnissen ihrer Generation auseinander gesetzt und was das mit ihnen selbst gemacht hat. Ich bekam mehr Verständnis für sie und auch sie fingen endlich an, sich zumindest ein bisschen zu öffnen und ihren eigenen Schutzwall zu verringern.
Das ist alles ein Thema, das mich selbst wohl mein Leben lang begleiten wird und ich bin immer noch in der Lernphase, dass ich nicht alles alleine mit mir ausmachen muss, ich auch Dinge abgeben oder teilen kann, und es nicht verwerflich ist, wenn ich etwas selbst nicht kann und mich gegebenenfalls an andere wenden kann, die sich dann kümmern.


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02.11.2021 um 09:30
Zitat von IdiosynkrasiaIdiosynkrasia schrieb:Man nimmt einiges an Erfahrung und Einblicken
Das stimmt, daraus können natürlich immer auch gute Ressourcen wachsen.

Da man die Kindheit eh nicht rückwirkend verändern kann, ist das auch eine gute Sichtweise, das Gute darin zu finden.

Klar, das klappt nicht immer und der Teil überwiegt auch nicht immer.

Sinnvoll ist es auf jeden Fall, wie ich finde, sich die Zusammenhänge bewusst zu machen. Da ist schon mal viel gewonnen.


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02.11.2021 um 10:25
Zitat von OzeanwindOzeanwind schrieb:Ich habe mich als Kind nie wirklich geliebt und willkommen gefühlt, hatte eher den Eindruck lästig zu sein,
Zitat von OzeanwindOzeanwind schrieb:desto mehr habe ich hinterfragt, wie meine Eltern so geworden sind, was die Ursache war und habe mich viel mit den Erlebnissen ihrer Generation auseinander gesetzt
Das ist dieses Grundgefühl, das sicher ganz viele auch kennen. Und das ist aber doch so entscheidend, weil es die Grundlage ist für Vertrauen, Beziehungen, Sicherheit, Selbstbewusstsein.
Es fällt dann alles schwerer.

Und ein bisschen hilft ja, wie du schreibst, die Eltern haben ihre eigenen Erlebnisse, die sie dazu brachten, sich so zu verhalten.
Wenn man selber als Kind nicht geliebt wird, konnte man das auch nicht lernen und nicht weitergeben.
Ok, das ist nicht absolut zu sehen, aber der Blick in die vorigen Generationen lohnt sich auf jeden Fall.


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02.11.2021 um 12:58
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb am 29.10.2021:Sondern die grundlegende Sicherheit, zuhause gut aufgehoben zu sein.
Zitat von DoorsDoors schrieb am 29.10.2021:Folglich mussten wir vier bei Wind und Wetter draussen auf der Strasse abhängen, bis Muttern aus der Fabrik kam bzw. auf den warten, der den Schlüssel hatte.
Wir mussten das nicht, wir wollten raus. Das Wetter war uns egal, Hauptsache, draußen. Wie oft bin ich hingefallen, hab mir den Kopf, die Knie aufgerissen? Ich weß es nicht. Ich weiß noch, dass mir ein Kumpel mit dem Bogen einen Pfeil in die Wange geschossen hat, weil wir sie Saugnapfpfeile doof faden ;)

Gut, bin ich zu Muttern gelaufen, hab Jod, Pflaster und geschmipft bekommen, aber Paps hat mich trotz allem bei Wind und Wetter ins Krankenhaus gefahren zum Überprüfen.
Am nächsten Tag waren wir wider draußen - Mit unseren Bögen ;)

Und das meinte ich auch mit gut aufgehoben sein. Kinder sollen wissen, dass sie zu Hause sicher sind, Halt und Rat bekommen. Sicher, ich war auch nicht der Superengel, meine Eltern aren aber da, wenn ich sie brauchte und saßen nicht hinterm PC oder in der Kneipe oder sind auf ner LAN Party zocken.

Gucky


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Was ist aus euren Kindern geworden?

