@paxito ich schrieb ja auch, das Bewusstsein, ist ein "Nebenprodukt" jener komplexen, neuronalen Netzwerke im Gehirn geworden. Sprich, es hatte eine so hohe Komplexität erreicht, das es irgendwann zu einer Art von "Singularität" in der Bewusstwerdung kam. Evolutionär betrachtet mag es keine "Vorteile" haben, jedoch durchaus im Rahmen zivilisatorischer Prozesse. Sprich, es gab irgendwann auch den Punkt, an dem der Mensch nicht mehr nur fürs eigene Überleben und die Reproduktion sorgen musste, sondern wo er auch mal seinen Rahmen stark erweitern musste und dazu fügt sich durchaus auch ein Bewusstsein ein, das eben auch Perspektivwechsel und ein Vorstellungsvermögen ermöglicht, das es vorher nicht gab. Sprich, es geht nicht nur um Reflexion und bewusste Wahrnehmungen, sondern es ist ein komplexes Geflecht, das sich eben auch durch Ideen dann bemerkbar macht. Die Fähigkeit Ideen zu entwickeln, ist eben auch einer der Grundbausteine, für eine zivilisatorische Progression. Man verlässt also den rein natürlichen Rahmen evolutionärer Prozesse und ergänzt diese um ein vollkommen weites Möglichkeitsspektrum. Natürlich mit allen Vor- und Nachteilen, die Zivilisationen mit sich bringen. Das führte ja sogar zur Schaffung von Ideologien, Religionen, Dogmen und Philosophien.
Und doch, ich denke schon, es hat einen Vorteil für das Überleben, denn das planende, das durchdenkende und auch die Fähigkeit um die Ecke denken zu können, unterschiedlichste Methoden zu entwickeln, setzen ein Bewusstsein voraus. Lebewesen, die das nicht haben, sind immer ihren Bedingungen zu 100% ausgesetzt und reagieren dann ziemlich empfindlich auf Veränderungen auf jene Bedingungen. Der Mensch hingegen macht ganze Völkerwanderungen durch, setzt sich in unterschiedlichsten Lebensräumen fest, kann sich selbst an lebensfeindlichsten Orten am Leben erhalten. Das können eben nur sehr wenige Spezies. Natürlich kann es auch bei Menschen noch immer zu Massensterben unterschiedlichster Arten kommen, nur hat er eben eine höhere Flexibilität im Hinblick auf Lebensräume entwickelt. Dafür muss man sich jedoch immer bewusst machen, wie jene Bedingungen sind, wie man sich an diese anpassen kann, oder wie man diese an sich anpasst.
paxito schrieb:Drängender ist die Frage, ob es überhaupt existiert oder nur eine gut gemachte Selbsttäuschung ist.
Nun, ein Bewusstsein, ist ja das was hier auch miteinander kommuniziert, darüber nachdenkt und gar sich selbst hinterfragt. Eine Selbsttäuschung können bestimmte Gedanken und Gefühle sein, wie auch Illusionen denen man verfallen ist. Doch reines Bewusstsein und die Fähigkeit sich auch seiner eigenen Irrtümer bewusst zu werden, setzt eben auch ein Bewusstsein voraus, ohne dieses wäre man eben ein rein instinktives Wesen. Sprich, etwas im Hirn ist in der Lage, sich seiner eigenen Lage und Situation bewusst zu werden, sich selbst als denkendes Hirn zu erkennen, als Verbund von Synapsen und Neuronen, die hier und jetzt über ein synthetisches Netzwerk sich mit anderen Hirnen austauschen können. Eine Selbsttäuschung selbst, braucht etwas, was in der Lage ist, sich bewusst selbst zu täuschen. Daher halte ich auch die Fähigkeit zu lügen, zu hinterfragen und zu analysieren, für eindeutige Zeugnisse eines bewussten Wesens. Ich halte es sogar für möglich, das es irgendwann ein rein synthetisches Bewusstsein geben kann, das aus einer hochkomplexen AGI besteht. Die Frage ist dann nur, wenn es komplexer als unser eigenes Gehirn wird, ob es dann noch viel weitergehendere Formen von Bewusstsein geben wird. Sprich, wir sind eben nicht die Krone der Schöpfung, oder das evolutionäre Ende der Fahnenstange. Wir sind, wenn überhaupt, nur eine evolutionäre "Zwischenform", mit unbestimmten Entwicklungen, die durch Einbeziehung der Synthetik vollkommen neue Formen der Evolution (eben eine synthetische) angestoßen haben könnte.
