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Trauerbewältigung: Erfahrungsberichte, Ratschläge
27.11.2016 um 01:20u wirst es schaffen. Wie lange diese Phase, in der Du jetzt bist, auch dauert, vergiss nicht, es wird auch wieder besser. Du bist jetzt extrem emotionalisiert, das gibt sich aber wieder, dauert meiner Erinnerung nach ein paar Wochen. Dann holt Dich das Leben sowieso wieder ein, der Alltag halt.In meinem Fall hat "mein" Lebensabschnitt mit meiner Familie ja schon vor Jahren begonnen, als ich eben auch weggezogen bin. Ich hatte erst mit der Verantwortung die ich zu tragen hatte, mein Leben auf die Reihe bekommen. Vorher war das überhaupt nicht der Fall. Aber ich habe den größtmögichen Fehler gemacht, nämlich mich in jeder nur erdenklichen Hinsicht von meinem "früheren" Leben distanziert und das beinhaltete auch dass der Kontakt zu (unter anderem) dieser Person wirklich sehr minimal stattfand. Natürlich habe ich oft angerufen und gefragt wie es geht, habe aber wie gesagt immer versprochen, mal vorbeizukommen und habe es immer aufgeschoben da immer irgendwas anderes war von dem ich der Meinung war es ist momentan eher dringlich. Ich denke ich führe jetzt ein souveränes Leben, mit allem was eben dazugehört. Arbeit, Wohnung, Frau/Lebensgefährtin, Kind - wie das eben so ist. Das was davor war ist erst jetzt für mich wieder allgegenwärtig und die Sentimentalität nimmt mit jeder Sekunde der Trauer zu. Der Wunsch, erlebtes noch einmal erleben zu können. Allgemein Wünsche, von denen mir selbst bewusst ist dass sie nicht möglich sind. Hätte, wäre - alles Dinge die sinnlos sind weil man es nicht mehr ändern kann aber man kann auch nicht aufhören daran zu denken.
Mach Dir nicht zu viele Vorwürfe. Nachher ist man immer schlauer, vorher aber hätte man es eben doch nicht wissen können oder man konnte es halt nicht wahrhaben, das ist genauso menschlich. Das Leben geht weiter, muss es ja. Ist eine Binsenweisheit, aber trotzdem wahr. Du wirst einen Weg finden, diesen Lebensabschnitt abzuschließen.
Was dann folgt, ist nichts geringeres als ein neuer Lebensabschnitt. Das ist jetzt Dein Lebensabschnitt. Als Vater, als Gatte (oder halt Lebensgefährte) und als Mensch. Jetzt bist Du dran, endgültig. Mach was draus!
Das war jedenfalls - so ungefähr und ohne die Begriffe "Vater" und Gatte" - mein Gedankengang, mit dem ich das Kapitel abgeschlossen habe. Wahrscheinlich muss aber sowieso jeder seinen eigenen Geistesblitz haben.
Ich will auch noch nicht ans "abschließen" denken, mir ist bewusst dass ich eine Zeit brauchen werde um das aufzuarbeiten. Und mein "Licht am Ende des Tunnels" ist eben der Gedanke, dass ich eines Tages nicht mehr mit reiner Trauer, sondern auch glücklich an die vielen Erinnerungen zurückdenken kann. Das ist der einzige Wunsch den ich momentan habe, der wirklich in Erfüllung gehen kann und wird.
Ich würde gerne wenn das in deinem Interesse ist, aber mehr von deiner Geschichte hören.... wenn ich das richtig verstehe standest du ja mehr oder weniger alleine da. Hat dich das Alleinsein zusätzlich belastet? Hättest du dir gewünscht jemanden an deiner Seite zu haben der dir beisteht?
slobber schrieb:Ich glaube, egal wie "häufig" man mit dem Tod fremder oder nahestehender Personen konfrontiert wird - es wird nicht besser oder leichter erträglich. Im Endeffekt trifft es einen immer, die selben Gedanken kommen auf, all dieses "hätte man mal...".Also dass ich daraus lerne ist so sicher wie das Amen im Gebet. Ich werde den Menschen die mir wichtig definitiv deutlicher und häufiger zeigen dass es so ist. Ein zweites Mal passiert mir das unter Garantie nicht.
