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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

18 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Ehemann, Notwehr, Ehefrau ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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menari Diskussionsleiter
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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

24.10.2020 um 00:55
Hallo,

ich bin eben über den folgenden Fall gestolpert.

https://www.wn.de/NRW/4249616-Prozesse-Ehemann-erstochen-Zwei-Jahre-und-neun-Monate-Haft-fuer-Frau

Am 12. August wurde in Düsseldorf eine Südkoreanerin verurteilt.
Im Prozess um den gewaltsamen Tod eines Familienvaters hat das Landgericht Düsseldorf heute die angeklagte Ehefrau zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Richter werteten die tödliche Messerattacke auf den Ehemann als Körperverletzung mit Todesfolge. Die 40-Jährige sei zum Tatzeitpunkt erheblich angetrunken gewesen und daher nur vermindert schuldfähig. Die Richter folgten damit der Einschätzung eines psychiatrischen Gutachters.

Die Koreanerin hatte die Tat gestanden. Sie habe aber Mitte Dezember den 39-jährigen Vater ihres dreijährigen Sohnes nach einem gemeinsamen Zechgelage weder verletzen und noch töten wollen. Sie habe mit dem Küchenmesser nur einen sexuellen Übergriff ihres angetrunkenen Mannes abwehren wollen.
Was ich nicht nachvollziehen kann. Die Frau soll mit dem Messerstich versucht haben, einen sexuellen Übergriff abzuwehren. Das Gericht glaubt ihr das auch und verurteilt sie dennoch wegen Körperverletzung mit Todesfolge??

Wie kann das sein? In dem Fall hätte man sie doch wegen Notwehr freisprechen müssen, so wie diesem Fall

https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/frau-ersticht-ehemann-in-dortmund-wickede-war-es-notwehr-1455623.html
Immer wieder gab es Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten in Dortmund-Wickede, immer wieder hatte der 50-jährige Ehemann dabei offenbar auch seine Frau geschlagen. Am Dienstag (1.10.) kam es dann zu einem tragischen Ende: „Es gab eine Auseinandersetzung, bei der der Ehemann einen Stich im Bauchbereich erlitt“, so Staatsanwalt Jörg Schulte-Göbel. Der 50-Jährige wurde ins Krankenhaus gebracht, starb dort an seinen Verletzungen.

Mann soll Frau beim Kochen angegriffen haben
Die Polizei hatte die 42-jährige Ehefrau noch am selben Abend vorläufig festgenommen. Bei der Vernehmung habe sie erklärt, dass ihr Mann sie wieder habe schlagen wollen und sich auf sie gestürzt habe, sagte Staatsanwalt Schulte-Göbel. Offenbar war die Frau gerade dabei, ein Essen zuzubereiten. Auch waren erhebliche Mengen Alkohol im Spiel.

Alles deutete schon am Mittwochmorgen darauf hin, erklärte der Staatsanwalt, dass der Mann die Frau vorher angegriffen habe. Der Mann sei auch in der Vergangenheit wegen häuslicher Gewalt gegenüber seiner Frau bekannt gewesen. Und Zeugen hätten ausgesagt, dass sie Geräusche aus der Wohnung gehört haben. „Momentan verdichten sich die Anzeichen dafür, dass es sich so zugetragen hat“, so der Staatsanwalt nach der Vernehmung.
Ich kann das Urteil irgendwie nicht nachvollziehen. Und auch den ganzen Prozess und die Verteidigung nicht. Wieso wurde nicht auf Notwehr plädiert?

Wurde die Frau nicht ordentlich verteidigt? Gibt es weitere andere Informationen zu dem Fall?


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

24.10.2020 um 04:11
Es gibt leider zu wenig Informationen um etwas Vernünftiges dazu sagen zu können. Der WZ Bericht erscheint nicht schlüssig. Er behauptet zwar, dass es irgendwie um eine Verteidigung ging, aber kurioserweise gehen weder die Zitate des Staatsanwalts noch des Verteidigers auf diese Situation ein. Meiner Meinung nach wird hier etwas falsch wiedergegeben.