Wenn es aber reine Selbsttäuschung sein sollte, dann frag’ ich mich, warum du hier schreibst? Bzw. was bewegt dich zu antworten und sich darüber auszutauschen? Woher kommt der Impuls dazu? Weil dann wäre es ja auch vollkommen irrelevant, ob es ein eigenes Bewusstsein gibt, oder nicht. Dann würde man ja auch mental in einen Status Quo verfallen, bei dem man nichts mehr hinterfragen und durchdenken müsste. Denn was bringt das ganze, ohne das man sich dessen bewusst ist? Das ist wie, wenn man eine starke Demenz entwickelt, man somit die Kontrolle über seine kognitiven, physischen und mentalen Fähigkeiten verliert, alle Erinnerungen verblassen. Ja dann weicht ja auch das Bewusstsein irgendwann, bzw. verblasst. Dann wäre man wie im Zustand einer starken Demenz. Ab diesem Punkt würde ich dann für mich auch gern eine Sterbehilfe beanspruchen. Ohne Bewusstsein ist in meinen Augen meine weitere Existenz auch sinnfrei. (objektiv betrachtet gibt es ja eh schon keinen Sinn, doch dann würde es auch auf subjektiver Ebene keinen weiteren Sinn mehr machen, zu existieren)
Man könnte natürlich auch als rein instinktgesteuertes Lebewesen existieren, doch wenn man einmal so etwas wie ein Bewusstsein hatte, bewusst denken und empfinden konnte, das dann nach und nach wieder verliert, dann existiert man ja nur noch ohne bewusst zu "leben". Ist etwas schwer zu erklären dieser Gedankengang, aber es ist vergleichbar, wie wenn man sehen konnte und dann nach und nach erblindet. Es ist schlimmer etwas zu verlieren das man hatte, als es nie gehabt zu haben. Daher lieber blind geboren, als blind geworden. Das Bewusstsein ist im Grunde auch so eine Art "Sinnesorgan", auch wenn es nur die Gesamtheit aller neuronalen Wesenszüge ist, die uns am Ende aus machen. Das Ich-Bewusstsein, die eigenen Wahrnehmungen und das was man eben so durchdenken kann.
paxito schrieb:Richtig zu dem Punkt bin ich irgendwann auch gekommen (weswegen ich das mit der biologischen Emergenz mittlerweile wieder bezweifle). Ich denke aber, es verhält sich andersrum: nicht Bewusstsein ermöglicht Kommunikation, sondern Kommunikation (genauer Sprache) erzeugt Bewusstsein. Subjekt - Prädikat - Objekt, das ist am Ende die Quintessenz von Bewusstsein und nicht zufällig eine der grundlegendsten Grammatiken überhaupt.
Was heißt das für uns Menschen? Nun, das nicht wir sprechen, sondern die Sprache durch uns und das es unser wesentlichsten Anliegen sein sollte zu uns selbst zu kommen.
Ja, ein interessanter Gedanke, ich denke, es verhält sich tatsächlich wechselseitig. Bewusstsein kann auch ohne Sprache existieren, also ohne erlernte Sprache, aber ein Bewusstsein wird immer nach Möglichkeiten der Kommunikation suchen. Doch im Kern ist es eine "Wesenheit" der reinen Wahrnehmung, also wenn man alle Eigenschaften des Egos von diesem subtrahiert. Wie bei einer Zwiebel eben, Schicht um Schicht. Nur Sprache ist tatsächlich etwas, dass ein wesentlicher Bestandteil des Bewusstseins ist. Jedenfalls denke ich, das ohne komplexe Kommunikationsweisen, auch kein Bewusstsein entstanden wäre. Denn am Ende, wenn zwei Hirne miteinander über verbale Impulse miteinander kommunizieren, braucht man ja immer auch etwas im Hirn, das diese Informationen codieren und decodieren kann. Darum ist ja auch das Erlernen von anderen Sprachen so eine mentale Meisterleistung, oder eben gar auch das Verstehen von komplexer Mathematik. Gerade Mathematik ist da auch in rein mentaler Hinsicht so interessant, mir ist jedenfalls noch kein anderes Lebewesen begegnet, das Dinge berechnet. Am Ende ist das Bewusstsein ein mentales Multitool
;)