Wo ist Mandy Müller?

Coldcases schrieb:Gesetzliche Fristen gibt es zwar nicht, wie lange so ein Verfahren zu dauern hat, aber irgendwann muses es zum Abschluss kommen

Aber es dürfte das allgemeine Beschleunigungsgebot gelten.

Hängt aber auch immer noch davon ab, welche konkreten und in Rechte Beschuldigter eingreifende Maßnahmen innerhalb eines Ermittlungsverfahrens am Laufen sind/wären. U-Haft oder Haftbefehl unter Einhaltung von Auflagen außer Vollzug, Abhörmaßnahmen, Öffentlichkeitsfahndungen mit Bild, Durchsuchungen und Beschlagnahmungen usw...

Aber du hast grundsätzlich recht damit, dass so ein Ermittlungsverfahren nicht ewig dauern kann. Auch dann nicht, wenn gegen Beschuldigte keine konkreten Maßnahmen laufen und sie lediglich nur weiterhin als Beschuldigte geführt werden.

Und eigentlich müsste die StA ja spätestens bei Abschluss der Ermittlungen und sofern neue Hinweise auch nicht mehr in naher Zukunft zu erwarten sind/wären auf Grundlage der dann bei Abschluss vorliegenden Ermittlungsergebnisse eine Entscheidung treffen, ob das Vorliegende hinreichenden Tatverdacht begründet (Verurteilungswahrscheinlichkeit höher) und dann Anklage erheben müssen und im Rahmen des Zwischenverfahrens auf Zulassung der Anklage und Eröffnung des Hauptverfahrens durchs Gericht hoffen.

Sieht die StA bei Abschluss von Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht, müsste sie eigentlich das Verfahren aufgrund Mangels hinreichenden Tatverdachts einstellen.

rhapsody3004 schrieb:Aber es dürfte das allgemeine Beschleunigungsgebot gelten.

So ist es und nicht ewig ein Ermittlungsverfahren, was bislang jetzt über 4 Jahre dauert, ohne Ergebnis offen halten.

Das die Angehörigen hier der StA Celle/Lüneburg Verschleppung des Verfahrens vorwerfen ist absolut nachvollziehbar.

Ich habe so etwas auch noch nie erlebt und ich bin schon bei einigen Strafprozessen zugegen gewesen als Beobachter. Das ein Ermittlungsverfahren dermaßen in die Länge gezogen wird und ohne Ergebnis auf Halde liegt, darüber kann ich wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln.

Auch finde ich es sehr befremdlich, wie hier StA und Kripo anscheinend miteinander kommunizieren?

Für die zweite Ermittlungsgruppe Mandy 2.0 steht der Täter fest, sie konnten die Tat rekonstruieren und auch das Motiv konnte ermittelt werden. Ein Anraten auf U-Haft seitens der Ermittlungsgruppe wurde seitens der StA nicht Folge geleistet.

Da fragt man sich schon, wie da die Kommunikation zwischen StA und Ermittlungsbehörde ist?

Mittlerweile haben die Angehörigen ja eine Petition gegründet und über 30.000 Unterstützer, wohl auch aus der Politik, wie ich gelesen habe. Da wird der Druck auf die StA sicher nicht weniger werden, hier endlich mal zu einem Abschluss zu kommen.

Vor allem auch die Angehörigen endliche einmal abzuholen. Zu sagen, es liegt kein dringender Tatverdacht vor, der eine U-Haft rechtfertigt, ist doch ein wenig dürftig. Dann muss ich das Ermitllungsverfahren einstellen, wenn es keine neue Erkenntnisse gibt. Punkt. Ohne Wenn und aber.

Coldcases schrieb:und ohne Ergebnis auf Halde liegt

Möglich - und das hoffe ich mal - ist, dass vielleicht aber noch Ermittlungen angeordnet wurden/laufen, die zu einer sichereren Anklagelage führen könnten /sollen. Insbesondere telefonische oder sonstige Abhörmaßnahmen erscheinen denkbar /zielführend. Das wird man dann aber naturgemäß weder der Öffentlichkeit noch der Familie kommunizieren, um den Erfolg nicht zu gefährden.

Insbesondere ein Verdächtiger der nach der Tat wohl falsche SMS versendet hat und zudem mindestens eine der Exfreundinnen wohl in Vertuschungsversuche involvierte, könnte - insbesondere bei Panik über neue Aufmerksamkeit auf den Fall - zum Verplappern neigen.

Mehr Auskunft als "Wir arbeiten weiter an der Aufklärung des Sachverhalts" oder so können die Behörden da nicht geben.

Denkbar ist natürlich auch ein liegen bleiben der Sache wegen Überlastung des zuständigen Staatsanwaltes, zwischenzeitlich eingeschränkter Arbeit wegen Pandemie etc... Das wäre bedauerlich aber leider auch naheliegend.

abgelenkt schrieb:Insbesondere telefonische oder sonstige Abhörmaßnahmen erscheinen denkbar /zielführend. Das wird man dann aber naturgemäß weder der Öffentlichkeit noch der Familie kommunizieren, um den Erfolg nicht zu gefährden.

Ja das wäre plausibel.Daran hatte ich nicht gedacht.

Eine Telefonüberwachung wäre überaus sinnvoll und in diesem Fall auch mehr als angebracht. Das könnte das schleppende Ermittlungsverfahren durchaus erklären.

Vermutlich spätestens nach den Schüssen auf Mandy‘s Vater im letzten Jahr eine erforderliche Maßnahme.

abgelenkt schrieb:Denkbar ist natürlich auch ein liegen bleiben der Sache wegen Überlastung des zuständigen Staatsanwaltes, zwischenzeitlich eingeschränkter Arbeit wegen Pandemie etc... Das wäre bedauerlich aber leider auch naheliegend.

