DeadPoet schrieb: Also die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt?
Das mit der Sprache ist ein interessantes Thema. Um die Frage zu beantworten: Ich würde sagen zu einem Teil, ja! Aber wieso nur zu einem Teil? Nun, die Sprache ist Ausdruck unseres geistig und sozialen Entwicklungsstand, aber die Sprache ist auch sehr behäbig. Sie reagiert nur langsam auf Veränderungen und ist geprägt durch den kulturellen Einfluss. Wenn ein Individuum eine Erfahrung gemacht hat, die nicht in Worte fassbar ist, weil die das Individuum umgebende Kultur diese Erfahrung kollektiv noch nicht gemacht hat, dann gibt es dafür noch keine wirkliche einfache Art, diese Erfahrung anderen mitzuteilen. Man kann sich an Wörter bedienen, die der Erfahrung nahe kommen. Aber eben nur nahe kommen. Das heißt es ist nur eine vage Umschreibung der Tatsachen.
Das sehe ich als ein Problem bei Sprache. Sie ist in mancher Hinsicht einfach zu primitiv, um gewisse Dinge zu beschreiben. Gerade bei den Gefühlen wird dies deutlich. Auf die Frage: "Wie geht es dir?" folgt ein "Gut, danke der Nachfrage. Und dir?" "Mir geht es auch gut, danke" - hier wird deutlich wie wenig Möglichkeiten wir eigentlich haben, um uns gezielt auszudrücken.
In anderen Fällen wird sich einfach nicht der Möglichkeiten der Wortwahl bedient. So verkommt plötzlich alles zu "Cool!"
:D Alles wird in diese Kategorie gestopft und die Unterscheidung, der definitiv sehr unterschiedlichen Erfahrungen, verschwimmt mit der einfachen Bedeutung eines Wortes.
Also kollektiv kann die Sprache schon als eine Art "Bewußtseins-O-Meter" angesehen werden
;) Aber es kann schon Menschen geben, die weiter als die Sprache sind und deswegen dieser Entwicklung voraus sind.
Zudem ich auch glaube, dass es abseits der Sprache bzw. dem linearen Denken oder dem "Alltagsbewußtsein" Alternativen gibt, um Wissen, Information zu erlangen. Meditation würde ich als eine solche Methode einstufen. Dadurch können auf eine ganz andere Weise Erfahrungen gemacht werden, die ansonsten nicht möglich wären. Und diese Erfahrungen sind nicht unbedingt in Worte fassbar. Was daran liegt, dass wir mit diesen Methoden die Welt als Ganzes auffassen können - genau das was unser Verstand nicht kann - und eben diese Erfahrung deswegen wieder nicht in Worte fassen können, weil wir uns dann an dem Werkzeug des Verstandes bedienen würden.
Diese Erfahrungen scheinen abseits der Sprache zu geschehen. Sie werden bzw. können nicht in Worte gefasst werden. Das wäre auch ein Anteil, der von der Sprache nicht beachtet wird.
DeadPoet schrieb:Ich meine dass beides und viele andere "Herangehensweisen" nebeneinader existieren können. Es ist die Frage worauf man den Fokus lenkt. Sehe ich in einen Prozess lege ich eher eine Unschärfe auf die Ursachen und Wirkungen.
Es gibt viele unterschiedliche Sichtweisen dazu und diese sind je nachdem wo und wie sie angewendet werden, unterschiedlich effektiv. So wäre es in der Wissenschaft beispielsweise unmöglich, das Universum als einen Gesamtprozess aufzufassen, da damit alles und jedes im Kontext des Ganzen betrachtet werden muss. Eine unlösbare Aufgabe für uns und auch für unsere heutigen Computer. Deswegen werden einzelne Ereignisse abgekapselt und analysiert. Dadurch kann in diesen abgegrenzten Systemen eine tiefe Einsicht in die Vorgänge erlangt werden. Das Problem ist nur, dass damit nur die Vorgänge innerhalb dieses Systems erfasst werden, nicht jedoch der Zusammenhang zu dem Gesamtsystem, was in letzter Instanz das Universum wäre.
Was ich an dieser Stelle nun als problematisch ansehe, ist die Tatsache, dass wir Menschen diese
gedankliche, künstliche, geistige Abgrenzung, welche es so in der Wirklichkeit gar nicht geben kann, mit einer echten, physikalischen, materiellen Abgrenzung gleichsetzen!
So wird nun ein Objekt A definiert und ein Objekt B und eine Verbindung zwischen diesen beiden Objekten, die Kausalität genannt wird. Genau diese Einteilung halte ich für eine Illusion. Es gibt kein Objekt A genauso wenig wie es ein Objekt B gibt und dadurch bedingt natürlich auch keine Verbindung.
