jadegreen schrieb: Ich denke, das Schlimme ist, dass die Leute, die ganz oben sind, entweder nie arm waren oder ziemlich schnell gelernt haben, durch Sozialisation in den höheren Kreisen, dass diese Menschen „dort unten“ es nicht wert sind und man diese schlecht behandeln muss, damit man selbst oben bleibt.
Ich glaube, es gibt einfach Leute, die können das komplett ausblenden. Das Hotel, in dem ich in Schottland arbeitete, gehörte einem ziemlich unangenehmen Investor (eigentlich einer Gruppe), dem Management ging es nur um blanke Zahlen, nicht darum, Mitarbeiter zufrieden zu machen.
Es sind aber nicht alle Leute so: Bei uns gibt es einen Unternehmer, der nach einem schweren Schicksalsschlag eine Stiftung gegründet hat und damit v.a. bedürftigen alten Leuten und Kindern hilft - uns selbst ganz bescheiden agiert, weil er meint, das bringt ihm mehr. Allerdings gibt es auch da immer wieder Rückschläge - er hat bei Corona das Angebot gemacht, dass er mit Essenspaketen aushilft, wenn man nicht genug Geld hat und hat keinen Bedürftigkeitsnachweis verlangt -und ist dabei so übel über den Tisch gezogen worden, dass er die Aktion eingestellt hat.
jadegreen schrieb:Es hat viel mit Macht zu tun und dadurch, dass Macht in Deutschland ungerecht verteilt ist. Das sieht man in der Pandemie an jeder Ecke.
Es hat auch damit zu tun, dass man den Blick für den Nächsten verpasst hat.
jadegreen schrieb: Dadurch entsteht ein enormer Hass auch unter der Belegschaft, da aktuell aufgrund vieler unbesetzter Stellen die Arbeit eh zu viel ist.
Das Problem ist, dass es in vielen Branchen nun Arbeitsbedingungen gibt, die man nur noch durch konsequenzes Wegschauen und Ellenbogen ertragen kann. Und es gibt immer wieder Leute, die das System komplett für sich ausnutzen.
Yooo schrieb: Ich denke, man sollte anonyme branchenbezogene Fragebögen an Mitarbeiter schicken, damit man auch klar sehen kann, auf welche Fehlverhalten man die Unternehmen abklopfen muss. Erst mal die Klassiker, Stempelzeit, Pausen, Arbeit in der Pause (btw zählt dazu, ALLES das etwas mit der Arbeit zu tun hat :D), Umkleide abfragen. Ich glaube, dann würde man schon ganz schnell Grund rein bekommen können.
Solange das System läuft, hat niemand Interesse daran, zu helfen, der Staat schon gar nicht. Ich habe das schon an anderer Stelle geschrieben: Ich habe einmal in meinem (selbstfinanzierten) Studentenleben einen Punkt erreicht, bei dem ich mir die letzten vier Tage im Monat nichts mehr zu essen leisten konnte. Mit viel Überwindung ging ich zur Tafel - und habe dort den Anschiss meines Lebens kassiert, was ich mir einbilde, als zukünftige Großverdienerin, hier anzukommen. Ich habe mich so geschämt, dass ich die nächsten vier Jahre nicht mal mehr durch die Straße geradelt bin, wo die Tafel war, ich hatte das Gefühl, dass ich geklaut habe. Und ich glaube, das geht vielen an vielen Ecken so.
Yooo schrieb:Man muss halt nur wollen.
Entweder man hat halt ein Arbeitsrecht und das gilt für alle oder man schafft diese Regeln ab und die gelten für niemanden.
Null Verständnis für.
Das Problem ist, dass Politik nun Lobbyarbeit ist. Nicht mal die Grünen wollen mehr ernsthaft das Schreddern von Küken verhindern ... Da regiert oft nur noch das Eigeninteresse.
rhapsody3004 schrieb:Die Mutter ist wie viele einfach nur extrem kurzsichtig. Wäre sie weitsichtig, würde sie erkennen, dass auch ihr Zimmermädchen unverzichtbar für Wirtschaft und Gesellschaft seid und eine systemrelevante Arbeit macht. Dann würde sie Zimmermädchen auch mehr wertschätzen.
Das stimmt. Aber soweit denken Leute nie.
rhapsody3004 schrieb:Ich bin mir sicher, würde es niemanden mehr geben, der Zimmer reinigt, wäre diese Mutter die erste, die sich sofort beschweren würde bzw. laut am Jammern wäre.
Ja, das stimmt ...
rhapsody3004 schrieb:Irgendwie freut es mich auch, dass der Fachkräftemangel in verschiedenen Branchen immer mehr zunimmt. Es muss so richtig im übertragenen Sinne wehtun.
Es tut dann den falschen Leuten weh. Gerade wie nun auch die Energiepreise. Die Leute im wärmegedämmten Passivhaus mit zwei Einkommen sind lange nicht so sehr betroffen wie die Oma in der zugigen Sozialwohnung oder die kinderreiche Familie im Altbau. Wenn der Heizungsbauer zukünftig das Dreifache bekommt, um bei Herrn Anwalt Huber die Heizung zu reparieren, erfriert Opa Kurt solange im Altbau, weil er sich den Preis nicht mehr leisten kann.