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Chinas Sozialkreditsystem

91 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: China ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Chinas Sozialkreditsystem

30.07.2019 um 17:07
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Ach Gott, das ganze wäre nur Relevant wenn China denn das Internet so frei geben würde, wie es hier der Fall ist.

Dann könnten wir schauen ob sie wirklich so "Drauf" sind
sorry, den Satz verstehe ich nicht.

FreeWeibo ist kein der chinesischen Kontrolle unterliegender Dienst, die sind im Ausland gehostet und prüfen, welche Beiträge mit welchen Stichworten bei Twitter, Sina und anderen in China verbreiteten Social Networks in China zensiert werden. Daran kann man schon gut erkennen, welche Themen den Menschen dort unter den Nägeln brennen und gleichzeitig, aus welchen Richtungen, bei welchen Themen der Staat sich bedroht fühlt.
Es gibt viele Themen, die diskutiert und auch zensiert werden, aber das sind andere Themen als die, die in den westlichen Medien als vorrangig benannt werden. Sehr viel dreht sich um Korruptionsverdacht von Lokalpolitikern (beispielsweise hier Wikipedia: Wukan protests , Wikipedia: Shanghai pension scandal, aber auch in Form von Gewalt gegen Personen, die solche Korruption aufdecken, wie hier Wikipedia: Wei Wenhua ), es geht viel um den Komplex der Produktsicherheit (zB. Wikipedia: Sichuan schools corruption scandal ) und mangelnde staatliche Kontrollen von Lebensmitteln (man erinnere sich zB daran: Wikipedia: Chinesischer Milchskandal , Wikipedia: 2009 Chinese lead poisoning scandal , Wikipedia: Gutter oil bzw. in Übersicht hier Wikipedia: Food safety incidents in China ), um Korruption bei Bauprojekten (zB Wikipedia: Chinese drywall ), um Umweltverschmutzung und illegale Industriebetriebe ( Beispiel Wikipedia: Solar power in China#Controversy ), immer wieder um Skandale, die einflussreiche oder reiche Personen betreffen, die ihre Position zu nutzen versuchen, sich vor juristischen Folgen von Taten zu drücken (Beispiele: Wikipedia: Li Gang incident , Wikipedia: Shen Yang incident ),


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30.07.2019 um 23:02
Zitat von otternaseotternase schrieb:genau das ist der Kulturchauvinismus, den ich so hasse. Dass manche Menschen in manchen Kulturen anders denken, andere Werte höher achten, Dinge anders einschätzen, dies pauschal damit zu erklären, dass die ja zu doof oder unwissend seien und nur einfach noch nicht die große Weisheit des Westens begriffen haben, ist mehgr als nur arrogant und überheblich, es ist beredetes Zeugnis der Dummheit dessen, der sowas behauptet.
Es ist irrelevant, ob du diesen Kulturchauvinismus den du mir vorwirfst, hasst.
Tatsache ist, dass die individuelle Entfaltungsmöglichkeit vom Staat massiv reguliert wird.
Und dies ist einfach abzulehnen. Du kannst dir die Finger wund schreiben, es ändert an dieser Tatsache nichts. Es ist nicht erstrebenswert, es zu verteufeln ist die Pflicht eines jeden, der die Freiheit liebt.


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31.07.2019 um 07:22
Ich finde ein Punktesystem ist nicht verkehrt solange die Punktevergabe nicht willkürlich und ohne Kontrolle sondern offen und transparent erfolgt. Ausserdem muss die Regelung regelmäßig auf den Prüfstand. Am Ende ist es eine Vereinfachung von Systemen die auch in Demokratischen Staaten nur anders geregelt sind. In D gibt es Steuern und Abgaben auf die nicht erwünschten Verhaltensweisen und Subventionen auf gewünschte oder Sinnvoll erachtete Verhaltensweisen. Es gibt da durchaus noch Dinge wo man Nachlesen könnte.


