Depressionen
23.12.2005 um 13:55
Was ist eine Depression?
Niedergeschlagenheit: Fließende Grenze zur Depression
Als Depression bezeichnet man eine Krankheit, die mit Niedergeschlagenheit und zusätzlichen körperlichen und psychischen Störungen einhergeht.
Derzeit sind schätzungsweise fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Depression erkrankt. Das sind in Deutschland etwa vier Millionen Menschen. Etwa dreimal so groß ist die Zahl derjenigen, die irgendwann im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken ungefähr zwei- bis dreimal so viele Frauen wie Männer.
Man nimmt an, dass die Neigung zur Depression zum Teil vererbbar ist. Hat man bereits einmal eine Depression durchlebt, so besteht ein erhöhtes Risiko für das erneute Auftreten dieser Krankheit.
Eine Depression lässt sich meist mit einer Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie erfolgreich behandeln.
Was ist die Ursache einer Depression?
Es wird vermutet, dass die Wirkung der Neurotransmitter (chemische Botenstoffe, die Nervensignale weiterleiten) Serotonin und Noradrenalin im Vergleich zum Gesunden verändert ist. Die Ursache dafür ist unbekannt, wahrscheinlich spielt aber eine erbliche Vorbelastung eine große Rolle.
Antidepressive Medikamente entfalten ihre Wirkung, indem sie die Wirkung von Serotonin und/oder Noradrenalin im Gehirn erhöhen.
Auslöser für eine depressive Episode können beispielsweise akute oder chronisch belastende Lebensereignisse sein. Der Arzt versucht mit Hilfe der Psychotherapie diese Ereignisse zu vermeiden oder dem Patienten beim Umgang mit diesen zu helfen.
Welche Formen der Depression gibt es?
Unipolare Depression: Sie ist die häufigste depressive Erkrankung. Unipolar (einpolig) nennt man diese Form der Depression deswegen, weil die Patienten nur depressive, aber keine manischen Phasen erleiden. Hauptsymtome sind Morgentief, Früherwachen, Schlafstörungen in der zweiten Nachthälfte und Niedergeschlagenheit
Bipolare affektive Störung: Im Unterschied zur unipolaren Depression ist die bipolare affektive Störung durch depressive und manische Phasen gekennzeichnet. In der Manie dominiert bei den Betroffenen ein übersteigertes und hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten unangemessenes Selbstverständnis. So können manische Patienten wochenlang die Nächte durcharbeiten, ohne Müdigkeitserscheinungen wahrzunehmen.
Dysthymie, Zyklothymie: Bei der Dysthymie sind die depressiven Symptome zwar etwas leichter als bei der unipolaren Depression. Doch sie beginnen oft schon im Jugendalter und verlaufen chronisch, erstrecken sich also über weite Lebensabschnitte. Bei der Zyklothymie, dem bipolaren Gegenstück zur Dysthymie, kommt es zu unterschwelligen manischen und depressiven Phasen.
Winterdepression: Von einer saisonal abhängigen Depression (SAD, Winterdepression) spricht man, wenn die depressiven Symptome regelmäßig im Herbst oder Winter auftreten und im Frühjahr oder Frühsommer wieder vergehen. Diese Form der Depression dauert also höchstens fünf bis sechs Monate an. Im Vordergrund steht das Symptom verminderte Energie, nicht so sehr die depressive Verstimmung.
Auch verschiedene Medikamente können Depressionen auslösen oder verstärken. Dazu gehören kortisonhaltige Präparate, Kontrazptiva ("die Pille"), neurologische und Herz-Kreislauf-Medikamente (Beta-Blocker).
Wie macht sich eine Depression bemerkbar?
Es ist ganz natürlich, sich in verschiedenen Situationen des Alltags niedergeschlagen zu fühlen. Die Grenze zwischen normaler Niedergeschlagenheit und leichteren Depressionen ist manchmal fließend. In den meisten Fällen lässt sich jedoch eine normale Stimmungsschwankung von einer depressiven Erkrankung klar unterscheiden. Nnicht immer muß ein äußerer auslösender Grund bei einer Depression vorhanden sein.
Die Krankheit ist oft sowohl für den Kranken als auch für seine Angehörigen und Freunde unerklärlich und kann in vielen Fällen nicht als nachvollziehbare Reaktion auf eine erkennbare Krise interpretiert werden.
Die wichtigsten Symptome sind:
Gedrückte Stimmung
Fehlendes Interesse und Freude an normalen Aktivitäten und Vergnügungen
Geringerer Appetit und Gewichtsverlust, seltener erhöhter Appetit und Gewichtszunahme (vergleiche Winterdepression)
Schlafstörungen
Quälende Unruhe oder Neigung zum Rückzug und gehemmtes Denken und Handeln Konzentrationsschwierigkeiten, langsamer Gedankengang, Unentschlossenheit
Verringertes sexuelles Interesse
Fehlende Energie und Müdigkeit
Geringes Selbstbewusstsein, übertriebene Schuldgefühle und Verarmungs-Befürchtungen
Wiederkehrende Gedanken über den Tod, Selbstmordgedanken, Selbstmordversuche
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Die Ärztin oder der Arzt, im Idealfall ein psychiatrischer Facharzt und/oder Psychotherapeut, stellt die Diagnose durch ein ausführliches Gespräch (Anamnese).