Alles ist sozusagen ein Objekt - wobei Objekt auch wieder das falsche Wort wäre, da es kein starres Objekt ist und ein Objekt eigentlich nur im Zusammenhang mit einem anderen Objekt gesehen werden kann.
Wenn es auch kein Objekt ist, was ist es dann? Das Wort Prozess kommt dem Ganzen schon näher, wobei Prozess auch unterschiedlich interpretiert wird. Es darf nicht als Prozess verstanden werden, der in unterschiedliche Abstufungen eingeteilt werden kann. Ein ganzheitlicher Prozess, der nicht als eine Aneinanderreihung von verschiedenen Abläufen betrachtet werden darf, sondern als untrennbares Ganzes. Dieses Ganze ist nicht starr. Es unterliegt dem Wandel, den wie wir sehen und erfahren können.
Eine schöne Umschreibung wäre ein Bach oder Fluss. Das Wasser fließt diesen Fluss entlang, egal welche Hindernisse ihm in den Weg gelegt werden. Das Wasser passt sich seiner Umgebung an und wird zu der Umgebung. Wenn wir versuchen das Wasser mit der Hand zu greifen, entrinnt es uns. Wenn wir nicht versuchen das Wasser zu halten und die Tatsache akzeptieren, dass dieser Lauf nicht aufgehalten werden kann, werden wir eins mit dem Strom und gelangen ohne Mühe an unser Ziel.
Puh das ist recht viel Text geworden und ich gratuliere jedem, der hier angelangt ist. Wenn sie das lesen können, sind sie noch nicht eingeschlafen
;) Ich fühle mich gezwungen ein kleines Statement dazu abzugeben. Also dann wollen wir mal:
Wieso schreib ich das alles? Ich könnte jetzt damit anfangen zu erklären, weswegen der Mensch an sich Texte schreibt, wieso er mit seinen Mitmenschen kommunizieren will, aber das würde im Grunde nichts erklären. Also wieso? Am leichtesten ist das aus dem Sichtpunkt der Gegenwart zu verstehen. Ich schreibe, weil ich gerne schreibe. Es macht mir Spaß. Und wieso schreibe ich nun über dieses spezielle Thema? Weil es ein Thema ist, das mir am Herzen liegt und ich gerne die Meinung anderer Menschen darüber erfahren würde.
Ich möchte euch nicht von meiner Sichtweise über die Sprache - genauer: über den Zusammenhang / Beziehung der "Dinge" - überzeugen. Mir ist bewusst, dass dies nur eine von vielen Ansichten ist und dass diese nicht zwingend die richtige sein muss. Dennoch erkenne ich diese als für mich persönlich die richtige an, sonst würde ich ja nicht so viel darüber schreiben. Zudem glaube ich, dass diese Ansicht, wenn sie wirklich angenommen und "gelebt" wird, vielen Menschen helfen kann, die sich aktuell als kleines Nichts in einem großen und fremden Universum empfinden.
Diese Einstellung sehe ich leider immer häufiger in unserer Gesellschaft. Die Jugend wendet sich von der Religion ab, was ich nur gutheißen kann, fühlt sich dann jedoch dieser Sichtweise des sinnlosen Universums verpflichtet. Diese Phase muss vielleicht auch durchgemacht werden - ich hatte sie auch. Jedoch gab es einen Moment, in dem mir bewusst wurde, dass diese neue Sichtweise genau das ist: auch nur eine Sichtweise! Ich hatte mir gedacht, mir nun eine Sichtweise angeeignet zu haben, die der Realität entspricht. Die Ansicht war zwar etwas frustrierend, aber ich gab mich damit zufrieden, weil ich es als die Wirklichkeit anerkannte, die ich meinte endlich entdeckt zu haben.
Aber es ist auch nur eine Sichtweise. Eine Sichtweise von vielen. Und so wie die Ansicht, dass ein bärtiger alter Mann im Himmel sitzt und jeden Menschen auf Schritt und Tritt verfolgt, in der heutigen Zeit beginnt lächerlich zu werden, so wird auch die Ansicht, die heute von den meisten Wissenschaftlern vertreten wird und viele Menschen außerhalb der Wissenschaft sich zu eigenen gemacht haben, eines Tages auch genau das sein: lächerlich und überholt.
Abschließend kann ich deshalb nur sagen, dass alle Ideologien, soziale und gesellschaftliche Normen und Religionen den Verstand fesseln und ihm zu wenig Raum zum freien Denken geben. Lasst los von diesen alten Werten, denn sie sind nur angelernt. Nehmt keine dieser vorgefertigten Meinungen an. Beginnt euch selbst zu vertrauen und fragt euch selbst, wie ihr über diese Themen denkt.