Wesentliche Einsamkeit
05.10.2006 um 11:32In letzter Zeit häuft sich hier wieder das Thema Liebe. Habe hierzu ein interessantesBuch im letzten Jahr gefunden. Hier mal ein Auszug:
(Peter Schellenbaum, DieWunde der Ungeliebten, Blockierung und Verlebendigung der Liebe)
Ungeliebtemeinen sich von aller Welt verlassen. Daß sie sich selber verlassen, wissen sie nicht. -Diese beiden Sätze fassen alle Beispiele im vorgängigen Kapitel zusammen, insofern diesezeigten, daß die Verhaftung am Familienschicksal und die Blockierung der Selbstliebe indie Verlassenheit führen, in die gleiche Verlassenheit, welche die Ungeliebten schon inder Kindheit gequält hatte. Sobald wir begreifen, daß der springende Punkt nicht imVerlassenwerden durch andere, sondern in der Selbstverlassenheit, in der Absonderung vomeigenen Wesen liegt, fangen wir an, die Blickrichtung zu ändern. Wir schauen mehr nachinnen als nach außen, erwarten weniger Zuwendung und Hilfe von außen, und begnügen unsdamit, die Hindernisse zur Selbstliebe und Selbstheilung aus dem Wege zu räumen. Nichtmehr nach außen fixiert, sondern nach innen orientiert, empfinden wir weniger Druck vonaußen als Drang von innen. Wir suchen nicht mehr fremde Quellen, sondern werden zureigenen Quelle unserer Lebendigkeit. Wir erleben die Einsamkeit nicht mehr alsVerlassenheit, sondern als Ursprung unserer Liebesfähigkeit. Daher wende ich mich indiesem Kapitel zunächst einem Alleinsein zu, das beklemmt ind isoliert, und dann derEinsamkeit, die frei macht und verbindet. Letztere nenne ich wesentliche Einsamkeit, weilsie zur Reifung führt und sich unser Wesen in ihr entfaltet, wenn wir sie zu nutzenwissen.
"Eure schlechte Liebe zu euch selber macht euch aus der Einsamkeit einGefängnis." - Menschen, die es mit sich nicht aushalten und in Antriebsarmut und Unruhefallen, sobald sie alleine sind, Menschen also, die sich nicht genug mögen, um sich ineigener Gesellschaft wohlzufühlen sind Gefangene der eigenen Selbstlieblosigkeit. Unstetschweifen sie in der Welt herum, auf der Suche nach einem, der den Schlüssel hat, ihrGefängnis von außen zu öffnen. Sie suchen neue Freunde, neue Geliebte, neue Therapeuten,neue ideologische Führer, Lehrer, Meister, Gurus, Lamas, die ihnen das Geheimnis desSchlüsselwortes lüften und sie aus der Isolierung befreien sollen. Doch die Tür desGefängnisses läßt sich nur von innen öffnen, und sie selber sind der Schlüssel dazu. DieBefreiung aus der Verhaftung im Ich hat seinen Anfang in der Selbstliebe.
Wir inder jüdisch-christlichen Tradition Gewachsenen und Verwachsenen haben mit diesem ParadoxMühe: wir wittern hinter der Selbstliebe Ichverhaftung, hinter der Einsamkeit Egozentrik.Das Gegenteil ist wahr. Wirkliche Selbstliebe befreit vom Ich, und wesentliche Einsamkeitmacht liebesfähig. Dies zu zeigen, ist mein Ziel in diesem Kapitel. Es gilt, endlich mitder Verleumdung des buddhistischen Menschen aufzuräumen, dieser vernachlässige in seinerNach-innen-Gerichtetheit die Liebe zum Mitmenschen. Im Großen Fahrzeug des Buddhismus istder zentrale ethische Wert "boddhicita", d. h. wörtlich die Erleuchtung des Herzens, ausder das Mitfühlen mit allen leidenden Wesen quillt. Die Verehrung der Boddhisatvas, d. h.der zukünftigen Buddhas, deren Ziel es ist, durch Mitgefühl andere vom Leiden zubefreien, hat große Bedeutung. Gerade in buddhistischen Ländern finden wir vielunaufdringliche, warme, in der Verlebendigung des eigenen Herzens wurzelnde Duliebe,aber keine "exzentrische" Nächstenliebe, die auch Dinge tut, die der andere für sichselber tun müßte, und ihren psychologischen Ursprung im Mangel an Selbstliebe und in derverdrängten Machtgier hat. Es gibt im Buddhismus keine Fremderlösung, wohl aberSelbstbefreiung. Diese bedeutet Liebe und Befreiung aus der Ichverhaftung. Dieses Paradoxläßt sich nur durch Eigenerfahrung begreifen.
