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Pragmatiker und ihre Einsamkeit

65 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Einsamkeit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Pragmatiker und ihre Einsamkeit

04.06.2011 um 13:58
@DeadPoet

Stimmt, da muss ich dir nun wirklich Recht geben. Literarisch gesehen sind solche Beiträge ungemein wertvoll, da sie uns den Blick in jemandes Geist ermöglichen. Es ist immer schön mit anzusehen, wie ein Schriftsteller seinen Geist auf Wanderfahrt schickt und dies dann auch noch schriftlich dokumentiert.

Es ist für das Weiterkommen der Philosophie und Literatur nicht einerlei, ob wir solche geistigen Ergüsse nun gleich verstehen oder analysieren können, es kommt darauf an, dass der entsprechende Schriftsteller uns einen Blick auf seine Muse gewährt hat- und das ist etwas sehr, sehr wertvolles!

Weiterhin ist es das Schicksal (so auch von mir) großer Persönlichkeiten, missverstanden zu werden. Doch darüber sollte man gnädig hinwegsehen, denn die erbärmlichen Menschlein besitzen oft nicht die notwendigen geistigen Schwingen, um sich zu diesen hocherlesenen Gefilden der Philosophie ebenso wie wir emporzuschwingen. Ein guter Autor schreibt um des Schreibens willen, nicht um zu gefallen. Und was wäre Literatur schon, wenn sie immer einfach zu verstehen wäre? Richtig, sie wäre ein Haufen Hundescheisse, um die wir konsterniert einen Umweg machen- Wer will das schon!?

Wenn ich dir noch etwas gestehen soll, dann lausche meinen Worten: Ich kenne das Gefühl nur zu gut, als Schriftsteller nicht verstanden zu werden; scheu der Allgemeinheit seinen Geist zu offenbaren und von dieser dafür nur Schläge zu kassieren... Das ist jedoch kein Grund, damit aufzuhören. Die rationale Analyse freigeistig-philosophischer Texte führt oft dazu, dass diese verkannt werden und als "miese Prosa" auf dem Komposthaufen der Kritik enden. Als Schriftsteller muss man da aber drüber stehen und an sich glauben...

In diesem Sinne habe ich die Qualität deiner Texte schon erkannt, ansonsten würde ich dich nicht Schriftsteller nennen, sondern Beitragsschreiber ;)
Nimm´s mir nicht übel, wenn ich ab und an mal ein bisschen zu analytisch werde- damit bestreite ich nicht den Wert deiner Posts. Diese haben nämlich- ganz ehrlich und wie schon gesagt- schriftstellerreife Qualität.


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Pragmatiker und ihre Einsamkeit

05.06.2011 um 01:05
Danke für die Blumen. Aber ohne einen guten Lektor wäre ich aufgeschmissen. ; )
Aber genug von meinen Beiträgen. Ich habe zu oft das Gefühl das ich mit meiner Art Themen vorzeitig abschliesse und sogenannte Threadkiller produziere. Dennoch mag ich meinen Schreibstil, sonst würde ich nicht so schreiben wie ich es tue. ; )

Ich hab schon immer geschrieben, Gedichte, Songtexte, Tagebücher, oft törichtes Zeug, dass ich mir oft nicht mehr getraue zu lesen. Manchmal erkenne ich hohe Qualität darin, aber egal wie ich es finde so ist es doch das Zeugnis eines Menschen.

Miese Prosa in Reinkultur ist für mich zb. die Beatnikliteratur oder auch die deutsche Popliteratur Ende 90 Anfang 00. Oder die Poetry Slams. Da steckt soviel drin. Die wurden jeweils zu ihrer Zeit auch zerrissen von Scharen von Kritikern. Vielleicht sind es auch nur Dilletanten, die aus ihrem Unvermögen etwas "richtiges" , schon garnicht Versmaße zu beherrschen, ein System bzw. Schema gemacht haben.

Und die großen Egomanen wie Crowley oder Carlos Castaneda, die flux auf Taschenbuchformat reduziert wurden, oder ein Lovecraft der seiner Zeit nicht mal dem Taschenbuchformat gerecht wurde und sich mit "Pulp"Heftchen durchschlug.

Aber ich meine zumindest die erst genannten, die Beatniks wie Miller, Kerouac, Bukowski, der Phillipe Djian, die damals "Neuen" wie Beigbeder, Houellebecq oder Stuckrad-Barre das sind alles fabelhafte Dilletanten.

Schläge gab es und nicht zu wenige. Als Schriftsteller heute populär zu sein ist sehr schwierig, die wirklich massenwirksamen Medien erlauben momentan leider nicht mehr die Ernsthaftigkeit eines Schriftstellers. Es gibt keine Sendungen mehr die Reich Rainicki moderiert in denen Max Frisch und Dürrenmatt zu sehen ist und die ernsthaft über Aristoteles schwadronieren. Momentan muss es eben Stephen Hawking sein oder Joanne K. Rowling oder Stephanie Meyer. Was anderes passt nicht rein, Und diese Autoren werden hofiert und gleichzeitig verachtet. Westart guckt eh keiner.

Der Gestus ist klar zu erkennen. Tv ist zum Konkurrenten für das Buch geworden, weil die Bücher die sich verkaufen, auch Kassenschlager in den Kinos sind. Die Literatur wird zum Abziehbild ihrer selbst. Letztlich Rainicki selbst, der so stark wie er ist nur zu einer Karikatur seiner selbst degradiert wird. Die Schreibende Zunft sucht sich derweil neue Wege, unter anderem durch die Poetry Slams, durch die Blogs, durch youtube auftritte in denen sie ihre Gedanken teilweise selbstgezeichneten Figuren in den Mund legen.

