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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

113 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Menschen, Leben, Tod ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

25.11.2022 um 16:22
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Hey FlamingO, entschuldige bitte meine späte Reaktion.
Alles gut; Denken erfordert nun mal Zeit. Und umso länger etwas durchdacht wird, desto tiefer stoßen die Gedanken vor in bislang Ungedachtes.
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Spirituell will ich dir darin zustimmen, dass die Gegenwart im Gegensatz zu Vergangenheit und Zukunft realiter gegeben und genau das die zentrale meditative Einsicht ist. Allerdings würde ich einwenden, dass just die Gegenwart immer etwas konkret Neues ist.
Doch wie kann man sicher sein, dass sich das Gestern z. B. nicht bereits x-mal sich ereignet hat?


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

27.11.2022 um 20:52
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb:Alles gut; Denken erfordert nun mal Zeit. Und umso länger etwas durchdacht wird, desto tiefer stoßen die Gedanken vor in bislang Ungedachtes.
Meinst du wie bei der Erfahrung... wo wir immer mehr entdecken können ?
Meinst du so ist es auch bei dem Denken ?

Wie genau stellst du dir diesen Fortschritt im Denken vor ?

In der Erfahrung kann sich immer neues zeigen, was noch nicht erfahren wurde...
Aber ist das bei dem Denken auch so ?

Ich meine können wir wirklich mehr denken, als wir bereits im Kopf haben ?
Wo kommt hier und vor allem wie kommt hier etwas neues ins Spiel ?


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

28.11.2022 um 14:08
Zitat von kaktusskaktuss schrieb:Meinst du wie bei der Erfahrung... wo wir immer mehr entdecken können ?
Genau.
Zitat von kaktusskaktuss schrieb:Wie genau stellst du dir diesen Fortschritt im Denken vor ?
Indem man Dinge von mehreren Seiten betrachtet.
Während meines Studiums habe ich immer SZ und FAZ gelesen, um so nicht in eine einseitige Meinunsgrichtung zu rutschen, sondern verschiedene, z. T. auch konträre Ansichten/Auffassungen zu betrachten, woraus ich mir dann - ähnlich der Hegelschen Dialektik - einen dritten, eigenen Standpunkt synthetisierte.

Es gibt ja diese Parabel von einigen Blinden, die jeweils ein anderes Körperteil von einem Elefanten befühlen, wobei jeder nur seine partielle "Erkenntnis" gewinnt und sie sich nicht einigen können, was sie da für ein Ding vor sich haben.
Meint: Wichtiges stets von mehreren Seiten durchdenken.

Wikipedia: Die blinden Männer und der Elefant


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28.11.2022 um 16:07
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb:ähnlich der Hegelschen Dialektik
Meinst du, dass Hegel über Kant hinaus kommt in seiner Metaphysik ?
Denn Kant hatte ja behauptet dass wir durch reines Denken eben nicht weiter kommen können,
denn hierfür wären synthetische urteile a priori nötig, also erkenntniserweiternde Urteile vor jeder Erfahrung.
Diese Erweiterung kann aus reinen Begriffen nicht stattfinden, sondern bedarf der Erfahrung.
Reine Begriffe lassen sich nur in das zerlegen, was bereits in ihnen vorhanden ist.

Wenn Hegels Dialektik hierüber hinaus kommt, kannst du mir dann mal erklären was genau der Fortschritt in Hegels Denken gegenüber Kant ist ? Ich habe nämlich Hegel nie verstanden und Kant sehr gut... habe Hegel immer abgelehnt, weil er meines Erachtens nicht über Kant hinaus gekommen ist...

Was hat Kant hier nicht bedacht, was Hegel lösen konnte ? Konnte Hegel wirklich die Problematik der synthetischen Urteile a priori lösen ?

Es ist zumindest so, dass der heutige Zeitgeist ganz der Kantische ist und nicht der Hegelsche, was ja eigentlich der Fall sein müsste, wenn Hegel wirklich besser wäre als Kant.


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

28.11.2022 um 16:56
Zitat von kaktusskaktuss schrieb:Reine Begriffe lassen sich nur in das zerlegen, was bereits in ihnen vorhanden ist.
Nu ja, siehe Wittgenstein.
Zitat von kaktusskaktuss schrieb:Meinst du, dass Hegel über Kant hinaus kommt in seiner Metaphysik ?
Da bin ich mir nicht sicher. Und DAS ist Philosophie: Sich nicht festlegen, sondern den Geist gelenkig halten.
Man kann mE nicht tröten :"Der oder der ist größer/hat recht." Das muss ein jeder eben für sich selbst erleben und denken.
Zitat von kaktusskaktuss schrieb:Reine Begriffe lassen sich nur in das zerlegen, was bereits in ihnen vorhanden ist.
Das ist richtig. Es bedarf natürlich zwangsläufig der Erfahrung.
Zitat von kaktusskaktuss schrieb:Was hat Kant hier nicht bedacht, was Hegel lösen konnte ? Konnte Hegel wirklich die Problematik der synthetischen Urteile a priori lösen ?
Ganz diffizile Frage. Ich habe mich zwar in beide (auch schon vor dem Studium) ziemlich vertieft belesen, möchte sie aber nicht gegeneinander ausspielen. Das ist inadäquat.