Ja, obwohl die Pandemie auch schon wiederum länger zurück liegt.

Hoffen wir mal das Beste das in diesem Fall jetzt endlich wieder Bewegung kommt.

Hätte man da 2008 mit mehr Engagement ermittelt würden wir uns heute vermutlich diese Fragen garnicht mehr stellen und der Fall wäre damals schon längst aufgeklärt worden…

Coldcases schrieb:Hätte man da 2008 mit mehr Engagement ermittelt würden wir uns heute vermutlich diese Fragen garnicht mehr stellen

Fragwürdig sind für mich die Verzögerungen in 2009, das Verschwinden von Spurenträgern und wie Mandys Eltern behandelt wurden.

Aus ARD-Crimetime, Folge 2 des Falls:
9 Monate nach Mandys Verschwinden leitet die Kripo die Ermittlungen gegen ihren Ehemann ein (ca. Min. 9.40)
Die Staatsanwaltschaft Lüneburg/Zweigstelle Zelle übernimmt das Verfahren von der StA Verden. Dieser Wechsel dauert vier Monate (ab ca. Min. 20.15).
1 Jahr nach Mandys Verschwinden, im Oktober 2009, wird u. a. das Haus des TV durchsucht. Leichenspürhunde schlagen unabhängig voneinander im Wohnzimmerbereich und im Keller an (ab ca. Min. 21) und auch auf der Ladefläche des LKW, den der Tatverdächtige für seine Arbeit nutzte. Die Ermittler nehmen 40 DNA-Spuren, die zur Auswertung an das LKA Niedersachsen gesendet werden. Sie sollen auf Körperflüssigkeiten von Mandy untersucht werden. Die relevantesten Spuren werden ergebnislos ausgewertet.
Die restlichen DNA-Träger werden an die Polizei in Nienburg zurückgesendet – wo sie verschwinden. (Ca. ab 22.33)
Der RA der Familie: "Da fragt man sich - nicht nur an dieser Stelle, aber explizit an dieser Stelle - wie kann das sein […]" Hinsichtlich der Brisanz des Falles/Mordverfahrens sei die Vernichtung von Spuren sehr ungewöhnlich. Aus den Akten ergibt sich laut dem RA nicht, wer die Vernichtung verfügt haben könnte.
Auch auf Nachfrage von ARD-Crimetime kann die StA nicht nachvollziehen, auf wessen Veranlassung die Vernichtung der 40 Spuren erfolgt ist. (Ca. ab Min. 28)
Im Oktober 2010 erfahren Mandys Eltern aus den Medien, dass das Verfahren gegen Mandys Ehemann eingestellt wurde, weil die Ermittlungsergebnisse für eine Anklageerhebung und Verurteilung nicht ausreichen. (Ca ab Min. 30)

Ab Min. 23.30 berichten ein Historiker und die Eltern über antiziganistische Vorurteile, die in den Ermittlungsakten zu lesen sind. Ich möchte diese abwertenden Äußerungen nicht wiederholen.

Quelle: https://www.ardmediathek.de/video/ard-crime-time/folge-2-untergetaucht-oder-ermordet-s35-e02/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIxMzUyMzg

Schrecklich, dass diese Vorurteile dem Tatverdächtigen vermutlich geholfen haben, davonzukommen. Selbst eine Sinteza mit Nachnamen Müller, die ein ganz normales Leben führt mit Schule, Ausbildung etc., scheint bei den Staatsorganen Jahrhunderte alte Stereotype und Pauschalisierungen hervorzurufen.

Habe mir die ARD CrimeTime auch angeschaut und für mich riecht der Fall nach Bestechung. Der TV und die Familie, die hinter ihm steht, haben alles dafür getan, damit er aus der Schusslinie gerät. DNA-Proben "verschwinden" nicht einfach so, die werden verschwunden. Genug Geld dürfte in der Familie ja vorhanden sein, wenn man einem 19-Jährigen mal eben so ein Einfamilienhaus schenken kann.

Ein zweiter Faktor dürfte der Sinti-Hintergrund von Mandy sein. Vorurteile ("fahrendes Volk") können dafür gesorgt haben, dass man ein Verschwinden nicht so ernst nahm. Zudem war sie bereits mit 18 verheiratet, flügge geworden, da wurden die Sorgen der Eltern schnell mal runter gespielt.

DieMichi schrieb:Ein zweiter Faktor dürfte der Sinti-Hintergrund von Mandy sein.

Soweit ich weiß, hatten ja sowohl Mandy als auch ihr Ehemann den gleichen Hintergrund. Ich glaube weniger, dass dies der ausschlaggebende Grund war.

sorgfältig archivierte DNA verschwindet nicht mal eben, aber ich konnte mir vorstellen, dass diese falsch sortiert wurde und man zufällig mal drüber stolpert.

Was mich an der Doku aber am meisten irritiert, sind die Schüsse auf den Vater von Mandy. Was wollte man damit bezwecken? Angst schüren oder hoffen, dass man die Suche und Öffentlichkeitsarbeit seitens der Familie einstellt? Nur warum dann in einer Doku darüber sprechen? Soweit ich weiß, konnte man ja nie feststellen, wer dahinter gesteckt hat. Keine Bedenken, dass hier nach einer landesweit ausgestrahlten ARD Doku nochmal was passieren könnte? Einiges erklärt sich mir hier nicht …

Warum zieht sich der Bruder von Mandy, der jahrelang sehr engagiert war, nun zurück?