Früh Verlassene und Ungeliebtesind dulose und isolierte Menschen. Sie machen mit sich selber, was andere mit ihnengemacht haben: sie lassen sich selber im Stich. Jetzt auch von sich selber verlassen,kennen sie niemanden mehr, der sie lieben könnte. Wer sich selber aus dem Gespürverliert, kann kein Liebender, kein Dubezogener sein. Die Dulosigkeit, derBeziehungsbruch zum Du, macht zum Gefangenen des igenen ungeliebten Ich.
Der Wegzur wesentlichen Einsamkeit führt immer über das Leiden an der Isolierung undVerlassenheit. Dieses bleibt keinem Menschen ganz erspart. Es ist ein notwendiges Leidendes Wachstums. "Nur was weh tut, beginnt sich zu suchen." Entweder führen unglücklicheLebensumstände real zu früher Verlassenheit, - oder aber das Gefühl, nicht verstanden,nicht angenommen, nicht geliebt zu sein, entsteht ganz natürlich in den notwendigenAblösungsphasen des Lebens.
usw. usw.
Also ich kann für mich da einigesrausziehen. Ich habe auch lange etwas verdrängt und ich hatte für mich immer das Gefühl,daß ich erst einmal mit mir selbst zurechtkommen müsse, bevor ich mich auf jemandenEinlassen kann.
Vielleicht bin ich immer noch auf der Suche, daß jemand den Schlüsselzu meinem Gefängnis hat. Aber so wie es ausschaut kann ich mich nur selbst befreien.
Vielleicht könnt ihr für Euch ja auch etwas aus diesem Text ziehen.
(Peter Schellenbaum, DieWunde der Ungeliebten, Blockierung und Verlebendigung der Liebe)
Ungeliebtemeinen sich von aller Welt verlassen. Daß sie sich selber verlassen, wissen sie nicht. -Diese beiden Sätze fassen alle Beispiele im vorgängigen Kapitel zusammen, insofern diesezeigten, daß die Verhaftung am Familienschicksal und die Blockierung der Selbstliebe indie Verlassenheit führen, in die gleiche Verlassenheit, welche die Ungeliebten schon inder Kindheit gequält hatte. Sobald wir begreifen, daß der springende Punkt nicht imVerlassenwerden durch andere, sondern in der Selbstverlassenheit, in der Absonderung vomeigenen Wesen liegt, fangen wir an, die Blickrichtung zu ändern. Wir schauen mehr nachinnen als nach außen, erwarten weniger Zuwendung und Hilfe von außen, und begnügen unsdamit, die Hindernisse zur Selbstliebe und Selbstheilung aus dem Wege zu räumen. Nichtmehr nach außen fixiert, sondern nach innen orientiert, empfinden wir weniger Druck vonaußen als Drang von innen. Wir suchen nicht mehr fremde Quellen, sondern werden zureigenen Quelle unserer Lebendigkeit. Wir erleben die Einsamkeit nicht mehr alsVerlassenheit, sondern als Ursprung unserer Liebesfähigkeit. Daher wende ich mich indiesem Kapitel zunächst einem Alleinsein zu, das beklemmt ind isoliert, und dann derEinsamkeit, die frei macht und verbindet. Letztere nenne ich wesentliche Einsamkeit, weilsie zur Reifung führt und sich unser Wesen in ihr entfaltet, wenn wir sie zu nutzenwissen.
