Religion was ist das?
03.10.2007 um 16:23
recognizer,
---Der Glaube an Gott ist ohne Religion möglich ---
Wenn du an alle möglichen FORMEN von Religion im herkömmlichen Sinn denkst, stimme ich dir zu.
Ich glaube heute auch an Gott - ohne eine herkömmliche sogenannte Religion. Und doch lebe ich Religion ! (Wusste ich bis gestern selbst nicht.)
Die Definition meiner Gottes-Beziehung las ich gestern zum ersten mal und hätte es nicht besser ausdrücken können. Die Definition wurde zum Ausdruck "Religion" gegeben. Und weil DIESE Definition so "un-NORM-al" war, hab ich sie noch mal kopiert von S.1:
Zuerst einmal ist es von Nutzen sich den Begriff Religion aus etymologischer Sicht anzusehen.
„Religion“ leitet sich vom lateinischen "religio" her ab, was soviel wie "Rückbindung" bedeutet. Es bezieht sich also auf den Umstand, daß wir eine Verbindung zu etwas aufgegeben haben und es nun unsere Aufgabe ist, uns wieder aufs neue damit zu verbinden.
Unter Betrachtung diesesetymologischen Aspektes gelingt es, sich von der heute weit verbreiteten irrführenden Meinung zu lösen, Religion sei entweder aus Furcht der Urzeitmenschen vor ihnen unerklärlichen Naturgewalten oder aus Dummheit entstanden. Wer daran glaubt macht es sich meiner Meinung nach viel zu einfach.
Entgegen dieser These steht diejenige die aussagt, daß die Religion im wahrsten Sinne des Wortes, also die Rückverbindung mit einem Ursprung resp. die Suche und den Drang danach, ein essentieller Bestandteil der menschlichen Natur und darum spirituell-geistiger Art ist, sprich grundlegend für dasWachstum der Menschen. Diese These ist folglich das genaue Gegenteil von Erstgenanntem und mir persönlich viel schlüssig erscheinender.
Religion bezieht sich also auf die Bemühung, sich wieder mit der Wirklichkeit zu verbinden. Natürlich sind wir in einem Sinne jeden Augenblick mit dieser Wirklichkeit verbunden. Rückbindung kann sich also nur darauf beziehen, diese Tatsache wiederbewußt anzuerkennen. Religion ist also gewissermaßen ein System das den Menschen dazu erzieht, die Realität so anzunehmen, wie sie wirklich ist. Es versteht sich von selbst, das nach dieser Definition heutige religiöse Gruppierungen so gut wie davon ausgeschlossen sind, denn Religion ist ihrem Wortursprung und ihrem ursprünglichen Verständnis nach in keinster Weise das, was eine abgewirtschaftete Kitsch- und Dogmenideologie über Jahrhunderte daraus gemacht hat.
Religion ist nicht Glauben, und schon gar nicht Glauben an Vorstellungen, Ideen, Bilder, Worte oder Wesenheiten. Sie ist wederder Glauben ans Christkind in der Krippe, den Nikolaus oder an einen über den Wolken schwebenden Gottvater, noch der Glauben an irgendwelche übersinnlichen Fähigkeiten des Gottsohns Christus oder anderer Propheten. Genau so wenig ist sie der Glauben an die Wiedergeburt, das Nirwana, die Erleuchtung oder an sonstige Wünsche und Projektionen.
Was ist sie aber dann? Sie ist dieWiederentdeckung der Einbettung in das Ganze, in die Ganzheit des Seins. Das vom Ganzen getrennte Ich — bzw. die auf ihre Körperlichkeit und ihre mentalen Konstrukten und Konzepte beschränkte Persönlichkeit — fühlt sich abgeschnitten und einsam, und es muß sich demnach verloren und im Stich gelassen fühlen. Die Wiederverbindung mit dem Sein ist nichts weit Hergeholtes, sondern sie ist Tatsache. Und Tatsachen benötigen nicht Dogmen oder ideologische Unterfütterung, sondern Erkenntnis und Einsicht.
Religion ist auch keine Tradition, kein Kult, kein soziales oder kulturelles Gebilde. Denn dieEinsicht, mit dem Ganzen in Verbindung zu stehen, kann nicht in der Zeit, sondern nur im aktuellen Jetzt stattfinden. Denn sie ist keine Idee, kein Gedanke und erst recht nicht das Für-wahr-Halten einer Theorie oder Hypothese. Ich und Ganzheit stehen in Widerspruch. Wo das Ego ist, kann das Ganze nicht sein.
Deshalb führt kein Weg an der Selbsterkenntnis vorbei. Fehlt dieSelbsterkenntnis, wird sie gemieden, wird das Augenmerk auf anderes gerichtet, so ist auch Religion nicht möglich. Genau hier begegnen wir dem fundamentalen Irrtum, der heute so populär ist wie selten zuvor: Die Kitsch- und Dogmenideologie, die sich heute noch Religion nennt, aber nicht nur keine mehr ist, sondern noch nie eine gewesen ist, hat ja nichts anderes im Sinn, als von Selbsterkenntnis abzulenken und Einsicht durch dumme, blinde Imitation von Behauptungen und vorgefertigten Sehweisen (sogenannten Weltanschauungen) zu ersetzen. Damit wird der Mensch schön abgelenkt und in fortwährendemSchlaf gehalten. Die ganze Gesellschaft arbeitet daran, daß es so bleiben soll. Nur wenn Einzelne -und so war es schon immer- den Mut haben, der Wahrheit nachzuforschen, können sie aus den oberflächlichen Patentantworten zu tieferem Erkennen gelangen. Sie müssen sich selbst finden und sich selbst erkennen wollen, und verstehen wollen, was sich hinter den Fassaden befindet. Sie müssenherausfinden wollen, was die wahre Bedeutung ihres Lebens ist und warum sie sich in ausgerechnet dieser Art von Existenz wiederfinden.
Genau dieser tiefe Herzenswunsch ist der Wunsch nach echter Religion, nach echter Bedeutung, nach Einbettung in das echte, verläßliche Sein, und nach Wahrheit. Dazu ist der Mensch berufen. Vergißt er das und geht er hierin fehl, läßt er sich von den hohlen Spielchen und Ablenkungen der Masse einfangen, dann verpaßt er die Antwort. Und dann lebt er ein sinn- und bedeutungsloses Leben, ein Leben der Vergessenheit und der Lüge, der Bitterkeit und Resignation.Aber vor allem: er verpaßt sich selbst.
Wir dürfen also vor allem bei dieser Überlegung nicht vergessen, daß die sich heute zeigenden Religionen im Grunde gar nichts mehr mit der ursprünglichen Bedeutung von >religio< zu tun haben, lediglich oberflächlicher Abklatsch und darum auch kein geeignetes Gegenargument gegen wirkliche Religion sind. Wer darum Argumente wie„unwissende Menschen, Herdengefolge etc.“ anbringt läßt einen enorm wichtigen Aspekt, nämlich den der ursprünglichen Natürlichkeit einer Rückverbindung, aus und entzieht sich dadurch einer umfassenden Betrachtung, welche aber zum tieferen Nachschürfen in dieser Thematik unbedingt vonnöten ist.