Lotte49 schrieb:Na ja, Kühe müssen ja nicht zwingend gemolken werden, wenn sie z.B. nicht besamt oder gedeckt werden.
Das eine Kuh gedeckt wird ist nun aber wirklich das Natürlichste der Welt. Ohne wirds sehr schnell keine Kühe mehr geben. Das ist nicht zwingend, richtig. Aber absolut notwendig, auch für die Kuh.
Lotte49 schrieb:Aber die weit verbreiteten Holstein Friesian würde ich z.B. eindeutig als Qualzucht einstufen.
Und ja, 300+ Eier pro Jahr ist aus meiner Sicht auch ein Qualzuchtmerkmal. Es führt u.a. zu Osteoporose, Frakturen des Brustbeins (u.a. wegen des hohen Kalziumbedarfs) etc.
Und auch da wäre ich grundsätzlich bei dir. Aber das ist eben deine und meine persönliche Meinung, nicht mehr, nicht weniger. Wenn wir uns fragen was moralische Linie oder gar Gesetz sein soll, kann aber nicht unsere persönliche Meinung der Angelpunkt sein. Dafür braucht es mehr Substanz - und hier ne klare und präzise Definition von Qualzucht zu liefern ist nicht so einfach.
Lotte49 schrieb:Also, alle Rassen, die aktuell im großen Stil als "Nutztiere" gehalten werden, würde ich als Qualzuchten einstufen. In dieser überzüchteten Form sollten diese Tiere nicht weiter gezüchtet werden, ggf. wären Rückzüchtungen möglich.
Also ist das Merinoschaf eine Qualzucht? Die bunte deutsche Edelziege? Sorry aber mit "wird im großen Stil als Nutztier gehalten" geißelst du einfach nur die Massentierhaltung (und das nicht mal genau genug). Etwas wo wir uns sowieso einig sind, aber die grundlegenden Fragen (was stattdessen z.B.) beantwortest du nicht.
Lotte49 schrieb:Na ja, schau dir die Haltungsbedingungen an. Schau dir an, mit welchen körperlichen Problemen die Tiere schon allein wegen ihrer Rassezugehörigkeit zu kämpfen haben. Schau dir an, was auf Schlachthöfen und Tiertransporten abgeht... Das System ist für die Tiere mit Qualen verbunden, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und wieder richtest du dich gegen industrielle, kommerzielle, profitmaximierte Tierhaltung. Eine Form der Tierhaltung die durch ökonomische Zwänge für viele Bauern alternativlos ist (darum werde ich da auch nicht die Bauern kritisieren, zumindest nicht in deiner Härte). Da ist es einfach draufzuschlagen.
Ich halte Hühner und Karnickel - beides schlachte ich auch. Und denen geht es wirklich nicht schlecht, die haben ein gutes Leben. Es geht hier um die grundsätzliche Frage ob Nutztierhaltung und Fleischkonsum immer schlecht sein müssen. Und da reicht es einfach nicht auf die Massentierhaltung einzuprügeln, auch wenn das einfach ist.
Die bekommt man nur mit Gesetzen und Regeln in den Griff und mit konsequenter Durchsetzung dieser Regeln wie
@rhapsody3004 nicht müde wird zu betonen. Und natürlich damit, dass man eine regelkonforme Haltung ökonomisch sinnvoll macht. Wir haben ja auch nix gewonnen, wenn wir die Massentierhaltung in andere Länder exportieren und die Produkte dann importieren.
Lotte49 schrieb:Auch wenn es vielleicht 0,000x Promill Nutztierhalter gibt, die wirklich um das Wohl der Tiere bemüht sind.
Red mal mit Bauern die Tiere halten. Die sind alle um das Wohl ihrer Tiere bemüht, selbst wenn die grauselig gehalten werden. Zumindest die, die ich kennen lernen durfte. Es ist nicht so simpel, dass nur ein Veganer empathisch gegenüber Tieren ist. Im Grunde sind wir das alle, manche mehr, manche weniger.
Lotte49 schrieb:Die kommerzielle "Nutztier"haltung für den Verbrauch leistet doch eigentlich keinen wirklichen Beitrag zum Erhalt von "Nutztier"rassen.
Richtig, die ist da eher das Problem.