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31.07.2019 um 09:13
Zitat von otternaseotternase schrieb am 07.05.2019:Und trotzdem war ich völlig FREI von Angst, überfallen zu werden! Berechtigterweise, weil Täter durch extreme Strafen abgeschreckt werden und zudem überall Polizei und Sicherheitsdienste waren, wahrscheinlich ich als Ausländer zudem noch beschattet wurde...
Das kannst du in Japan auch haben und das ist ein freies Land.
Du wirfst mehrere Dinge in einen Topf, die nichts miteinander zu tun haben.

Extreme Strafen schrecken Täter nicht ab, siehe USA: Todesstrafe in vielen Bundesstaaten.
Ich glaube, deine gefühlte Sicherheit hat wohl eher mit letzterem zu tun. Als Ausländer bist du in China nie ganz allein und schon gar nicht auf Geschäftsreisen.

Ich weiß nicht mit welchen Menschen du in China zu tun hast, die die mir begegnet sind, waren alle nicht angetan vom Punktesystem und hatten Angst davor, zumal sie einhellig sagten, dass sie vorher noch einen Hauch von Freiheit gespürt hatten, den dieses Punktesystem natürlich ad absurdum führt.


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31.07.2019 um 10:10
@GranaPadano

1) die Anekdote, die ich da berichtet hatte, bezog sich auf Nordkorea, nicht China

2) wenn man die USA hinsichtlich der Wirksamkeit von scharfen Strafen betrachtet, muss man dies immer sehr differenziert tun. Richtig ist, dass die Kriminalität dort sehr hoch, um ein Vielfaches höher als in Deutschland ist. Richtig ist aber auch, dass seit "Law and Order", seit "Zero Tolerance", seit Einführung von "Three Strikes Rules", seit Einführung von obligatorischen Mindeststrafen (zB. 10-20-Life) etc. die Kriminalität extrem zurückgegangen ist. Beispielsweise ist die Zahl der Morde in New York von 2245 im Jahr 1990 auf 328 im Jahr 2015 zurückgegangen. Noch immer eine hohe Zahl, in ganz Deutschland gab es zB. im Jahr 2017 "nur" 405 Morde, aber eben auch ein beeindruckender Rückgang!
Man muss bedenken, dass es Zeiten gab, da lag die Rate der durch Verbrechen getöteten Menschen in bestimmten US Bundesstaaten (zB Louisiana) höher als zeitgleich in Bürgerkriegsregionen wie dem Sudan!

@Miles1701

ja, das muss man auch bedenken: auch wir haben hier diverse Rating-Systeme. Schufa, Bürgel und so weiter machen im Grunde nichts anderes und dienen auch dem gleichen Zweck, nämlich die Vertrauenswürdigkeit von Menschen zu prüfen. Die Unterschiede sind, dass das bei uns durch private Organisationen, in China durch den Staat erfolgt, und dass in China auch das Verhalten im Alltag, insbesondere Straftaten und Ordnungswidrigkeiten dabei einfließen. Was jeweils besser ist, vermag ich nicht zu sagen, ich sehe in beiden Konzepten Vor- und Nachteile...


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Bauli ehemaliges Mitglied

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31.07.2019 um 13:20
Ich lese hier schon seit einiger Zeit mit und muss manchmal lachen, wenn ich die Argumente für pro China lese.

Wer BBC aufmerksam verfolgt und ebenso die Sondersendungen zu Hong-Kong und dem Konflikt mit der Regierung in Beijing sollte eigentlich informiert sein. Da bedürfte es eigentlich keiner Diskussion.


Passend zur freien Meinungsäusserung:
Zitat von otternaseotternase schrieb:FreeWeibo ist kein der chinesischen Kontrolle unterliegender Dienst, die sind im Ausland gehostet und prüfen, welche Beiträge mit welchen Stichworten bei Twitter, Sina und anderen in China verbreiteten Social Networks in China zensiert werden
Zitat:
Auch für deutsche Wissenschaftler in China hat dies Auswirkungen: Vorlesungsinhalte und Lehrmaterialien von deutschen Gastwissenschaftlern in China würden "Vorprüfungen" unterzogen und auf Übereinstimmung mit den Vorgaben der Kommunistischen Partei kontrolliert, schreibt die Bundesregierung.

