So. Ich war gestern in Körperwelten und kann endlich -sofern es jemanden interessiert- auch meinen Senf dazu geben.
Ich wollte schon lange mal zu Körperwelten, aber es hatte sich nie ergeben. Nun hatten
@Charminbear und ich beschlossen, diese Ausstellung in Mainz zu besuchen. Das sind ungefähr 1,5 std. Autofahrt. Also auch nicht wirklich "nebenan" :-)
Meinen Sohn (fast 7) haben wir beim Babysitter gelassen, weil ich mir nicht sicher war, wie diese Ausstellung sein wird.
In Mainz läuft (leider nur noch bis zum 5. Februar) "eine HERZenssache".
Wie die meisten von euch ja wissen dürften, gibt es verschiedene Ausstellungen von Körperwelten, beispielsweise "Körperwelten der Tiere" oder "Der Zyklus des Lebens".
Als wir ankamen (die Ausstellung befindet sich im alten Postlager) stand davor ein Körperwelten-Auto, übrigens die einzige wirkliche Gelegenheit ein Foto zu machen, in der Ausstellung an sich war das Fotografieren verboten, was ich berechtigt finde, aber auch gleichzeitig etwas Schade.
Als wir in die Halle kamen, hörten wir sofort ein gleichmäßiges Klopfen, das Herz wurde über eine Anlage abgespielt, was uns auch die ganze Ausstellung begleitete. Es hinterlegte alles nochmal mit einer... Wie soll ich es nennen? "Angenehmen Ruhe"?
Wir bezahlten unsere Karten, 18€ pro Person, ist schon teuer, aber noch im Rahmen.
Bevor wir in die Ausstellung gingen wies uns eine nette Dame noch schnell ein. Kein Essen, Kein trinken. Bloß nichts anfassen. Weder die Vitrinen, und schonmal gar nicht die Exponate. Keine Kamera. Und keine Handys.
Wir betraten den ersten "Raum" (da es ein Lager war, gab es an sich keine wirklichen Türen, alles war mit dunklen Vorhängen abgedunkelt). Die Scheinwerfer zeigten auf die verschiedenen Plastinationen.
In diesem Moment bereuten wir schon, nicht den Audioführer für 3,50€ geliehen zu haben. Es waren sehr viele Leute, die natürlich alle etwas sehen wollte. Man wurde weiter geschoben, obwohl man noch Lesen und schauen wollte. Außerdem hatte der Audioführer weitere Informationen, die nicht auf den Infotafeln vermerkt waren.
Bei vielen Exponaten hielten wir uns einfach Abseits, und warteten bis der größte Menschenstrom vorbei war, um uns das Plastinat noch genauer anzusehen, oder die dazugehörige Tafel zu lesen. Es gibt ja zum Glück keine Zeitbeschränkung. ;-)
Die Plastinate an sich waren... Beeindruckend. Es gibt kein Wort dafür, was es genau beschreibt.
Als Laie hat man selten bis nie die Möglichkeit mal echte Organe zu sehen. Welche Größe z.b. Die Leber ja weiß man ja oft nur von Bildern oder von Büchern. Eine zu sehen, eine echte, menschliche Leber ist da etwas ganz anderes.
Auch der Aufbau im menschlichen Körper, wo sich alles befindet, und wie das am Ende "richtig" aussieht, ist live nunmal etwas ganz anderes.
Die Art der Plastination ist an sich sehr interessant. Die Exponate sehen aus, als wären sie aus Plastik. Ich hatte nicht das Gefühl, obwohl ich es natürlich besser wusste, das es sich hier um tatsächliche Menschen handelt. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass es auch für Kinder geeignet sein könnte, sofern man ihnen nicht erzählt das dies echte Menschen sind.
Ich kann und werde es aber nicht beurteilen, wie gesagt, ich habe meinen Sohn nicht mitgenommen, und würde es auch nicht tun, wenn ich diese Ausstellung erneut besuchen würde.
Das Wissen, das es sich hier um echte Menschen handelt, hat aber auch etwas faszinierendes. Ich hörte mehrfach Besucher murmeln "wie gerne würde ich den jetzt mal berühren!" Ich muss zugeben, gereizt hätte es mich auch. Aber weder ich, noch jemand anders haben es getan. Man hat Respekt. Man... Schaut. Anders kann man es nicht erklären.
Die Ganzkörperplastinate waren in sehr interessanten Posen ausgestellt, was mir persönlich manchmal etwas zu übertrieben schien.
Dennoch war jedes einzelne Ausstellungsstück sehenswert, lehrreich, interessant.
Wir haben eine Leber mit Zirrhose gesehen, Raucherlungen, eine Vergrößerte Milz durch Leukämie...
Es war etwas... Besonderes.
Obwohl soviele Leute dort waren, unter anderem viele Junge Leute, llag doch eine Stille in der Luft. Keine unangenehme Stille, eher eine ehrfürchtige, respektvolle Stille, untermalt von den Rhythmischen Herzschlägen im Hintergrund.
Da man keine Fotos schießen konnte, was einerseits gut war, denn es war sehr dunkel, man hätte einen Blitz einschalten müssen, was die Stimmung dort doch irgendwie... Geändert hätte, wenn es überall geblitzt hätte, was andererseits aber auch Schade war, denn man konnte sich nicht alles durchlesen. Dafür war es einfach zuviel. Viele Sachen hätte ich mir gern daheim Genauer angesehen, aber es war ja nicht möglich.
Als wir mit der Besichtigung fertig waren, konnte man verschiedene Artikel erwerben. Ich habe mir das Körperwelten Buch geholt, und habe jetzt alles, was ich doch irgendwie verpasst habe daheim.
Das Buch, bzw. "Der Katalog zur Ausstellung" umfasst 272 Seiten, viele Bilder und nochmehr Erklärungen. Für 19€ war er erhältlich, aber die ist er auch Wert.
Die Dvd habe ich mir jetzt gebraucht bei Ebay bestellt, die soll angeblich doch sehr Langweilig und eintönig sein. Dazu kann ich aber noch nichts sagen, noch ist sie nicht angekommen.
Die Dvd beinhaltet eine ca. 70 minütige Führung durch die Ausstellung.
Alles in allem hat sich der Ausflug echt gelohnt. Ich hatte an keinem Punkt das Gefühl, das Gunther von Hagens hier Leichen ausstellt um zu provozieren, anzuekeln oder derartiges.
Es war eine sehr respektvolle Stimmung, es war Lehrreich, und ich denke genau das will von Hagens bezwecken. Er versichert auch, das jeder der seinen Leichnam spendet nur in Fähige Hände kommt, und kein Schindluder getrieben wird.
Ich persönlich würde meine Leiche nicht Spenden, aber das bleibt jedem selbst überlassen.
Schließen möchte ich meinen Bericht mit einem Zitat von Günther von Hagens. Es ist so wahr, und ich finde es sehr schön.
Mein Leben als Arzt, Anatom und Plastinator hat mir gezeigt, dass das Leben die große Ausnahme ist, der Tod hingegen Normalität.
Gunther von Hagens, in dem Katalog zu Ausstellung, Rückseite.