Allgemein - Unbekannte Tote

Ich frage mich immer, bei unbekannten Toten, warum werden diese nicht erkannt - vermisst???
Die meisten haben doch Nachbarn, Verwandte, Bekannte... Müssen mal zum Arzt, einkaufen oder auf eine Behörde...
Ich kann das immer gar nicht verstehen und glauben, dass Menschen nicht identifiziert können - werden.

Bei diesem zum Beispiel:

https://www.polizei.bayern.de/fahndung/personen/tote/index.html/306129

Der Mann hatte einen Dauerkatheter. Der müsste doch mal kontrolliert oder gewechselt werden. Müsste doch vielleicht dem Hausarzt auffallen, dass der Patient nicht mehr kommt.

https://www.polizei.bayern.de/fahndung/personen/tote/index.html/270147

Der Mann war gut gekleidet... Und mit dem Fahrrad unterwegs. Er müsste doch aus der Umgebung kommen...

Laserline schrieb:Der Mann hatte einen Dauerkatheter. Der müsste doch mal kontrolliert oder gewechselt werden. Müsste doch vielleicht dem Hausarzt auffallen, dass der Patient nicht mehr kommt.

Das fällt nicht auf. Man denkt eventuell mal kurz an den Patienten und dass er lange nicht mehr da war, aber natürlich ist der erste Gedanke nicht, dass er verschollen oder tot ist. Es gibt so viele Anlaufstellen, wo er hätte den Katheter gewechselt bekommen haben könnte.
Selbst bei einem verpassten Termin kommt es einem nicht komisch vor, kann ja immer mal passieren.

Was ich bei sowas immer merkwürdig finde...die Leute müssen doch irgendwo gewohnt haben.
Selbst wenns die Nachbarn nicht juckt...der Vermieter müsste doch irgendwann stutzig werden. Sind ja nicht alle obdachlos oder Eigenheimbesitzer...

schustermaedel schrieb:Selbst wenns die Nachbarn nicht juckt...der Vermieter müsste doch irgendwann stutzig werden. Sind ja nicht alle obdachlos oder Eigenheimbesitzer...

Das finde ich eher weniger... Ich habe mit meinem Vermieter schon etliche Jahre keinen Kontakt. Die Miete wird per Dauerauftrag bezahlt. Und wenn was in der Wohnung ist, regel ich das mit der Hausverwaltung.

Mir würde da der Briefkasten eher auffallen. Post bekommt doch jeder...

Es gibt:
Obdachlose, leben auf der Strasse, vermisst niemand.
Wohnungslose, leben mal hier mal dort, bei Freunden, Verwandten, im Kleingarten, Wohnmobil, Billigpension, etc, diese vermisst dann auch niemand (lange nicht gesehen, ist kein Grund, stutzig zu werden)
Reisende, Obdach-Wohnungslose, die quer durch Europa reisen, die vermisst auch keiner.
Fahrendes Volk, wie Schausteller, Seeleute, Dauermontagearbeiter, Wanderarbeiter, reisende Prostituierte etc, die kaum bis gar nicht mehr in der Heimat sind.
Dann noch Zwangsprostituierte, illegale Wanderarbeiter, illegale Einwanderer, etc, die vermisst gar keiner.

schustermaedel schrieb:.der Vermieter müsste doch irgendwann stutzig werden.

In der heutigen Zeit mit Mietnomaden, wo doch öfters Mieter weg sind, fällt das gar nicht mehr auf, wenn die Person allein gelebt hat. Kommt die Miete nicht, geht das den Dienstweg, Kündigung, Räumungsklage, Zwangsräumung. Dass die Briefe dazu keiner liest, ist unwichtig, zugestellt ist zugestellt. Somit wird die Wohnung von Amts wegen aufgelöst, den Nachbarn ist es auch egal und somit "vermisst" den niemand, trotz Wohnung.

Wohnung nun weg, Briefkasten ebenfalls, den Ämtern wie Krankenversicherung, Rentenstelle, etcgilt das dann als unbekannt verzogen, die vermissen dich auch nicht.
Private, wie GEZ, deine Versicherungen, deine Bank, Versandhäuser, die noch Geld von dir wollen, geben das an Inkasso weiter, die vermissen dich auch nicht.
Inkasso schreibt die Forderungen irgendwann ab, weil Schuldner nicht auffindbar, aber vermissen tun die dich auch nicht.