Um in Deutschland Einfluss auszuüben, nutzt der chinesische Staat mindestens in einem bekannten Fall offenbar auch Forschungskooperationen: Vor zwei Jahren verlieh die Stadt Weimar ihren Menschenrechtspreis an den in China inhaftierten Professor Ilham Tohti, der der unterdrückten Minderheit der Uiguren angehört. Daraufhin habe die Tongji-Universität Shanghai den Studierendenaustausch mit der Bauhaus-Universität in Weimar komplett eingestellt, sagt Jutta Emes, Vizepräsidentin für Internationalisierung an der Bauhaus-Universität.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/china-geht-gegen-deutsche-forscher-vor-politiker-in-berlin-empoert-a-1279526.html


Das sieht sehr danach aus, als wenn die Chinesen im Ausland Einfluss nehmen, nech?


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31.07.2019 um 13:49
Zitat von BauliBauli schrieb:Wer BBC aufmerksam verfolgt und ebenso die Sondersendungen zu Hong-Kong und dem Konflikt mit der Regierung in Beijing sollte eigentlich informiert sein.
"informiert" sicherlich, aber wie? Gerade BBC würde ich nicht als unabhängige Quelle betrachten.

Zu den Protesten in Hongkong ist mir jedenfalls sehr viel unklar:
initial haben die Menschen dort sicher ein gutes und richtiges Anliegen gehabt, Instrumente politische Verfolgung durch die VR in Hongkong abwehren zu wollen.
Aber dieses Ziel wurde erreicht und trotzdem gehen die Proteste weiter, mit immer wilderen Forderungen und mit zunehmender Gewalt (Sturm auf das Parlamentsgebäude). Was dahinter steckt, ist mir unklar, ich kann es mir nur folgend erklären:

1) Interesse anderer Staaten an einer wirtschaftlichen Schwächung Hongkongs. Entgegen der Vorhersagen von 1997 am Ende der britischen Besatzung ist die Wirtschaftskraft von Hongkong nicht geschwächt, sondern vielmehr extrem gestärkt aus den veränderten politischen Rahmenbedingungen hervorgegangen. Das Bruttoinlandsprodukt von Hongkong hat sich seit 1997 verdreifacht! Trotz extrem gestiegener Wohnkosten ist der Anteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze von ca. 28% in 1997 auf rund 20% in 2015 gefallen. Es mag also durchaus Interessen geben, politische Unruhen zu stiften, um Hongkong wirtschaftlich zu schwächen.

Aber das allein kann meiner Ansicht nach nicht dahinter stecken. Viel verdächtiger ist mir folgendes:

2) Das Hauptanliegen hinter dem geplanten Auslieferungsgesetz war, die Verfolgung von Korruption über die Landesgrenze zu ermöglichen. Es gibt viele reiche Hongkong-Chinesen, die Geschäfte in China machen. Viele Firmen in Hongkong, die Fabriken in Guangdong oder anderswo in China betreiben. Und es gibt auch viele reiche Mainland-Chinesen, die ihr Geld, gewonnen aus "shady business" oder gleich unmittelbar aus Korruption, unter anderem auch nicht wenige Lokalpolitiker, die mit Immobiliengeschäften "nebenher" gut Geld machen, nach Hongkong gerettet haben und es leben in Hongkong heute nicht wenige Personen, die in der VR wegen Korruption auf den Fahndungslisten stehen! Und da auf Korruption in der VR im Extremfall die Todesstrafe steht, haben die ein nicht gerade geringes Interesse daran, eine Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsbehörden von VR und Hongkong zu behindern! Mein Eindruck jedenfalls ist vorwiegend der, dass inzwischen reiche, korrupte Personen Demonstranten "kaufen".

Das ist umso bedauerlicher, weil damit die ursprünglich richtigen und guten Ziele der Demonstrationen mit sowas in den Dreck gezogen werden!


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Bauli ehemaliges Mitglied

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31.07.2019 um 13:53
Zitat von otternaseotternase schrieb:"informiert" sicherlich, aber wie? Gerade BBC würde ich nicht als unabhängige Quelle betrachten.
Gerade BBC ist eine gute Quelle, weil die Chinesen die Engländer in der Finanzkrise sehr unterstützt haben, die Briten sich aber nicht kaufen lassen. Die Meinung.