Um Notwehr geltend zu machen, muss es einen gegenwärtigen gefährlichen Angriff auf die Frau gegeben haben. Man müsste jetzt das Urteil kennen, um zu schauen, was genau vor Gericht gesagt und bewiesen wurde. Die Tatsache, dass sich, wenn man WZ glaubt, der Verteidiger eher auf Schuldunfähigkeit beruft, deutet in die Richtung, dass es keinen Angriff gegeben hat, der zur Notwehr berechtigte. Aber wie gesagt, ohne Infos kann man da nichts sagen


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

24.10.2020 um 04:58
Gibt für mich momentan auch nur 3 Möglichkeiten.
Gleich vorweg, alles nur Mutmaßungen:

- Es lag niemals ein gegenwärtiger (kurz bevorstehender, gerade stattfindender, noch andauernder) rechtswidriger Angriff vor.

- Der rechtswidrige Angriff war vorüber, sodass Notwehr nicht mehr in Betracht kommen konnte, weil der Angriff gegenwärtig erfolgen muss, um sich im Rahmen der Notwehr angemessen verteidigen zu können.
Ebenso konnte man auch nicht von Notwehrexzess, § 33 StGB, ausgehen. War nicht erfüllt, solche Umstände lagen nicht vor bzw. konnten nicht glaubhaft, überzeugend genug gemacht werden.

- Die Verhältnismäßigkeit war in den Augen von StA und Gericht nicht gegeben.
Ein rechtswidriger Angriff lag zwar grundsätzlich vor und eine Verteidigung war somit ebenso grundsätzlich erforderlich, aber vielleicht hätten schon mildere Mittel ausgereicht, um den Angriff abzuwehren, sodass leider keine Straffreiheit mehr in Betracht kommen konnte.


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menari Diskussionsleiter
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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

25.10.2020 um 22:34
Ich habe mittlerweile mehr Informationen dazu gefunden.

https://mobil.express.de/duesseldorf/weil-er-sex-wollte-mordanklage--koreanerin-erstach-ihren-ehemann-in-duesseldorf-36919728?originalReferrer=https://www.google.de
Zu Hause brachte der Vater, sehr zur Verwunderung der Mutter, schließlich seinen Sohn ins Bett. Während Sora K. müde und etwas angetrunken in die Küche ging, um das Schweinefleisch für den nächsten Tag vorzubereiten.
Vor Gericht sagte sie dazu: „Mein Mann liebte koreanisches Essen. Das Fleisch musste fein geschnitten sein. Nicht mehr als zwei Zentimeter breit.“
Während dessen trat ihr Mann von hinten an sie heran. Er fasste ihr an den Po und küsste sie im Nacken. „Ich war müde und wollte nicht von ihm angefasst werden.“ Deshalb habe sie mit dem Messer herumgefuchtelt.
Düsseldorf: Ehemann verblutete röchelnd im Schlafzimmer
Die Folge: Ihr Mann taumelte und flüchtete aus der Küche. Er jetzt sah Sora K. das Blut an der Klinge des Messers. Sie suchte nach ihrem Gatten und fand ihn röchelnd auf dem Ehebett.
Die Koreanerin versuchte ihm zu helfen und rief dann Freunde an, doch die gingen nicht ans Telefon. Den Notruf zu wählen fiel ihr erst nach endloser Zeit ein und als der Notarzt eintraf, war das Opfer bereits tot.
Mit diesen Informationen finde ich, dass der zuerst von mir zitierte Artikel mehr als unglücklich formuliert ist.

Man kann ja wohl kaum von einem sexuellen Übergriff reden, wenn der Mann sich ihr nach einem gut gelaufenen Tag nähert und an den Po fasst und den Nacken küsst.
Auch wenn ein Paar schon länger nicht intim war.

Das ist wirklich ganz schön mies formuliert.

Ob man ihr glauben kann, dass sie mit dem Messer nur herumgefuchtelt hat und garnicht bemerkt hatte, dass sie ihn verletzt hat?
Das fällt mir sehr schwer zu glauben. Selbst wenn, dann müsste man ihr vielleicht zur Last legen, dass sie gewusst haben muss, dass sie ihn dabei ernsthaft hätte verletzen können.

Insofern finde ich das Urteil verständlich.