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

28.11.2022 um 17:50
Edit : Kant hatte doch erklärt, dass wir um einen Begriff mit einem neuen zu verknüpfen, der nicht bereits in ihm gedacht ist, einer weiteren Quelle der Erkenntnis, mithin der Erfahrung bedürfen... wir können nicht einfach wahrlos einen Begriff zu einem anderen hinzufügen, weil hierbei jegliche Objektivität verloren geht... wir wissen eben nicht sicher, ob dieser Begriff wirklich mit dem anderen in Verbindung steht...
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb:Ganz diffizile Frage. Ich habe mich zwar in beide (auch schon vor dem Studium) ziemlich vertieft belesen, möchte sie aber nicht gegeneinander ausspielen. Das ist inadäquat.
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb:Da bin ich mir nicht sicher. Und DAS ist Philosophie: Sich nicht festlegen, sondern den Geist gelenkig halten.
Man kann mE nicht tröten :"Der oder der ist größer/hat recht." Das muss ein jeder eben für sich selbst erleben und denken.
Da stimme ich dir nicht zu, wer die Philosophie ernst nimmt, der sieht Metaphysik als eine Wissenschaft...
Und in den Wissenschaften gibt es nunmal einen Erkenntnisstand... einen Zeitgeist...
Bessere und fortschrittlichere Erkenntnisse lösen die alten irgendwann ab...
So ist es in der Philosophie auch...
Kant hat viele alte Gedankenwege durch seine Kritik abweisen können und etwas neues, besseres geliefert !

Mich würde interessieren ob Hegel das selbe mit Kant geschafft hat, ich glaube nämlich nicht !


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30.11.2022 um 18:19
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 25.11.2022:Doch wie kann man sicher sein, dass sich das Gestern z. B. nicht bereits x-mal sich ereignet hat?
Gar nicht, denke ich. Nietzsche könnte recht haben. Die Position, dass sich alles wiederholt, halte ich jedoch gegenüber dem Standpunkt, dass alles konstitutiv neu ist, für waghalsiger. Andererseits scheinen alle stabilen Ordnungen des Kosmos auf beidem fußend so etwas wie wiederholte Variationen zu sein. Derzeit glaube ich, dass das, was wir hier erleben und dem wir viele Namen geben, zuvorderst Kreativität ist. Unablässige Selbstschöpfung, die stets auf vorherige Schöpfungsakte referiert. Selbst Tradition erscheint mir damit als wiederholte Variation des einst Neuen. Vielleicht ist Wahrscheinlichkeit hier ergiebiger als Sicherheit?


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

01.12.2022 um 16:29
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Standpunkt, dass alles konstitutiv neu ist
Magst du das etwas ausführen?
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Andererseits scheinen alle stabilen Ordnungen des Kosmos auf beidem fußend so etwas wie wiederholte Variationen zu sein.
Ist das nicht ein Widerspruch, wiederholte Variationen?
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Derzeit glaube ich, dass das, was wir hier erleben und dem wir viele Namen geben, zuvorderst Kreativität ist.
Nicht Selektion?
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Unablässige Selbstschöpfung, die stets auf vorherige Schöpfungsakte referiert
Und ... Multiversen? Unabhängig oder abhängig voneinander?
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Vielleicht ist Wahrscheinlichkeit hier ergiebiger als Sicherheit?
Was ist Sicherheit? Nichts ist sicher. Ich kenne Menschen, die eine Versicherung gegen alles Mögliche abgeschlossen haben - und dann geschieht etwas in deren Leben, für das es keine Versicherung gibt oder für das keine Versicherung aufkommt: Wenn der Partner einen verlässt und man in einen emotionalen Abgrund stürzt, wenn man in eine Depression verfällt, wenn man einer Sucht anheimfällt, wenn man auf einen Heiratsschwindler hereinfällt, wenn man in Trauer versinkt ...
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Selbst Tradition erscheint mir damit als wiederholte Variation des einst Neuen.
Mit Referenz auf genau was?


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

11.12.2022 um 10:33
Die Philosophie ist auch aus einem anderen Grund ein zweischneidiges Schwert, weil sie einen direkten Einfluss auf unser Leben hat und nicht, wie manche denken, von weltabgewandten Gedankenspinnern in einem Elfenbeinturm fabriziert wird, womit sich ein "normaler" Mensch nicht beschäftigen muss. Das ist ein verhängnisvoller Irrtum. Das philosophische Gedankengut entscheidet über die Gesellschaft und die Politik, es ist die Quelle sämtlicher politischer Strömungen und Ideologien.