Das andere, was Du geschrieben hast, lasse ich mal aus Nachsicht unkommentiert. Ich habe eine andere Meinung dazu.


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02.11.2019 um 16:55
meiner Meinung nach ein sehr guter Artikel, der aufzeigt, dass wir keineswegs weit von sowas in Europa entfernt sind. Statt mit dem Finger auf die Chinesen zu zeigen, sollten wir uns eher bemühen, diese Entwicklung in Europa zu stoppen:

https://www.heise.de/tr/blog/artikel/Falsche-Strasse-Kein-Vertrag-4555690.html

Social Scoring chinesischer Prägung gilt im Westen als gruselig. Dabei gibt es hierzulande längst viel perfidere Ansätze.

Ein Beispiel aus Deutschland illustriert das: Ein 52-jähriger Lehrer aus Hannover bekam nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen (HAZ) wegen angeblich mangelnder Bonität keinen Mobilfunkvertrag. Er holte sich eine Selbstauskunft bei Creditreform Boniversum ein, einer Auskunftei wie die Schufa. Das Ergebnis: Sämtliche Einträge waren positiv, der einzige negative Eintrag war seine Adresse – eine Straße im Stadtteil Linden-Nord, die offenbar schlecht beleumundet ist. Das allein reichte, seinen Score unter eine kritische Schwelle zu drücken.

Mit anderen Worten: er bekommt keinen Mobilfunkvertrag, weil er in der falschen Straße wohnt. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen bestätigte gegenüber der HAZ, dass so etwas öfter vorkomme. Laut Boniversum-Geschäftsführer, den die HAZ zitiert, könne es sogar "negativ zu Buche schlagen, wenn jemand häufig zu nachtschlafender Zeit bei einem Onlineshop bestellt – dieser Kunde dürfte wohl kaum einer geregelten Tätigkeit nachgehen, die morgens um sieben beginnt".

Bei Licht betrachtet ist das sogar noch perfider als ein persönlicher Score: Der Kunde wir in Sippenhaft genommen für seine Nachbarschaft, an der er wenig ändern kann – außer umzuziehen.
Ich stimme dem zu: Verfahren wie Schufa Score oder ähnliches sind meiner Ansicht nach um ein Vielfaches gefährlicher als das SCS der Chinesen:
- das sind Verfahren, deren Algorithmen nicht öffentlich bekannt sind, daher der Betroffene nicht durchschauen kann, weshalb er einen schlechten Score bekommt
- bei diesen Verfahren fließen Aspekte ein, die außerhalb des Einflussbereichs des Individuums liegen
- die Daten in diesen Verfahren liegen bei privaten Unternehmen, deren Hauptinteresse natürlich ein kommerzielles Interesse ist und damit nicht unbedingt mit dem gesellschaftlichen Interesse übereinstimmt, dem sogar explizit entgegenstehen kann


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02.11.2019 um 17:08
@Bauli
zu den Protesten in Hongkong gibt es bei der NZZ, die ja nicht im Verdacht stehen dürfte, gerade ein Propogandablatt der Chinesen zu sein, einen sehr guten Artikel:

https://www.nzz.ch/meinung/die-demonstranten-setzen-hongkongs-zukunft-aufs-spiel-ld.1515682

