Wann ist ein Vorurteil kein Vorurteil mehr?

@panurg

panurg schrieb:Die anderen sind ja auch nicht soooo viel besser.

Es geht nicht um "besser".
Es geht darum, was du kannst und was nicht.
Was kannst du denken und somit Vorurteile bilden oder nicht?

Und wenn wir schon beim Beichten sind.
Ich kann z.B. nicht mehr alles denken, dazu bin ich zu fest konditioniert.
Ich kann nicht mehr denken:

Dieser oder jener Mensch, den ich schon 30 Jahre kenne wird sich ab morgen anders verhalten als er sich die letzten 30 Jahre verhielt.

Inwieweit binden wir aber den anderen Menschen an sein Verhalten, wenn wir so denken?

Paulette schrieb:..ich hoffe du verstehst

@Paulette
Ich denke schon, ich verstehe, was du meinst. Ich glaube auch, dass unser Denken unsere Wahrnehmung beeinflussen kann. Wenn ich von einem Menschen etwas Bestimmtes erwarte, dann wird meine Wahrnehmung alles was von der Erwartung abweicht unterdrücken und nur das, was meine Erwartung bestätigt in mein Bewusstsein lassen.
Ein praktisches Beispiel wäre das Denken eines Menschen der eine Depression hat: Es wird alles herausgefiltert was der düsteren Gemütslage widerspricht und fast nur das Negative wahrgenommen.

@Paulette

Paulette schrieb:Es geht nicht um "besser".

Stimmt.

Ich sollte das allmählich auch als unnötigen Mist betrachten, darüber nachzudenken, was ich denke.

Das hat mich halt eine zeitlang begleitet und irgendwie machte ich mir deswegen gedanken über vorurteile etc.pp.

Ist nicht gut.

Paulette schrieb:Was kannst du denken und somit Vorurteile bilden oder nicht?

Ja, seinsgebundenes Denken Mannheimscher Prägung, falsches Bewußtsein Marxscher Analyse, Über-Ich Freudscher blabla :-)

Ist eigentlich schnuppe, stimmt.

@Gurnemanz

Gurnemanz schrieb:Wenn ich von einem Menschen etwas Bestimmtes erwarte, dann wird meine Wahrnehmung alles was von der Erwartung abweicht unterdrücken und nur das, was meine Erwartung bestätigt in mein Bewusstsein lassen.

Boah....das ist wunderbar.
Auf eine solche Aussage habe ich gewartet.
Danke!

Meinst du es würde also genügen, sich in seiner Wahrnehmung zu öffnen?
Also ich bleibe bei meiner Vorstellung also dem Vorurteil, bin aber bereit MEHR zu sehen als mein Vorurteil mir erzählt?

Paulette schrieb:Also ich bleibe bei meiner Vorstellung also dem Vorurteil, bin aber bereit MEHR zu sehen als mein Vorurteil mir erzählt?

Ich weiss nicht, ob Beides gleichzeitig möglich ist. Ich denke, man muss auch unterscheiden, mit was man es zu tun hat, mit einem menschlichen Gegenüber oder mit Umständen, die nicht beeinflussbar sind. Natürlich ist jedes Vorurteil im Einzelfall betrachtet falsch und ungerecht. Die Strategie unseres Denkens ist es aber, eine anwendbare Hypothese zu schaffen, die einen großen Teil der Realität abdeckt, auf die Gefahr hin, im Einzelfall falsch zu entscheiden. Man darf nicht vergessen, dass diese Denkweisen in einer urtümlichen Welt unter extremen Bedingungen entstanden sind.
So wie der Tastsinn uns etwas über die Objekte mitteilt, erweitert der Gesichtssinn unseren Erkenntnisraum praktisch bis zum Horizont. Wir können sehen, wer oder was sich auf uns zu bewegt, wann er/es auf uns treffen wird. Dann kommt die Intelligenz ins Spiel mit deren Hilfe wir Hypothesen bilden können, wie diese Begegnung wohl ablaufen wird. Sozusagen erlaubt uns das Gehirn einen Blick in die Zukunft zu tun, indem wir uns vorstellen, was sein wird oder sein könnte.
Im zwischenmenschlichen Bereich ist es sicher vorteilhaft, wenn wir dem Gegenüber mit Offenheit und Freundlichkeit begegnen, weil dadurch vielleicht Agressionen abgebaut werden und der Andere auch freundlich gestimmt wird.

@Gurnemanz

So gesehen ist das Vorurteil ein Schutzmechanismus unseres Verstandes und entstammt einer Zeit in welcher wir jede Minute mit unserem Ableben rechnen mussten?

Paulette schrieb:So gesehen ist das Vorurteil ein Schutzmechanismus unseres Verstandes und entstammt einer Zeit in welcher wir jede Minute mit unserem Ableben rechnen mussten?

Genau das meinte ich, @Paulette. In der Gegenwart können wir es uns erlauben, gegen unsere Vorurteile zu handeln und an das Gute im Mitmenschen zu glauben. Sicher wird man mal enttäuscht werden, aber es gibt auch sicher viele positive Begegnungen.

Gurnemanz schrieb:aber es gibt auch sicher viele positive Begegnungen.

So wie die heutige hier mit dir @Gurnemanz und den anderen Mitschreibern.

Wofür ich herzlich danke und eine selige Nacht wünsche in die Runde :)

@Paulette
Das Kompliment gebe ich gerne zurück und wünsche Dir auch eine gute Nacht :)