Seit etwa 2019, als ich die Philosophie von Ayn Rand entdeckte (zu der ich mich bekenne), wurde mir langsam klar, wie sehr wir alle schon als Kinder von den Philosophen des Kollektivismus und Altruismus in ihren unzähligen Variationen indoktriniert und verseucht wurden, angefangen bei Platon aus der Antike über Kant und Hegel bis hin zu den von mir am meisten gehassten Schergen der Menschheitsgeschichte Marx und Lenin mit ihrem dialektischen Materialismus. Hitler hatte keine eigene Philosophie, aber er bediente sich aus dem Gedankengut anderer, vor allem Hegel war die Grundlage seiner gegen das Individuum gerichteten Ideologie der Anbetung von Volk und Staat. "Du bist nichts, dein Volk ist alles" war ein beliebter Slogan der Nationalsozialisten.

Schon seit Jahrtausenden wird ein mentaler Krieg gegen das Individuum geführt. Bis heute haben sich die Kollektivisten leider immer wieder durchgesetzt, sogar in den USA wurde die leuchtende und hoffnungsvoll schimmernde Freiheitsphilosophie der Gründerväter von den Anhängern des Kant & Hegel unterwandert und verdrängt, zuerst in den Universitäten, danach immer mehr auch in der Politik.

Hier ein Video, welches mir die Augen öffnete:
https://www.youtube.com/watch?v=QcqIrnym3qI


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

11.12.2022 um 19:55
Zitat von GobernadorGobernador schrieb:Die Philosophie ist auch aus einem anderen Grund ein zweischneidiges Schwert, weil sie einen direkten Einfluss auf unser Leben hat und nicht, wie manche denken, von weltabgewandten Gedankenspinnern in einem Elfenbeinturm fabriziert wird, womit sich ein "normaler" Mensch nicht beschäftigen muss. Das ist ein verhängnisvoller Irrtum. Das philosophische Gedankengut entscheidet über die Gesellschaft und die Politik, es ist die Quelle sämtlicher politischer Strömungen und Ideologien.
Da es unterschiedliche philosophische Richtungen gibt, die demokratisch nebeneinander existieren, würde ich die Philosophie durchaus auch als fruchtbar und positiv betrachten. Auch die heutigen Wissenschaften basieren letztlich auf philosophischen Ideen zur Forschung.

Mir persönlich hat der antike Stoizismus sehr viel gebracht. In meinem Blog schrieb ich mehr dazu:
Der antike Stoizismus als Wiege der heutigen Motivationspsychologie (Beitrag von Laura_Maelle)


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28.01.2023 um 04:48
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Ich bin keine Philosophin, aber ich philosophiere so penetrant vor mich hin.
Manchmal kommt es mir so vor, als wäre die Philosophie gefährlich,
weil man sich darin so verlieren kann, als würde man nicht mehr hinausfinden.
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 18.07.2022:Es ist "schlimm", wenn man einfach so ist und nicht anders kann als nachzudenken und herumzugrübeln.
Dauergrübeln KANN Ausdruck einer psychischen Imbalance oder Störung sein. Medikamente wie SSRI können eventuell, wenn der Leidensdruck entsprechend hoch ist, dabei helfen, das einzugrenzen.

Es gibt auch Persönlichkeitstypen die auf hohen Dauer-Stress mit der zwanghaften Suche nach "Wahrheit" reagieren. Meine ich irgenwann mal in einem Auswertungbogen des GOP (golden Profiler of personality) gelesen zu haben.

Es scheint bei dir außerdem Angst im Spiel zu sein. Ohne weitere Anhaltspunkte dafür zu haben werfe ich mal Asperger in den Raum, das oft mit vergrößerter Amygdala (Angstzentrum) einher geht. Die sitzt sitzt am Hypothalamus, weshalb Langzeiterinnerungen auch Angstverseucht sein können (bilde ich mir ein). Das hohe Dauerangstlevel fällt kaum auf, weil schon von frühkindlicher Zeit so. Diese Angst kann Trigger für das Bewusstein (dauerhaftes Denken) sein, das sonst nur unter bestimmten Bedingungen zeitweise aktiv ist (mehr dazu weiter unten).
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Bisher konnte doch keine der Kernfragen über das Leben und das Universum beantwortet werden
Das mag wohl auch deswegen so sein, weil die meisten Fragen, die wir zu beantworten suchen, auf mentalen, abstrakten Begriffen menschlicher Kongnition basieren. Wir bilden Begriffe aus Sinnesreizen (Erfahrungen) aus denen wir Konzepte und Vorstellungen (Wirklichkeit, Innenwelt) abstrahieren und versuchen dann, auf deren Basis, Antworten über das Außen (Realität, Außenwelt) zu finden. Das kann nur eingeschränkt funktionieren. Und selbst wenn Menschen mit sehr hoher Kognitionsfähigkeit Antorten auf komplexe Fragen erdenken, erscheint es unwahrscheinlich, dass solche auch von andern in gleicher Qualität nachvollzogen werden können.
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:und das würde ich gern nachvollziehen können,
wie man so hinterfragend, nachdenklich, antwortsuchend und doch glücklich zugleich sein kann,
Philo- = Wortbildungselement mit der Bedeutung »Freund, Verehrer (von etwas), Liebhaber, Anhänger; Liebe, Verehrung, Neigung (zu etwas)