Lotte49 schrieb:In dem System werden ein paar wenige auf Leistung getrimmte Rassen millionenfach reproduziert. Wenn das wegfiele, gäbe es mMn weniger "Nutztiere" aber nicht zwangsläufig weniger "Nutztier"rassen.
Zustimmung von meiner Seite.
Lotte49 schrieb:Was den Aspekt der Profitabilität betrifft, schätze ich, dass wir (auch) an diesem nicht zusammenkommen. Denn mMn beginnt das ganze Drama für die "Nutztiere" an genau dem Punkt, an dem sie für den Menschen profitabel sein müssen. Das ist mMn ein Fehler im System.
Wir leben in einem durch und durch kapitalistischen System, das genau solche Perversitäten produziert. Auch hier sind wir nicht weit von einander entfernt, ich für meinen Teil bin überzeugter Kommunist.
Lotte49 schrieb:Also das System der Tiernutzung würde ich auch gerne ausrotten.
Und da werden wir uns nicht einig. Die reine "Tiernutzung" ohne Industrialisierung, ohne Profitmaximierung, ohne Kommerzialisierung - die ist am Ende unproblematisch. Zumindest aus mE Sicht, ich sehe da wirklich keine moralische Verwerflichkeit. Aber selbst wenn wir an dem Punkt unterschiedlicher Meinung sind - ist es nicht für jeden dem das Tierwohl am Herzen liegt erstmal das Wichtigste die Massentierhaltung zu beenden? Sollte das nicht das Allererste sein? Das wir Tiere
anständig behandeln? Über radikalen Veganismus oder syntrope Tierhaltung können wir danach immer noch streiten. Das sind doch ideologische Geisterdebatten in der wirklich grausamen Realität. Im Grunde müssten Menschen wie Du (Tierliebender Veganer) und Ich (umweltbewusster Omnivore) doch engste Verbündete sein. Sind wir nicht, warum nicht?
Lotte49 schrieb:ber es spricht ja nichts dagegen, "Nutztiere" einfach so zu halten und ihnen ein schönes Leben zu bieten, mit ihnen Spaß zu haben und sie tierschutz-/artgerecht zu behandeln. Das macht ja vielen Leuten sogar Spaß.
Und dann kann man sie am Ende auch schlachten und essen. Also ich kann das, du vermutlich nicht. Auch ihre Eier, ihre Wolle, ihre Milch, ihr Leder usw. kann man dann aus meiner Sicht bedenkenlos nutzen. Mir persönlich käme es sogar irgendwie frevelhaft vor, dass nicht zu tun. Die Leichen einfach aus moralischer Überlegenheit auf den Müll werfen... ich weiß nicht.
Lotte49 schrieb:Ersetze "natürlich" durch "fähig, ein artgerechtes Leben zu führen".
Damit gehe ich dann schon viel eher mit. Ich hab Hühnerrassen gesehen, die konnten nicht mehr selbstständig laufen, weil die Brustmuskeln so schwer wurden. Das ist schon ziemlich krank. Ein Huhn sollte rumlaufen, picken und scharren können. Was Hühner eben so machen.
Lotte49 schrieb:In diesem Punkt werden wir beide wohl auf keinen gemeinsamen Nenner kommen. Damit komme ich klar und schätze deinen unaufgeregten Diskussionsstil dennoch sehr.
Bitte, gerne, danke ebenfalls. Mir ist es - nicht nur in der Diskussion um Tierhaltung - eine Herzensangelegenheit die Leute vom moralischen Zeigefinger auf den Konsumenten abzubringen. Denn damit werden jene aus der Haft genommen um die es tatsächlich geht - die großen Konzerne, die Gesetzgeber, die Gesetzeshüter. Mir will einfach nicht in den Schädel warum wir statt über Suhlflächen für Schweine über Ernährungsgewohnheiten streiten. Dir kann doch am Ende völlig egal sein ob ich meine Hühnereier esse oder Karnickel schlachte, auf die Jagd gehe oder Angler bin (was beides auch der Fall ist) solange ich an der wesentlichen Stelle auf deiner Seite stehe. Bei der Frage ob wir Tiere anständig behandeln sollten (ja.) und ob das zur Zeit der Fall ist (leider überwiegend nein.).