Wichtig ist es Deine Prioritäten zu sortieren, denn für mich klingen einige Deiner Vorstellungen nicht sonderlich durchdacht bzw schwer miteinander vereinbar.
Das man sich ehrenamtlich im Tierschutz zu Tode arbeiten kann, bezahlte Stellen aber generell weit weniger zur Verfügung stehen als es Anfragen gibt und das dann meist nicht einmal Vollzeitstellen sind und die wenigen Vollzeitstellen nicht fürstlich bezahlt werden sind einfach mal Tatsachen die man auch ernst nehmen sollte.
Es tauchen immer mal wieder sogenannte "Tierschutzprojekte" auf, die verdächtig viele Leute einstellen, meist auch zu ganz guter Bezahlung und ohne nach Ausbildungen zu fragen.
Das sind meiner Erfahrung nach aber dann ohne Ausnahme ganz windige Projekte, die sich durch Grauzonen wuseln oder ganz schlicht und ergreifend ein Fall für den Staatsanwalt sind.
Allerdings sehe ich Dich je nachdem was Du machen willst und was Deine Gehaltsvorstellungen sind nicht als "ohne Ausbildung".
shadesofbeige schrieb am 17.09.2019:Leider habe ich damals eine kaufmännische Ausbildung gemacht, aber daran hängt mein Herz einfach nicht.
Jeder Tierschutzverein, jedes städtische Tierheim usw braucht eine gute Verwaltung, denn das Budget zu jonglieren ist meist die größte Herausforderung.
Mit einer kaufmännischen Ausbildung bist Du also definitiv nicht "ungelernt", allerdings triffst Du zunächst auf die Probleme, dass nur wenige sich überhaupt Festangestellte leisten können und selbst die die es können sich natürlich freuen, wenn ehrenamtliche das kostenlos stemmen, dann bleibt am Ende mehr Budget übrig um andere Lücken zu stopfen.
Und so nützlich eine kaufmännische Ausbildung auch ist, sie ist leider nicht selten, deswegen hat da jeder mir bekannte Tierschutzverein genug ehrenamtliche "Bücherschubser".
Ich kenne zwei Tierheimleiterinnen, die von der jeweiligen Stadt bzw Gemeinde eingestellt wurden und beide wurden nicht trotz, sondern aufgrund ihrer Ausbildung im kaufmännischen Bereich eingestellt, weils da eben nicht um Kätzchenknuddeln, sondern Verwaltung geht, aber solche Stellen sind eben wirklich, wirklich rar.
Du hättest in solch einer Stellung auch mehr mit Papier als Tieren an sich zu tun, für so "überengagierte" kann das frustrierend sein.
shadesofbeige schrieb am 18.09.2019:Was bei der Umschulung halt schwer wäre ist, dass ich mir mittlerweile schon einen Lebensstandard aufgebaut habe, auf den ich nicht mehr verzichten will.
Daran solltest Du aber nicht nur bei einer Umschulung denken, sondern auch wenn es um die Bezahlung geht.
Bist Du sicher, dass die üblichen Bezahlungen in diesem Bereich Deinen Lebensstandard sicherstellen können?
shadesofbeige schrieb am 18.09.2019:Was ich auch richtig cool fände, wäre bei PETA zu arbeiten, aber dafür wohne ich zu weit weg von deren nächstem Standort.
Das heißt, dass Du auch noch eine Stelle suchst für die Du nicht umziehen musst.. klingt haarig.
shadesofbeige schrieb am 19.09.2019:meint ihr es ist kindisch eine collage mitszuschicken von den geretteten tieren von mir?
Puh, also mich würde das tatsächlich abschrecken.
Ich arbeite einfach schon zu lange sowohl ehrenamtlich und teilweise auch beruflich im Tierschutz.
Meiner Erfahrung nach stehen die Türen immer für ehrenamtliche Helferlein offen, aber wenn es darum geht Leute einzustellen oder Teams aufzustellen die "was geschafft kriegen müssen", dann hat es sich bewährt eben nicht die sensiblen "Katzenstreichler" zu verpflichten, die für jede gute Tat ein Lob möchten und/oder nach jedem Rückschlag erst mal eine regelrechte "Trauerphase" brauchen.
Für solche Jobs sucht man sich sinnvoller Weise nicht die Sorte Mensch die Geschichten von geretteten Tieren aus der "Ich -Perspektive" des Tieres verfasst oder so, sondern eher absichtlich Menschen von etwas gröberem Schlag.
Es hat ja durchaus seine Gründe warum Menschen die richtig tief im Tierschutz stecken recht häufig "schwierig" auf andere Menschen wirken.
Man braucht hier eben Realisten mit einem Hang zum Optimismus, während Idealisten erfahrungsgemäß ganz schön oft im Weg stehen.
Ich würde Dir also raten Dich entweder auf Deine Erfahrung im kaufmännischen Bereiche zu berufen und dies möglich nüchtern zu tun.