-sophie: von Sophismus = kluger Gedanke, listig Erfundenes, logischer Kunstgriff, geschickter Trugschluss

Der Philosoph ist also ein Liebaher der klugen Gedanken. Das genügt ihm zum glücklich sein.
Nach anderer Deutung aber auch der Freund geschickter Trügschlüsse 😉
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Ich glaube manchmal, die Menschheit steht sich dabei selbst im Weg, sich zu etwas friedlicherem zu entwickeln, zu einer Welt in der viele Probleme gelöst werden könnten, weil man erkennt und dazu steht, dass gewisse Dinge nicht richtig sind.
"friedlich", "richtig" sind subjektiv und damit kaum als etwas anderes zu gebrauchen, als der Suche nach einem abstrakten (weil nie vollständig gedachten) subjektiven Zweck.

Zarathustra gibt uns ein gutes Korrektiv zu diesem moralaffinen Dogma. Freud sagt uns, dass der Zwang zur Friedlichkeit Auslöser psychischer Störungen ist (das Unbehagen in der Kultur). Vielleicht ist es die Moral, die uns den klaren (und wertungsfreien) Blick auf das verwehrt, was der Mensch im Kern wirklich ist. Da viele das nicht ertragen, brauchen sie nach Marx den Opiumersatz Religion.

Zuletzt: das Bewusstsein, und damit das ICH, ist primär ein Problemlöser. Gäbe es Bewusstsein in einer Welt ohne Probleme, Konflikte und Wiedersprüche (und ganz primär ohne die Angst vor dem Tod)? Oder wäre es obsolet und würde (wieder) verschwinden?
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 11.07.2022:Ich bin eh der Meinung, Religion ist nur entstanden um sich als Mensch nicht in dieser Welt zu verlieren. Man setzt sich selbst einen Schöpfer vor, etwas erhabeneres und intelligenteres, nach dem man sich richten kann, obwohl all das was wir jenen Gottheiten zuschreiben, aus unseren eigenen Gedanken entstanden ist.
Religion ist hoch komplex. Es geht um Aspekte wie Konzeption der arbeitsteiligen Gesellschaft, Geldsystem, Psychoanalyse, predictive Programming und insbesondere auch Kalender (Jesus, der über das Wasser läft, ist - in manchem Kontext - die Sonne). Im Prinzip geht es um all die Dinge, die für den vernunft- und intellektbasierten Übergang vom Jäger und Sammler zur arbeitsteiligen Kulturgesellschaft notwendig sind. Das heist allerdings nicht, dass Religion bewusst aus dieser Intention heraus entstanden sein muss. Jedenfalls aber finden sich viele charakteristische Allegorien in dieser Hinsicht.
Darüber hinaus ist der Erkenntnisapparat des Menschen darauf ausgerichtet Urachen-Wirkungs-Beziehungen zu ergründen. Für mich wenig verwunderlich, dass das Konzept Gott als das abstrakte Konzept der - zum jeweiligen Erkenntnisstand - unergründlich letzen Ursache in vielen Kulturen in gleicher Weise- quasi a priori - auftritt.
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb am 11.07.2022:mehr verwundert, wie die meisten Menschen so durch das Leben schreiten, oder das Wunder der eigen Existenz überhaupt erkennen zu können. Wie kann man jeden Tag das Licht der Sonne hinnehmen und nutzen, ohne sich zu fragen, wo ist das Teil und wie funktioniert es?
Das Gehirn will Energie sparen, daher laufen Menschen meist im "Automodus (Wie beim Autofahren, wenn man sich fragt "Wie bin ich hier her gekommen??"). Bewusstsein wird primär dann aktiv, wenn das Gehirn auf Wiedersprüche zu seinen Erwartungshaltungen stößt. Es können aber auch andere Auslöser Grund für eine - teils ab"normale" - (Dauer-)Aktivität des Bewusstseins sein. Also die meisten denken schlicht nicht die ganze Zeit über alles und jedes (ohne Wertung).

‐------------
Soweit die Gedanken eines Dauergrüblers ohne jede wirkliche Ahnung 😉
Ich vermische gerne Bewusstsein, ICH und Verstand , das ist meinen Gedanken noch nicht voll ausdifferenziert. Daher kann es sein, das ich oben manchmal unpräzise, falsche Begriffe verwende.
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb am 30.11.2022:Derzeit glaube ich, dass das, was wir hier erleben und dem wir viele Namen geben, zuvorderst Kreativität ist.
Einfach ein unglaublich schöner, tiefsinniger Gedanke! ❤


