Unbekannter Toter vor Helgoland

Guten Abend!

Die Polizei Wilhelmshaven/Friesland bittet um Mithilfe in einem Vermisstenfall von Juli 1994. Ein Leichnam wurde aus der Nordsee geborgen und die Identität des Mannes ist bis heute ungeklärt. Der Tote war beschwert worden, was ein Verbrechen vermuten lässt.

Über die SuFu konnte ich nur einen Beitrag zu dem Fall finden, welcher in einem Sammelthread zu finden war. Ich denke jedoch, dass dieser Fall einen eigenen Thread verdient. Sehr mysteriös, das Ganze :(

Gesichtsrekonstruktion:




https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/68442/5207295?fbclid=IwAR1CVYVmW4iZh2V3qhx6yU5Qh7JKz613nYBr5z3yUpszmaAu9qQFzd_TTd4
Wilhelmshaven (ots)

Ergänzung zur Presseerklärung der Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland und der Polizeiakademie Niedersachsen vom 01.02.2022

Im Fall des unbekannten Toten aus der Nordsee aus dem Jahr 1994 wenden sich die Wilhelmshavener Ermittler und die Staatsanwaltschaft Oldenburg heute erneut an die Öffentlichkeit. Am 11. Juli 1994 barg ein Schiff des damaligen Bundesgrenzschutzes See (heute Bundespolizei See) in der Nordsee westlich von Helgoland einen männlichen Leichnam.

++ Gemeinsames Projekt der Polizei Wilhelmshaven mit der Polizeiakademie Niedersachsen

Wie bereits berichtet, unterstützt die Polizeiakademie Niedersachsen gemeinsam mit den britischen Universitäten Staffordshire und Plymouth Marjon, dem Human Remains Service Ireland sowie Locate International die Polizei Wilhelmshaven bei der Identifizierung des unbekannten Toten. Bei der Polizei Wilhelmshaven sind mittlerweile mehr als 50 Hinweise eingegangen. Diese beziehen sich größtenteils auf die Krawatte des unbekannten Toten sowie auf personenbezogene Hinweise.

++Update++

++ Isolierung eines vollständigen DNA-Profils++

Auf der Grundlage weiterer forensische Untersuchungen nach der Exhumierung des unbekannten Mannes im Dezember 2021 sind erste Ergebnisse vorhanden: es gelang die Isolierung eines vollständigen DNA-Profils. Damit besteht jetzt die Möglichkeit eines Vergleichs mit entsprechenden Daten aus nationalen und internationalen Datenbanken. Entsprechende Abgleiche laufen derzeit.

++ Veröffentlichung einer fotografischen Gesichtsrekonstruktion++

Es wird eine in Großbritannien erstellte fotografische Gesichtsrekonstruktion des unbekannten Toten veröffentlicht, die bereits als Vorlage für die veröffentlichte Zeichnung diente. Die Veröffentlichung der fotografischen Rekonstruktion erfolgt jetzt zeitversetzt.

++ Herkunft der Krawatte ist geklärt ++

Die vom Toten getragene Krawatte wurde für das britische Unternehmen Marks & Spencer für den englisch- und französischsprachigen Vertriebsraum produziert, der zum Zeitpunkt des Verschwindens des Mannes bis nach Kanada reichte. Ob die Krawatte auch speziell von bestimmten Organisationen genutzt wurde, konnte bislang noch nicht geklärt werden.

++ Fahndungsaufruf zu Gegenständen, mit denen der unbekannte Tote beschwert war++

Der unbekannte Tote war damals mit sogenannten Schuhleisten beschwert gewesen. Die Schuhleisten waren aus Gusseisen und ca. 24,5 cm lang, 8 cm breit und 6 cm hoch. Sie wiesen die Prägung "A J K" auf. Bei den aufgefundenen Schuhleisten handelt es sich nicht um ein Paar, sie wurden aber für dieselbe Schuhgröße hergestellt. Sie wurden wahrscheinlich für Reparaturarbeiten an Damenschuhen genutzt. Das Zeichen A J K war das Warenzeichen von A J Jackson aus Kingswood, Bristol. Das Unternehmen existierte vom späten 19. Jahrhundert bis zur Mitte der 60er Jahre. Um 1964/65 wurde Jackson von der Firma Cheaneys (Adresse: Nelson Street, Kettering, GB) übernommen, doch hat diese inzwischen ihre geschäftliche Tätigkeit eingestellt. Vermutlich stammen die Leisten aus den 20er oder 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.

++Öffentlichkeitsfahndung++ Die Polizei wendet sich an die Bevölkerung:

Wer erkennt an Hand der fotografischen Gesichtsrekonstruktion eine Ähnlichkeit zu einer Person, die möglicherweise vermisst wird?