Denn wenn man jemand z.B. mit der Verwaltung eines Tierheimes betraut und ihn dafür auch fest einstellt, dann muss man darauf zählen können, dass diese Person Entscheidungen mit dem Kopf trifft, denn im Tierschutz heißt es einfach immer und überall, dass man niemandem mehr helfen kann, wenn man zu sensibel an die Sache geht und das unweigerlich darauf hinausläuft, dass man Entscheidungen trifft, die im Budget einfach keinen Platz haben.
Alternativ würde ich Dir raten das zu tun womit massenweise Leute gut fahren:
Bleib in einer sicheren Anstellung und trenne das ganz klar so vom Tierschutz, dass Du Dich im Tierschutz "austoben" kannst ohne das Deine eigene berufliche Existenz damit verbunden bist und es Dir ggf sogar leisten kannst nicht nur Zeit, sondern auch mal Geld zu spenden und sei es indirekt.
Seriöse Tierschutzvereine die sich das leisten können bieten erfahrungsgemäß jeder Pflegestelle an für Futter- und Tierarztkosten aufzukommen aber auch diese Vereine sind über jede Pflegestelle froh die zumindest sagt "Na Futter kriegen wir schon hin und kleinere Tierarztgeschichten auch, nur bei größeren Sachen müssen wir dann schauen."
Als ich noch in der Ausbildung zur Tierarzthelferin war hat mir das aufgrund der Art des Jobs, der Art wie die Praxis gestrickt war und natürlich auch die Einstellung meines Chefs die Möglichkeit gegeben als Pflegestelle für genau die Viecher zu dienen, die man sonst eigentlich nicht so einfach unterkriegt.
Alte, Kranke, Panische, Waisengören die noch an der Flasche hängen usw.
Da das aber kein hochbezahlter Job ist und auch bei einem Chef der einem wo es nur geht (und rechtlich machbar ist) entgegen kommt immer mal wieder finanzielle Katastrophen gibt konnte ich so manches dieser Tiere nur aufnehmen bzw betreuen und in einigen Fällen eben auch bis zu dessen Tod behalten, weil es auch Leute im Verein gab, bei denen es umgekehrt lief, die also genau diese Viecher nicht aufnehmen konnten um z.B. einen Job auszuüben, der nicht nur einen gewissen Lebensstandard sicherte sondern auch die Möglichkeit gab zu sagen "Wenn da mal was am brodeln ist sagt Bescheid."
Solche Leute haben viele Rechnungen für meine Schützlinge bezahlt, die sonst weder für mich noch den Verein machbar gewesen wären und damit oft den Unterschied gemacht zwischen einem "Dauerpflegefall, der halt bei mir hängen blieb" und einem Tier das sich mit der richtigen Zuwendung und genug Zeit doch zu einem Tierchen entwickeln konnte, dass mein Haus wieder verlassen und bei "normalen Menschen" ein Heim finden konnte, wodurch bei mir dann wieder Platz für den nächsten Katastrophenfall war.
Und jeder, der solch ein Tier von mir übernommen hat wusste ganz genau, dass die Tatsache, dass ich solche Verhältnisse bieten konnte genau gar nichts gebracht hätte, wären nicht Leute gewesen, die Geld gespendet, Fahrketten gebildet und auf andere Arten die man als "Adoptivfamilie" nicht so direkt vor Augen hat aktiv gewesen wäre.
Ich allein hätte nichts und niemanden "retten" können, zumindest nicht zuverlässig, "Alleingänge" gehen gut, wenn man Glück hat, es einzelne, begrenzte Ereignisse sind usw.
Aber alles was für mehr als nur den Augenblick gezählt hat war stets ein Netzwerk nötig von Leuten die völlig unterschiedliche Dinge miteingebracht haben.
Vom Piloten, der einen Hund bei dem es dringend ist als seinen eigenen einpackt, dem DHL-Fahrer der hofft, dass sein Chef nichts dagegen hat, dass er nachts um 3 an einer Autobahnraststädte eine Box mit verwaisten Waschbärgören an mich übergibt, die ihm von einem Hausmeister übergeben wurden, der "vergessen" hat, dass er eigentlich den Kammerjäger bemühen sollte usw.
Professoren die mich, obwohl sie das nicht hätten tun müssen, Testate haben wiederholen lassen, weil der Stundenplan der Uni sich mal nicht mit einem dieser "Projekte" vereinen ließ und ich mich sonst aus Kostengründen zugunsten des Studiums hätte entscheiden müssen und dank dieser Menschen beides ging.
Ich bin mir sicher, wenn Du Deine Gesamtsituation gut überdenkst, dann wirst Du auch für Dich massenweise Möglichkeiten finden Dich in dieses Netzwerk einzufügen, aber hauptberufliche Aussichten sehe ich ganz ehrlich eher nicht.