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

28.01.2023 um 14:41
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 11.07.2022:Ich bin eh der Meinung, Religion ist nur entstanden um sich als Mensch nicht in dieser Welt zu verlieren. Man setzt sich selbst einen Schöpfer vor, etwas erhabeneres und intelligenteres, nach dem man sich richten kann, obwohl all das was wir jenen Gottheiten zuschreiben, aus unseren eigenen Gedanken entstanden ist. Alles was wir in ihnen sehen, sind wir selbst. Wir brauchen keinen Schöpfer, aber anscheinend will man vor dieser möglichen Erkenntnis fliehen, dass alles Leben einfach so willkürlich ohne Sinn und Ziel entstanden sein könnte.
Ein, aus meiner Sicht, guter erster Ansatz. Folgende weiterführende Gedanken zu meinen Ausführungen oben:

Funktion des Gottkonzepts im Hinblick auf "soziale Konditionierung":

"Freud beschreibt den Ödipuskonflikt ursprünglich als Inzestphantasie des Kindes zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr in Bezug auf den gegengeschlechtlichen Elternteil, verbunden mit der Rivalität gegenüber dem Elternteil gleichen Geschlechts und der damit einhergehenden Angst vor dessen Rache. Dabei bestand die Annahme, dass es sich um ein universelles Phänomen handle und dass die umgekehrte Konstellation, die Liebe zum Elternteil gleichen Geschlechts und die entsprechende Rivalität zum anderen Elternteil, ebenfalls eine Regelerscheinung sei.

Durch die Überwindung des Ödipuskonfliktes und die Identifikation mit den Eltern und der Verinnerlichung der durch sie gesetzten Grenzen bildet sich das Über-Ich als stabile innerseelische Instanz aus, welche den Triebansprüchen des Es gegenübersteht.
"

Gott, der Vater, ist ein Identifikations-Angebot als Ersatz für den Vater. Die hier vermittelten Wert- und Moralvorstellungen werden daher - wie von allein, d.h. subbewusst - zur Ausbildubg des Über-Ich übernommen.
Weder ist es notwendig, dass der Ödipuskomplex in sich wissenschaftlich korrekt ist, denn es ist zunächst nur die Umschreibung eines Phänomens. Was ich meine: Das Konzept des Atoms ist auch nicht korrekt, funktioniert für bestimme Schen aber trotzdem. Und es muss nicht so sein, dass der Ödipuskomplex damals bereits erkannt, und Religin bewusst so konstruiert wurde.

Polemisch betrachtet bleibt die Mutter, die Jungfrau Maria, das Objekt der sexuellen Begierde, sogar unbefleckt. Gott...what a nice guy 👍🏼

Weiterhin implementiert Gott, der Herr, das Konzept von Master and Slave...also die Konditionierung* im Hinblick auf die Akzeptanz kulturell basierter hierarchischer Strukturen (und nich basierend auf Stärke und Wettbewerb wie in der Natur). Das ist für die Genese stabiler Kulturgesellschaften essentiell notwendig. *Siehe dazu das Konzept predictive Programming.

Im Prinzip muss Religion daher nicht geglaubt werden, um das zu bewirken, wofür es - zum Teil - gedacht ist. Weite Teile sind aber auch allegorisch vermittelte Ideen und Konzepte (siehe vorhergehende Ausführungen), die sind scheibar in der Art und Struktur dargeboten, wie das Unterbewusstsein "denkt". Das kann den Zweck haben, den Zensor des Intellekts zu umgehen, oder aber ohne Notwendigkeit des intellektuellen Verstehens direkt auf das Unterbweusstsein zu wirken. Ob zur Genese von Religion diese Konzepte zunächst vermittels Intellekt bewusst wurden, oder ob sie eher die direkte Projektion der subbweussten Bilder sind, bin ich mir nicht sicher. Vermutlich beides.

Die Abkehr von Religion führt in der heutigen Zeit dann in letzter Konsequenz zu einem weitgehenden Verlsut von konsensfähigen Wert- und Moralvorstellungen. Das ist keine gute Sache. Für eine "positive" Zukunft brauchen wir eine neue, intellektuell konzipierte - und auf einem objektiven Menschenbild basierende!!! - Religion.
Eine neue Art von Religion haben wir ja aktuell schon (z. B. Schuldgeldsystem mit Zins als moderne Transzendenz der Schuld, Socialmedia mit Ihren neuen Göttern usw.), allerdings weniger offensichtlich - aber fast allumfassend - und - leider - eher im Hinblick auf die Ausführungen Nietzsches im Hinblich auf Zarathustras Gedanken zu den "Schaffenden" (also nicht auf einen "humanen"* Zeck ausgerichtet). * man könnte es auch anders sehen, wenn man eine objektive Defintion von "human" wählt 😉
Am Ende aller Gedanken erleben wir Evulotion, die heute primär auf der Ebene des Geistes stattfindet, und bei der die Kompetenz zur Täuschung mehr Gewicht zu haben scheint, als Moral (und das meine ich wertungsfrei. Ich bin kein Psycho der ech sagen will, Moral ist falsch! Aber sie muss rational und objektiv sein und nicht basiert auf kognitiven Verzerrungen).