C4ISR schrieb:Obdachlose, leben auf der Strasse, vermisst niemand.

Meist wird das ja dann festgestellt, z. B. an den Zähnen, dass sie obdachlos waren.
Das kommt ja nicht so oft vor, dass es in einer Mitteilung steht.
Meist sind es doch "normale" Leute.

Auch bei

C4ISR schrieb:Zwangsprostituierte, illegale Wanderarbeiter,

Die müssten doch irgendwo im Ausland eine Familie haben... Denen sie das Geld schicken.

Laserline schrieb:Die meisten haben doch Nachbarn, Verwandte, Bekannte... Müssen mal zum Arzt, einkaufen oder auf eine Behörde...
Ich kann das immer gar nicht verstehen und glauben, dass Menschen nicht identifiziert können - werden.

Ich denke, es gibt erstaunlich viele "Einzelgänger", die einem gar nicht weiter auffallen. Selbst wenn man ab und zu eine Person sieht, beispielsweise beim Einkaufen und wenn es einem irgendwann auffallen sollte "oh den habe ich jetzt aber schon lange nicht mehr gesehen", dann denkt man erstens wohl eher nicht sofort an den Tod und zweitens selbst wenn - was soll man denn machen, wenn man nicht mal den Namen der Person kennt?

schustermaedel schrieb:Was ich bei sowas immer merkwürdig finde...die Leute müssen doch irgendwo gewohnt haben.
Selbst wenns die Nachbarn nicht juckt...der Vermieter müsste doch irgendwann stutzig werden. Sind ja nicht alle obdachlos oder Eigenheimbesitzer...

Wenn ich hier an meine letzte Mietwohnung denke ... mit dem Vermieter hatte ich genau einmal Kontakt aufgrund eines Wasserschadens. Für die Miete ich hatte einen Dauerauftrag eingerichtet. Somit kam das Geld pünktlich zum Anfang des Monats. Meinem Vermieter wäre somit bei meinem Dahinscheiden sehr lange nichts komisch vorgekommen.

Zyra schrieb:Ich denke, es gibt erstaunlich viele "Einzelgänger", die einem gar nicht weiter auffallen. Selbst wenn man ab und zu eine Person sieht, beispielsweise beim Einkaufen und wenn es einem irgendwann auffallen sollte "oh den habe ich jetzt aber schon lange nicht mehr gesehen", dann denkt man erstens wohl eher nicht sofort an den Tod und zweitens selbst wenn - was soll man denn machen, wenn man nicht mal den Namen der Person kennt?

Die Person wird dann meistens mit einem Bild in den Medien veröffentlicht.
Dann könnte man wenigstens melden, dass man die Person öfters beim einkaufen gesehen hat.
Dann müsste sie ja aus der näheren Umgebung kommen. Das wäre schon mal ein Anhaltspunkt für die Polizei.

Laserline schrieb:Die Person wird dann meistens mit einem Bild in den Medien veröffentlicht.
Dann könnte man wenigstens melden, dass man die Person öfters beim einkaufen gesehen hat.
Dann müsste sie ja aus der näheren Umgebung kommen. Das wäre schon mal ein Anhaltspunkt für die Polizei.

Dafür müsste man die Medien erstens mal aktiv verfolgen und dann müsste ein Wiedererkennen erfolgen, was meiner Meinung nach gar nicht immer so einfach ist. Immerhin sieht man die Person ab und an beim Einkaufen, bei einer aktiven Handlung, in anderen Klamotten, in anderer Verfassung, in anderer Aufmachung. Das Foto in den Medien ist eine reine Momentaufnahme. Nicht auf allen Fotos sieht man so aus, wie man es auch im Alltag tut. Und ich bin beispielsweise eine Person, ich achte bei Dingen wie dem Einkauf kaum auf mein Umfeld. Weil es mich einfach nicht interessiert.