Die Demonstranten setzen Hongkongs Zukunft aufs Spiel
Die Hoffnung war gross, dass nach den Protesten anlässlich des 70. Geburtstages der Volksrepublik China die Gewalt in Hongkong abebben würde. Es ist jedoch anders gekommen. Die Krawalle sind vielmehr noch brutaler geworden. Der Zorn der gewalttätigen Demonstranten richtet sich inzwischen auch gegen staatsnahe Firmen wie den Metro-Betreiber MTR, Unternehmen, welche die Proteste kritisiert haben, Konzerne vom chinesischen Festland und einfache Chinesen, die zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sind. Die randalierenden Aktivisten offenbaren damit ihren Lokal-Chauvinismus, obwohl ihre Familien in den meisten Fällen selbst vom chinesischen Festland stammen. Auch wenn Menschenrechtsorganisationen ein anderes Bild zeichnen: Zur Wahrheit in Hongkong gehört, dass Gewalt nicht allein von den Sicherheitskräften ausgeht. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Demonstranten Molotow-Cocktails auf am Boden liegende Polizisten werfen oder sie mit Messer attackieren.
...
Allerdings geben auch die Aktivisten jenseits der eskalierenden Gewalt eine immer schlechtere Figur ab. Gebetsmühlenartig wiederholen sie ihren Slogan «Five Demands – Not One Less». Neben der Tatsache, dass im politischen Prozess alle Seiten zu Kompromissen bereit sein müssen, liegen sie mit einem Teil ihrer Forderungen falsch. So verlangen sie, dass alle strafrechtlichen Anklagen gegen die Verhafteten fallengelassen werden. Sie widersprechen sich damit selbst. Die Demonstranten beklagen zwar den wachsenden Einfluss Pekings auf Hongkong und die scheinbar schwindende Rechtsstaatlichkeit. Diese wollen sie jedoch selber aushebeln, wenn sie für mutmassliche Gesetzesbrecher Straffreiheit verlangen. Darüber haben allein Hongkongs Gerichte zu befinden.
...
Den bis 2047 gewährten Sonderstatus der Stadt sollten die Demonstranten nicht aufs Spiel setzen. Sie sollten sich vielmehr mässigen und den Dialog mit der Regierung suchen, selbst wenn deren Chefin noch immer Lam heisst.



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02.11.2019 um 19:00
@otternase
Zitat von otternaseotternase schrieb:dass wir keineswegs weit von sowas in Europa entfernt sind. Statt mit dem Finger auf die Chinesen zu zeigen, sollten wir uns eher bemühen, diese Entwicklung in Europa zu stoppen
Zitat von otternaseotternase schrieb:Social Scoring chinesischer Prägung gilt im Westen als gruselig. Dabei gibt es hierzulande längst viel perfidere Ansätze.
Das habe ich hier auch schon mal geschrieben, dass es bei uns ebenfalls sehr gefährliche Tendenzen in diese Richtung gibt, ob sie perfider als die chinesische Spielart sind, sei dahingestellt; einen Unterschied gibt es aber, in westlichen Ländern gibt es zumindest so etwas wie einen Rechtsstaat mithilfe dessen man sich gegen solche Diskriminierungen wehren kann, in China wird das wohl kaum möglich sein, denn es ist auch Teil des politischen Systems. Dem Aufruf aber, derartige Tendenzen bei uns zu stoppen, stimme ich dennoch voll und ganz zu.
Zitat von otternaseotternase schrieb:zu den Protesten in Hongkong gibt es bei der NZZ, die ja nicht im Verdacht stehen dürfte, gerade ein Propogandablatt der Chinesen zu sein, einen sehr guten Artikel
Zitat von otternaseotternase schrieb:Die Demonstranten setzen Hongkongs Zukunft aufs Spiel
Es wäre hier zu berücksichtigen, dass es sich dabei um einen Kommentar handelt, d. h. es ist lediglich die Meinung eines einzelnen Journalisten namens Matthias Müller, der sich offenbar in Peking befindet; dort wird man ihm schon gesagt haben, wie es in Hongkong läuft. Schlimm genug, aber es steht dort z. B. auch, das hast du weggelassen, dass auch Peking nicht bereit ist, einen Schritt auf die Demonstranten zuzugehen, warum auch, der Gesichtsverlust wäre zu groß und das Signal zu gefährlich. Selbst die Regierungschefin wäre ja bereit, ihr Amt niederzulegen, wird jedoch daran gehindert.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam trägt an der Eskalation eine gehörige Mitschuld. Trotz dem Wissen, dass die Krawalle an den Wochenenden besonders heftig sind, hatte sie das unnötige Vermummungsverbot zu allem Überfluss an einem Freitag bekanntgegeben und damit zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. Lam hat in der Bevölkerung jede Glaubwürdigkeit verloren. In Befragungen sprechen sich 70 Prozent der Hongkonger für einen Rücktritt der Regierungschefin aus. Sie würde auch gern das Amt verlassen, doch Peking lässt sie noch nicht gehen. Chinas Machthaber wollen nicht den Eindruck vermitteln, auf Druck der Strasse reagiert zu haben. Mit Lam als Regierungschefin gibt es jedoch offenbar keine Chance, auf dem Verhandlungsweg die Lage zu befrieden. Die Demonstranten lehnen Gespräche mit ihr kategorisch ab.
https://www.nzz.ch/meinung/die-demonstranten-setzen-hongkongs-zukunft-aufs-spiel-ld.1515682