Doch für "Wenn" und "Hätte" ist es dann zu spät.
Es wird also nicht leichter, nur etwas anders.
Man weiß dann irgendwann welche Stadien der Trauer (wahrscheinlich) auf einen zukommen, was erwartet wird, was zu tun ist.
Theoretisch kann man aus dem "Wenn... dann hätte ich noch..." lernen.
Mancher macht dies, mancher hält nur kurz an diesem Vorsatz fest... und mancher übertüncht es mit Alltagskram (bis zum nächsten Mal).
Mir graut es vor dem Tag an dem es in meiner Familie mal wieder soweit ist.
Vorletztes Jahr und letztes Jahr stand es bei einem Familienmitglied immer mal wieder auf der Kippe... aber Unkraut vergeht ja nicht so leicht :)
hallo-ho schrieb:Ich hatte bislang ein paar Trauerfälle, einer davon war richtig massiv.Tut mir leid das zu hören.... auch wenn ich -nicht falsch verstehen- auf eine andere Art doch etwas erleichtert bin wenn ich lese dass es allen gleich geht die in dieser Situation sind.
Meine Erfahrung ist, dass ich da nicht viel machen konnte. Womit ich gar nicht gerechnet habe - ich bekam über ein Jahr lang massive Konzentrationsprobleme. Die Trauer war also ganz anders, als ich es mir immer vorgestellt hatte. Natürlich war ich auch traurig/hab getrauert, aber am längsten hatte ich mit den Konzentrationsproblemen zu kämpfen. Anfangs habe ich gedacht, das vergeht bald wieder. Aber merklich besser wurde es erst nach ca. einem Jahr.
Bis ich "geistig" aber wieder den alten Stand erreicht habe, das hat aus meiner Sicht sogar mehrere Jahre gedauert.
Was will ich dir damit sagen? :)
- Trauer kann sich ganz verschiedenartig äußern.
- Die Art und Länge der Trauer ist von Mensch zu Mensch und von Trauerfall zu Trauerfall verschieden und legitim.
- Es war für mich eine schwierige Zeit, in der auch vieles nicht so gelaufen ist, wie ich es mir gewünscht hätte - aber am Ende habe ich alles geschafft, was ich schaffen wollte.
Ich wünsche dir und allen Trauernden viel Kraft und alles Gute.
nodoc schrieb:Es tut mir sehr leid für dich, dass du das jetzt erleben musst. Ich denke ich kann das gut nachvollziehen wie du dich fühlst, da ich meinen " Supergau " vor einigen Jahren erlebt habe.Bei dir war es DER wichtigste Mensch im Leben? Darf ich nachfragen wer? Freundin/Frau? Mutter? Vater? Kind? Hattest du trotzdem noch andere Menschen die dich bei der Verarbeitung der Trauer unterstützt haben?
Auch wenn ich mich vorher schon von mir nahe stehenden Menschen verabschieden musste ( meist kann man sich ja nicht vorher „verabschieden“ ) und dachte ich kann mit Trauer umgehen, hat mich dieser Verlust völlig überraschend und mit voller Wucht getroffen. Ich habe Jahre gebraucht um damit klar zu kommen.
Leider gibt es kein "Patentrezept" wie man mit Trauer umgeht.
Aber alles was du jetzt fühlst, ist in Ordnung. Es ist ein Teil von dir und was dich mit der Person verbunden hat.
Das Trauer auch die positiven Erinnerungen überdeckt kenne ich und habe es gehasst, wenn Menschen mir sagten:" Denk doch an die guten Dinge, die ihr zusammen hattet."
In der akuten Trauerphase war ich überhaupt nicht in der Lage diese an mich heran zu lassen, weil gerade das unglaublich schmerzhaft sein kann und den Verlust noch bewusster macht.
Ich konnte das erst mit der Zeit wieder Stück für Stück, in meinem Tempo. Hat Jahre gedauert bis ich mit meiner Trauer um den wichtigsten Menschen im Leben, einigermaßen klar kam.
Dazu gehören eben auch Schuldgefühle.
Ich denke jeder der so etwas erlebt, hat sie. Oft sind sie völlig irrational und manchmal eben auch real. Wir gehen nicht permanent durchs Leben mit dem Gedanken, das uns nur eine bestimmte Zeit mit dem Anderen zur Verfügung steht. Das geht auch gar nicht und wäre völlig unrealistisch.
