TUR-EU-Grenzkonflikt nach gescheitertem "Flüchtlingsabkommen"
08.03.2020 um 09:46Wie das Topic unter Umständen bereits verrät, möchte ich hier die Lage an der türkisch-griechischen Grenze nach dem (vorläufig) gescheiterten EU-Türkei-"Flüchtlinsgabkommen" diskutieren.
Da hier einige thematische Überschneidungen zu
- Asylgesetzgebung
- Griechischer Innen-/Außenpolitik
- EU-Innen-/Außenpolitik
- Deutscher Innen-/Außenpolitik
- Türkischer Innen-/Außenpolitik
- partiell Syrienkonflikt
existieren, würde ich das hier gerne bündeln. Kontextual bzw im Rahmen des Topics sind also all diese Aspekte in der Diskussion ausdrücklich erwünscht.
Nachfolgend einige aktuelle Informationen zur Lage:
Da hier einige thematische Überschneidungen zu
- Asylgesetzgebung
- Griechischer Innen-/Außenpolitik
- EU-Innen-/Außenpolitik
- Deutscher Innen-/Außenpolitik
- Türkischer Innen-/Außenpolitik
- partiell Syrienkonflikt
existieren, würde ich das hier gerne bündeln. Kontextual bzw im Rahmen des Topics sind also all diese Aspekte in der Diskussion ausdrücklich erwünscht.
Nachfolgend einige aktuelle Informationen zur Lage:
Zwischen Griechenland und der Türkei ist ein Propagandakrieg ausgebrochenhttps://www.spiegel.de/politik/ausland/drama-an-eu-aussengrenze-zwischen-tuerkei-und-griechenland-wir-koennen-nicht-zurueck-a-e5ce8064-2d39-46e4-a249-d5ee65f57019
In einem Schlauchboot hätten sie und ihre Familie den Grenzfluss Evros überwunden, erzählt Zehra. In Griechenland seien sie stundenlang immer weiter ins Land gelaufen, irgendwann hätten sie in einem Kiosk einkaufen wollen.
Der Eigentümer habe die Polizei gerufen. Griechische Beamte hätten sie mitgenommen, mit Schlagstöcken auf sie eingeschlagen, ihnen teilweise die Kleidung, Handys und Papiere abgenommen und sie dann zurück in die Türkei geschleppt.
Zehras Vorwürfe lassen sich nicht eindeutig belegen, doch sie decken sich mit den Aussagen weiterer Geflüchteter. Mehrere Betroffene schilderten dem SPIEGEL, illegal aus Griechenland in die Türkei abgeschoben worden zu sein, manche sagten, von griechischen Grenzschützern geschlagen und misshandelt worden zu sein.
Türkische Behörden bezichtigen griechische Sicherheitskräfte sogar, scharf auf Migranten geschossen zu haben, dabei seien mindestens zwei Menschen getötet worden.
Die griechische Regierung weist die Anschuldigungen als Falschmeldung zurück. Zwischen Griechenland und der Türkei ist längt ein Propagandakrieg ausgebrochen.
[...]
Erdogan hatte die Fluchtbewegung am Freitag vor einer Woche ausgelöst, indem er die Grenze nach Griechenland öffnete. Erdogan benutzt die Schutzsuchenden als Druckmittel, um die Europäer zur Zusammenarbeit in Nordwestsyrien zu zwingen
Bisher hat er damit keinen Erfolg gehabt. Zwar ist Bundeskanzlerin Angela Merkel entschlossen, am EU-Türkei-Deal festzuhalten. Die wenigsten EU-Staaten befürworten jedoch weitere Finanzhilfen für die Türkei, geschweige denn eine Beteiligung am Syrienkrieg. Der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell nannte Erdogans Vorgehen diese Woche "inakzeptabel".
[...]
Auch auf den griechischen Inseln ist die Lage weiter angespannt - und das, obwohl in den vergangenen vier Tagen lediglich 111 Flüchtlinge dort ankamen, weniger als im Tagesschnitt 2019. Rechtsextremisten haben teilweise die Kontrolle übernommen, attackieren immer wieder NGO-Mitarbeiter und Journalisten.
Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis versucht die Krise weiter mit maximaler Härte zu lösen. Er hat das Asylrecht ausgesetzt. Die griechische Küstenwache fährt Flüchtlingsboote mit aggressiven und gefährlichen Manövern an, feuert wohl mindestens Warnschüsse ab. Türkische Behörden werfen griechischen Offizieren vor, die Motoren der Boote unbrauchbar zu machen und die Flüchtlinge auf dem Meer zurückzulassen.
Dänische Offiziere der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, die in der Ägäis im Einsatz sind, berichten dem Sender "DR" von ähnlichen Erlebnissen. Demnach habe sich der Kapitän eines dänischen Bootes der griechischen Anweisung verweigert, aus dem Meer gerettete Flüchtlinge wieder in ein Schlauchboot zu setzen und außerhalb griechischer Gewässer zu schleppen.
Griechische Parlamentarier diskutieren inzwischen offen die Möglichkeit, Flüchtlinge auf einsamen Inseln unterzubringen, ähnlich wie es Australien tut. Auch in den dunkelsten Kapiteln der jüngeren griechischen Geschichte gab es diese Praxis bereits, während des Bürgerkrieges in den Vierzigerjahren und später, zur Zeit des Kalten Krieges, als eine Militärjunta in Athen regierte.