Aber ja, wenn man denjenigen erkennt, dann sollte man das natürlich melden. Jeder Hinweis kann schließlich hilfreich sein. Was ich mir auch soeben gedacht habe: ich könnte mir vorstellen, dass wenn Personen meinen, sie würden den Vermissten irgendwoher kennen, sich aber unsicher sind bzw. denjenigen nicht wirklich zuteilen können, dann ist vielleicht die Hemmschwelle bzgl. einem Anruf bei der Polizei größer? Weil man sich denkt, man weiß es nicht mal und könnte eh keine genauen Informationen oder im blödesten Fall vielleicht sogar falsche geben.

Diese Fälle sind besonders gruselig, weil sie nicht selten mit einer Veröffentlichung von Fotos der Leichen einhergehen.

In dieser Hinsicht finde ich diesen Fall eines unbekannten jungen Mannes, der schwer verletzt an einem Münsteraner Parkhaus gefunden wurde und später verstorben ist, besonders interessant.

Es ist sehr unwahrscheinlich dass ein halbwegs gepflegter junger Mann entweder kein familiäres Umfeld mehr hat oder so dermaßen verkracht ist, dass ihn niemand aus diesem Umfeld vermisst. Irgendwo - mutmaßlich in Osteuropa - dürfte es daher eine Schwester, eine Mutter, eine Oma, oder vielleicht auch nur einen Cousin 3. Grades geben, der diesen jungen Mann vermisst. Und doch ist es seit fast 10 Jahren nicht gelungen, den ungeklärten Todesfall mit dem entsprechenden Vermisstenfall in Verbindung zu bringen.

falstaff schrieb:In dieser Hinsicht finde ich diesen Fall eines unbekannten jungen Mannes, der schwer verletzt an einem Münsteraner Parkhaus gefunden wurde und später verstorben ist, besonders interessant.

Stimmt... Ist eigentlich echt unvorstellbar, dass den jungen Mann niemand kennt!!!
Zumindest ein Schulkameraden etc.

Sieht für mich nach Selbstmord aus. Und er wollte, dass er nicht identifiziert wird. Drum hatte er nichts dabei. Aber wie kommt er an den Ort? Ohne Geld... Auto müsste doch inzwischen gefunden worden sein.

Laserline schrieb:Sieht für mich nach Selbstmord aus. Und er wollte, dass er nicht identifiziert wird. Drum hatte er nichts dabei. Aber wie kommt er an den Ort? Ohne Geld... Auto müsste doch inzwischen gefunden worden sein.

Meine ganz spezielle Theorie ist, dass er wie so viele andere Osteuropäer auch mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt wurde und dabei in die Hände ausbeuterischer Arbeitgeber geraten ist (Drückerkolonne oder Ähnliches). Das könnte einerseits erklären warum er unglücklich genug war sich umzubringen und andererseits, warum er keinerlei Hinweise auf seine Identität bei sich trug. Die könnten dann nämlich von seinen Sklavenhaltern einbehalten worden sein, die wiederum nicht das geringste Interesse hätten ihren Beitrag zur Aufklärung des Falles zu leisten. Weiterhin könnte das auch erklären, warum er von seinem ehemaligen Umfeld nicht mehr akut vermisst wird.

Steht im Artikel drin, dass er Osteuropäer war?

Laserline schrieb:Steht im Artikel drin, dass er Osteuropäer war?

In diesem Artikel steht zumindest, dass die Polizei vermutet der Tote sei aus der Ukraine gekommen. Eine wirkliche Begründung wird für diese Theorie allerdings auch nicht geliefert.

Relativ sicher scheint aber, dass er erst kurze Zeit in Deutschland war. Die Gebisse unbekannter Toter werden nämlich routinemäßig in zahnärztlichen Fachzeitschriften veröffentlicht und mit erstaunlich hoher Treffsicherheit auch erkannt, sofern die Toten zuvor bei deutschen Zahnärzten in Behandlung waren.

Ansonsten scheint die Leiche wohl nicht viel herzugeben, was eine Identifikation erleichtern könnte: Keine auffälligen OPs, kein Zahnersatz, kein Schmuck, keine Tatoos. Es sieht so aus als ob der Mann einfach nur sterben wollte, ohne groß daran zu denken was danach geschieht.