Wer kann Hinweise zu folgenden Fragen geben: + Wo kamen diese Schuhleisten zum Einsatz? + Wo wurden diese Schuhleisten Anfang der 1990er Jahre vermisst? + Welche Verbindung lässt sich zwischen diesen Schuhleisten und dem unbekannten Toten herstellen?

++weiterer Hinweis++

Wenn der unbekannte Tote aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes mit der getragenen Krawatte sowie den teuren Schuhen in den letzten Wochen den Namen "The Gentleman" erhielt, so ist dieses vor dem Hintergrund aktueller Erkenntnisse zu relativieren: die Krawatte stellt ein Massenprodukt dar und die Schuhe waren bereits repariert und wiesen weitere Tragespuren auf. Daher ist daher nicht zwingend vorauszusetzen, dass der Tote wohlhabend gewesen sein muss. Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass die Schuhe in gebrauchtem Zustand in seinen Besitz gelangt sein können.

Sachdienliche Hinweise in dieser Sache bitte schriftlich an die Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland unter Verwendung der E-Mail Adresse: unbekannter-toter-vor-helgoland@pi-whv.polizei.niedersachsen.de oder telefonisch unter der Rufnummer 04421 942-0.

Die Indizien lassen für mich auf jeden Fall darauf schließen, dass der Mann Brite war.
Helgoland ist allerdings ein Stück weg - und wie weit / wie schnell ein mit Gusseisen beschwerter Körper abtreiben kann, ist mir nicht klar.

Hier ein Mal die Meeresströme der Nordsee:


Original anzeigen (0,4 MB)
https://www.ploetzlichwissen.de/eine-frage-von-euch-ist-die-nordsee-immer-kaelter-als-die-ostsee/

Und die Schuhleiste:

Danke @Cheaha für diesen durchaus interessanten Fall.
Es ist immer wieder erschreckend, wieviele nicht identifizierte Tote es doch gibt.

Anhand der Indizien, könnte man tatsächlich einen Briten vermuten. Leider lasse ich mich auch von der Optik dazu hinreißen. Die Rekonstruktion hat schon ein wenig Ähnlichkeit mit Prinz Charles - also typisch englisch. Das ist allerdings nur mein persönlicher Eindruck und sagt natürlich rein gar nichts über die Herkunft aus.

Er trug reparierte Schuhe und war mit Schuhleisten beschwert, die womöglich für Reparaturarbeiten an Damenschuhen genutzt wurden. Das kann man irgendwie in Einklang bringen.

Nach dieser Bleistiftzeichnung, wurde das Foto angefertigt. Vielleicht sollte man beides zusammen zur Suche veröffentlichen.

Original anzeigen (0,5 MB)

Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/helgoland-leiche-vor-helgoland-polizei-rollt-cold-case-auf-a-4564d90c-de48-4e09-b478-842cea0bb028

jule78 schrieb:Leider lasse ich mich auch von der Optik dazu hinreißen. Die Rekonstruktion hat schon ein wenig Ähnlichkeit mit Prinz Charles - also typisch englisch. Das ist allerdings nur mein persönlicher Eindruck und sagt natürlich rein gar nichts über die Herkunft aus.

Das dachte ich auch. Die Briten scheinen ja auch einen Staatsbürger zu vermuten, daher würde ich das gar nicht als schlimmes Vorurteil sehen. Britische Optik, britische Kleidung, britische Schuhleiste. Wenn es kein Brite ist, dann ein Ausländer, der dort gewohnt hat. Denke ich zumindest.

Anhand der Strömungen der Nordsee wäre es auch sehr wohl möglich, dass er vor Großbritannien ins Meer geworfen wurde…

Danke für das Beifügen der Bleistiftskizze!

jule78 schrieb:Er trug reparierte Schuhe und war mit Schuhleisten beschwert, die womöglich für Reparaturarbeiten an Damenschuhen genutzt wurden. Das kann man irgendwie in Einklang bringen.

Vielleicht arbeitete er als Schuster… Entweder als Hobby oder professionell. Würde die alten Leisten erklären (ich fotografiere nebenbei und habe eine Affinität für alte Kameras und Objektive, vielleicht ist es bei Schustern ähnlich) und die teuren aber benutzten Schuhe… Nicht genug Geld, um die Schuhe selbst zu kaufen, aber fähig genug, um sie zu reparieren.

Würde ich einem Schuster etwas in seiner Werkstatt antun, wären die alten Leisten dann direkt vor Ort.

Ist natürlich komplette Spekulation.