"Eure schlechte Liebe zu euch selber macht euch aus der Einsamkeit einGefängnis." - Menschen, die es mit sich nicht aushalten und in Antriebsarmut und Unruhefallen, sobald sie alleine sind, Menschen also, die sich nicht genug mögen, um sich ineigener Gesellschaft wohlzufühlen sind Gefangene der eigenen Selbstlieblosigkeit. Unstetschweifen sie in der Welt herum, auf der Suche nach einem, der den Schlüssel hat, ihrGefängnis von außen zu öffnen. Sie suchen neue Freunde, neue Geliebte, neue Therapeuten,neue ideologische Führer, Lehrer, Meister, Gurus, Lamas, die ihnen das Geheimnis desSchlüsselwortes lüften und sie aus der Isolierung befreien sollen. Doch die Tür desGefängnisses läßt sich nur von innen öffnen, und sie selber sind der Schlüssel dazu. DieBefreiung aus der Verhaftung im Ich hat seinen Anfang in der Selbstliebe.
Wir inder jüdisch-christlichen Tradition Gewachsenen und Verwachsenen haben mit diesem ParadoxMühe: wir wittern hinter der Selbstliebe Ichverhaftung, hinter der Einsamkeit Egozentrik.Das Gegenteil ist wahr. Wirkliche Selbstliebe befreit vom Ich, und wesentliche Einsamkeitmacht liebesfähig. Dies zu zeigen, ist mein Ziel in diesem Kapitel. Es gilt, endlich mitder Verleumdung des buddhistischen Menschen aufzuräumen, dieser vernachlässige in seinerNach-innen-Gerichtetheit die Liebe zum Mitmenschen. Im Großen Fahrzeug des Buddhismus istder zentrale ethische Wert "boddhicita", d. h. wörtlich die Erleuchtung des Herzens, ausder das Mitfühlen mit allen leidenden Wesen quillt. Die Verehrung der Boddhisatvas, d. h.der zukünftigen Buddhas, deren Ziel es ist, durch Mitgefühl andere vom Leiden zubefreien, hat große Bedeutung. Gerade in buddhistischen Ländern finden wir vielunaufdringliche, warme, in der Verlebendigung des eigenen Herzens wurzelnde Duliebe,aber keine "exzentrische" Nächstenliebe, die auch Dinge tut, die der andere für sichselber tun müßte, und ihren psychologischen Ursprung im Mangel an Selbstliebe und in derverdrängten Machtgier hat. Es gibt im Buddhismus keine Fremderlösung, wohl aberSelbstbefreiung. Diese bedeutet Liebe und Befreiung aus der Ichverhaftung. Dieses Paradoxläßt sich nur durch Eigenerfahrung begreifen.
Früh Verlassene und Ungeliebtesind dulose und isolierte Menschen. Sie machen mit sich selber, was andere mit ihnengemacht haben: sie lassen sich selber im Stich. Jetzt auch von sich selber verlassen,kennen sie niemanden mehr, der sie lieben könnte. Wer sich selber aus dem Gespürverliert, kann kein Liebender, kein Dubezogener sein. Die Dulosigkeit, derBeziehungsbruch zum Du, macht zum Gefangenen des igenen ungeliebten Ich.
Der Wegzur wesentlichen Einsamkeit führt immer über das Leiden an der Isolierung undVerlassenheit. Dieses bleibt keinem Menschen ganz erspart. Es ist ein notwendiges Leidendes Wachstums. "Nur was weh tut, beginnt sich zu suchen." Entweder führen unglücklicheLebensumstände real zu früher Verlassenheit, - oder aber das Gefühl, nicht verstanden,nicht angenommen, nicht geliebt zu sein, entsteht ganz natürlich in den notwendigenAblösungsphasen des Lebens.
usw. usw.
Also ich kann für mich da einigesrausziehen. Ich habe auch lange etwas verdrängt und ich hatte für mich immer das Gefühl,daß ich erst einmal mit mir selbst zurechtkommen müsse, bevor ich mich auf jemandenEinlassen kann.
Vielleicht bin ich immer noch auf der Suche, daß jemand den Schlüsselzu meinem Gefängnis hat. Aber so wie es ausschaut kann ich mich nur selbst befreien.
Vielleicht könnt ihr für Euch ja auch etwas aus diesem Text ziehen.