Ayashi schrieb: Und so werden sich 130 alte Männer demnächst zur Wahl eines neuen Papstes entschließen, der ihren Verein keinen Meter näher ans 21 Jahrhundert bringt. Schämt euch!
Die katholische Kirche hat derzeit 1,4 Milliarden Mitglieder, die westliche Welt mit ihrer derzeitigen gesellschaftlichen Ausrichtung ist mitunter schon sehr einzigartig und ich persönlich bin auch nicht dafür, noch viel "moderner" zu werden, wenn man sieht, welche Blüten das mitunter treibt. Es ist auch nicht so, dass ein Papst sehr viel Handlungsspielraum hat und möchte. Da gibt es nichts zum "schämen", es gibt ja Religionsfreiheit, in der westlichen Welt muss niemand der Kirche angehören, Kirche und Staat sind getrennt, du wirst keine Nachteile erleiden, wenn du Atheist bist.
Berryl schrieb: Ne. Und es ist auch nicht Sinn einer zweitausend Jahre alten Religion irgendwie an den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts herangeführt zu werden. Dann kannst ja gleich dicht machen. Wobei Franziskus, zumindest auf mich, eh schon einen relativ modernen Eindruck machte.
Und -nicht alles, was gewünscht wird, ist auch gut. Die evangelische Kirche hat ja mitunter sehr viele sehr "progressive Randgruppen" und ist eine weitaus zerfledderte Glaubensgemeinschaft als der Katholizismus, meiner Meinung liegt der große Verdienst des Papstes darin, das Ausfleddern an den Rändern zu verhindern. Das passiert ja in der katholischen Kirche - sowohl am rechten Rand (Opus Dei, Piusbrüder, Sedisvakanisten) wie auch am linken.
taren schrieb:Ich halte nicht viel von Religionen und auch nicht von der kath. Kirche, meiner Meinung ein Hort von Intoleranz und Rückwärtsgewandtheit. Fast 90 Jahre ist ein gutes Alter für einen Menschen, ich würde nicht sagen das er sich groß ausgezeichnet hat, dafür hätte er mehr für die Aufarbeitung tun müssen.
Ich würde es weder als Intoleranz noch als Rückwärtsgewandtheit sehen - denn nicht jeder scheinbare "Fortschritt" ist auch wirklich einer. Ich arbeite an einer Brennpunktschule mit vielen sozialen Problemen, wenn man z.B. sieht, wie sehr mitunter ein Kind leidet, wenn sich die Familie neu löst, die Mutter neu bindet, mitunter auch aus finanziellen Gründen, das ist oft nicht harmonisch und schön. Da ist z.B. das Familienbild, das die Kirche propagiert, nicht "rückwärtsgewandt" und die pluralistische Gesellschaft nicht immer progressiv.
Ayashi schrieb: Deine Wachstumsmärkte sind auf dem besten Weg, sich zu liberalisieren. Wo die katholischen Tradition hinführen, sieht man ja sehr gut an der Ablehnung des Kondoms, trotz HIV. Wer Sex tatsächlich nur als Fortpflanzungsritual betrachtet, der lebt 500 Jahre vor unserer Zeit und wird sehr bald von der Realität eingeholt.
Wenn du den Gedanken konsequent zu Ende denkst, macht er wieder Sinn. Die katholische Kirche erlaubt nur Sex innerhalb einer Ehe. Du könntest tatsächlich sehr viele Sexualkrankheiten, ungewollte Schwangerschaften, daraus resultierende Abtreibungen, etc. verhindern, wenn das jeder so praktizieren würde.
martenot schrieb: Ich würde mir ja eher mehr Menschlichkeit, echte und gelebte Nächstenliebe für alle Menschen wünschen, aber ich rechne nicht damit, dass das in den nächsten Jahren von Seiten der Kirche kommen wird.
Die Kirche leistet im Kleinen und Verborgenen sehr viel, auch in diesem Bereich. Nur wird das oft gar nicht laut und groß propagiert.
Bei uns gibt es z.B. einen von den Kirchen gepachteten Second Hand Shop, wo Haushaltswaren, Spielzeug und Kleidung hingespendet werden können - die Hauptamtlichen im Laden sind Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Arbeit mehr finden und finanziert wird das u.a. dadurch, dass alle beteiligten Pfarrer 10% ihres Gehalts beisteuern. Das ist nur eins von sehr vielen Beispielen, wie auch Vesperkirchen, Caritas und Diakonie, ...
AlteTante schrieb: Zumal Jesus nirgendwo verbietet, dass Frauen Priester sein können. Er diskutierte sogar, laut Johannes-Evangelium mit einer Frau (!) über den Glauben, was seinen Jüngern (ausdrücklich erwähnt) negativ auffiel.
Gut, andererseits weiß man ja, worauf man sich einlässt - wir hatten zwei sehr engagierte junge Frauen in unserer Gemeinde - eine wird nun Gemeindereferentin, die andere ist konvertiert und wird nun evangelische Pfarrerin - da gibt es durchaus Mittel und Wege.
martenot schrieb: Ich finde auch, dass das ein geschickter Schachzug war, ein Grundbedürfnis der Menschen zur Sünde zu erklären (von streng geregelten und zweckgebundenen Ausnahmen abgesehen), und somit die meisten Menschen in einen sündhaften Zustand zu bringen, der dann immer wieder gebüßt werden muss.
So kannst du es sehen, es kann aber auch positiv bewertet werden: "positiver und reflektierter Umgang mit Sexualität". In meinem Studiwohnheim bekam man jemand Chlamydien - das Gesundheitsamt war aktiv und die Person hat dann erfahren, dass der Sexualpartner, der es übertragen hatte, über 50 ungeschützte Sexualkontakte in den vergangenen sechs Monaten hatte. So etwas finde ich persönlich auch sehr bedenkllich.
Stirnsänger schrieb:Ich kann ihr aber durchaus vorwerfen, daß sie Menschen mit sinnloser, unnatürlicher Sexual"moral" vollstopfen und dadurch die Verbreitung einer tödlichen Krankheit fördern.
Das passiert ja nicht - die Lehre ist, Sexualität in der Ehe verantwortungsvoll einzusetzen und generell gegenüber der Entstehung von Leben offen zu sein.
martenot schrieb: Sex ist ungefähr so viel Sünde wie Essen (wenns schmeckt). Wobei es vielleicht auch strengere Glaubensgemeinschaften gibt, bei denen auch das genussvolle Essen vermieden wird. Gilt nicht in vielen Religionen eine leidvolle Askese als erstrebenswert?
Bei Sex kommt es eben auf den Kontext an. Klar kann man sagen, dass erwachsene Leute selbst entscheiden sollen, aber es gibt durchaus auch hässliche Seiten von Sex wie Menschenhandel, Zuhältertum, sexualisierte Gewalt, Prostitution, ...
martenot schrieb:Naja, er ist ein Oberhaupt einer großen religiösen Organisation, die weltweit aktiv ist und Einfluss hat. Wenn z.B. ein sehr konservativer neuer Papst gewählt werden würde, würde sich das vermutlich zumindest indirekt auch auf die Einstellung in vielen Ländern auswirken. Oder viele ebenfalls konservative Menschen (und Politiker) könnten sagen "Seht her, auch der Papst ist unserer Meinung. Also kann es gar nicht so falsch sein, was wir wollen."
M.E. nach hat der Papst nur einen kleinen Handlungsspielraum. Die Kirche hat viele Traditionen, die es zu erhalten gilt.