Bis jetzt gibt es noch keinen Test, der zuverlässig zeigt, ob man an Depressionen leidet. Eventuell können Tests wie der Goldberg-Test auf eine depressive Erkrankung hinweisen.
In einigen Fällen führen Blutuntersuchungen und die Computer-Tomographie (CT) zum Ausschluss anderer möglicher Ursachen für die Symptome, wie z.B. zu niedriger Blutzuckerspiegel, Mangel an Vitamin B 12, Demenz oder Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
Wie wird eine Depression behandelt?
Bei leichten Depressionen genügt meist eine ambulante Gesprächstherapie oder eine andere Form der Psychotherapie. Psychotherapeutische Verfahren, die hier die beste Wirkung zeigen, sind die so genannte kognitive Verhaltenstherapie und die interpersonelle Therapie. Ob zusätzlich antidepressiv wirkende Medikamente zum Einsatz kommen sollen, muss individuell entschieden werden.
Bei mittelschweren Fällen kann die Behandlung ambulant durch den Hausarzt oder Facharzt (Neurologe, Psychiater) durch antidepressiv wirkende Medikamente und/oder Psychotherapie erfolgen.
Bei schweren Fällen, insbesondere, wenn der Kranke selbstmordgefährdet ist, wird eine stationäre Behandlung notwendig. Die Behandlung erfolgt üblicherweise mit Medikamenten oft in Kombination mit psychotherapeutischen Maßnahmen.
Bei einer medikamentösen Behandlung können folgende Mittel eingesetzt werden:
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) (neue Medikamente, die die Wirkung von Serotonin im Gehirn erhöhen)
Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (NARI) (neue Medikamente, die die Wirkung von Noradrenalin im Gehirn erhöhen)
Trizyklische Antidepressiva (Medikamente, die die Wirkung von Noradrenalin und Serotonin im Gehirn erhöhen)
Monoamino-Oxidase-(MAO)-Hemmer (verlangsamen den Abbau von Noradrenalin und Serotonin im Gehirn)
Lithiumsalze zur Verhütung von Rückfällen
Bei einzelnen Fällen kann es notwendig sein, durch eine vorbeugende medikamentöse Behandlung depressive Rückfälle zu verhindern.
Weitere Behandlungs-Möglichkeiten sind die Lichttherapie (bei der saisonalen Winterdepression) und die so genannte Schlafentzugsbehandlung. Bei der Schlafentzugsbehandlung bleiben die Patienten zumindest die zweite Nachthälfte wach (partieller Schlafentzug) und legen sich erst am folgenden Abend wieder schlafen. Obwohl depressive Patienten ohnehin schon an Schlafstörungen leiden, erleben viele von ihnen nach einer durchwachten Nacht eine deutliche Stimmungsaufhellung und eine Normalisierung ihres Schlafrhythmusses. Auch wenn der Rückgang der depressiven Symptome zunächst meist nur ein bis zwei Tage anhält, so ist er doch für viele Patienten ermutigend.
Johanniskrautpräparate, die zur Behandlung von Depression eingesetzt werden, wirken auf die gleichen Botenstoffe im Gehirn wie die klassischen Medikamente. Man sollte jedoch bedenken, dass sich Johanniskrautpräparate nur zur Behandlung leichterer Depressionen eignen. Ihre Dosierung gestaltet sich schwierig, da die Extrakte von Johanniskraut eine Vielzahl chemischer Substanzen enthalten und nicht genau bekannt ist, welcher dieser Inhaltsstoffe für den antidepressiven Effekt verantwortlich ist. Nur wenige der angebotenen Präparate dürften eine ausreichende Dosis an wirksamen Substanzen enthalten, so dass die große Gefahr besteht, keine ausreichende Wirkung zu erzielen.
Wie kann man einer Depression vorbeugen?
Es ist gut belegt, dass durch eine langfristige medikamentöse Weiterbehandlung von Patienten mit immer wiederkehrenden Episoden das Risiko des Wiederauftretens von Depressionen deutlich gemindert werden kann. Dies gelingt am besten durch die langfristige Einnahme von Antidepressiva. Bei älteren Patienten hat sich die Kombination von medikamentöser Therapie und Psychotherapie am erfolgreichsten erwiesen.
Neben Antidepressiva kann auch Lithium zur Vorbeugung von Depressionen eingesetzt werden.
An eine langfristige vorbeugende Therapie sollte immer gedacht werden, wenn bereits mehrere schwere, unter Umständen sogar lebensbedrohliche, depressive Episoden aufgetreten sind.
Wie ist die Prognose?
Den meisten Patienten kann durch eine konsequente Behandlung gut geholfen werden. Dadurch können depressive Episoden, die unbehandelt Monate oder sogar Jahre dauern können, durchbrochen und völlig zum Abklingen gebracht werden. Da auch nach Abklingen der depressiven Episode ein hohes Rückfallrisiko besteht, profitieren viele Patienten von einer rückfallverhütenden Langzeitbehandlung.
Etwa 15 Prozent der Patienten mit schweren depressiven Störungen nehmen sich das Leben. Die Hälfte der Patienten begeht zumindest einen Selbstmord-Versuch. Ältere depressiv erkrankte Menschen, die lange bettlägerig und inaktiv sind, können aus Bewegungsmangel an Folge- und Begleitkrankheiten sterben.
Quellen
Kompetenznetz Depression ;
T. Payk: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie, 4. Auflage
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