DNA-Auswertung bei Kaptialverbrechen
16.10.2013 um 22:56Hallo
Ich wollte mal eine Diskussion starten, in der es nicht um einen speziellen konkreten Fall geht, sondern um die molekulargenetischen Möglichkeiten und die juristischen und daten- und persönlichkeits-rechtlichen Belange der Auswertung von DNA-Spuren an einem Tatort.
Wenn man von DNA in diesem Zusammenhang spricht, geht es ja eigentlich immer um den sog.
"Genetischer Fingerabdruck", d.h. bei der gefundenen DNA werden spezielle, "nicht-codierende" Sequenzen analysiert, die die Besonderheit aufweisen, für jeden einzeln Menschen individuell zu sein, wenn man von einigen Zwillingen absieht. Die codierende Sequenzen sind ja im Gegensatz dazu bei allem Menschen zu 99,9% oder mehr gleich!
Bei der Übereinstimmung zweier solcher genetischen Fingerabdrücke, kann man effektiv sicher sein, dass sie von derselben Person stammen und wenn es z.B. bei einem Sexuakdelikt DNA des Täters sein muss, dass man den Täter überführt hat.
Wikipedia: Genetischer Fingerabdruck
Grundlage des "Fingerabdruck" sind immer zwei DNA-Proben, eine vom Tatort, deren Träger unbekannt ist und eine, die von einem Verdächtigen stammt. Die Überführung beruht auf der Übereinstimmung beider. Also muss mn die DNA des Verdächtigen erst einmal bekommen...
Nun ist es ja so, dass eine DNA-Probe einer unbekannten Perosn schon von alleine, ohne einen Abgleich mit einer anderen Probe, sehr viel über ihren Träger zu erzählen hat.
Wenn man sich ein bisschen schlau macht, bietet das genetische Material sehr, sehr weitgehende Möglichkeiten und zwar lässt sich ohne weiteres bereits heute anhand der codierenden Sequenzen allerlei Information bzgl. des DNA-Trägers, oftmals der mutmassliche Täter, in Erfahrung bringen.
Weniger geschwollen ausgedrückt: Man kann durch eine gute, intakte DNA-Probe auch herausfinden, welche Haarfarbe, Haartyp, Augenfarbe, Körperbau, mit Einschränkung auch Körpergrösse, Pigmentierung, vermutlich auch das Alter, ethnische Zugehörigkeit, Erbkrankheiten oder andere Besonderheiten der DNA-Träger aufweist, also in der Regel der Tatverdächtige oder Täter.
In Fällen wo man anhand der sonstigen Spurenlage sonst wenige Anhaltspunkt bzgl. des Täters hat, böte das geradezu fantastische Möglichkeiten.
Die Kripo könnte sich auf viel weniger Kandidaten beschränken und müsste nicht viel wertvolle Zeit und Mühe bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen verschwenden.
Die andere Seite sind natürlich die Persönlichkeitsrechte, Möglichkeiten des Missbrauchs, auch von Behörden, die Möglichkeit von Irrtümern bei der Auswertung aufgrund von Schlampereien oder Manipulation, oder auch die Möglichkeit, dass bewusst täterseitig bei einer Verbrechensausführung falsche DNA-Spuren gelegt werden.
Aktuell ist es rechtlich in Deutschland nicht erlaubt, eine solche Auswertung von DNA-Material zur Bestimmung eines "Phänotyps", also grob gesagt des Erscheinungsbilds, durchzuführen.
Ich verstehe vollkommen, dass staatlicherseits darauf geachtet wird, dass z.B. Informationen über Erbkrankheiten nicht in falsche Hände, z.B. Krankenversicherungen gelangen. Das ist emminent wichtig.
Dennoch frage ich mich, welche Persönlichkeits-Rechte eigentlich verletzt werden, solange die Probe keiner bekannten Person zugeordnet werden kann? Solange man diese Probe verwendet, um sich ein viel präziseres Bild eines Tatverdächtigen zu machen, schadet man noch keiner konkreten Person, diese ist ja unbekannt. Im Gegenteil, Ermittlungen können stringenter und zielgerichteter durchgeführt werden und man muss vierlei Personen, die von vornherein ausscheiden, gar nicht behelligen. Also sticht das Argument des Datenschutz' nicht so richtig.
Außerdem gibt es ja Güterabwägung: Auf der einen Seite das Recht eines Verdächtigen, dass Justiz und Straverfolgung nicht allzu tief in seine genetische Ausstattung Einblick nimmt und z.B. Erkenntnisse speichern, die mit einer konkreten Tat nichts zu tun haben, auf der anderen Seite das Ziel, schwerwiegend Verbrechen aufzuklären und dem völlig legitimen Bedürfnis von Opfern und deren Angehörigen nach Sühne, Und dannnoch das grundgesetzlich definierte Recht auf körperliche Unversehrtheit und Recht auf Leben nach Artikel 2 GG.
Was meint ihr, wäre es sinnvoll, so eine erweiterte DNA-Auswertung seitens des Gesetzgeber zu gestatten, zumindest auf Antrag und nach richterlicher Genehmigung?
Gibt's Punkte, die diese vielleicht doch nicht als so sinnvoll erscheinen lassen?