Cheaha schrieb:Würde ich einem Schuster etwas in seiner Werkstatt antun, wären die alten Leisten dann direkt vor Ort.

Das war auch mein erster Gedanke. Da halte ich einem Hobbyschuster oder ggf. Rentner für wahrscheinlich. Jemand der aus dem Tagesgeschäft von jetzt auf gleich fehlt, wäre wohl aufgefallen.

Seine Schuhe waren ziemlich teuer und deshalb lohnte sich auch eine sehr professionelle Reparatur mit guten Materialen.

Auch war der Mensch mit 1,97 m aussergewöhnlich gross, von sehr schlanker Statur bei 70-75 Kg Körpergewicht.

Bildquelle am Beitragende


Natürlich wird ein Brite vermutet. Es kann aber auch ein Kanadier, Neuseeländer oder Australier sein.
Ein schwieriger Fall. Denn offensichtlich hat ihn niemand vermisst.

Er hatte sowohl Verletzungen am Kopf, als auch am Oberkörper.
Durch die Gewichte kann darauf geschlossen werden, dass es vorsätzlich war und kein Unfall.

Es ist nicht wahrscheinlich, dass er von England bis nach Helgoland im Meer getrieben wurde, sondern dass er in der Nähe von Helgoland ins Wasser geworfen wurde.

Meine Idee wäre, dass er von einem Kreuzfahrtschiff/Fähre geworfen wurde, in der Zeit von Ende 1993 bis zum Ende der ersten 6 Monate 1994, laut den sehr guten Informationen auf dieser Seite:

https://www.gold.ac.uk/news/north-sea-case/

EchoM1 schrieb:Meine Idee wäre, dass er von einem Kreuzfahrtschiff/Fähre geworfen wurde

aber dann müsste ja entweder er, oder der Täter diese Leisten dabei gehabt haben ? Ich frage mich , ob diese Leisten vom Gewicht her geeignet sind, eine Leiche zu beschweren ? War da nichts anderes zur Hand ?

Sehr seltsam, das mit den Leisten. Aber eins kann ich Euch sagen, mein Großvater war Schuster, das erkennt man an den Händen. Es sei denn, die waren schon zu sehr verwest.

seli schrieb:Ich frage mich , ob diese Leisten vom Gewicht her geeignet sind, eine Leiche zu beschweren ?

Das habe ich mich auch gefragt. In der Regel sind die ja aus Holz. Auf dem Bild kann ich das Material allerdings nicht richtig zuordnen. Könnte Holz sein oder Metall
Ist denn bekannt, inwiefern die Leiche mit ihnen beschwert wurde? Also wurden sie umgebunden, oder steckten sie in der Hosentasche etc.?

Hier ist ein Artikel vom Februar, mit Video.Die Hinweise beziehen sich größtenteils auf die Krawatte.

Allerdings seien bei der Polizei Wilhelmshaven seit Anfang Februar etwa 40 Hinweise eingegangen, sagte eine Sprecherin. Diese Hinweise würden nun geprüft. Die meisten von ihnen bezögen sich auf die auffällige Krawatte des Toten.

Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Toter-vor-Helgoland-40-neue-Hinweise-im-Cold-Case,helgoland1236.html?fbclid=IwAR3-7naXYmOE6LCoYMQ8MHLnwJf-iCl79EQyFyfRY1vSGKYVrzjI8upIo24

jule78 schrieb:Auf dem Bild kann ich das Material allerdings nicht richtig zuordnen. Könnte Holz sein oder Metall

Steht bereits im 1. Beitrag

jule78 schrieb:Ist denn bekannt, inwiefern die Leiche mit ihnen beschwert wurde? Also wurden sie umgebunden, oder steckten sie in der Hosentasche etc.?

Nein, wurde nirgends publiziert - Täterwissen

Dass er selbst Schuster war, das glaube ich nicht. Es wurde geschrieben, seine Schuhe waren in einem reparierten, nicht so guten Zustand. Ein Schuster wäre in seiner Berufsehre gekränkt, wenn er Schuhe tragen würde, die nicht einwandfrei sind. Die Kleidung weist eher auf einen Geschäftsmann hin. Brite wäre gut möglich, denn in GB trägt auffällig jeder einen Anzug mit Krawatte im Geschäftsleben. Einer, der von einem Schiff geworfen wird, erscheint mir wahrscheinlich als einer, der von GB nach D im Meer treibt. Vielleicht ein Handelsreisender? Krawatte und Schuhe sind schon ziemlich old style für das Jahr 1994. Damals trug man sowas nicht bei uns. Schaut eher viel älter aus. Allein von der auffälligen Körpergröße her und dass er dürr war, sowie die gute Gesichtsrekonstruktion müsste einen Erfolg bringen.