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

26.10.2020 um 02:20
Zitat von menarimenari schrieb:Deshalb habe sie mit dem Messer herumgefuchtelt.
Das ist wieder so ein Satz. Daraus kann an gar nichts schliessen, da hätte auch eine fahrlässige Tötung gepasst… es hilft nichts, ohne Kenntnis der exakten Beweise und Aussagen im Prozess kann man keine vernünftige Meinung hier haben. Aus den Presseberichten kann man sich alles basteln


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

26.10.2020 um 09:31
Zitat von menarimenari schrieb:Man kann ja wohl kaum von einem sexuellen Übergriff reden, wenn der Mann sich ihr nach einem gut gelaufenen Tag nähert und an den Po fasst und den Nacken küsst.
Auch wenn ein Paar schon länger nicht intim war.
§ 177 StGB vielleicht nicht unbedingt, aber könnte immerhin den Tatbestand des § 184i StGB erfüllen, denn anscheinend fühlte sich die Frau durch das Tun ihres Mannes belästigt, da sie sich nicht anfassen lassen wollte.
(1) Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt
Quelle: https://www.google.de/url?sa=t&source=web&rct=j&url=https://dejure.org/gesetze/StGB/184i.html&ved=2ahUKEwj15PqH6dHsAhWhsKQKHWRxDDoQFjACegQIERAB&usg=AOvVaw2AoRqP9PAUacgDbfmBBhnR&cshid=1603700447952
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Das ist wieder so ein Satz. Daraus kann an gar nichts schliessen, da hätte auch eine fahrlässige Tötung gepasst
Vielleicht sah die StA Vorsatz, wenigstens den bedingten Vorsatz hinsichtlich einer körperlichen Misshandlung? Also ihren Mann immerhin verletzen zu wollen oder durch das Herumfuchteln mit dem Messer eine Verletzung billigend in Kauf genommen zu haben, da sie mit einem möglichen Erfolgseintritt (Verletzung ihres Mannes) hätte rechnen müssen - hingegen sie den Tod natürlich zu keinem Zeitpunkt gewollt, ja nicht mal billigend in Kauf genommen hat.
Dann würde für mein Verständnis, kann mich auch irren, KV (Vorsatz) mit Todesfolge (nicht gewollt) besser als die fahrlässige Tötung passen, da die fahrlässige Tötung überhaupt keinen Vorsatz voraussetzt.


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

26.10.2020 um 12:42
Ich kann das Urteil gut nachvollziehen.

Der Boulevard kann es natürlich nicht unterlassen, die Angeklagte zu verunglimpfen.
Zitat von menarimenari schrieb:https://mobil.express.de/duesseldorf/weil-er-sex-wollte-mordanklage--koreanerin-erstach-ihren-ehemann-in-duesseldorf-369...
Ich kann mir gut vorstellen, wie das abgelaufen ist. Sie hat einen im Tee, ist müde, muss aber noch schnippeln, damit der ungeliebte Pascha sein Fleisch auch ja auf den Zentimeter genau geschnippelt bekommt.

Als der dann noch angetrunken angeschlurft kommt und nicht nur perfekt geschnippeltes Fleisch, sondern ausgerechnet an diesem Abend auch noch Sex will, hat sie wahrscheinlich genervt eine unmissverständliche Abwehrbewegung gemacht, hatte dabei aber dummerweise das Messer in der Hand. Zunächst würdigte sie den Mann keines Blickes, wahrscheinlich um ihn weder zu ermutigen noch zu verärgern. Angetrunken, müde und genervt ist ihr dann zu spät aufgefallen, dass irgendwas nicht stimmt.

Kein Tötungsvorsatz, keine Notwehr, aber mit einem Fleischmesser in der Hand sollte man keinen zudringlichen Mann abwehren (= [irgendeine!] Verletzung billigend in Kauf genommen). Das Ganze unter Alkohol- und Erschöpfungseinfluss. Passt.


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

27.10.2020 um 16:26
Ohne die im Prozess erörterten Details ist das schwierig zu beurteilen. Ich versuche eine Annäherung:

Wenn eine Notwehrlage bestand, die Grenzen des Notwehrrechts jedoch von der Frau überschritten wurden, dann wäre nicht - wie hier - eine vorsätzliche Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge gegeben. Sondern die Angeklagte wäre nicht bestraft worden (§ 33 StGB).