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12.03.2023 um 19:45
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 01.12.2022:Magst du das etwas ausführen?
Es geht um den Kerngedanken der Prozessontologie, dass kein konkretes Ereignis einem anderen konkreten Ereignis exakt gleicht. Auch uns naturgesetzlich anmutende Vollzüge – eine chemische Reaktion, ein planetarer Umlauf – finden in z.B. variierenden raumzeitlichen Relationen statt, in immerzu neuen Kontextbedingungen; in jeweils gewandelten Universen von unüberschaubarer Komplexität.

Es ist eine Abstraktion, zu sagen, dass der Mond um die Erde kreist. Empirisch betrachtet ist jeder Umlauf ein neues Ereignis.

Diese Perspektive nun ließe sich extrapolieren zu: das ist eine Grundeigenschaft aller Phänomene. Und das halte ich für weniger spekulativ als Nietzsches mystischen Gedanke, metakosmisch skaliert sei alles Wiederkehr.
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 01.12.2022:Ist das nicht ein Widerspruch, wiederholte Variationen?
Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Wenn ich ein Wort dreimal hintereinander mit nahezu identischen, aber latent abweichenden Handbewegungen schreibe, wie nennt man das dann? Wann würdest du etwas als Widerspruch bezeichnen?
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 01.12.2022:Nicht Selektion?
Die auch. Kreativität setzt Integration und Selektion notwendig voraus. Deine Antwort hierauf etwa wird diverse Parameter deiner aktualen Wirklichkeit auf neue Weise einbeziehen und ausschließen; Möglichkeiten vernichten, wie erfassen.
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 01.12.2022:Und ... Multiversen? Unabhängig oder abhängig voneinander?
Vielleicht unabhängig voneinander, aber Variationen desselben kosmologischen Prinzips? Ich bin Soziologe und Philosoph, kein Physiker. Keine Ahnung.
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 01.12.2022:Was ist Sicherheit? Nichts ist sicher. Ich kenne Menschen, die eine Versicherung gegen alles Mögliche abgeschlossen haben - und dann geschieht etwas in deren Leben, für das es keine Versicherung gibt oder für das keine Versicherung aufkommt: Wenn der Partner einen verlässt und man in einen emotionalen Abgrund stürzt, wenn man in eine Depression verfällt, wenn man einer Sucht anheimfällt, wenn man auf einen Heiratsschwindler hereinfällt, wenn man in Trauer versinkt ...
Mega. Und, um mir meine damalige Frage, ob Wahrscheinlichkeit nicht ergiebiger sei, mal selbst ins Schienbein zu jagen: Seit Montag sitzt mir ein ärztlich mehrfach erhärteter Krebsverdacht im Nacken, und ich versuch' Tag für Tag das Internet irgendwelcher Wahrscheinlichkeiten dingfest zu machen. Kann ich natürlich knicken, ich muss warten.

Der Drang nach Wahrscheinlichkeitsvorhersagen ist wohl immer auch menschliches Sicherheitsverzagen. Statistik funktioniert mathematisch, kann aber nur etwas über das Allgemeine sagen. Alles, was uns etwas angeht, ist konkret, nie dagewesen, und damit, wie du richtig festhältst, eine Antisicherheit.
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb am 01.12.2022:Mit Referenz auf genau was?
Egal was. Aber wir können ja eine Tradition nehmen, die kaum totzukriegen ist, weil sie nahezu alle naturalisiert haben, z.B. den Staat: ein mit den Sumerern eingetretenes, weltgeschichtlich erstmaliges Ereignis, das unsere Spezies wahnsinnige fünftausend Jahre lang in allen denkbaren Ausführungen wiederholend variiert hat.


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12.03.2023 um 21:22
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Ich bereue nichts so sehr wie jenen Tag, an dem ich anfing die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Was ist denn hier konkret gemeint? Welcher "anderer Blickwinkel"?
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Da passiert so vieles, zu viel. Es ist vollkommen egal, ob es positiv oder negativ ist.
Eigentlich ist alles bedeutungslos, wenn man sich Fragen stellt, die niemand beantworten kann und es bleibt einem nichts übrig,
als sich damit abfinden zu müssen, bis man eben dahinschwindet..
Ich finde das ziemlich verzweifelnd, einsam und unglücklich.
Wieso gibt es jedoch einige die trotz dieser Erkenntnis,
welche eigentlich nicht mal eine ist weil man es nicht beantworten kann,
alles andere als verloren scheinen?
Ohne, dass es böse gemeint ist: Das klingt mir etwas unstrukturiert.

In der Philosophie geht es nicht um Antworten, sondern um Fragen.
Im zweiten Schritt dann um wissenschaftliche Theorien.

Die Philosophie, als Wissenschaft, ist eben nicht einfach:
"Ich denke hier mal so ein bisschen rum". Dazu gehört schon mehr.
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022: Ich bin keine Philosophin, aber ich philosophiere so penetrant vor mich hin.
Manchmal kommt es mir so vor, als wäre die Philosophie gefährlich,
weil man sich darin so verlieren kann, als würde man nicht mehr hinausfinden.
Das sehe ich persönlich überhaupt nicht so. Würde jemand auch das Gleiche über Mathematik sagen?
Wir reden hier von einer Wissenschaft.