EchoM1 schrieb:Auch war der Mensch mit 1,97 m aussergewöhnlich gross, von sehr schlanker Statur bei 70-75 Kg Körpergewicht.

Oha! Das ist mir bisher entgangen, steht auch hier oben nicht. Und da halt ich mich schon für untergewichtig. Muss ein echter Schlacks gewesen sein, normal ja auffällig, umso merkwürdiger dass der nirgends fehlen oder vermisst werden sollte. Nehme auch an dass der Tatort auf (hoher) See gewesen sein muss, ein Schiff oder Boot, nicht notwendig in der Nähe des Fundorts. Was ich nicht verstehe ist, wieso man sowas dabei hat wie diese Schuhleisten, wenn's sagen wir bei nem Segeltörn passiert ist, wie'n Fischer kam der ja nicht daher. Planung, ok, aber dann würde man gleich was anderes verwenden, meine ich. Im Grunde eignete sich alles besser als das. Außer vielleicht jmd. wollte bewusst ne falsche Spur legen.

Wenn er wirklich Brite ist - was treibt ihn dann nach Helgoland? Beruflich? Privat?

Ein paar Informationen zu Helgoland von Wikipedia: Wikipedia: Helgoland

* Anreise per Schiff oder Flugzeug nur von Deutschland möglich, auf der ganzen Insel gibt es keinen Auto- oder Fahrradverkehr
* Helgoland war im 19.Jh britische Kronkolonie
* Zwischen den Weltkriegen wollte die Insel gerne britisch oder dänisch werden
* Ende 2.WK bombadierten die Briten die Insel und besetzten sie nach Kriegsende, bevor sie sie einige Jahre später an Deutschland zurückgaben.

enidan17 schrieb:Wenn er wirklich Brite ist - was treibt ihn dann nach Helgoland? Beruflich? Privat?

Er wurde nicht auf Helgoland gefunden sondern vor Helgoland, und ~20km sind auch dort nicht so wenig. Im Meer, das heißt auch er kann im Prinzip sonst wo da hineingelangt sein, auch laut Polizei u.U. sogar in/vor Großbritannien. Die deutsche Insel hingegen hat würde ich sagen außer der zufälligen Nähe mit dem Fall wahrsch. nix zu tun. Das Outfit passt natürlich auch nicht gut zum Segeln, selbst wenn er nicht selbst gesegelt ist, hab ich gar nicht dran gedacht. So leger würde man tatsächlich eher auf einer Fähre rumlaufen oder einer Art Zubringer, Kreuzfahrt kenn ich aus der Gegend weniger. Zu der Zeit waren da allerdings noch deutlich mehr Fähren u.Ä. unterwegs als heute. Den Eurotunnel gibt's grad seit 94.

Wie ist die Strömung? Von wo kann er angetrieben sein? Im Wasser, Sandbank?

Dill schrieb:Wie ist die Strömung? Von wo kann er angetrieben sein? Im Wasser, Sandbank?

Ich beziehe mit auf die Grafik in Post zwei:

Falls er ganz von England angeschwemmt wurde, dann entweder aus Nord- oder Mittelengland über den "Schottischen Küstenstrom" und die "Hauptströmung der südlichen Nordsee" oder eher (wegen der landnahen Lage Helgolands) aus der Region der Londoner Bucht mit dem "Kontinentalstrom". Oder andere Möglichkeit: Aus Richtung Elbmündung mit dem "Küstenstrom" vom Süden an Helgoland vorbei getrieben, wo man ihn dann westlich der Insel gefunden hat. Oder man hat ihn auf Helgoland umgebracht und dann mit einem Fischerboot rausgebracht und ins Meer geworfen.

Cheaha schrieb:Der Tote war beschwert worden, was ein Verbrechen vermuten lässt.

Interessanter Fall. Danke für den Eröffnungspost!
Allerdings glaube ich nicht an ein Verbrechen.
Wenn der Mann von Dritten hätte versenkt werden sollen, hätten sie ihn doch ganz anders beschwert. Mit viel mehr Gewicht vor allem. Eine gusseiserne Schuhleiste hat nur etwa ein Gewicht von 3 kg, beide zusammen also etwa 6 kg.
Deshalb halte ich es für wahrscheinlich, dass der unbekannte Mann sich selbst mit den Schuhleisten beschwert hat und in Suizidabsicht damit ins Wasser gegangen ist oder, wie hier schon vermutet wurde, von einem Fährschiff ins Meer gesprungen ist.