Andante schrieb:Das stimmt natürlich. Wobei es mehr Schaden anrichtet, wenn durch inkompetente Berichterstattung die Justiz Schaden nimmt als Philosophie oder Ethik. Denn alles, was das Vertrauen in staatliche Institutionen untergräbt, ist sehr willkommenes Wasser auf die Mühlen bestimmter Kreise. Und zu den staatlichen Institutionen zählen Philosophie und Ethik eher nicht. Wobei ich staatliche Institutionen nicht für sakrosankt halte. Ich möchte aber sehr zwischen berechtigter und unberechtigter Kritik unterschieden wissen.
Andante schrieb:Das Problem ist ja, dass ein es gut meinender, fürsorglicher, aber dadurch auch teilweise überbemutternder Staat sich seine immer mehr fordernden, ständig quengelnden, verwöhnten und rücksichtslosen Kinder quasi selber züchtet statt mal (symbolisch natürlich) auf den Tisch zu hauen. Wird zB das Kindergeld um 10 € pro Kind erhöht, wird gleich geschrien, dass das natürlich viiiiiel zu wenig von dieser bösen Mutter von Staat ist. Aber dass das für den Staatshaushalt, sprich für den Steuerzahler Milliarden jährlich ausmacht, wird ausgeblendet. Und so geht es mit sehr vielem, was Mama Staat (egal ob in Gestalt von Legislative, Exekutive oder Judikative) macht. Immer falsch und immer zu wenig bzw. zu viel, je nachdem, für wen, immer und überall bloß arme Opfer des bösen Staates, klar. Doch das ist jetzt wirklich OT.....
Wirklich interessant Deine Sichtweise, sie geht aber an der Realität vorbei.
Wie viel Tötungsdelikte gibt es im Jahr? Es sind so rund 1000. Wie viel davon werden in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert? Verschwindend geringe, welche sich teilweise über Jahrzehnte angesammelt haben. In Wirklichkeit vollkommen vernachlässigbar. Und Du glaubst, dass von diesen extrem wenigen in der Öffentlichkeit diskutierten Fälle eine Gefahr ausgeht?
Und die sollen dafür verantwortlich sein, dass es gegen die Executive die Gewaltbereitschaft höher sein soll. Und dann kommst Du mit dem Kindergeld?
Das Problem ist in Wirklichkeit extrem vielschichtig. Der Staat zieht sich aus seiner sozialen Verantwortung zurück. Das ist eine schon lang andauernde Entwicklung. Es ist
eine der Gründe dafür ist, dass die Einkommen-Schere sich immer weiter öffnet. Da bringt natürlich Unruhe und die Executive ist es eben, die diesen Staat dann verkörpert. Sie wird dadurch natürlich von den Betroffenen nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen. Schauen wir doch mal den Rückzug vom sozialen Wohnungsbau an. Das trifft weniger die Hartz IV-Leute, die erhalten einen angemessenen Wohnraum, aber es geht eben auch Menschen knapp oberhalb und für diese spielt das dann schon eine starke Rolle. Die Erhöhung des Kindergelds ist in diesen Situationen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und wirklich meist zu wenig.
Der vorliegende Fall ist auch bekannt geworden, weil ein juristisch bestätigter Justizirrtum vorlag. Durch die PM der Staatsanwaltschaft wurde das auch nochmals deutlich, dass man Ulvi K. nach damaligem und offenbar aus heutigem Stand nicht hätte verurteilen dürfen. Und es gab Leute, die hier sich sehr engagiert haben. Und wenn dann weiter ermittelt wird, schaut man den Ermittlern natürlich ganz genau auf die Hände. Sie haben für diesen Fall den Vertrauensbonus verloren, den sie in den andern Fällen so gut wie immer besitzen.
Und unter solchen Umständen glaubt man dann schon recht leicht weniger wahrscheinlichen Tatszenarien. Auch darf man nicht vergessen, man löst sich auch ungern von älteren.
Die eigentliche Ursache hierfür sind aber nicht die Medien sondern der ursprüngliche fehlerhaft beurteilte Fall.
Und natürlich ist das weiter gegangen, da wird 2018 ein dringender Tatverdacht ausgesprochen, zunächst bestätigt. Dann werden sie mit 2 unterschiedlichen Begründungen wieder aufgehoben. Auch eine ungewöhnliche Sache.
Und in dieser von der Justiz/Executive selber geschaffenen Situation ist der Vertrauensbonus komplett dahin und die in Verdacht Geratenen haben es dann leicht sich in den Medien entsprechend darzustellen, was in anderen Fällen äußerst selten ist.
Hier würde eher noch Offenheit der Behörden helfen, vielleicht mit einer Pressekonferenz nach der Einstellung, wo auch noch Fragen gestellt werden könnten. Man hat sich aber nur mit einer relativ kurzen PM begnügt obgleich man 2018 noch einen lange PK abgehalten hatte, bei der auch Fragen gestellt werden konnten.
Sicher, sie ist dazu nicht verpflichtet, aber es fehlt dann in den Medien großteils die Darstelung dieser Seite.