Wenn der andere dann stirbt, stellt man sich die Frage ob man in der Vergangenheit alles richtig gemacht hat. Das kann aber kein Mensch leisten. Wir machen Fehler und verhalten uns im Alltag nicht immer so, als ob es der letzte Tag ist den man zusammen hat.
Im Idealfall kann man sich verabschieden, alles noch sagen was gesagt werden will. Aber, wer hat schon das Glück?
Lass einfach auch deine Schuldgefühle zu, sie sind auch ein Teil der Trauer. Aber, versuch sie nicht größer zu machen als sie sind. Man neigt in der ersten Zeit dazu den anderen besser zu machen als er war und sich selber extrem kritisch zu betrachten.
Möglicherweise tröstet es dich ein bisschen, wenn ich dir sage das es besser wird und man lernt mit dem Verlust zu leben. Weg schieben, lässt sich die Trauer nicht. Man muss sie zu lassen, weil sie ein Teil von uns ist. Im Laufe der Zeit wird sie aber sanfter und besucht uns seltener.
Irgendwann kennen wir sie so gut wie eine alte Bekannte, die uns zwar selten besucht aber willkommen ist, weil sie nichts erschreckendes mehr hat.
Jetzt wo ich in der Situation bin denke ich mir, es muss wirklich schlimm sein wenn man mit so etwas auch noch alleine dastehen würde. Auch das gibt es wohl leider oft genug.
Spookywoman schrieb:Vor fast 4 Jahren ist meine Mutter gestorben. Die letzten Monate waren nicht einfach und die letzten Tage sowie Stunden waren schlimm. Ich war kurz vor ihrem Tod noch bei ihr, aber sie war bereits im Wachkoma und hat auf nichts reagiert. Ich habe dann 2 Stunden lang mit ihr gesprochen und konnte dadurch "abschliessen" (sofern man das überhaupt kann). Ich glaube, dass Menschen die nicht mehr ansprechbar sind durchaus mitbekommen können was um sie herum geschieht.Nein unterdrücken tu ich nichts. Ich habe mit meiner Freundin schon ein paar Mal jetzt drüber gesprochen, aber festgestellt dass es mir noch sehr schwer fällt. Ich kann mich aber auch wenn jemand neben mir ist, doch relativ gut zusammenreissen. Es ist jetzt also nicht so dass ich vor anderen plötzlich unkontrolliert in Tränen ausbreche etc., und wenn ich dann alleine bin dann lasse ich die Emotionen dann ein wenig raus, Ich habe festgestellt dass es auf diese Art für mich aktuell am einfachsten ist. Ich denke da muss aber jeder für sich selbst erkennen wie man am einfachsten damit umgeht.
Jeder Mensch trauert anders. Auch wenn du kein emotionaler Mensch bist, hoffe ich, dass du deine Gefühle nicht versuchst zu unterdrücken und dass du einen Weg findest um sie zu verarbeiten. Gefühle zu verarbeiten ist wichtig und deine Tochter lernt von ihren Vorbildern wie sie mit ihren eigenen Gefühlen umgehen soll. Lass dir bei der Trauer soviel Zeit wie du brauchst und setz dich nicht unter Druck.
Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und ich habe sehr viel geweint und manchmal (aber nur noch selten) weine ich auch heute noch deswegen. Der Schmerz hat mit der Zeit zwar stark abgenommen aber in manchen Situationen kommt er wieder zurück. Gerade Weihnachten und Jan/Feb ist so eine Zeit, weil meine Mutter an Weihnachten ins Krankenhaus musste und 2 Monate später dort gestorben ist.
Schuldgefühle gehören oft zum Trauern dazu und dass einen viele Dinge beschäftigen die man gerne noch gesagt, getan oder rückgängig gemacht hätte ebenfalls. Wie dir oben bereits empfohlen würde, kannst du versuchen die Dinge aufzuschreiben. Mir hilft schreiben dabei meine Gefühle zu verarbeiten und mir über gewisse Dinge klar zu werden.
Ich wünsche dir viel Kraft um alles durchzustehen. Es wird besser.