Frl.Rottenmayr schrieb:Wobei auch Jesus ja ein Gottessohn ist - da gäbe es also schon eine Parallele!
Auch die Südseeinsulaner sprechen von auf- und untergehender Sonne. Das müssen die von uns haben.
Auf manche Sachen kommt man einfach.
Ja, wenn es gleich mehrere Berührungspunkte gebe, aber einfach nur "hey, die ha'm ja ooch Jötterbälgers". Auch die Ägypter haben Söhne Göttes, geboren von einer Frau, gekannt (Pharao), oder die Mesopotamier (Gilgamesch). Praktisch in jeder Kultur da in der Großregion kam das vor. Schöpfungserzählungen hatten die übrigens auch alle, manchmal sehr ähnliche, manchmal aber auch höchst eigenständige. Daher gibt es hier drei Möglichkeiten
1) auf sowas (und auch auf anderes) kommen die Kulturen von allein und unabhängig
2) praktisch alle Kulturen haben das, und zwar von je anderen, Benachbarten, übernommen, und man kann kaum noch sagen, wer's von wem hat, und wer's zuerst hatte
3) Nee, wenn die Juden dis ha'm, denn müssense't vonne Griechens und Römas ha'm.
Na jedenfalls soll laut Evangelien gelegentlich, z.B. bei Jesu Taufe, Gottes Stimme vernehmbar "du bist mein Sohn, heute hab ich dich gezeugt" gesagt haben. Wer denkt, das könne ja gar nicht alt jüdisch gedacht sein, hat schlicht keine Ahnung. In Alt-Israel gilt der König, der Gesalbte (hebräisch Maschiach (=Messias), griechisch Christos), als der Sohn Gottes. Psalm2,7:
Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt.
Die Juden hatten das selber, schon lange. Nix mit "war den Juden fremd".
Daß der König der Sohn (eines) Gottes ist, war im damaligen Alten Orient weit verbreitete Sichtweise, bis hin (wie gesagt) zu den Ägyptern). Bei den Griechen gab es das nicht, da gab es menschliche Göttersprößlinge nur in grauer Vorzeit, als die (gegenwärtige) Menschheit noch jung war und es sogar noch Autochthone gab ("Selbstgeborene"; die allerersten Menschen einer Region, die aus dem Boden "gewachsen" sind; meist die frühesten Könige in den Erzählungen, die Stadtgründer und Völkerväter). Als Alexander der Große den vorderasiatischen Großkreis unterwarf, lernte er dort diese Königsideologie kennen und importierte die nach Griechenland, wo sie anfangs sogar eher verpönt war. Freilich fanden seither viele hellenistische Herrscher dieses Konzept toll, und so setzte es sich dennoch durch. Von da dann auch in Rom.
Es gibt da echt ne Menge Stoff, die man zu diesem Thema recherchieren und durcharbeiten kann. Und es gibt auch ne Menge Forschungserkenntnisse zu Abhängigkeiten, zur Wanderung von Vorstellungen, zu historischen Eckdaten dieser Entwicklung. Das ist ein spannendes Feld, und wen's interessiert, dem stehen viele Wege offen, sich kundig zu machen.
DerKlassiker schrieb:Allein die Tatsache, dass sein Vater Gott und seine Mutter Mensch ist, so geht nun mal die Definition, macht ihn doch zu einem Halbgott.
Aber nicht nach einer objektiven Tatsache, sondern nach einer menschlichen Vorstellung. Bei den Mesopotamiern dagegen waren Gilgamesch, Enkidu und Utnapischtim Halbgötter. Freilich hatte Gilgamesch ene Göttin zur Mutter und einen da schon vergotteten ehemals menschlichen Vater, wohingegen Enkidu kein menschliches Elternteil hatte und Utnapischtim kein göttliches. Die Mesopotamier hatten also ne deutlich andere Definition für Halbgötter als die, auf die Du Dich da berufst. Kann man sich also letztlich selber ausdenken, wie man Halbgott definiert, und schon paßt da Jesus mal rein und mal nicht. Irgendne objektive Angelegenheit ist diese Definierung nicht.
DerKlassiker schrieb:Das mit den "Superkräften" war auch eher ein ironisch gemeinter Kommentar auf den Vergleich mit griechischen und römischen Halbgottfiguren.
Also an dem Wort hab ich mich nun nicht grad gestört. Durchaus aber ging es mir darum, daß diese Superkräfte bei Jesus
eben nicht seinem halb göttlichen Genpool zu verdanken sind wie bei den hellenistischen Heroen.
DerKlassiker schrieb:Wie so ein Mischwesen nun moralisch verfasst ist oder über welche Wunderkräfte es nun verfügt, spielt bei der Definition tatsächlich ja gar keine Rolle.
Uh oh!
Aber selbstverständlich sind in der griechischen Vorstellungswelt gott-menschliche Bastarde kein Heinz wie jeder andere. Sie müssen nicht stets mit den selben Attributen glänzen, aber glänzen, herausstechen, tun sie alle (selbst die, die negativ auffallen). Sie sind in ihren besonderen Eigenschaften eben nicht normal. Manche glänzen durch Superkräfte, andere durch ne hohe Ethik, weitere durch natürliche Anführerschaft. Nichts, was nicht auch bei anderen auftreten könnte (ok, fast nichts), wohl aber müssen jene anderen sich das erst erarbeiten, wohingegen die Heroen das schon im Blut haben. Und dies ist in den Gschichtles auch erkennbar.
Letztlich sind auch hohe Ethik oder natürliche Autorität Superkräfte wie ordentlich Muckies, Wunderwirken und wasweißich. Und das Wesentliche: diese Superkräfte stammen vom göttlichen Elternteil, sind nicht erarbeitet. Aber selbstverständlich gehört das zur hellenistischen Halbgott-Definition!