Es ist wohlfeil, sich einzelne Zitate rauszukopieren und dann zu kommentieren. Da es jetzt aber einen ganzen Schwung guter und sinniger Argumente gab, erlaube ich mir, meine Argumente Fragen als Ergänzung (nicht als Widerspruch) hinzuzufügen. Das ist subjektiv und ich erwarte - um Himmelwillen - jetzt auch keine ausführlichen Antworten dazu.
Outback schrieb:Da glaube ich eher, dass die Zeugen "manipuliert" sind ..
Im der von Dir dann noch sehr ausführlich beschriebenen Art und Weise: Ja, wir führen uns oft an der Nase herum. Entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen gibt es in unüberschaubarer Zahl.
Outback schrieb:Eine solche Prüfung ist nur via real getätigtem Notruf möglich, nicht via Signalcheck, da sich ein Signalcheck nur auf das vertragliche Roaming-Netz bezieht, nicht auf alle am Standort verfügbaren Netze.
Es ist die Frage, ob den beiden Frauen dieser Unterschied klar war. Ich hätte es nicht gewusst. Mal angenommmen, der Notruf wäre durchgekommen: Hätte die Notrufzentrale dann auch versucht, über alle verfügbaren Netze Kontakt mit dem Notruf-Handy aufzunehmen? Es anzupeilen usw.?
Doctective schrieb:Doch was ist mit Personen, die Zeiten im Kopf gehabt haben.
1. Eileen und eine Lehrerin der Schule, die direkt am 3. und 4. April aussagen, Kris und Lisanne seien das letzte Mal um 13 Uhr an der Schule gewesen. Das ist zeitlich sehr nahe und korreliert mit ihren Arbeitszeiten
2. Der Taxifahrer, der sie um 13:20 Uhr an der Schule abgeholt hat. Er könnte sich die Zeiten arbeitsbedingt notiert haben.
3. Pedro, der ab 14:00 Uhr länger mit Kris und Lisanne vor seiner Herberge geredet hat und sie zuletzt sah, als er mit seiner Frau das Hostel verließ um Einkäufe zu machen.
4. Giovianni, der sie gleich drei Mal zwischen 14 und 15:30 Uhr gesehen hat
5. Xiomara, die mit ihnen gesprochen hat, als sie um 15 Uhr Feierabend gemacht hat.
Zu 1.: Wird nicht ganz klar, welcher Tag gemeint ist: Der 31. ?
Zu 2. Du schreibst, der Taxifahrer
könnte sich die Zeiten arbeitsbedingt notiert haben. Weiß man es schlicht nicht? Dann wäre die Anschlussfrage, ob er sich immer die Zeiten notiert hat? Weiß man es auch nicht, dann bleibt halt nur die Aussage.
3. bis 5.: Betrifft auch den 31.?
Schließlich beziehst Du Dich immer wieder auch auf den Umstand, dass viele Zeugen die Beiden hätten sehen müssen. Aber nicht haben. Bezieht sich das auf den 1. April?
Du musst da nicht antworten, es sind Fragen, die ich mir stelle, sicher auch aus Unkenntnis.
Ich sehe aber einen grundlegenden Unterschied: Zeugen haben positiv etwas beobachtet (z.B. Sichtung K. und L.) oder Zeugen haben etwas nicht gesehen, obwohl sie etwas hätten sehen müssen. Für mich sind das zwei Formen von Wahrnehmung.
@Outback Hat das gut aufgedröselt (siehe Spoiler).
Outback schrieb:Spielt im Grunde keine Rolle. Schau dir nur die Zeugenaussagen im Fall Rebecca an, Sichtung mit Couch-Decke, Nachbarin, Zeit und Datum genau gemerkt wegen Fortbildung oder was das war. Weitere Zeugen die Rebecca persönlich kannten oder auch zeitgleich an verschiedenen Orten sahen. :-)
Gerade am Anfang, die ersten Wochen mit Öffentlichkeitsfahndung, wurde die Polizei mit Hinweisen überschwemmt (bis heute 3000). Der Großteil konnte aussortiert werden, weil eine genauere Überprüfung ergab, dass sie Sichtungen nicht plausibel waren (z.B. Nachprüfung durch Kameras in BVG-Bussen oder Einkaufszentren). Das ist Sch... viel Arbeit, ein Großteil der Arbeit einer Soko besteht darin, blinde Spuren auszusortieren.
Outback schrieb:Wäre quasi nix weiter übrig geblieben, als Eileen und Co. genauer zu überprüfen. Was ich sagen will: Von den ein Dutzend Zeugen bleiben vllt. nur 2 echte übrig, die womöglich auch noch im Datum irrten, wie ja scheinbar selbst Kris Freund. Order sie sahen K+L am 1.4. weit vor 11 Uhr in anderen Klamotten, dann auch kaum brauchbar.
Ja. Es gibt zu viele Variablen, die nicht zusammen passen.
EDGARallanPOE schrieb:Das "fuchst" mich im Moment unheimlich. Dem Rätsel Zeugenaussagen/Daten auf Kamera und Handy, ist einfach nicht beizukommen.
Das spricht dafür, dass sich die Zeugen geirrt haben - oder eben nicht ausreichend befragt bzw. geprüft wurden.
Rick_Blaine schrieb:Richtig. Es ist eine in der Praxis unsinnige Tendenz, generell alle Zeugenaussagen zu diskreditieren. Sicherlich kommt es vor, dass Zeugen sich irren, aber in meiner Praxis sehe ich das eher selten. Und wenn, dann wird es gerade dadurch deutlich, dass sich eine Aussage eben von der anderer unterscheidet. Ein kollektives Irren von Zeugen, die nicht miteinander verbunden sind, ist noch seltener.
Letzter Satz: Das sehe ich anders, wenn es um Sichtungen geht (siehe Fall Rebecca). Das hat aber dort auch einen Grund.
Im Übrigen Zustimmung:
(Wichtige) Zeugen werden schon im Ermittlungsverfahren nach Strich und Faden auf die Zuverlässigkeit ihrer Aussage "durchgecheckt", d.h. ihre Aussagen mit anderen Aussagen oder v.a. mit anderen Indizien auf Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit geprüft. Gerade wenn es darauf ankommt. Die Spreu ist also schon lange vom Weizen getrennt. Dies Nebentatsachen sind auch wesentlicher Teil der gerichtlichen Begründung, warum eine Zeugenaussage verwertbar ist.
Habe es aber ziemlich häufig erlebt, dass wesentliche Zeugenaussagen im Prozess "kippen". Das aber bei Bagatelldelikten, wo die Polizei einfach zu bequem/überlastet war, die Aussage noch mal durchzuchecken. Die Aussage wurde von der Polizei einmalig aufgenommen und dann irgendwann in die Anklage geworfen. Also die Zuverlässigkeit steigt, je intensiver die Aussage untersucht wird. Im Zivilprozess ist das mit den Zeugen dann tatsächlich viel Glücksspiel, weil die nur von den Parteien oder von Amts wegen benannt werden. Ohne Ermittlungsverfahren durch eine Staatsanwaltschaft.
Hier ist ja immer wieder ein Kritikpunkt von
@Doctective , diese Nachprüfung sei unterlassen worden. Da stellt sich die grundsätzliche Frage, ob das angezeigt gewesen wäre. Wo nichts ist, ist es natürlich schwierig, daraus dann Schlüsse zu ziehen.
@EDGARallanPOE