Ein Irrtum über die Existenz einer Notwehrlage, die in Wirklichkeit nicht gegeben war, würde zu § 16 StGB und damit der fahrlässigen Tötung führen. Deswegen wurde sie aber nicht verurteilt.

Bleibt also nur die gerichtliche Überzeugung, dass keine Notwehr vorliegt. Der Messerstich aber nicht mit Tötungsvorsatz geführt wurde. Da kommt es auf die äußeren Tatumstände an, wie sich z.B. aus den Obduktionsergebnissen und der Rekonstruktion der Tat ergeben. So kann der Stich z.B. äußerst unglücklich eine Schlagader getroffen haben. Im Folgenden muss die Angeklagte dann ernstlich versucht haben, ihren Mann zu retten (keine vorsätzliche Tötung durch Unterlassen).

Das ergäbe dann vorsätzliche (gefährliche) Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge. Hinzu käme evtl. verminderte Schuldfähigkeit. Dann sind 2 Jahre und 9 Monate nicht nur ok, sondern auch keine leichte Strafe.


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27.10.2020 um 20:09
Zitat von monstramonstra schrieb:Ohne die im Prozess erörterten Details ist das schwierig zu beurteilen. Ich versuche eine Annäherung:

Wenn eine Notwehrlage bestand, die Grenzen des Notwehrrechts jedoch von der Frau überschritten wurden, dann wäre nicht - wie hier - eine vorsätzliche Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge gegeben. Sondern die Angeklagte wäre nicht bestraft worden (§ 33 StGB).

Ein Irrtum über die Existenz einer Notwehrlage, die in Wirklichkeit nicht gegeben war, würde zu § 16 StGB und damit der fahrlässigen Tötung führen. Deswegen wurde sie aber nicht verurteilt.

Bleibt also nur die gerichtliche Überzeugung, dass keine Notwehr vorliegt. Der Messerstich aber nicht mit Tötungsvorsatz geführt wurde. Da kommt es auf die äußeren Tatumstände an, wie sich z.B. aus den Obduktionsergebnissen und der Rekonstruktion der Tat ergeben. So kann der Stich z.B. äußerst unglücklich eine Schlagader getroffen haben. Im Folgenden muss die Angeklagte dann ernstlich versucht haben, ihren Mann zu retten (keine vorsätzliche Tötung durch Unterlassen).

Das ergäbe dann vorsätzliche (gefährliche) Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge. Hinzu käme evtl. verminderte Schuldfähigkeit. Dann sind 2 Jahre und 9 Monate nicht nur ok, sondern auch keine leichte Strafe.
Danke für die Erläuterungen.

Ich vermute dann, dass letzteres zutrifft, also das Gericht nicht von einer Notwehrlage ausging, sondern, dass sie auch einfach hätte sagen können "Hey, lass das." und es damit gut gewesen wäre.
Um eine Notwehrlage anzunehmen, müsste man wissen, ob in der Beziehung ein unterschiedliches Machtverhältnis vorlag oder es schon häufiger unerwünschte Annäherungsversuche gab, derer sie sich mit nicht geringer Gewalt erwehren musste. Dazu haben wir aber keine Anhaltspunkte.


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

27.10.2020 um 21:22
Dazu gibt es die Beweisaufnahme - und die Einlassungen der Angeklagten (das wäre hier übrigens ein Fall, wo ein Verteidiger seiner Mandantin dann auch empfiehlt, nicht zu schweigen, sondern die ganze Geschichte zu erzählen). Da wissen wir zu wenig, um das von Außen beurteilen zu können.

Im Ergebnis muss das Gericht aber davon überzeugt gewesen sein. Ich nehme an, dass neben den forensischen Ergebnissen (Stichkanal, mit welcher Kraft wurde das Messer geführt usw.) auch das Nachtatverhalten seinen Beitrag dazu geliefert hat. Polizisten und Gerichte haben ganz gute Erfahrung, wer Theater macht und wessen Beteuerungen glaubhaft sind. Die Angeklagte war glaubwürdig und ihre Angabe glaubhaft, dass sie ihren Mann nicht töten wollte. Man folgte ihr aber nicht in Sachen Verteidigung gegen einen sexuellen Angriff. Vermutlich konnte sie hier eben nicht glaubhaft erläutern, worin die Notwehrlage jetzt bestand. Vielleicht war das mit der Notwehr auch eine Idee des Verteidigers, der eine Chance sah, mit einem Freispruch aus der Sache herauszukommen.