Vielleicht hast du auch die falsche Auffassung von Philosophie oder stellst falsche Erwartungen.

Es geht zunächst darum Fragen zu stellen, zu analysieren, Theorien zu untersuchen.
Dazu kommt auch Logik und Argumentationslehre.

Philosophie ist viel mehr das Stellen von Fragen und Argumentation als:
"Ich mache mir Gedanken und will das jetzt gefälligst beantwortet haben".

Es ist viel mehr Spaß an Theorien und an Konzepten und Gedankenexperimenten,
welche andere Philosophen entwickelt haben.

Wem dieser "Spaß" abgeht, der interessiert sich dann eben nicht für Philosophie.
Das ist in Ordnung. Es kann sich nicht jeder dafür interessieren.

Jedenfalls ist Philosophie nicht: "Hallo! Ich will Fragen beantwortet haben".
Fragen werden in Quizsendungen beantwortet.
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Bisher konnte doch keine der Kernfragen über das Leben und das Universum beantwortet werden
und dennoch scheint das für einige kein Problem zu sein und das würde ich gern nachvollziehen können,
wie man so hinterfragend, nachdenklich, antwortsuchend und doch glücklich zugleich sein kann,
obwohl man sich dessen bewusst ist, keine Antworten auf jene Fragen zu bekommen, zu keiner Erkenntnis diesbezüglich zu gelangen.
Deshalb sehe ich die Philosophie wie ein zweischneidiges Schwert, oder eher wie die Macht.
Du wirst dich wundern, dass unsere gesamte Wissenschaft, inklusive Mathematik und Physik, erst einmal
nur Gedankenkonstrukte und Gedankenexperimente sind, die uns dabei helfen sollen, die Welt etwas
anschaulicher zu machen.

Es sind oft die Parameter und Lösungen auf die sich der Konsens "geeinigt" hat.
Das heißt nicht immer, dass wir das wirklich "wissen".

Ich verstehe den Vorwurf dieses "Zweischneidigen Schwertes" hier also nicht.

Zweifeln ist ja ganz gut. Verzweifeln nicht. Wer aber schon an den Basics verzweifelt, für den ist
Philosophie dann eventuell nichts.


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13.03.2023 um 23:17
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Und das halte ich für weniger spekulativ als Nietzsches mystischen Gedanke, metakosmisch skaliert sei alles Wiederkehr.
Bei deinen Ausführungen - die ich super finde 👍🏼 - muss ich trotzdem an Nietzsche denken...(und das soll deine Ausführungen stützen)
Was der Sinn fühlt, was der Geist erkennt, das hat niemals in sich sein Ende. Aber Sinn und Geist möchten dich überreden, sie seien aller Dinge Ende: so eitel sind sie.
Im Grunde findet doch kein "Ereignis" wirklich statt? Es sind immer nur subjektive Wahrnehmungen, die über abstrakte mentale Konzepte wahrgenommen werden?


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16.03.2023 um 13:38
Zitat von FibaAmrihFibaAmrih schrieb:Im Grunde findet doch kein "Ereignis" wirklich statt?
Ich würde die Wirklichkeit schon als fortlaufenden Prozess ultrakomplexer Ereignisse bestimmen, wobei sich ,Ereignis' und ,Prozess' hier tautologisch-synonym gebrauchen lassen. Was ein ,Ereignis' wirklicher als ein ,Ding' macht, ist das es relational ist: Ich weiß zwar nicht, was du wirklich bist oder was ich wirklich bin, aber dass wir hier miteinander schreiben, findet wirklich statt. Und in diesem Sinne finden physikalische, chemische, biologische, psychische und soziale Ereignisse statt, die unser Austauschereignis prozessieren.
Zitat von FibaAmrihFibaAmrih schrieb:Es sind immer nur subjektive Wahrnehmungen, die über abstrakte mentale Konzepte wahrgenommen werden?
Von der Herangehensweise habe zumindest ich mich verabschiedet, weil sie mich bestenfalls in eine rein deskriptive Phänomenologie, schlimmstenfalls aber in den sich poststrukuralistisch selbstzersetzenden Konstruktivismus führt. Außerdem führst du damit eine Spaltung zwischen Natur und Subjekt ein, vor der ich warnen würde: Du bist doch die Wirklichkeit, die du erfassen willst. Mentale Konzepte sind Abstraktionen, das ist richtig, und wir sind uns einig, dass die stets korrigierbar und also mit Vorsicht zu genießen sind, aber deine Gedanken, Gefühle, Ziele, Hoffnungen und Träume sind m.E. genauso Wirklichkeit wie Tische, Stühle, Bäume.

