wobel schrieb:Das ist für mich ein Knackpunkt - was ist daran bitte "bequemer"?
Vielleicht liegt's ja an mir, aber bevor ich mehrere Tausend Kilometer im Auto runterreiße nehm ich dann doch lieber den Flieger. Und nicht nur das, der Flieger dürfte auf der Strecke nicht nur schneller sondern auch billiger sein.
Und bequemer sowieso, grad wenn der Bock auf dem man das reitet so ein Kastenwägelchen ist.
Zaunkönigin schrieb:Es ist bequemer, weil man gar nichts organisieren muss. Man setzt sich einfach rein und fährt stumpf die Strecke.
Der ist ja wahrscheinlich auch in irgendeiner Art von Rausch gewesen. Was weiß ich Adrenalin oder was auch immer ausgeschüttet wird, nach so einer Tat.
Ja genau, man muss es eben aus der Sicht eines Menschen betrachten, der gerade einen anderen Menschen umgebracht hat, also total durch den Wind ist. Die Herausforderung beim Organisieren eines Flugs fängt ja schon damit an, dass er mitten in der Pampa sitzt und wenn er nicht den Van benutzen will, eben "zu Fuß" unterwegs ist. er müsste also erstmal irgendeine Möglichkeit finden, zum nächsten Flughafen zu gelangen.
Dann ist klar, dass am Flughafen er am Flughafen Sicherheitskontrollen passieren muss und jede Menge Kameras sind, die ihn aufzeichnen. Was ja eigentlich erstmal egal ist, wenn er plant, zuhause die Story zu erzählen, man habe sich getrennt und GP habe den Van behalten, weil sie die Reise ab jetzt alleine durchziehen will. Aber in dem Moment fühlt man sich wahrscheinlich eher auf der Flucht und will eben gerade nicht durch Sicherheitskontrollen, bei denen man seinen Pass zeigen muss und gefilmt wird. Das sind irrationale Überlegungen, nicht logisch, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich, wenn ich in seiner Situation wäre, so denken würde.
Und dann kommt hinzu, dass man am Flughafen und im Flieger halt jeder Menge Leuten begegnet, ein oder zwei Stunden in einer Vierer-Reihe mit Sitznachbarn links und rechts hocken muss, mit dem Personal am Schalter, an der Zugangskontrolle und den Stewardessen kommunizieren muss und die ganze Zeit das Gefühl hat, auf der Stirne den knallroten Buchstaben M für Mörder stehen zu haben - oder anders ausgedrückt: man ist in einer totalen Ausnahmesituation, selbst von dem was man getan hat (oder von dem "was passiert ist") und kann sich nicht vorstellen, dass andere das nicht mitkriegen. Und BL war ja eh "social akward", Kommunikation und Sozialkontrakte waren eh nicht sein Ding. Insofern kann ich es nachvollziehen, dass für ihn die Fahrt im Van die "bequemere" oder eben attraktivere Option war. Da konnte er stundenlang alleine in einem Schutzraum hocken (auch wenn man durch die Fenster reinschauen kann fühlt man sich im eigenen Auto doch irgendwie in seiner Privatssphäre, sonst würden nicht so viele Leute im Auto in der Nase bohren und sich dabei unbeobachtbar fühlen, obwohl jeder das durchs Fenster sehen kann), musste mit keinem reden, nicht mal einem Tankwart, wenn er den Sprit an Automatentankstellen aufgefüllt hat.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass das für ihn nicht nur bequemer war, sondern er das auch als "sicherer" empfunden hat.
Silberstreif. schrieb:Aber abgesehen davon, dass man den Mut zur Tat (des Selbstmords) erst mal aufbringen muss, und es daher noch bisschen vor sich herschiebt, da stellt sich auch mal die praktische Frage, wie man das denn anstellt, wenn man keine Medikamente zur Verfügung hat, die einem erst das Bewusstsein nehmen. Man erlebt dann sein Sterben ja in gewisser Weise noch bewusst. Er hat sich für Erschießen entschieden, dafür brauchte er aber wohl erst mal die Pistole vom Vater (glaube ich jetzt zumindest). Außerdem wollte er vielleicht einfach nochmal seine Familie sehen (?)
Ich glaube nicht, dass ab dem Moment, an dem er GP getötet hat, seinen eigenen Selbstmord im Kopf hatte, sondern dass dieser Entschluss durchaus erst sehr viel später, erst Tage vor dem Ereignis, gefallen ist. Dieser Aufenthalt bei seinen Eltern muss doch extrem belastend für ihn gewesen sein: er weiß, dass die Polizei dringend mit ihm sprechen will, verbarrikadiert sich aber im Haus. Das mag auf den ersten Blick überheblich, arrogant und souverän wirken, aber ich glaub nicht, dass er da grinsend im Wohnzimmer seiner Eltern gehockt hat, sondern eher panisch im Bett gelegen hat, die Decke über den Kopf gezogen und gelähmt vor Angst und Ausweglosigkeit. Noch dazu, wo draußen immer mehr Reporter und aufgebrachte Bürger aufliefen, und sicher ordentlich bedrohlich wirkten.
Und dann haben doch sicher auch die Eltern ihn bedrängt und wollten wissen, was denn Sache ist. So krass dieser Brief der Mutter ist und so abgebrüht es wirkt, dem Sohn erst mal einen Anwalt mit 25.000 $ Vorschuss zu besorgen, so kann ich mir doch nicht vorstellen, dass die Eltern nicht versucht haben, ihn zur Rede zu stellen und wissen wollten, was denn passiert ist. Mir zumindest würde es an deren Stelle so gehen, unabhängig von der Frage, dass man sein Kind vielleicht auch dann beschützen würde, wenn es einen anderen Menschen umgebracht hat, so würde ich doch wissen wollen, was denn los ist, was passiert ist. Zum einen, um einfach zu verstehen, was mit dem Kind los ist, dass plötzlich wieder vor der Tür steht, psychisch "vollkommen durch" ist und zum anderen eben auch, um selber entscheiden zu können, was zu tun ist.
Ich glaube, dass er vielleicht zunächst tatsächlich dachte, er käme damit durch, was vielleicht sogar der Fall gewesen wäre, wenn der letzte Standort des Vans nicht durch dieses Pärchen hätte ermittelt werden können. Dann hätte man GPs Leiche vielleicht nie gefunden, einfach weil man nicht wusste, wo man hätte suchen müssen. Aber dass ich die ganze Sache eben immer enger um ihn rum zugezogen undn zugespitzt hat, was von ihn sicher als extrem bedrohlich empfunden wurde. Gerade auch, weil er eine "social awkward" Person war (der Begriff gefällt mir gut, aber mir fällt kein Begriff ein, um es im Deutschen zu beschreiben.)