@otternaseotternase schrieb:dass wir keineswegs weit von sowas in Europa entfernt sind. Statt mit dem Finger auf die Chinesen zu zeigen, sollten wir uns eher bemühen, diese Entwicklung in Europa zu stoppen
otternase schrieb:Social Scoring chinesischer Prägung gilt im Westen als gruselig. Dabei gibt es hierzulande längst viel perfidere Ansätze.
Das habe ich hier auch schon mal geschrieben, dass es bei uns ebenfalls sehr gefährliche Tendenzen in diese Richtung gibt, ob sie perfider als die chinesische Spielart sind, sei dahingestellt; einen Unterschied gibt es aber, in westlichen Ländern gibt es zumindest so etwas wie einen Rechtsstaat mithilfe dessen man sich gegen solche Diskriminierungen wehren kann, in China wird das wohl kaum möglich sein, denn es ist auch Teil des politischen Systems. Dem Aufruf aber, derartige Tendenzen bei uns zu stoppen, stimme ich dennoch voll und ganz zu.
otternase schrieb:zu den Protesten in Hongkong gibt es bei der NZZ, die ja nicht im Verdacht stehen dürfte, gerade ein Propogandablatt der Chinesen zu sein, einen sehr guten Artikel
otternase schrieb:Die Demonstranten setzen Hongkongs Zukunft aufs Spiel
Es wäre hier zu berücksichtigen, dass es sich dabei um einen Kommentar handelt, d. h. es ist lediglich die Meinung eines einzelnen Journalisten namens Matthias Müller, der sich offenbar in Peking befindet; dort wird man ihm schon gesagt haben, wie es in Hongkong läuft. Schlimm genug, aber es steht dort z. B. auch, das hast du weggelassen, dass auch Peking nicht bereit ist, einen Schritt auf die Demonstranten zuzugehen, warum auch, der Gesichtsverlust wäre zu groß und das Signal zu gefährlich. Selbst die Regierungschefin wäre ja bereit, ihr Amt niederzulegen, wird jedoch daran gehindert.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam trägt an der Eskalation eine gehörige Mitschuld. Trotz dem Wissen, dass die Krawalle an den Wochenenden besonders heftig sind, hatte sie das unnötige Vermummungsverbot zu allem Überfluss an einem Freitag bekanntgegeben und damit zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. Lam hat in der Bevölkerung jede Glaubwürdigkeit verloren. In Befragungen sprechen sich 70 Prozent der Hongkonger für einen Rücktritt der Regierungschefin aus. Sie würde auch gern das Amt verlassen, doch Peking lässt sie noch nicht gehen. Chinas Machthaber wollen nicht den Eindruck vermitteln, auf Druck der Strasse reagiert zu haben. Mit Lam als Regierungschefin gibt es jedoch offenbar keine Chance, auf dem Verhandlungsweg die Lage zu befrieden. Die Demonstranten lehnen Gespräche mit ihr kategorisch ab.
https://www.nzz.ch/meinung/die-demonstranten-setzen-hongkongs-zukunft-aufs-spiel-ld.1515682Die Demonstranten wollen offenkundig Demokratie, diese ist aber unter der Vorherrschaft der Volksrepublik China nicht denkbar. Dass sowohl Unternehmen als auch Personen vom Festland unter Beschuss geraten, ist in dieser Situation nachvollziehbar, denn sie erscheinen als Agenten des verhassten Fremdregimes; immerhin stoßen die Proteste in Hongkong auf dem Festland auf wenig Verständnis. Dass auch die Demonstranten Gewalt gegen Sicherheitskräfte ausüben, mag betrüben, man bedenke dabei aber, dass die einen ziemlich verzweifelten Kampf gegen eine hochgerüstete totale Übermacht führen, die zudem vollkommen unbeugsam ist, was soll man denn bitte erwarten?
Es wäre sehr löblich, wenn der Westen nicht weiterhin wirtschaftlich motiviertes Appeasement betreiben würde, ich weiß, der große Markt und so, nichts anderes aber als absolute Solidarität mit dieser mehr als mutigen Bewegung wäre angebracht. Kalte Füße bekommen, weil die Demonstranten in Hongkong nicht von Forderungen abrücken, die im Westen gemeinhin als selbstverständlich betrachtet werden, ist nicht das, was dem Westen gut zu Gesicht steht. Man denke dabei stets an die Schande, die man sich bereits auflädt, da man Taiwan im Regen stehen lässt; die Leute dort leben aber wenigstens in politischer Freiheit, davon kann man in Hongkong, das man vor zwei Jahrzehnten mal eben so an eine Diktatur ausgeliefert hat, nur träumen. Das bisschen Freiheit, das man der Hongkonger Bevölkerung hat liegen lassen, wird ohne derartige Gegenwehr von Peking ohne Mühe ausgehebelt. Dies sollte man dem Regime nicht lassen.