Die Demonstranten wollen offenkundig Demokratie, diese ist aber unter der Vorherrschaft der Volksrepublik China nicht denkbar. Dass sowohl Unternehmen als auch Personen vom Festland unter Beschuss geraten, ist in dieser Situation nachvollziehbar, denn sie erscheinen als Agenten des verhassten Fremdregimes; immerhin stoßen die Proteste in Hongkong auf dem Festland auf wenig Verständnis. Dass auch die Demonstranten Gewalt gegen Sicherheitskräfte ausüben, mag betrüben, man bedenke dabei aber, dass die einen ziemlich verzweifelten Kampf gegen eine hochgerüstete totale Übermacht führen, die zudem vollkommen unbeugsam ist, was soll man denn bitte erwarten?

Es wäre sehr löblich, wenn der Westen nicht weiterhin wirtschaftlich motiviertes Appeasement betreiben würde, ich weiß, der große Markt und so, nichts anderes aber als absolute Solidarität mit dieser mehr als mutigen Bewegung wäre angebracht. Kalte Füße bekommen, weil die Demonstranten in Hongkong nicht von Forderungen abrücken, die im Westen gemeinhin als selbstverständlich betrachtet werden, ist nicht das, was dem Westen gut zu Gesicht steht. Man denke dabei stets an die Schande, die man sich bereits auflädt, da man Taiwan im Regen stehen lässt; die Leute dort leben aber wenigstens in politischer Freiheit, davon kann man in Hongkong, das man vor zwei Jahrzehnten mal eben so an eine Diktatur ausgeliefert hat, nur träumen. Das bisschen Freiheit, das man der Hongkonger Bevölkerung hat liegen lassen, wird ohne derartige Gegenwehr von Peking ohne Mühe ausgehebelt. Dies sollte man dem Regime nicht lassen.


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04.11.2019 um 06:40
Zitat von DerKlassikerDerKlassiker schrieb:in westlichen Ländern gibt es zumindest so etwas wie einen Rechtsstaat mithilfe dessen man sich gegen solche Diskriminierungen wehren kann
grau ist alle Theorie, wie es in der Praxis aussieht, zeigt beispielsweise dieses Urteil:

https://www.haufe.de/compliance/scoring-bgh-weist-klage-gegen-schufa-ab_230128_218772.html

BGH weist Klage gegen Schufa ab
Der BGH hat über die Auskunftspflicht der Schufa entschieden. Eine Klägerin war mit einer Auskunft der Schufa über ihre Bonität nicht zufrieden. Nachdem ein Autokauf geplatzt war, verlangte sie genauere Angaben darüber, wie die Wirtschaftsauskunftei zu ihren Bewertungen gekommen ist.
Die Vorinstanzen hatten ihre Klage abgewiesen und dies mit den Geheimhaltungsinteressen der Schufa begründet. In der heutigen Verhandlung hat der BGH die Klage gegen die Schufa zurückgewiesen.
...
Einen Anspruch auf Auskunft darüber, wie die Bewertung der Kreditwürdigkeit – also der Scoringwert - zustande gekommen ist, hat der Verbraucher dagegen nach der Entscheidung des BGH vom 28. Januar 2014 nicht.

(BGH, Urteil v. 28.1.2014, VI ZR 156/13 ).
zumindest in diesem Punkt ist das Social Scoring der Chinesen transparenter und fairer, dort fließen nur Daten ein, auf die die Person persönlich Einfluss hat (also eigenes Verhalten, aber nicht Dinge wie Zahlungsmoral der Nachbarn o.ä.) und der Betroffene wird über die Auswirkungen seines Verhaltens auf das Social Scoring informiert.

