@fischersfritzi Okay, ich hab mich jetzt durch den Film gearbeitet. Ich denke, vieles muss ich noch etwas sacken lassen, aber was mir direkt auffällt, ist eigentlich etwas, was ich auch erwartet habe: was die Geschichten der Frauen angeht, sehe ich eine sehr deutliche Einfärbung der Berichterstattung zu Gunsten der Frauen. Zwei Beispiele:
- eine anonymisierte Frau berichtet von der Inobhutnahme ihres Kindes. Unter anderem erzählt sie, dass sie durch die Polizei fixiert werden musste. Finde ich jetzt sehr erwartbar, wenn man einer Mutter das Kind wegnimmt. Mich müsste man wohl auch fixieren. Sie schildert außerdem sehr ausführlich, dass sie dabei stark gewürgt worden sei und ihr später in der Gewaltschutzambulanz bestätigt worden sei, dass sie Glück gehabt habe, dass sie das überlebt hat (so sinngemäß jedenfalls). Also ganz schrecklich und völlig überzogen, wie man gegen diese Frau vorgegangen ist. Anschließend werden Bilder ihrer Verletzungen zum Beweis eingeblendet. Die Bilder zeigen Hämatome an den Armen, wie sie bei einer Fixierung von jemandem, der sich heftig wehrt, durchaus entstehen können. Eine Mutter in ihrer Situation wird zur Löwin. Was man aber nicht sieht, sind Würgemale. Einen objektiven Beleg für das Würgen bleibt die Reportage schuldig.
- Linda schildert, wie man ihr angedroht hat, gegen sie ein Ordnungsgeld zu verhängen, alternativ sie in Ordnungshaft zu nehmen, wenn sie die Kosten der Einsätze nicht zahlt. Es folgt eine Einblendung jener Androhung. Was ausbleibt, ist eine Einordnung dieser Sache. Das, was eingeblendet wird, ist ein Hinweis auf mögliche Rechtsfolgen, mehr nicht. Dass dieser Hinweis von ihr ganz anders verstanden wird, ist nachvollziehbar. Formaljuristisch muss ihr diese Information aber gegeben werden.
Ich muss einen ähnlichen Hinweis auch häufiger mal verschriftlichen, und ich bemühe mich immer darum, ihn sprachlich so zu gestalten, dass klar wird, dass das keine Androhung von mir ist, sondern ein rechtlich notwendiger Hinweis auf eine mögliche Rechtsfolge, die aber nicht zwingend zur Anwendung kommen muss. Ob das auch immer so ankommt, bezweifele ich aber. Das hat eindeutige Potential, so verstanden zu werden, wie Linda es versteht, aber in so einer Doku muss man das dann auch einordnen. Das passiert hier nicht.
Ich werde versuchen, beim sacken lassen dieser Doku auszublenden, was ich gerade bei Linda in den Zwischentönen glaube, wahrgenommen zu haben, gerade zum Ende hin. Da habe ich ( vielleicht auch auf Grund meiner Erwartenshaltung) schon Dinge gehört, die für mich darauf hindeuten, dass die Beziehung zwischen ihr und ihrer Tochter wirklich nicht gesund war, aber das ist rein subjektiv. Wahrscheinlich muss ich auch noch ein zweites Mal gucken.