06.11.2021 um 21:12
Zitat von IdiosynkrasiaIdiosynkrasia schrieb am 01.11.2021: Heute denke ich, es war vielleicht sogar ganz gut, dass ich nicht in einer allzu heilen Blumenwelt aufgewachsen bin. Man nimmt einiges an Erfahrung und Einblicken mit, die Menschen innerhalb einer gesunden Familiendynamik verwehrt bleiben. Für mich sind diese Erfahrungen und Einblicke irgendwo auch nützlich (geworden).
Ich denke, jede Konstellation hat ihre eigenen Vor- und Nachteile.

Ich habe ein Jahrzehnt weit unterhalb der Armutsgrenze gelebt, meine Ausbildun, mein Abi und mein Studium selbst verdient - und extreme Armut kostet u.a. Zeit. Wenn es das Buch, was du brauchst, nur in der 8km entfernten Bibliothek gibt, dein Fahrrad geklaut ist und das S-Bahnticket teuer, dann läufst du mindestens einen Weg ... und wenn du dann 8km nach Hause läufst, dann kommen dir schon sehr bittere Gedanken. Zumal meine Eltern in einer finanziellen Lage waren, dass ich gar nicht in diese Lage hinein geraten hätte müssen ... Armut macht auch einsam. Armut bringt dich dazu, vor Scham zu lügen. Armut setzt dich wahnsinnig unter Stress, wenn du Angst hast, dass das wenige Geld, was du hast, nicht mehr reicht. Armut bringt dich dazu, extreme Dinge zu tun und extrem an dir selbst zu sparen. Heute genieße ich es, dass ich Geld habe. Ich musste an meinem mindset arbeiten, dass ich es schaffte, es für mich selbst auszugeben. Ich bin unendlich dankbar. Vermutlich dankbarer als jemand, der nicht so gelebt hat.

Ich bin heute auch sehr dankbar, dass ich -mit viel emotionaler Distanz zu meiner Herkunftsfamilie- die Fehler und Muster bei meinen Kindern nicht wiederholt habe (aber andere Fehler gemacht habe). Als meine Tochter ausgezogen ist, war es für uns als Familie selbstverständlich, dass wir alle hinfahren, mit ihr Möbel aufbauen, ihr helfen, alles einzuräumen, die Kartons mitnehmen, das kaufen, was noch fehlt, den Kühlschrank füllen und mit ihr die drei beliebtesten Kneipen testen, die von ihr aus gut zu erreichen sind :-). Für meine Tochter ist das selbstverständlich, Teil dieses (intakten) Familiengefüges zu sein - sie ist dafür nicht dankbar, das ist für sie völlig normal. Auch, dass wir täglich Kontakt haben, versuchen, Probleme mit ihr zu lösen, ihr Mut zusprechen, ihr bestmöglist helfen, im Studileben anzukommen. Solche Umzüge habe ich früher mit der Straßenbahn erledigt - oder mir haben Leute geholfen, die gar nicht "für mich zuständig waren", z.B. der Vater meiner Mitbewohnerin hat mich einfach mit in den Möbelladen genommen.

Meine eigenen Gefühlsausschläge sind da intensiver als die meiner Tochter. Meine Mutter hat mich in dem Jahrzehnt genau 0 mal besucht. Sie kannte keinen einzigen meiner Wohnorte, weder bei der Ausbildung, noch beim Abi, noch beim Studium ... nichts. Ich bin nicht zum Abiball, weil ich die einzige ohne Eltern gewesen wäre. Gleiches für den Uniabschluss. Heute bin ich da reflektierter, damals hat sich oft mein Selbstbewusstsein gemeldet und ich dachte "ich bin es nicht wert" - das ist ein total hässliches Gefühl. Der Weg, den ich zurückgelegt habe, ist länger, ich weiß heute mein Glück mehr zu schätzen, weiß aber auch, dass es zerbrechlich ist. Ich weiß nicht, ob ich für diese Erfahrung heute dankbar sein soll. Ich bin heute "bei mir selbst" angekommen, meinen Eltern gegenüber neutral. Aber ich kann mich an viele hässliche Momente erinnern, verletzende Momente, verdammt einsame Momente, Probleme, die sich nur ergeben haben, weil meine Eltern versucht haben, mich über fehlendes Geld zu erpressen ... Und viele Momente, die aus der Retrospektive einfach sinnlos waren - hätten meine Eltern einfach an mich geglaubt, mich unterstützt, mir ein wenig Geld überwiesen (ich hätte gar nicht viel gebraucht), dann wäre mir sehr viel erspart geblieben. Hätten sie sich interessiert, dann wären mir einige emotionale Tiefen erspart geblieben.

