sommerday schrieb:Definition "Freiheitsberaubung"?
Wenn ich 10 Minuten drinnen vor verschlossener Türe stehe, man mich trotz mehrfacher Bitten nicht hinauslässt. Empfände ich das bereits als Freiheitsberaubung.... . Oder muss ein Festhalten Stunden dauern? Wie lange?
frauZimt schrieb:Es gibt-zumindest bei uns in D. ausserdem den Straftatbestand der Nötigung.
Kann auch hoch bestraft werden. Einen Menschen festhalten (gegen seinen Willen), damit er etwas tut- oder unterlässt-
(gegen seinen Willen) begeht eine Nötigung.
Ich bin keine Juristin und kann dir nicht sagen, wo- strafrechtlich- die Freiheitsberaubung beginnt. Bei 10 Minuten noch nicht.
Es gibt hier mehrere Probleme, die Ursache für die Ablehnung eines Anklagepunktes sein können.
Ich habe nicht die Zeit, herauszusuchen, wie in Frankreich der oberste Gerichtshof genau die Freiheitsberaubung zeitlich definiert hat, aber da wird es ähnlich wie in Deutschland und anderen Ländern nicht unbedingt eine feste, minutengenaue Grenze geben, sondern es kommt jedes Mal auf den Einzelfall an. Wir Juristen sagen, wenn die Freiheit nur "de minimis" (lateinisch: ganz geringfügig) genommen ist, liegt noch kein Delikt vor. Der BGH in Deutschland hat das so bestätigt, dass, wenn jemand einen nur ganz kurz an der Jacke festhält, z.B. während einer Rauferei, das noch keine Freiheitsberaubung ist (die Rauferei kann aber Körperverletzung usw. sein).
Dann gibt es das Problem sogenannter "Konkurrenzen," die gerade in Deutschland, aber auch in Frankreich interessant sind - im Gegensatz zu angelsächsischen Ländern. Und das Problem einer Konsumption und so weiter.
Kurz gesagt: wenn eine schwerer bestrafte Tat in Zusammenhang mit der Tat, um die es geht, in Zusammenhang steht, wird die leichtere Tat oft als "in die schwere Tat aufgehend" betrachtet (in den USA sagt man: the crime merges into the other, in Deutschland sagt man oft "die schwerere saugt sozusagen die leichtere auf). Wenn hier also Mord vorliegt, und es irgendwo sich ergibt, dass um den Mord auszuführen auch die Freiheit des Opfers geraubt wurde, dann ist das sozusagen in der Anklage wegen Mord inbegriffen.
Der BGH in Deutschland hat das am Beispiel einer Vergewaltigung mal ganz gut dargestellt: wenn das Opfer nur während und zur Vergewaltigung gefesselt wird, dann wird die Freiheitsberaubung nicht gesondert angeklagt. Lassen die Täter das Opfer aber nach der Vergewaltigung noch länger gefesselt, dann wird hier eine Freiheitsberaubung separat gesehen.
Auf die Strafzumessung hat das in der Regel eben auch keine Auswirkung, auch im hier vorliegenden Fall ist klar, dass Reiser für Mord eine weit höhere Strafe zu erwarten hat als für eine Freiheitsberaubung. Interessant wäre das nur, wenn im Raum stände, dass ihm eventuell nur eine Freiheitsberaubung und kein Mord nachgewiesen werden kann. Das ist hier aber nicht der Fall.