Die Aggressionen zwischen der Türkei und Griechenland im Flüchtlingsstreit nehmen zu. Auf beiden Seiten der Grenze wurde Tränengas eingesetzt. Präsident Erdogan ordnete an, Ägäis-Überfahrten der Migranten zu stoppen.https://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-tuerkei-139.html
Inmitten der Flüchtlingskrise haben an der türkisch-griechischen Grenze Sicherheitskräfte beider Seiten Tränengas abgefeuert. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichtete, am abgeriegelten Grenzübergang Kastanies seien Tränen- und Rauchgasgranaten von türkischer Seite in Richtung der griechischen Polizei geschossen worden. Diese habe zum Teil ebenfalls Tränengas eingesetzt.
Hunderte Menschen drängten sich auf türkischer Seite am Grenzzaun. Nach Angaben von griechischen Behörden verteilt die Türkei Schneidegeräte an die Menschen, damit sie die Grenzzäune durchtrennen könnten.
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Brüssel erwartet Erdogan
Erdogan hatte vergangene Woche nach der Eskalation der Lage in der nordsyrischen Provinz Idlib die Grenzen zur EU geöffnet. Dies sorgte für einen starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze und führte zu neuen Spannungen zwischen Ankara und Brüssel. Der Präsident will laut "Welt" am Montag zu Gesprächen über den Flüchtlingsstreit in Brüssel erwartet. Die türkische Präsidentschaft bestätigte eine bevorstehende Reise Erdogans, nannte aber keine Details.
Abgebranntes Flüchtlingszentrum wurde wohl in Brand gesteckthttps://www.focus.de/politik/ausland/fluechtlingskrise-in-brief-an-merkel-lindner-fordert-evakuierung-von-unbegleiteten-minderjaehrigen_id_11719786.html
Sonntag, 8. März, 07.06 Uhr: Das "One Happy Familiy"-Aufnahmezentrum für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos ist am Samstag wohl in Brand gesteckt worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP.
Bewohner der Insel und zahlreiche angereiste Rechtsradikale versuchen seit Tagen, Flüchtlinge an der Ankunft zu hindern und greifen auch Hilfsorganisationen und Journalisten an. Seitdem die Türkei die Grenzen zur EU geöffnet hat, kamen mehr als 1700 Menschen mit Booten nach Lesbos, wo bereits 38.000 Flüchtlinge unter katastrophalen Umständen in überfüllten Lagern ausharren.
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Brief an Merkel: Lindner fordert Evakuierung von unbegleiteten Minderjährigen
19.30 Uhr: Die FDP plädiert für ein erneuertes EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen und spricht sich zudem für die Aufnahme von Kindern aus Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aus. Das geht aus einem gemeinsamen Brief von FDP-Chef Christian Lindner und dem nordrhein-westfälischen Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hervor, der der Deutschen Presse-Agentur am Samstag vorlag.
Darin plädieren die beiden Politiker für die Einsetzung eines EU-Sonderbeauftragten und "sofortige Verhandlungen mit der Türkei" über eine "Fortentwicklung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens". Es solle an die zusätzlichen Belastungen der Türkei angepasst werden. Dafür müsse diese aber in einem ersten Schritt wieder ihre Verpflichtungen erfüllen und Maßnahmen ergreifen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Ein künftiges Abkommen solle dann nicht nur die Rückführung von Personen ermöglichen, die illegal auf dem Seeweg nach Griechenland gekommen seien, sondern auch von Personen, die illegal die Landgrenze überschritten hätten.
Gleichzeitig zeigen sich Lindner und Stamp offen für eine Aufnahme von Kindern aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln: "In einem ersten Schritt schlagen wir vor, unbegleitete Minderjährige unter 14 Jahren sowie kranke Kinder und ihre Familien nach Deutschland und in andere Mitgliedstaaten zu evakuieren; sie würden dann im Aufnahmeland ein Asylverfahren durchlaufen. Weitere Evakuierungen kommen aus unserer Sicht erst nach einer Fortentwicklung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens in Betracht, um keine falschen Signale an die Menschen außerhalb der EU zu senden."
Lindner kritisierte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Es könne nicht sein, dass dieser Menschen als politisches Druckmittel einsetze. "Dagegen müssen wir uns wehren. Wir brauchen einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen. Gleichzeitig sollten wir mit der Türkei über ein erneuertes Flüchtlingsabkommen sprechen."
So hat sich die Situation zugespitzt:https://www.tagesspiegel.de/politik/newsblog-zur-lage-in-griechenland-spd-chef-fordert-rasche-hilfe-fuer-fluechtlingskinder/25599690.html
Nach der Grenzöffnung kam es zu gewalttätigen Konfrontationen zwischen der griechischen Polizei und Flüchtlingen an der Grenze.
Am Wochenende hinderten die griechischen Sicherheitskräfte nach Angaben der Regierung in Athen binnen 24 Stunden fast 10.000 Migranten an einem illegalen Grenzübertritt.
Die griechische Polizei drängte die Flüchtlinge am Grenzübergang Pazarkule am Samstag mit Tränengas und Wasserwerfern zurück, daraufhin warfen einige der Migranten mit Steinen.
Der grüne Europaabgeordnete Erik Marquart auf Lesbos: „Hier werden Tote in Kauf genommen“