Verfall der deutschen Sprache?!
16.12.2021 um 17:20Doors schrieb:Jedes Mal scheint ein Wandel in der Sprache, der bekanntlich seit Anbeginn der menschlichen Lautäusserungen stattfand und stattfindet, zumindest zum Untergang der Kultur, wenn nicht gar gleich der gesamten Menschheit zu führen. Etwas weniger Katastrophenstimmung scheint mir da angebracht. Da regten sich die Leute auf, als Latein als Kirchensprache zu Luthers Zeiten durch Deutsch ersetzt wurde, echauffierten sich einst über die "Verwelschung" der Sprache durch die Übernahme französischer Begriffe wie später durch das berüchtigte "Denglisch" das schon in der unmittelbaren Nachkriegszeit in den US- und britischen Westzonen kritisiert wurde. Bei jeder Rechtschreibreform, ob Ende des 19. Jahrhunderts, als "Thür und Thor" durch Tür und Tor ersetzt wurden, oder bei der letzten, die auch schon ein paar Jahrzehnte zurück liegt, drohte der Verfall der (Sprach)Kultur und ein Glaubenskrieg tobte in Gesellschaft, Bildungseinrichtung und Medien. Tja, und heute geht die Welt wegen eines Gendersternchens unter. Schlimmer als Kriegsgefahr, Klimawandel oder Verelendung ist allemal das Mitmeinen von Frauen in geschriebenen und gesprochenen Texten.Das erinnert mich an die ewigen Klagen über die ach so verdorbene Jugend. 🤣 Die gab es sogar schon bei den Sumerern:
Die Erfahrung der letzten Jahrhunderte lehrt uns: Die kriegen sich schon wieder ein und das bekämpfte Novum wird Allgemeingut.
„Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“ (Keller, 1989, ca. 3000 v. Chr., Tontafel der Sumerer).Quelle: https://bildungswissenschaftler.de/5000-jahre-kritik-an-jugendlichen-eine-sichere-konstante-in-der-gesellschaft-und-arbeitswelt/
Manche Dinge ändern sich wahrscheinlich nie. 🤷♀️
Doors schrieb:Manchmal passt man die "eigene" Rechtschreibung auch an die Umstände an. Als ich noch international tätig war, hatten Deutsch-ZweitsprachlerInnen, mit denen ich zu tun hatte, beispielsweise Probleme mit Umlauten oder "ß", dass dann als grosser "B" interpretiert wurde. Folglich gewöhnte ich mir ein konsequentes "SS" an. Dafür kennt man Deuschland im Ausland bekanntlich aus den Medien. :DDas mache ich zum Beispiel nicht. Da schreibe ich liebe gleich auf Englisch. Ich müsste ja sonst auch auf Umlaute verzichten, die gibt es ja auch nicht in jeder Sprache.
Aus lauter Faulheit habe ich es meist dabei gelassen.
martenot schrieb:Wobei die Verwendung des Doppel-s statt dem ß doch eine Spezialität der Schweizer Rechtschreibung ist. In der Schweiz erhält man eine Busse (statt einer Buße), wenn man im Strassenverkehr (statt Straßenverkehr) fehlbar war. Typischer Satz in der Schweiz: "Fehlbare werden gebüsst." Ich selbst stutze dann immer ein wenig, weil ich das Wort "Busse" mit kurzem "u" aussprechen und darunter die Mehrzahl eines Verkehrsmittels verstehen würde.Mich irritiert das auch immer, aber vielleicht sprechen Schweizer die Vokale ja auch kurz aus? Doppel-S bedeutet ja, dass der Vokal davor kurz ausgesprochen wird. Vielleicht sagen Schweizer ja auch wirklich Busse oder Strassenverkehr?
Laura_Maelle schrieb:z. B. feministisch Emanzipierte/OrientierteDas finde ich zu umständlich. Ein Wort sollte auch ein Wort bleiben und nicht umständlich umschrieben werden müssen. Ob ich jetzt Fachmann oder Fachkraft schreibe, macht keinen Unterschied her vom Aufwand.
Gerade die deutsche Sprache ist so vielfältig, dass sich wahrscheinlich für jeden Fall eine Alternative ableiten lässt, die annehmbar wäre. Ich werde es jedenfalls künftig so machen. Macht irgendwie auch Spaß!
Laura_Maelle schrieb:Bei mir lief es gerade umgekehrt. Als Schweizerin habe ich mir durchgängig das ß angewöhnt, damit ich in D und Ö nicht negativ auffalle mit dieser Schweizer Eigenheit. Bin beim ß geblieben. In der Schweiz versteht man das ß ja gut.Aber das ist ja dann auch nicht korrekt. Man verwendet das ß ja nur, wenn der Vokal davor lang ausgesprochen wird (Fuß) oder wenn es sich um einen Diphthong handelt (beißen). Bei kurz ausgesprochenen Vokalen (Kuss) schreibt man Doppel-S.