Mit anderen Worten: ich empfinde das chinesische Social Scoring eher wie die Flensburger Verkehrssünderdatei, nur eben für öffentliches Verhalten, da ist auch klar, warum man Punkte bekommt.
Schufa Score ist hingegen eher, als ob man in Flensburg Punkte bekäme, wenn man zB. einen BMW fährt, weil BMW-Fahrer besonders oft zu schnell fahren, oder wenn man Punkte bekäme, weil der Nachbar zu schnell gefahren ist. Wobei man nicht informiert wird, warum man Punkte bekommt, weil das "Geschäftsgeheimnis" gehandelt wird...


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04.11.2019 um 16:13
Zitat von otternaseotternase schrieb:Das Ergebnis: Sämtliche Einträge waren positiv, der einzige negative Eintrag war seine Adresse – eine Straße im Stadtteil Linden-Nord, die offenbar schlecht beleumundet ist. Das allein reichte, seinen Score unter eine kritische Schwelle zu drücken.
Nur nebenbei: Die Schufa darf die Wohnadresse in ihrem Scoring nicht berücksichtigen. Da hat Heise mal wieder schlecht recherchiert. Und wie es (technisch) funktionieren soll, dass nächtliche Einkaufsaktivitäten den Score beeinflussen ist mir auch etwas unklar.

Aber b2T:
Persönlich kenne ich niemanden der derzeit in China lebt (die Chinesen die ich kenne habe ich "vor der Zeit des Punktesystems" kennengelernt"). Allerdings studiert eine Bekannte meiner Freundin in China. In ihre Abschlussnote fließen wohl zu einem großen Teil auch eine Art "Kopfnoten" mit ein. Das System mit dem diese verteilt werden ist ziemlich intransparent. Letzten Endes steckt dahinter aber auch eine Art soziales Punktesystem der Universität mit dem die Studenten in ihrem Wohnheim überwacht werden: Erfasst und bewertet werden da verschiedenste Lebensgewohnheiten (Warum verlässt man das Wohnheim? Ist man Abends zu Hause? Wann geht man schlafen? Wie lange schaut man fern? Wie oft ist man krank? Ist man immer krankgeschrieben? Mit wem hängt man ab?).
Sie selber macht sich wegen des Systems völlig kaputt. So kann sie sich beispielsweise anstrengen wie sie möchte: Wenn sie nicht systemkomform lebt, dann hat sie auch nicht die Möglichkeit einen guten Abschluss hinzulegen. Das zieht eine ganze Reihe von Dingen hinter sich her die sich negativ auf die Lebensqualität auswirken (so schleppt man sich eben auch mal mit 40 Grad Fieber in die Uni und das Leben an sich kann man auch nicht mehr in vollen Zügen genießen).

Und da geht es "nur" um ihren Abschluss. Das endgültige Punktesystem wird das Leben der Chinesen sicherlich noch stärker beeinflussen. Schließlich möchte man ja auch einen guten Job, einen guten Schulplatz für die Kinder, bessere Gesundheitsversorgung und allgemein mal einen Fuß für den Notfall im Brett haben. Wo es hinführt wenn solche Vorteile nur an systemkonforme Leute verteilt werden, hat die DDR recht gut gezeigt. Da wurde man eben als IM angeworben und sollte seinem besten Freund nachspionieren, damit die Mutti einen lebensnotwendigen medizinischen Eingriff bekommen konnte.


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04.11.2019 um 16:27
@Bettman
darf ich fragen, welche Studienrichtung und an welcher Einrichtung die Bekannte studiert?

Sowas kenne ich auch schon aus meiner Zeit als Austauschstudent in China (was nun knapp zwei Jahrzehnte her ist), aber damals war das beschränkt auf Unis und Studiengänge, die für Staatsdienst vorbereiteten. Die waren dann auch immer etwas militärisch "angehaucht", mit "Wehrsportübungen" oder wie auch immer sich das korrekt nannte usw. An "meiner" Uni (ingenieurswissenschaftlich, auf Bedürfnisse der Industrie orientiert) gab es sowas nicht...
Ich habe inzwischen keinen Kontakt mehr zu Studenten, die, die ich von damals kenne, sind alle inzwischen im Berufsleben und deren Kinder sind noch in Grund- oder Mittelschule. Vielleicht hat sich da was geändert?


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