Mordfall Britta H. / Zust. LKA Hessen
24.05.2022 um 14:35
Hallo zusammen,
nachdem ich schon länger diese interessante Dikussion hier verfolgte, habe ich mich nun auch angemeldet.
Zwei Ergänzungen von mir:
1) der obskure Zeuge aus Westberlin:
Da hier ja viel über "durfte Berlin nicht verlassen" und "Senat" spekuliert wurde, möchte ich als "älterer" Jahrgang etwas über die Regularien von 1989 aufklären, die man sich zur heutigen Zeit nicht mehr so vortellen kann:
Also, er durfte als freier Bürger von West-Berlin natürlich die Stadt jederzeit verlassen, nur, jetzt kommt das "aber": Er durfte West-Berlin nicht über den Landweg durch die DDR verlassen, sondern nur fliegen. Er dürfte, wie ganz viele andere Menschen in West-Berlin und der Bundesrepublik zu der Zeit eine Sicherheitseinstufung gehabt haben und als Geheimisträger gelten. Bei diesen Leuten befürchtete man, dass sie in der DDR in irgend einer Form, mit Zuwendungen, unter Vorwand oder mit Gewalt beeinflußt werden konnten, um ihr Wissen zu verraten.
"Geheimisträger" klingt jetzt sehr hochgestochen. Dafür musste man nicht beim Militär, dem BND oder der Polizei sein (da war man es in der Regel ja ohnehin), sondern es reichten selbst einfachste Tätigkeiten in der öffenlichen Verwaltung, den Energieversorgern, Bahn oder Post usw. aus. Wenn man Zugang zu "Verschlußsachen" hatte, konnte das selbst eine Tätigkeit im Archiv, der Druckerrei oder als Bote sein. Genau so war es zum Beispiel bei Fernmeldetechnikern, die Zugang zu Verschlüsselungstechnik usw. hatten.
In West-Berlin war die Vorsicht noch extremer, da waren auch alle die betroffen, die Wissen über die Alarmplanung im Falle eines Angriffs hatten, das könnte also auch der Pförtner einer relevanten Behörde sein usw.
Und "Senat" bedeutet ja in Berlin die Senatsverwaltung für alles mögliche. Das heißt nicht, das der Zeuge ein Senator oder sonst "ein hohes Tier" war. Wie gesagt, er konnte eine ganz normale Tätigkeit in der Verwaltung gehabt haben.
Warum ist er dann trotzdem durch die DDR gefahren, obwohl es streng verboten war? Vielleicht flog er nicht gerne, oder es war ihm zu teuer, möglicherweise hätte die Zeit auch gar nicht gereicht, so das er doch spontan zu seinem Kumpel ins Auto gestiegen ist.
Vor diesem Hintergrund ist sein Verhslten, trotz des Leichenfunds nicht sofort die Polizei zu informieren, zwar moralisch verwerflich, aber leider vor seinem persönlichen Hintergrund zu verstehen. Ein Verlust der Sicherheitsstufe hätte für ihn wohl weitreichende Konsequenzen, möglicherweise Jobverlust, gehabt. Vielleicht gab es ja auch schon mal ein Vorkommnis dieser Art. Der Super-Gau wäre es gewesen, wenn man ihn der Spionage für die DDR verdächtigt hätte.
2) Die "Ritzschrift"
Da mir diese Art, Buchstaben in die Haut zu ritzten, in meinem Berufsleben oft begegnet ist (meistens bei psychisch Kranken), hatte ich sofort eine Idee, als ich die Skizze der Leiche zum ersten Mal gesehen habe. Da steht von (von de Brust zum Rücken gelesen):
"HAP HIV"
gemeint ist natürlich: Ich habe HIV. Dann würde die Tat und die Schrift mit einer tatsächlichen oder vermuteten HIV-Infektion des Täters und/oder des Opfers zusammenhängen.
Das der Buchstabe "P" statt "B" verwendet wurde, wundert mich indes nicht. Vermutlich konnte der Täter gar nicht richtig lesen und schreiben. und er stand dazu noch unter Streß. Oder die rein phonetische Schreibweise könnte auf einen fremdsprachigen Täter hindeuten, der nur wenig Deutsch spricht und es schon gar nicht richtig schreiben kann.
Hier schließt sich der Kreis zum wohl hoch wahrscheinlichen Drogenkonsum der Ermordeten und einer auch schon angesprochen Gelegenheitsprostiution, die ich in dieser Kombination bei einer weiblchen, jungen Drogenkonsumentin, die noch dazu "auf Trebe geht", also auch immer Schlafplätze usw. braucht, auch für äußerst wahrscheinlich halte.
So gäbe es auch ein Motiv: Der Täter befürchtet eine Ansteckung mit HIV, oder ist sicher infiziert, und vermutet die Ursache bei der Ermordeten, oder er will sich einfach nur an irgend einer anderen (vermeintlichen) Drogenprostituierten rächen, nachdem er sich irgendwo vorher in diesem Umfeld infiziert hat.
Für eher unwahrscheinlich halte ich, dass ein Täter einen Vernichtungsfeldzug gegen vermeintliche AIDS-Quellen (das Thema war zu der Zeit sehr präsent) in der Gesellschaft im Sinne eines Serientäters führt. Dann hätte es ja auch andere Opfer geben müssen, davon ist mir nichts bekannt.
Zusammenfassend zu dieser These muss man aber festhalten, dass ein Täter, der schon 1986 sicher (ggf. schon läger unerkannt) mit HIV infiziert war, heute nicht mehr am Leben sein dürfte.
Auch im Zusammenhang zur DNA-Spur kann man da wohl keine zuverlässige Aussage mehr treffen .