Verschwörungstheorien unter Strafe stellen?
13.05.2020 um 10:36@off-peak
Aus dem Corona thread kopiert:
Aus dem Corona thread kopiert:
bgeoweh schrieb:Aber nehmen wir behelfsweise die ZEIT:
Am Freitagnachmittag vergangener Woche, als die Hauptstadt den Tag der Befreiung vom Faschismus begeht und die allermeisten Beamten den Feiertag genießen, geschieht im Inneren des Regierungsapparates etwas Ungewöhnliches. Der Oberregierungsrat Stephan K. des Bundesinnenministeriums verschickt eine Mail an seinen Abteilungsleiter, an den Corona-Krisenstab, an das Kanzleramt und dann, um 15:34 Uhr, eine Kopie an alle Landesregierungen, deutschlandweit. Die Mail trägt einen Betreff, der es in sich hat: "Ergebnisse der internen Evaluation des Corona Krisenmanagements". Ein 83-seitiges Positionspapier hängt anbei.
Stephan K. arbeitet in der Abteilung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz des Innenministeriums, Referat KM4, er ist Referent, zuständig für "Kritische Infrastrukturen", also die Teile des Landes, die besonders schützenswert sind. Seine drei wichtigsten Thesen hat der Politologe in rot markiert und gefettet: "Interne Analyse KM4 ergibt: gravierende Fehlleistungen des Krisenmanagements. Defizite im Regelungsrahmen. Coronakrise erweist sich wohl als Fehlalarm."
~leicht gekürzt~
Stephan K., das stellt das Ministerium noch am Wochenende klar, habe nicht in offiziellem Auftrag gehandelt, sondern auf eigene Rechnung. Er vertritt eine Sichtweise, die gärt, seit die Bundesregierung auf die Corona-Pandemie mit harten, wenngleich im internationalen Vergleich noch moderaten Regeln reagiert hat. Er erhebt schwere Vorwürfe, manche wirken fundiert, andere könnte man auch auf den Wochenenddemos hören, die von Verschwörungstheoretikern als Bühne genutzt werden. Für das unautorisierte Verschicken des nicht abgestimmten Berichts hat ihn das Ministerium mittlerweile suspendiert.
~gekürzt~
Stephan K.s Referat im Innenministerium ist nicht in die Bekämpfung der Corona-Krise eingebunden, K. selbst nicht Teil des Krisenstabs. Seit März hat er an seinen Thesen gearbeitet, zehn externe Ärzte und Professoren angeschrieben und um Rat gebeten, viel im Internet nachgelesen. In seinem Positionspapier bezieht sich der Oberregierungsrat auf existierende Pandemiepläne der Regierung, die eine Gefahrenabwägung vorschreiben, seriöse Wissenschaftler und zitiert den früheren Innenminister Thomas de Maizière. Er fügt aber auch fragwürdige Quellen an, etwa eine Materialsammlung des dubiosen Internetportals "Swiss Propaganda Research", das von anonymen Machern betrieben wird und selber im Verdacht steht, Propaganda zu betreiben.
Als er überall auf taube Ohren stieß, wandte er sich an Horst Seehofer
Als er im März eine erste Version seines Positionspapiers vorlegte, teilte ihm sein damaliger Referatsleiter mit, er sehe "den dienstlichen Bezug nicht". Als er auch bei seinem Abteilungsleiter auch taube Ohren stieß, remonstrierte er offiziell, legte also Protest ein. Schließlich wandte er sich in einem persönlichen Schreiben an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Doch Seehofers Büroleiter verweigerte die Vorlage des Positionspapiers. Ein für vergangene Woche anberaumtes Gespräch mit dem Büroleiter des Ministers sagte K. aus persönlichen Gründen ab, auf einen neuen Termin, der in dieser Woche stattfinden sollte, wollte er nicht mehr warten.
Als Beweggrund, warum er "diese Informationen ohne vorherige Konsultation anderer zuständiger Stellen direkt versendet", führt er eine Art Notstand an: "Es ist Gefahr im Verzug! Durch vermeintliche Schutzmaßnahmen entstehen im Moment jeden Tag weitere schwere Schäden, materielle und gesundheitliche bis hin zu einer großen Zahl von vermeidbaren Todesfällen."https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-05/corona-pandemie-bekaempfung-massnahmen-innenministerium-verschwoerungsth...