Manchmal sind es einfach nur Nuancen, die einen Mord von einer fahrlässigen Tötung trennen. Und das grundsätzliche Problem ist immer: Es war keiner dabei und es kann keiner in den Kopf des Täters blicken. Ungerecht? Sicher immer wieder einmal. Jedenfalls Menschenwerk. Insgesamt halte ich die Trefferquote unserer Gerichte aber für sehr hoch.


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28.10.2020 um 00:32
Zitat von monstramonstra schrieb:Wenn eine Notwehrlage bestand, die Grenzen des Notwehrrechts jedoch von der Frau überschritten wurden, dann wäre nicht - wie hier - eine vorsätzliche Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge gegeben. Sondern die Angeklagte wäre nicht bestraft worden (§ 33 StGB).
Allerdings stellt 33 StGB Anforderungen, die natürlich glaubhaft gemacht werden müssen.


Einfach mal mit, ja, ups, sorry, habe über die reine Erforderlichkeit hinaus gehandelt, weitergemacht und berufe mich mal daher auf den Notwehrexzess ist es nicht getan.


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28.10.2020 um 00:56
Zitat von monstramonstra schrieb:Ein Irrtum über die Existenz einer Notwehrlage, die in Wirklichkeit nicht gegeben war, würde zu § 16 StGB und damit der fahrlässigen Tötung führen. Deswegen wurde sie aber nicht verurteilt
Lag hier zwar nicht vor, wie du schon richtig angemerkt hattest, siehe Verurteilung, aber mal ganz allgemein gefragt: Wird man bei der Putativnotwehr, die du sicherlich meinst, grundsätzlich immer wegen Fahrlässigkeit (fahrlässige KV, fahrlässige Tötung beispielsweise) bestraft?

Ein ehemaliger Polizist erklärte mir mal, dass unabhängig was § 16 StGB sagt, bei der Putativnotwehr auch Straffreiheit in Betracht kommen "kann" - stimmt das?


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

28.10.2020 um 03:02
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Wird man bei der Putativnotwehr, die du sicherlich meinst, grundsätzlich immer wegen Fahrlässigkeit (fahrlässige KV, fahrlässige Tötung beispielsweise) bestraft?Ein ehemaliger Polizist erklärte mir mal, dass unabhängig was § 16 StGB sagt, bei der Putativnotwehr auch Straffreiheit in Betracht kommen "kann" - stimmt das?
Es kommt auf die Umstände der Tat an, bestraft wird nur, wenn ein Irrtum vermeidbar war, so der BGH. Ist der Irrtum unvermeidbar bleibt der Täter straffrei.

Paradebeispiel für diese Rechtsauffassung, die derzeit gegen einige wissenschaftliche Theorien gilt, ist der "Hells Angels Fall" http://strafrecht-online.org/problemfelder/rspr/at/irrtum/rw/bgh-2-str-375-11/ (Archiv-Version vom 05.08.2020)


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29.10.2020 um 13:35
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Es kommt auf die Umstände der Tat an, bestraft wird nur, wenn ein Irrtum vermeidbar war, so der BGH. Ist der Irrtum unvermeidbar bleibt der Täter straffrei.
Ich ergänze mal, wenn der Irrtum vermeidbar war und den "Täter" die Schuld dafür trifft, dass der Irrtum nicht vermieden wurde.

Im Hells Angels Fall wäre der Irrtum auch vermeidbar gewesen, wenn die Polizisten die Hausdurchsuchung vernünftig angekündigt hätte. Die Schuld dafür lag also bei den Polizisten, nicht beim Hells-Angels-Mitglied.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Paradebeispiel für diese Rechtsauffassung, die derzeit gegen einige wissenschaftliche Theorien gilt, ist der "Hells Angels Fall"
Warum dies gegen wissenschaftliche Theorien verstoßen soll, ist mir nicht klar. Mit gesundem Menschenverstand muss man sagen, die Notwehr war in dem Fall eindeutig gerechtfertigt. Ich sehe da auch keinen Zweifel in dem Fall, dass dies nicht so sein sollte.
Ist hier aber vielleicht auch schon OT.


