-MsEiskalt- schrieb am 06.12.2020: Was habt ihr während der Erziehung Eurer eigenen Kinder von Euren Eltern übernommen? Strenge Erziehung, solltet ihr jene durchlebt haben, ja oder nein?
-> Was habt ihr anders gemacht?
Seid ihr teilweise immer noch der Meinung, dass Mutter/Vater unrecht gehandelt hat?
Meine Eltern waren eher "kalt", uninteressiert, extrem sparsam und unfassbar streng. Regeln konnten nicht verhandelt werden und waren oft sehr sehr streng - und das, obwohl ich wirklich ein vernünftiges Kind/ Jugendliche war. Meine Eltern waren selbst sehr autoritär erzogen worden. Ich fühlte mich als Jugendliche nicht nur ungerecht behandelt, sondern so eingeschränkt, dass ich mit 16 auszog (wie mein Bruder vor mir). Ich hätte für mein Leben gerne Klavier gespielt und durfte nicht. Ich wollte unbedingt aufs Gymnasium, aber da mein Bruder damals Schwierigkeiten hatte, wurde ich, trotz Grundschulschnitt von 1,3 auf eine Realschule gesteckt.
Was habe ich gleich gemacht? - Struktur und Regeln, aber angepasst und die Kinder dürfen mitbestimmen. Fahren wir z.B. für eine Woche in die Großstadt, darf sich jeder einen Tag aussuchen, den er plant. Da kommen ganz witzige Sachen raus - Lasertag hätte ich zum Beispiel nie probiert, fand es dann aber doch gut :-)). Die Kinder haben sich dieses Jahr für Heiligabend gewünscht, dass es vegetarische Pizza gibt - sie wollen die backen ... dann mal los.
Ich begründe Regeln, wenn sie mir wichtig sind. Ich versuche da auch transparent und gerecht zu sein. Ich höre zu. Wir müssen sehr selten was verbieten - ich glaube, wir haben mit unseren Kids auch einfach Glück gehabt :-).
Sachen, die mir wichtig sind, drücke ich durch - z.B. Schule, gesundes Essen, vernünftige Hobbys. Wenn die Kinder mittags heimkommen, gibt es 4x die Woche warmes Mittagessen, wir essen zumindest mit einem Kind (das G8 sorgt davor, dass der Rest erst später kommt) und wir reden über den Schultag. Bei Hobbys durften die Kinder das selbst aussuchen, aber wenn mal eine Entscheidung gefallen war, mussten sie dabei bleiben (z.B. ein Instrument erst zur 1. möglichen Kündigungsfrist aufhören). Je älter sie wurden, umso mehr haben sie sich selbst orientiert und dann auch Sachen aufgehört, neue angefangen.
Nach dem Mittagessen werden Hausaufgaben gemacht und gelernt - da wir das aber von klein auf so gemacht haben, haben wir eine Struktur gelegt, die die Kids gar nicht mehr hinterfragt haben. Es gibt bei uns immer den gleichen Ablauf: Mittagessen - Hausaufgaben - Ranzen packen - Instrument lernen. Ausnahmen gibt es nur, wenn z.B. Regenwolken aufziehen und man noch eine halbe Stunde auf den Bolzplatz möchte oder so. Dafür ist dann erst mal Freizeit - wenn man dann zwei Stunden zockt oder vor dem Handy sitzt, ist es so und ich halte das aus (hätten meine Eltern nie gemacht).
Wenn ich merke, es läuft, dann ziehe ich mich zurück - also Hausaufgaben, in der Grundschule saß ich erst daneben, dann spülte ich und schaute den Kindern über die Schulter, dann ließ ich sie mir regelmäßig zeigen, dann stichprobenmäßig und nun bei den beiden großen Kids gar nicht mehr.
Schulsachen dürfen die Kinder selbst entscheiden, wenn sie die Tragweite verstehen. Also z.B. als die Entscheidung Latein oder Französisch anstand. Oder die Leistungskurse. Das habe ich blanko unterschrieben. Auch Taschengeld darf selbst ausgegeben werden.
Ich selbst bin religiös, das würde ich aber nicht "erzwingen". Klar, als die Kinder klein waren, kamen sie mit in den Gottesdienst. Nun kommen sie so ca. drei von vier Sonntagen mit und engagieren sich auch in der Gemeinde.
Das freut mich, ich weiß aber nicht, ob sie das mir zu liebe oder aus eigenem Antrieb tun.
Jetzt im Sommer waren die Kids coronabedingt sehr im Chillmodus. Da haben wir schon ab und an einen "verpflichtenden" Familientag gemacht und sind z.B. Wandern gegangen. Dass es erträglicher war, durften sie die Strecke mit aussuchen, einen Freund mitnehmen und wir haben dann noch was Witziges gemacht, z.B. eine Maislabyrinth besucht oder so. Oft sagten sie dann abends "heute Morgen hatte ich keine Lust, aber es war echt ganz gut!".
Kurz gesagt: Wir haben schon Leitlinien vorgegeben, die die Kids kennen und befolgen. Das geht aber (auch bei den Teenagern) ohne große Streitpunkte und Theater.