@Warhead Ne, das ist der Bernd mit Bierbauch, der schlechte Witze reißt und dummes Zeug quatscht.
@tudirnix ?
Das deutsch-sein hat ja erstmal was mit Bindung zu diesem Land zu tun, etwas, dass man im Herzen spürt. Und dann kommen solche Dinge dazu, die für dich vielleicht selbstverständlich sein mögen. Mein Vater kennt aus seinem Land von seiner eigenen Sozialisation und der Mentalität aus seinem Heimatland her keine Frauen, die vor dem PC sitzen und mit (fremden) Männern schreiben. Er würde mir sagen, dass die alle einen Mann suchen und sowas, und was ne Frau zu schreiben hat. Er sagt auch, D hat eine Pest: Homosexualität. Ihm schmeckt deutsches Essen nicjt. Er ist ein Anhänger traditioneller, autoritärer Erziehungsmethoden. In seiner Welt gibt es sein Land, dass das beste und schönste ist.Mein Vater ist in vielen Dingen konservativ geprägt und teilt in vielen Dingen den "German Lifestyle" nicht.
Aber ich bin in D geboren und aufgewachsen. Das heißt: ICH kann entscheiden, ob ich mich "deutsch" fühle bzw. zum Beispiel die Mentalität von im Internet ohne Dating Absichten schreibenden Frauen annehme. Was sind Frauen für mich, was für eine Rolle haben sie in meiner Vorstellung.
Mein Vater hat in seinem konservativen Dasein dennoch seinen Kindern die freie Wahl gelassen, inwiefern sie sich deutsch fühlen möchten. Es gab schlicht kein Ärger mit ihm bei einer deutschen Freundin, deutschen Freunden oder wenn seine Kinder deutsches Essen essen. Oder beim Deutsch sprechen.
Deutsch zu denken als eins seiner Kinder heißt heute, sich mit ihm heftig zu streiten. Hier in D, in Europa, im Westen dürfen Frauen im Internet schreiben wie sie wollen, Homosexuelle sind keine "Pest" und Kinder lernen Disziplin nicht durch Schläge. Bei Streit hat mein Vater mich auch schon "Deutscher" genannt, der seine Welt nicht versteht. Aber ist halt so, die Bindung zu D ist stärker als zum Heimatland meines Vaters mit diesen komischen konservativen und manchmal durchgeknallten Ansichten. 1 Mann 5 Frauen oder sowas. Aber das ist bei mir so, ich Folge meinem Vater schlicht nicht.
Es geht dann mit anderen Fragen weiter. Du schreibst, du bist deutsch ohne Migrationshintergrund. Das setzt bei mir eine Bereitschaft zur Kommunikation mit dir voraus. Ich weiß, dass in der migrantischen Community viele Dinge anders gedacht werden als in deutschen Haushalten. Aber ich möchte dich kennen lernen. Ich lese gerne, wie der Diskussionsstrang bei deutschen Debatten verläuft. Oder soll ich mein ganzes Leben nur mit ausländischstämmigen verbringen. Ich habe schlicht nichts gegen dich, wie ich mir dich als (männlich) Georg oder Olaf oder (weiblich) Saskia oder Nina vorstelle.
Durch die eigene, selbstständige Entscheidung des Einzelnen, ob bewusst oder unbewusst, kommt das deutsch sein aus sich selbst heraus.
Deshalb sollte die hiesige Gesellschaft Unterstützungsarbeit in den communities leisten, wo diese Fragen schwieriger sind. Junge Deutsch- Türken und ihre traditionell starke Bindung zu ihren Wurzeln, die Motivation zur Bereitschaft in Interaktion mit Deutschen zu treten. Zum Beispiel eben, dass sie die deutsche Diskussion um Erdogan verstehen lernen. Die Denklogik dahinter versuchen zu verstehen. Das ist auch was von deutsch sein, ich kann so eine allgemeine Denklogik nachvollziehen. Ich schreibe mit dir als Mensch ohne Migrationshintergrund und lerne deine Art zu Denken kennen und verstehe dann halt auch so einige Dinge besser. Dinge, die ich halt nunmal unter einem fast rein migrantischen Umfeld so gar nicht kennen lernen kann.
Aber klar, dazu muss es auch eine Bereitschaft von (wie du geschrieben hast) Menschen ohne Migrationshintergrund geben in Interaktion zu treten und etwas über hiesiges Land und Leute zu erzählen.