Ich bin auch Subjektivist, aber ich ziehe dabei den Realismus dem Konstruktivismus vor. Insofern stellt sich mir allem voran die Frage, wie die Wirklichkeit metaphysisch schematisiert werden muss, damit sie Subjekte überhaupt hervorbringt. Und ich wurde überzeugt, dass dies nur dann interdisziplinär befriedigend eingelöst wird, wenn man die Wirklichkeit als etwas interpretiert, das sich subjektartig selbst hervorbringt: als einen Prozess der Selbstwerdung, der sich vom Quantenereignis bis zu dir relativ gut nachzeichnen lässt.

Die ,subjektive Wahrnehmung' ist der Natur von Anfang an inhärent, insofern die sich aus Ereignissen gestaltet, die einander erfassen.


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

20.03.2023 um 00:17
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb am 16.03.2023:Außerdem führst du damit eine Spaltung zwischen Natur und Subjekt ein, vor der ich warnen würde: Du bist doch die Wirklichkeit, die du erfassen willst.
Ich trenne hier streng in

- Realität, die Welt da draußen, die uns nicht unmittelbar zugänglich ist, und

- Wirklichkeit, als mentale Rekonstruktion von Realität aus Sinnesreizen, Erfahrungen und Erwartungshaltungen.

Also Realität = Außenwelt, Wirklichkeit = Innenwelt. Wirklichkeit kann Realität nicht abbilden, da sie mit Objekten arbeitet, die mentale Abstraktionen und Konzepte sind, so wie z. B. "Mensch, Auto" usw. Es existieren aber nur die konkreten Manifestationen, nicht die abstrakten Gruppen.

Ich halte diese Trennung insbesondere deshalb für wichtig, da hier und andernorts oft fälschlicherweise angenommen wird, dass die eigene Wahrnehmung die Realität korrekt abbildet, was zu Trugschlüssen und oft auch Esoterik führt. Also es werden oft aus eigener (Fehl-)Wahrnehmung falsche Rückschlüsse über die Realität gezogen, obwohl die Gründe in der eigenen Kognition zu suchen wären.
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb am 16.03.2023:aber deine Gedanken, Gefühle, Ziele, Hoffnungen und Träume sind m.E. genauso Wirklichkeit wie Tische, Stühle, Bäume.
Da stimme ich zu, aber nur im Sinne meiner strikten Definition der Wirklichkeit. Sie sind aber nicht Teil der Realität, da es dort so etwas wie das Konzept des Stuhls nicht gibt. In der Realität existiert nur die konkrete Manifestation. Also das nur das konkrete Objekt, das wir der abstrakten Gruppe Stuhl zuordnen, existiert in der Realität.

Wie siehst du das?


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

18.04.2023 um 11:34
„Philosoph ist, wer über sein Dasein und das der Welt zu verwundern vermag.

Wir dagegen gewöhnen uns im Laufe der Kindheit an den Anblick der Dinge und unsere eigene Existenz so sehr, dass sie, weit entfernt uns bestürzt zu machen, uns wie von selbst verständliche Dinge erscheinen.
Wenn unser Bewusstsein seine Reife erlangt hat, ist es durch die abstumpfende Macht der Gewohnheit verwunderungsunfähig geworden und so gehen wir in unserem ganzen Leben ganz in den praktischen Beschäftigungen auf.“


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

13.05.2023 um 16:31
Zitat von KephalopyrKephalopyr schrieb am 09.07.2022:Manchmal kommt es mir so vor, als wäre die Philosophie gefährlich,
weil man sich darin so verlieren kann, als würde man nicht mehr hinausfinden.
So ist es, weil sie kein umfassend geordnetes System aufweist. Ein Philosophieprofessor an der Universität ist wie sein theologischer Kollege nur darauf bedacht, auswendig zu lernen, was dieser und jener Philosoph gesagt hat und für seinen Kollegen was in der Bibel steht, klug zu erscheinen und tiefsinnig Fragende klug totzureden.


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Gleicht die Philosophie einem zweischneidigen Schwert?

01.06.2023 um 15:53
Zitat von RosenbundRosenbund schrieb am 13.05.2023:Ein Philosophieprofessor an der Universität ist wie sein theologischer Kollege nur darauf bedacht, auswendig zu lernen, was dieser und jener Philosoph gesagt hat und für seinen Kollegen was in der Bibel steht, klug zu erscheinen und tiefsinnig Fragende klug totzureden.
Einspruch.
Die Theologen mal außen vor, denn dazu kann ich mich mangels Wissens nicht äußern; ich habe die Erfahrung gemacht, dass den Studierenden in philosophischen Vorlesungen und Seminaren wichtige Inhalte, kanonisierte Denker und verschiedenen Denkschulen des Fachs gelehrt werden. Ausnahmen gibt es, wie stets, immer.
Die Maxime "Sapere aude" wurde während meines Studiums fast immer seitens der Profs und Dozenten vermittelt. Ich kann deine Behauptung da überhaupt nicht bestätigen.

Warum versteigst du dich darauf, dass Fragende - insbesondere im Fall der Philosophie, wo Fragen das oberste Gebot ist, "totgeredet" würden? Das stimmt nicht.


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