Anbei noch die üblichen Links:
Wikipedia: Genetischer Fingerabdruck
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/verbrecherjagd-dank-dna-ein-skelett-mit-blauen-augen-11784120.html
Wikipedia: DNA-Analysedatei
Wikipedia: DNA-Reihenuntersuchung
Ich wollte mal eine Diskussion starten, in der es nicht um einen speziellen konkreten Fall geht, sondern um die molekulargenetischen Möglichkeiten und die juristischen und daten- und persönlichkeits-rechtlichen Belange der Auswertung von DNA-Spuren an einem Tatort.
Wenn man von DNA in diesem Zusammenhang spricht, geht es ja eigentlich immer um den sog.
"Genetischer Fingerabdruck", d.h. bei der gefundenen DNA werden spezielle, "nicht-codierende" Sequenzen analysiert, die die Besonderheit aufweisen, für jeden einzeln Menschen individuell zu sein, wenn man von einigen Zwillingen absieht. Die codierende Sequenzen sind ja im Gegensatz dazu bei allem Menschen zu 99,9% oder mehr gleich!
Bei der Übereinstimmung zweier solcher genetischen Fingerabdrücke, kann man effektiv sicher sein, dass sie von derselben Person stammen und wenn es z.B. bei einem Sexuakdelikt DNA des Täters sein muss, dass man den Täter überführt hat.
Wikipedia: Genetischer Fingerabdruck
Grundlage des "Fingerabdruck" sind immer zwei DNA-Proben, eine vom Tatort, deren Träger unbekannt ist und eine, die von einem Verdächtigen stammt. Die Überführung beruht auf der Übereinstimmung beider. Also muss mn die DNA des Verdächtigen erst einmal bekommen...
Nun ist es ja so, dass eine DNA-Probe einer unbekannten Perosn schon von alleine, ohne einen Abgleich mit einer anderen Probe, sehr viel über ihren Träger zu erzählen hat.
Wenn man sich ein bisschen schlau macht, bietet das genetische Material sehr, sehr weitgehende Möglichkeiten und zwar lässt sich ohne weiteres bereits heute anhand der codierenden Sequenzen allerlei Information bzgl. des DNA-Trägers, oftmals der mutmassliche Täter, in Erfahrung bringen.
Weniger geschwollen ausgedrückt: Man kann durch eine gute, intakte DNA-Probe auch herausfinden, welche Haarfarbe, Haartyp, Augenfarbe, Körperbau, mit Einschränkung auch Körpergrösse, Pigmentierung, vermutlich auch das Alter, ethnische Zugehörigkeit, Erbkrankheiten oder andere Besonderheiten der DNA-Träger aufweist, also in der Regel der Tatverdächtige oder Täter.
In Fällen wo man anhand der sonstigen Spurenlage sonst wenige Anhaltspunkt bzgl. des Täters hat, böte das geradezu fantastische Möglichkeiten.
Die Kripo könnte sich auf viel weniger Kandidaten beschränken und müsste nicht viel wertvolle Zeit und Mühe bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen verschwenden.
Die andere Seite sind natürlich die Persönlichkeitsrechte, Möglichkeiten des Missbrauchs, auch von Behörden, die Möglichkeit von Irrtümern bei der Auswertung aufgrund von Schlampereien oder Manipulation, oder auch die Möglichkeit, dass bewusst täterseitig bei einer Verbrechensausführung falsche DNA-Spuren gelegt werden.
Aktuell ist es rechtlich in Deutschland nicht erlaubt, eine solche Auswertung von DNA-Material zur Bestimmung eines "Phänotyps", also grob gesagt des Erscheinungsbilds, durchzuführen.
Ich verstehe vollkommen, dass staatlicherseits darauf geachtet wird, dass z.B. Informationen über Erbkrankheiten nicht in falsche Hände, z.B. Krankenversicherungen gelangen. Das ist emminent wichtig.
Dennoch frage ich mich, welche Persönlichkeits-Rechte eigentlich verletzt werden, solange die Probe keiner bekannten Person zugeordnet werden kann? Solange man diese Probe verwendet, um sich ein viel präziseres Bild eines Tatverdächtigen zu machen, schadet man noch keiner konkreten Person, diese ist ja unbekannt. Im Gegenteil, Ermittlungen können stringenter und zielgerichteter durchgeführt werden und man muss vierlei Personen, die von vornherein ausscheiden, gar nicht behelligen. Also sticht das Argument des Datenschutz' nicht so richtig.
Außerdem gibt es ja Güterabwägung: Auf der einen Seite das Recht eines Verdächtigen, dass Justiz und Straverfolgung nicht allzu tief in seine genetische Ausstattung Einblick nimmt und z.B. Erkenntnisse speichern, die mit einer konkreten Tat nichts zu tun haben, auf der anderen Seite das Ziel, schwerwiegend Verbrechen aufzuklären und dem völlig legitimen Bedürfnis von Opfern und deren Angehörigen nach Sühne, Und dannnoch das grundgesetzlich definierte Recht auf körperliche Unversehrtheit und Recht auf Leben nach Artikel 2 GG.
Was meint ihr, wäre es sinnvoll, so eine erweiterte DNA-Auswertung seitens des Gesetzgeber zu gestatten, zumindest auf Antrag und nach richterlicher Genehmigung?
Gibt's Punkte, die diese vielleicht doch nicht als so sinnvoll erscheinen lassen?
Anbei noch die üblichen Links:
Wikipedia: Genetischer Fingerabdruck
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/verbrecherjagd-dank-dna-ein-skelett-mit-blauen-augen-11784120.html
Wikipedia: DNA-Analysedatei
Wikipedia: DNA-Reihenuntersuchung