Türkei macht grosse Fortschritte
10.07.2007 um 22:42...
Türkische Soziologen rätseln über den Grund der angestiegenen Gewalt gegen
Frauen. "Die Modernisierung schreitet voran, und dringt bis in das kleinste Dorf vor. Das
stößt auf Widerstände", sagen die einen. Demnach ist die angestiegene Zahl der
"Ehrenmorde" doch ein Zeichen für die fortschreitende Frauenemanzipation. Eine andere
Erklärung hatte der Chefredakteur der Tageszeitung "Hürriyet" im vergangenen Winter dazu:
"Ehrenmorde sind ein kurdisches Problem" betitelte Ertugrul Özkök seine Kolumne und
heimste sich sofort den Vorwurf ein, ein "Rassist" zu sein. Aber ein anderer Bericht der
Polizei scheint ihm Recht zu geben.
In 15 Städten wurden die "Ehrenmorde" der
letzten sechs Jahre unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Die Hälfte der Morde geschehen
zwar im Westen des Landes, aber die Opfer stammen weitgehend "aus Ost- und
Südostanatolien", sprich: Sie sind genauso wie die in Berlin getötete Hatun Sürücü
Kurden. Die angestammten Bewohner der Westtürkei, des obersten Schauplatzes der
"Ehrenmorde", fallen diesen am allerwenigsten zum Opfer.
Auch unter
Universitätsabsolventen werden Frauen verprügelt
Eine andere Umfrage brachte ganz
ähnliche Zahlen hervor. Vildan Yirmibesoglu, Vorsitzende der Frauenkommission des
Istanbuler Gouverneurs, befragte Männer im Osten und Südosten des Landes, also
hauptsächlich Kurden, darüber, "was mit einer Frau, die ihre Ehre verlor, geschehen
müsste". 63,2 Prozent der Männer sagten: "Bestrafen." Und wiederum ein Viertel von ihnen
sagte gerade heraus: "Sie muss getötet werden."
Dass "Ehrenmorde" und Gewalt gegen
Frauen vor allem ein "kurdisches Problem" seien, glauben mittlerweile viele Türken der
urbanen Mittel- und Oberschichten. Trotzdem ist es ein offenes Geheimnis, dass auch in
Istanbul und auch unter Universitätsabsolventen Frauen verprügelt werden. Aber dennoch
akzeptieren die im Westen lebenden Städter am ehesten westliche Lebensweisen. In Istanbul
gibt es Zehntausende von allein stehenden Frauen oder unverheiratet zusammen lebenden
Paaren - im kurdischen Osten schier
undenkbar.
...
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,493624-2,00.html (Archiv-Version vom 13.07.2007)
Türkische Soziologen rätseln über den Grund der angestiegenen Gewalt gegen
Frauen. "Die Modernisierung schreitet voran, und dringt bis in das kleinste Dorf vor. Das
stößt auf Widerstände", sagen die einen. Demnach ist die angestiegene Zahl der
"Ehrenmorde" doch ein Zeichen für die fortschreitende Frauenemanzipation. Eine andere
Erklärung hatte der Chefredakteur der Tageszeitung "Hürriyet" im vergangenen Winter dazu:
"Ehrenmorde sind ein kurdisches Problem" betitelte Ertugrul Özkök seine Kolumne und
heimste sich sofort den Vorwurf ein, ein "Rassist" zu sein. Aber ein anderer Bericht der
Polizei scheint ihm Recht zu geben.
In 15 Städten wurden die "Ehrenmorde" der
letzten sechs Jahre unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Die Hälfte der Morde geschehen
zwar im Westen des Landes, aber die Opfer stammen weitgehend "aus Ost- und
Südostanatolien", sprich: Sie sind genauso wie die in Berlin getötete Hatun Sürücü
Kurden. Die angestammten Bewohner der Westtürkei, des obersten Schauplatzes der
"Ehrenmorde", fallen diesen am allerwenigsten zum Opfer.
Auch unter
Universitätsabsolventen werden Frauen verprügelt
Eine andere Umfrage brachte ganz
ähnliche Zahlen hervor. Vildan Yirmibesoglu, Vorsitzende der Frauenkommission des
Istanbuler Gouverneurs, befragte Männer im Osten und Südosten des Landes, also
hauptsächlich Kurden, darüber, "was mit einer Frau, die ihre Ehre verlor, geschehen
müsste". 63,2 Prozent der Männer sagten: "Bestrafen." Und wiederum ein Viertel von ihnen
sagte gerade heraus: "Sie muss getötet werden."
Dass "Ehrenmorde" und Gewalt gegen
Frauen vor allem ein "kurdisches Problem" seien, glauben mittlerweile viele Türken der
urbanen Mittel- und Oberschichten. Trotzdem ist es ein offenes Geheimnis, dass auch in
Istanbul und auch unter Universitätsabsolventen Frauen verprügelt werden. Aber dennoch
akzeptieren die im Westen lebenden Städter am ehesten westliche Lebensweisen. In Istanbul
gibt es Zehntausende von allein stehenden Frauen oder unverheiratet zusammen lebenden
Paaren - im kurdischen Osten schier
undenkbar.
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http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,493624-2,00.html (Archiv-Version vom 13.07.2007)