Ich bin heute auch mir selbst sehr dankbar - dass ich so nicht mehr leben muss. Dass es mir total egal ist, was meine Eltern denken, tun, fühlen, wie sie meine Handlung bewerten. Ich bin mir dankbar, dass ich an meine Vision "ich werde dieses verdammte Abi machen, ein Studium abschließen und ein ganz normales Leben führen" geglaubt habe und dass ich durchgehalten habe - auch in den echt schwierigen Momenten. Es gab aber auch kleine Momente, die mich total verletzt haben - und diese Narben bleiben einfach. Vieles war so schwierig und viele Chancen haben ich einfach verpasst ... z.B. zum Austausch mit einer Partneruni - ich wäre so gerne gefahren und hatte kein Geld. Ich würde gerne manchmal einfach zurückreisen, in die Zeit der Ungewissheit und würde meinem Ich sagen, das so voller Selbstzweifel ist "es wird alles gut werden". Und "du bist okay, du bist auf dem richtigen Weg und es wird alles gut". Von daher ja, ich habe sehr viele Erfahrungen gemacht, die mich haben extrem reifen lassen. Ich arbeite an einer Brennpunktschule und finde viel Zugang zu Schülern mit Problemen - weil ich "eben auch mal einer war". Ich kann mich da reinversetzen, was es heißt, am 27 kein Essen mehr im Haus zu haben. Von daher kann ich viele der Erfahrungen konstruktiv darauf verwenden, für andere eine Lösung zu finden - was mich wieder mit mir versöhnt - es war nicht umsonst.


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Was ist aus euren Kindern geworden?

06.11.2021 um 22:42
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:ich habe sehr viele Erfahrungen gemacht, die mich haben extrem reifen lassen. Ich arbeite an einer Brennpunktschule und finde viel Zugang zu Schülern mit Problemen - weil ich "eben auch mal einer war". Ich kann mich da reinversetzen, was es heißt, am 27 kein Essen mehr im Haus zu haben. Von daher kann ich viele der Erfahrungen konstruktiv darauf verwenden, für andere eine Lösung zu finden - was mich wieder mit mir versöhnt - es war nicht umsonst.
Und so tragen deine negativ empfunden Erfahrungen etwas positives für andere bei, denn du hast etwas aus deiner Vergangenheit gelernt und kannst dieses Wissen an andere weitergeben. Das ist im Grunde etwas sehr wertvolles, was mir persönlich wieder zeigt, dass negativ nie nur negativ ist. Es steckt in allem immer etwas nützliches, etwas gutes.


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Was ist aus euren Kindern geworden?

07.11.2021 um 21:06
Meine Kindheit war durch emotionalen Missbrauch geprägt.. womit ich Jahrzehnte zu kämpfen hatte.
Ich habe lange gebraucht um das zu erkennen und aufzulösen..

Intuitiv habe ich mein Kind ganz anders erzogen.. und dennoch Fehler gemacht. Aber ich glaube, das bleibt nie aus.

Mein Kind ist nicht perfekt ( und ich auch nicht).. aber ich liebe ihn genau so wie er ist.


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Was ist aus euren Kindern geworden?

13.11.2021 um 15:30
Das älteste meiner drei Kinder hat mir gerade die schönste Freude gemacht, die mir ein Kind machen kann, deshalb möchte ich sie kurz beschreiben:

Sie war ein selbstbewusstes, stures Kind, das stets ihren Willen durchsetzte und sich nichts sagen ließ. Schüchternheit kannte sie nicht, sobald sie sprechen konnte, bestellte sie selbst in Restaurants und Geschäften, fragte jeden, was sie wissen wollte und sagte ungeniert „nein", wenn ihr etwas gegen den Strich lief.