Wir haben was Literatur betrifft ein echtes Problem. Man findet es altbacken, angestaubt und überholt, man findet es zu "poetisch" zu pathetisch und man erlaubt nicht mehr freie Denkansätze sofern die nicht begründet sind. Da hatten die Beatniks wirklich eine gute Zeit erwischt. Angeführt von Querdenkern und Moralisten wie Adorno, ja auch von Populären Künstlern wie Picasso und Dali erlaubte man "Verrücktheiten" - Splins in den 70ern war auch Woody Allen ein Thema, der heute immer noch großartige Filme macht, aber seine Gedankenwelt auch eher verpackt und versucht anzupassen. Die richtigen ( akzeptierten ) Poeten sind heute Regisseure wie Sofia Coppola.

Nun bin ich selbst Offtopic in meinem eigenen Thread. Aber vielleicht ist es ja das besagte Schema.


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Pragmatiker und ihre Einsamkeit

05.06.2011 um 01:23
@Apollyon


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Pragmatiker und ihre Einsamkeit

06.06.2011 um 12:22
@DeadPoet

Offtopic, macht doch nix ;)

Was du schreibst ist natürlich wahr. Es ist heute überaus schwierig, als Schriftsteller anerkannt und akzeptiert zu werden. Insofern hatten die Hippies natürlich schon eine gute Zeit erwischt. Allerdings muss man sagen, dass auch unsere heutige Kultur es stellenweise gewagt hat, die Barrieren althergebrachten Denkens und Empfindens zu sprengen.

Für mich persönlich war es gerade die Technokultur und der damit verbundene Konsum bewußtseinsverändernder Drogen wie LSD, DMT oder MDMA, der dafür sorgte, dass viele Leute ihren geistigen Horizont erweitern konnten.

Andererseits, um zum Literaturgeschehen zurückzukommen, gibt es heute viel mehr Müll als vor einigen Jahrzehnten. Gerade populäre Literaten sind oft nicht das gelbe vom Ei, finde ich. Nehmen wir Dan Brown- natürlich schreibt der gute Bücher, die sind auch spannend, aber kann er mit Schriftstellern vom Formate eines H. P. Lovecraft mithalten? Nie und nimmer.

Das, was uns heute teilweise als "Literatur" verkauft wird, ist oft schlichtweg nur der Inhalt einer Windel.

Heutzutage gut und gleichzeitig auch populär zu sein, ist ziemlich schwierig, finde ich. Es kotzt mich an, dass (auch im Internet) viele Leute nichts anderes lesen wollen als das, was ohnehin schon tausendmal da war. Ansonsten weigert man sich, unkonventionelle Sachen anzunehmen- was sehr schade ist.
Das ist derzeit auch mein Problem: Ich schreibe an einem Roman. Teile davon habe ich in einem Schriftstellerforum gepostet. Jesses, wie die mich auseinandergenommen haben- nur weil die ersten paar Absätze nicht dem entsprachen, was man erwartete. Man bewertete mich als schlecht.
Nun habe ich aber einigen Freunden, darunter auch Germanistikstudenten usw. mein Geschreibsel geschickt, und das Feedback war durchweg gut. Wer abseits vom Mainstream schreibt, hat´s schwer.

Aber wie sagt man so schön: Der wahre Schriftsteller schreibt um des Schreibens willen, nicht um zu gefallen ;)


Gruß,

A.


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Pragmatiker und ihre Einsamkeit

28.12.2024 um 02:50
Ich war einst ein ziemlich naiver Idealist und Utopist, bin dann nach und nach in einen Realismus und gar Pessimismus mit einer Depression einhergehend abgerutscht, als Folge einer starken Desillusionierung. Jedoch habe ich nach und nach auch wieder einen Funken Idealismus versucht zu finden, wurde aber weitestgehend auch ein skeptischer und hinterfragender Pragmatiker. Ich will aber auch nicht meine naive und idealistische Phase missen. Auch sie war ein wichtiger Prägungsprozess. Nur kann ich eines dabei in beiden Fällen sagen, sowohl als Idealist und auch als Pragmatiker, war ich darin auch eher einsam. Und auch ich habe eine gewisse Faszination an so manchen Hypothesen, Theorien, metaphysischen Gedankenkonstrukten, Ideen und Fantasien. Im Alltag Realist, in der Freizeit Idealist, Träumer und Metaphysiker, nur glaube ich auch nicht an meine eigenen mentalen Konstrukte, egal wie faszinierend diese sein können.
Zitat von DeadPoetDeadPoet schrieb am 31.05.2005:Seid ihr Pragmatiker oder Idealisten, Überlebenskünstler, oder einfach Novemberlaub im Fluss der Geschichte?
Irgendwie eine Mischung aus allem.

Btw. ich habe diesen Thread mal ausgebuddelt, da er durchaus interessant ist und gerade heute wieder etwas mehr Relevanz haben sollte. Denn das Netz ist voll von wilden Spekulationen, Ideen, Theorien, Ideologien, Utopien, Dystopien und auch religiösen und politischen Dogmen. Man wird regelrecht schon ohnmächtig, fühlt sich von ihnen erschlagen, wenn man noch einen Funken Vernunft und Rationalität besitzt. Nur tut hier und da, eine blühende Fantasie und Vorstellungskraft auch ganz gut, als Inspirationsquelle, oder als reiner Coping Mechanism in einer ziemlich irrsinnigen Welt.


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