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

30.10.2020 um 01:16
Zitat von menarimenari schrieb:Warum dies gegen wissenschaftliche Theorien verstoßen soll, ist mir nicht klar. Mit gesundem Menschenverstand muss man sagen, die Notwehr war in dem Fall eindeutig gerechtfertigt. Ich sehe da auch keinen Zweifel in dem Fall, dass dies nicht so sein sollte.i
Wenn ich etwas in meinem langen Juristenleben gelernt habe dann, dass gesunder Menschenverstand und Praxis der Rechtsprechung oft nichts miteinander zu tun haben. Insofern bin ich immer froh, wenn es mal ein Urteil gibt, in dem beides passt. :)


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Frau ersticht Ehemann - Notwehr, ja oder nein

30.10.2020 um 09:35
Zitat von menarimenari schrieb:Im Hells Angels Fall wäre der Irrtum auch vermeidbar gewesen, wenn die Polizisten die Hausdurchsuchung vernünftig angekündigt hätte. Die Schuld dafür lag also bei den Polizisten, nicht beim Hells-Angels-Mitglied.
Der 2. Senat hatte ja auch noch untersucht, ob durch einen Anruf bei der Polizei dieser Irrtum vermeidbar gewesen wäre. Dem Senat reichte dann aus, dass er direkt Verwandte anrufen ließ, weil solche Banden das untereinander ausmachen und nicht bei der Polizei anrufen.

Soweit ich mich noch erinnere hat dieser Abschnitt Kritik ausgelöst, manche meinten innhaltlich, dass Gruppen, die quasi einen eigenen Staat sind, anders betrachtet werden müssen, was aus meiner Sicht falsch ist. Aber trotzdem, spinnen wir mal den Gedanken weiter.

Als ich diesen Abschnitt gelesen hate, war ich irritiert. Warum hätte überhaupt ein Anruf bei der Polizei den Irrtum verhindern können? Es wäre doch äußerst unwahrscheinlich, wenn man da überhaupt an eine Person geraten wäre, die über einen solchen Einsatz ausreichend informiert gewesen wäre. Hätte sich der Senat unter dieser Annahme nicht auf einem sicheren Terrain befunden oder wie sind das die Betrachtungsweisen, welche Pflichten hat der Betroffene um diesen Irrtum zu vermeiden. Man muss bedenken, derjenige hat keinerlei Ahnung, dass er sich in eienem Irrtum befand. War er in dieser zeitlich kritischen Situation überhaupt verpflichtet die Polizei zu rufen? Soweit ich es noch in Erinnerung habe, war die Tür schon fast komplett aufgebrochen, nur noch ein einziger Riegel musste mit Gewalt aufgebrochen werden.

Das ist sicher etwas OT, aber der Begriff Notwehr, Irrtum etc. gehört auch zu diesem Fall.

@Rick_Blaine
@monstra

Könntet Ihr dazu etwas sagen?


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30.10.2020 um 09:43
Der BGH hat festgestellt, der Irrtum war unvermeidbar. Also war er nicht verpflichtet, eben noch mal bei der Polizei anzurufen um zu fragen, ob die es ist oder doch seine Konkurrenz dabei ist ihn zu meucheln. Alles andere wäre auch weltfremd.


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30.10.2020 um 09:47
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Der BGH hat festgestellt, der Irrtum war unvermeidbar. Also war er nicht verpflichtet, eben noch mal bei der Polizei anzurufen um zu fragen, ob die es ist oder doch seine Konkurrenz dabei ist ihn zu meucheln. Alles andere wäre auch weltfremd.
Vielen Dank, so habe ich auch gesehen. Mich hatte die Kritik darüber gewundert, obgleich es daran nichts auszusetzen gab. Sicher, die Polizeigewerkschaft und auch Politiker vertreten eigene Interessen.


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