Link: blog.kairaven.de (extern) (Archiv-Version vom 22.04.2007)Die Zeit freundlicher Kritik und ständiger Mahnung, bei der TerrorismusbekämpfungAugenmaß zu wahren, geht zu Ende. Nun ist Widerstand geboten. Unter der neuen"Sicherheitsarchitektur", die der Innenminister Schäuble plant, verbirgt sich dieVerwandlung der Bundesrepublik in einen Überwachungsstaat.
Egon Bahr hatgeschrieben, Staatsräson gehe vor Menschenwürde. Das ist falsch. Ohne Achtung vor derMenschenwürde verliert der Staat jede Räson. Er wird zur Herrschaftsmaschine, die manfürchten muss, aber nicht mehr achten kann.
Wie schön, dass man eine solch klare undnotwendige Feststellung mittlerweile auch aus dem Munde eines Politikers vernehmen kann,der immer noch eine gewichtige Stimme auf dem politischen Parkett besitzt, wenn es umFragen der Bürgerrechte geht und diese Feststellung auch in einer der Zeitungenerscheint, die für mich noch zu den Presseerzeugnissen zählt, die sich eine kritischePosition bewahren und ihrer Aufgabe als "vierte Macht" etwas mehr Ernst beimessen als dieanderen Blätter und Sender.
Denn genau darum geht es – jetzt: Wir müssen in den"Widerstandsmodus" gegen die fortgesetzten Angriffe gegen unseren demokratischenRechtsstaat umschalten, denn die Verfechter des präventiven Sicherheitsstaates alsautoritärer Ausprägung der "Herrschaftsmaschine", die der Staat immer schon war, legenschon seit Jahren keinen keinen Wert auf Kritik und öffentlichen Diskurs, um dasSpannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit auszuloten, bevor man Einschränkungen derFreiheit vornimmt.
Öffentliche Beteuerungen der Verfechter, dies tun zu wollen undbei ihrem Vorgehen die demokratische Grundordnung und den Rechtsstaat zu achten, werdennur noch ausgesprochen, weil man weiß, dass dies zu den demokratischen Gepflogenheitengehört und zur notwendigen Rhetorik, mit der man der Öffentlichkeit glaubhaft machenmuss, dass jede Erosion des Rechts- und Verfassungsstaates ihrerseits auf demokratischenVerfahren fusst. Der Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unter dem Primat vonSicherheit und Kontrolle hat sich demokratisch zu vollziehen.
Dagegen verhallendie demokratischen Mittel und Wege der Mahnung und Kritik zusehend ungehört, dieVerfechter halten nicht inne, um sie von allen Seiten zu beleuchten, sondern schaltenreflexhaft auf Blockade und Abwehrhaltung, die man bevorzugt über die Medien zelebriert,begleitet von der einen oder anderen Diffamierung der Vertreter der Kritik – das ist zurZeit der Zustand und das Klima in Deutschland, in denen der Diskurs über die Wahrungunserer Demokratie und unserer Rechte bei Wahrung und Ergreifung der notwendigenSicherheitsmaßnahmen, die sinnvoll, effizient und verhältnismäßig sind, nicht geführtwird.
Deshalb muss von uns der Diskurs vermehrt im "Widerstandsmodus" geführtwerden, wobei sich – wie immer – die Frage des "Wie" stellt.
Wir können demSicherheitsstaat individuell und technisch unsere Gegenwehr demonstrieren, indem jederdas gesamte Potential und Spektrum an Techniken ativiert, die in der Spezialistenspracheals "die Privatsphäre verstärkende Techniken" bezeichnet werden, ganz unabhängig davon,ob sie konkret "hinter dir und mir her sind". Wir können öffentlich bei Demonstrationenwie der kommenden Freiheit statt Angst - Demo gegen Sicherheits- und Überwachungswahn am14. April präsent sein, um unsere Ablehnung zu zeigen und darauf hoffen, dass die Medienin ihrer Berichterstattung diese Ablehnung aufgreifen und transportieren. Wir könnenunsere Ablehnung bei kommenden Wahlen deutlich machen, indem wir den Parteien unsereZustimmung verweigern, die sich in der Regierung und im Bundestag am Abbau unsererGrundrechte beteiligen oder beteiligt haben. Jeder kann sich an Aktionen beteiligen, diesich der Wege bedienen, die uns der Rechtsstaat dafür zur Verfügung stellt: Petitionenund Verfassungsbeschwerden. Jeder kann seine Stimme so laut wie möglich erheben – inpersönlichen Gesprächen am Arbeitsplatz, im Bekannten- und Freundeskreis oder in Chats,in Anrufen bei Radio- und TV-Sendungen, die sich unserer Kritik widmen, in Leserbriefenzu Presseartikeln, die dies ebenfalls machen, in Form permanenter kritischerBerichterstattung "von unten" in Webforen, Weblogs und auf Homepages.
Widerstandsmodus-Technik ;)
(Archiv-Version vom 28.04.2007)