Mein Partner und ich mussten oft in ihrer Schule auf salutieren, weil sie sich weder von Lehrern noch von Mitschüler etwas sagen ließ. Sie hasste die Schule vom ersten Tag an – es war eine Qual für mich, sie durch die Schulpflicht durchzuboxen. Angenehm war, dass sie (wie ich) keinen Wert auf Essen und Gewand legte. Ihr war wichtig, dass das Gewand jeden Tag bereit lag und sie es nur mehr anziehen brauchte. Das selbe galt beim Essen: sie aß das, was ihr hingestellt wurde und es interessierte sie nicht, was sie aß.

Mit 14 Jahren sagte sie mir, dass sie sich einen Mann suchen wird, der gleich gutmütig ist wie ihr Papa und sie vorne und hinten bedient. Er wird aber zwei Meter groß sein und wie ein Modell aussehen.

Nach ihrem Pflichtschulabschluss erlöste ich sie von der gehassten schule und ließ sie eine Lehre machen (die Lehrstelle organisierte sie sich ganz alleine). Ab diesem Zeitpunkt war sie ein „neuer" Mensch – glücklich und zufrieden.

Sie begann selbstständig neben der Lehre die Abendmatura (Abitur) zu machen, denn sie wollte unbedingt Führungskraft in ihrem Lehrbetrieb werden.

Mit 16 Jahren lernte sie ihren Partner kennen. Er ist 202 cm groß, modelte neben seinem Beruf, trinkt keinen Tropfen Alkohol und raucht nicht. Einziger Haken: er wohnte im über 700 Kilometer entfernten Frankfurt.
Nach drei Jahren Fernbeziehung gab er alles in seiner alten Heimat auf und zog zu ihr.

Mit 18 Jahren machte sie ihre LAP (Lehrabschlussprüfung) mit Auszeichnung und stieg sofort nach Ende der Lehrzeit in die unterste Führungsebene auf. Ein halbes Jahr später war sie auch mit der Matura (Abitur) fertig. Gleich danach lernte sie einen zweiten (in ihrem Betrieb relevanten) Beruf. Nach dessen Abschluss stieg sie einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter nach oben und verdiente für ihr Alter sensationell, arbeitete aber mindestens 60 Stunden pro Woche.

Sie konnte Kinder nie ausstehen, deshalb wollte sie nie welche haben. Ich fand das sehr traurig, akzeptierte es aber, weil ich mich in das Leben meiner Kinder nicht einmische.
Sie hat keine Ahnung vom Haushalt/Kochen,… sie liebt Luxus und Urlaube in exotischen Länder sind ihre Leidenschaft.

Dann kam Corona. Ihr Betrieb war einer der „Gewinner" in der Pandemie, deshalb erstickte sie fast vor Arbeit. Ihre Urlaube konnte sie wegen Corona nicht so machen, wie sie wollte. Das löste ein Umdenken in ihr aus. Sie dachte, wenn sie schon ein paar Jahre auf ihre Urlaube (und sonstige Highlights) verzichten muss, kann sie ein Kind bekommen, denn bis Corona vorbei ist, ist auch das Kind alt genug für Langstreckenurlaube.

Sie wurde sofort schwanger und machte mir damit die größte Freude, die sie mir nur machen kann. Sie gebar vor Kurzem einen gesunden Sohn.

Jetzt genießt sie zwei Jahre Karenz – der Schwiegersohn ist etwas enttäuscht, dass er danach nur ein halbes Jahr in Karenz gehen darf (er wäre auch gerne die gesamte Zeit gegangen).
Wenn ihr Kind zwei Jahre alt ist, steigt meine Tochter wieder Vollzeit in ihren Beruf ein.
In diesen zwei Jahren möchte sie Weiterbildungskurse machen und hoffentlich auch endlich ihren Führerschein, den sie mit ihren 22,5 Jahren immer noch nicht hat.

Sie ist eine richtige Powerfrau, die alles durchsetzt, was sie will. Sie hat enormes Selbstbewusstsein und weiß, dass man im Leben fast alles bekommt, was man will, wenn man an sich selbst glaubt und zielstrebig darum kämpft. Sie hat ihren absoluten Traummann an ihrer Seite, für den auch sie die absolute Traumfrau ist.

Dass sie sich jetzt auch noch für ein Kind entschieden hat, erfüllte auch meinen letzten Wunsch, den ich noch hatte: ein Enkelkind
Ich bin sehr stolz auf sie (auf all meine Kinder) und weiß, dass sie immer den für sie richtigen Weg gehen wird.


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18.12.2021 um 06:27
Zitat von fuxiafuxia schrieb am 07.11.2021:Meine Kindheit war durch emotionalen Missbrauch geprägt..
Das ist wirklich schwer, sich aus solchen Strukturen zu lösen und sie überhaupt aufzudecken.
Zitat von fuxiafuxia schrieb am 07.11.2021:dennoch Fehler gemacht. Aber ich glaube, das bleibt nie aus.
Das ist völlig normal, sehe ich auch so. Zumal es in Beziehungen zueinander kein absolut richtig und falsch geben kann.


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18.12.2021 um 06:38
Zitat von FerneZukunftFerneZukunft schrieb am 13.11.2021:letzten Wunsch, den ich noch hatte: ein Enkelkind
Früher fand ich das wahnsinnig spießig, dass Eltern so auf Enkel abfahren. Heute kann ich das sehr gut verstehen und würde mich auch total drüber freuen.

Allerdings ist bei meinen Kindern nichts in Sicht und das ist sicher auch gut so im Moment :D


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18.12.2021 um 07:33
Zitat von IdiosynkrasiaIdiosynkrasia schrieb am 06.11.2021:Und so tragen deine negativ empfunden Erfahrungen etwas positives für andere bei, denn du hast etwas aus deiner Vergangenheit gelernt und kannst dieses Wissen an andere weitergeben. Das ist im Grunde etwas sehr wertvolles, was mir persönlich wieder zeigt, dass negativ nie nur negativ ist. Es steckt in allem immer etwas nützliches, etwas gutes.
So ein Hippiequatsch. Negativ ist negativ, und das Gute und Positive steckt in @MissMary. Auf die negativen Erlebnisse hätte sie wohl liebend gern verzichtet anstatt dafür dankbar zu sein und darin auch noch etwas Positives zu sehen. Ich kann nicht verstehen dass du das so sehen kannst. Und Erfahrungen kann man nicht weitergeben, aber das Verständnis wird da sein und es ihr erleichtern das Richtige zu tun und zu sagen in ihrer Arbeit mit den Schülern.

@MissMary
Du hast da aber einen harten Weg zurückgelegt, und dich dann noch für diese Arbeit entschieden, das ist schon sehr großartig.


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18.12.2021 um 20:51
Zitat von MissMaryMissMary schrieb am 06.11.2021:hätten meine Eltern einfach an mich geglaubt, mich unterstützt, mir ein wenig Geld überwiesen (ich hätte gar nicht viel gebraucht), dann wäre mir sehr viel erspart geblieben. Hätten sie sich interessiert, dann wären mir einige emotionale Tiefen erspart geblieben.
Ja, das ist bitter. Aber deine Eltern werden das auch nie gelernt haben, an sich und andere zu glauben. Vermutlich sind sie heute genauso unglücklich und unzufrieden wie damals schon.
Zitat von MissMaryMissMary schrieb am 06.11.2021:"ich bin es nicht wert" - das ist ein total hässliches Gefühl.
Das erlebt man von Eltern, die es selber auch nicht kenne, geschätzt und geliebt zu werden.

Umso toller, dass du da rausgefunden hast und wie du schreibst sogar "neutral" bist. Herzlichen Glückwunsch!
Und ich finde auch, solche Lehrerinnen brauchen die Schüler, jemanden, der genau weiß wie sich beschissene Lebenssituationen anfühlen.

:Y:


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