Verhaltensweisen deuten

Groucho schrieb:Ja, das greift wirklich um sich. Immer wenn ich es gehört habe, war es weniger sich selbst zu bestätigen (was natürlich automatisch passiert, wenn man seinen Ausführungen ein 'genau' folgen lässt), der Grund ist ein anderer mMn.
Und zwar ein Beenden dessen, was man sagen wollte.

Nee, oftmals wird ja weitergesprochen und immer ein "genau" angehängt.
Tatsächlich heiße ich Uschi. Genau. Bin Mutter von zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchen. Genau. Bin gerade in Elternzeit. Genau. Bin seit 3 Jahren verheiratet und seit 4 Jahren mit meinem Mann zusammen. Genau. Höhöhö. :shot:

So in etwa läuft das. Da wird keine Ausführung beendet. Es ist ein Füllwort ohne Sinn.

Und warum soll es denn direkt Mobbing sein, wenn jemandem seine Verhaltensweisen gespiegelt werden? Vielleicht fällt demjenigen ja so mal auf, dass es sich sehr eigenartig anhört, wenn man immer keinen Plan oder vielleicht anführt, genau und tatsächlich einfügt? Daher habe ich "tatsächlich und "genau" angesprochen, weil ich das seit Ewigkeiten überall so höre und mich frage, warum?!

Stell dir vor, ein Arzt sagt:
Ich habe tatsächlich Humanmedizin studiert. Genau. Sie haben Krebs, keinen Plan, vielleicht. Genau. Ich sollte sie mal zu einem Facharztkollegen überweisen - vielleicht.

Interested schrieb:Tatsächlich heiße ich Uschi. Genau. Bin Mutter von zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchen. Genau. Bin gerade in Elternzeit. Genau. Bin seit 3 Jahren verheiratet und seit 4 Jahren mit meinem Mann zusammen. Genau. Höhöhö. :shot:

In der Form habe ich das (zum Glück) noch nie gehört.

Die Sprecher*innen, die ich das habe benutzen hören, machen das alle so, wie ich gesagt hatte.

Interested schrieb:Und warum soll es denn direkt Mobbing sein, wenn jemandem seine Verhaltensweisen gespiegelt werden?

Naja, wenn das unabsichtlich passiert, wie es oben jemand beschrieb, natürlich nicht.

In dem Moment, wo es absichtlich passiert, finde ich das schon recht übergriffig.
Kommt natürlich auch da immer auf das Verhältnis der Sprecher*innen zueinander an.

Aber so wie die TE es geschildert hatte, war es für mich mobbing.

Groucho schrieb:Aber so wie die TE es geschildert hatte, war es für mich mobbing.

Nö, aus dem lässt sich das für mich nicht wirklich schließen. Da sehr viele Menschen das leider so gebrauchen und nicht mal zwangsläufig mit TE in Verbindung stehen muss, nur weil sie das immer sagt.
Ich würde mir mehr Gedanken darum machen, warum ich das immer sage und ob ich meine Sprache diesbezüglich nicht zwingend überdenken sollte. :'D

Interested schrieb:Ich würde mir mehr Gedanken darum machen, warum ich das immer sage und ob ich meine Sprache diesbezüglich nicht zwingend überdenken sollte. :'D

Ich denke, wenn sich erstmal so eine Eigenart eingeschlichen hat, wird es schwierig die zu ändern? Oder meinst du das geht eigentlich problemlos?

kittyka schrieb:Oder meinst du das geht eigentlich problemlos?

Ja, natürlich geht das problemslos. Versuch es mal. :)

Interested schrieb:Ich würde mir mehr Gedanken darum machen, warum ich das immer sage und ob ich meine Sprache diesbezüglich nicht zwingend überdenken sollte

Wie gesagt, da finde ich deinen Anspruch ein wenig überzogen.

Ja, es gibt auch viele sprachliche Angewohnheiten, Marotten, Moden die mich bei anderen nerven.
Aber den Anspruch zu haben, dass die das ändern sollen, weil mich das nervt, finde ich ein wenig egozentrisch, überkandidelt.

Groucho schrieb:Wie gesagt, da finde ich deinen Anspruch ein wenig überzogen.

Ich nicht. Die machen sich ja zum Vollhorst. Und was heißt denn überkandidelter Anspruch? Wenn man mit so jemandem zusammenarbeitet und jeder Satz so endet, kann es über einen Zeitraum von 8 Arbeitsstunden massiv nerven. Dann wendet man sich eben von der Person ab und dann kann man gerne das inflationär benutzte Mobbing anbringen.
Ich habe nicht umsonst das Beispiel mit dem Arzt gebracht. Wir können auch eine Sprechstundenhilfe nehmen, die diese Worte bei der Terminvergabe benutzt usw. Da sollte es ein Leichtes sein, das mal zu überdenken. Reflexion wäre das Zauberwort. Manche wundern sich immer, warum sie bei anderen komisch ankommen. So verwunderlich ist das nicht.

kittyka schrieb:Wie würdet ihr es verstehen, wenn jemand mit dem ihr zu tun habt, eure sprachlichen Eigenheiten nachahmt?
Zum Beispiel plötzlich auch gerne an Sätzen ein vielleicht oder keine Ahnung dranhängen tut?

Wenn du der Kollegin im Moment nicht 100% vertraust, was hättest du an Vertrauen zu verlieren sie darauf anzusprechen?
Das könnte doch ein interessantes Gespräch werden.

Um mal auf das Thema zurückzukommen :-) - du bist dir 100% sicher, dass sie deinen Namen kennen sollte?

Versehen ausgeschlossen? Mir geht das so, dass ich mich mitunter minutenlang mit jemandem unterhalten kann und ein halbes Jahr später keine Ahnung mehr habe, wer da sitzt (Beispiel: Ich habe ein Elterngespräch zu Beginn des Schuljahres und sieben Monate später sehe ich die Mutter wieder am Elternabend - in 90% der Zeit kann ich dir nicht mehr sagen, woher ich sie kenne und wie sie heißt).

Es könnte auch einfach Mobbing sein ...

Mitunter verhalten sich Leute einfach sehr unerklärlich komisch,manchmal, weil sie völlig anders sozialisiert sind.

MissMary schrieb:du bist dir 100% sicher, dass sie deinen Namen kennen sollte?

Er. ;)

Interested schrieb:Ja, natürlich geht das problemslos. Versuch es mal. :)

Man kann es ja versuchen :D

Interested schrieb:Die machen sich ja zum Vollhorst.

Jeder darf sich so oft und so heftig zum Vollhorst machen, wie er oder sie möchte.

Interested schrieb:Und was heißt denn überkandidelter Anspruch?

ich dachte, das hätte ich oben geschrieben, was das für mich heißt

Interested schrieb:Wenn man mit so jemandem zusammenarbeitet und jeder Satz so endet, kann es über einen Zeitraum von 8 Arbeitsstunden massiv nerven. Dann wendet man sich eben von der Person ab und dann kann man gerne das inflationär benutzte Mobbing anbringen.

Niemand hat "abwenden" Mobbing genannt, glaube ich jedenfalls.

Interested schrieb:Ich habe nicht umsonst das Beispiel mit dem Arzt gebracht.

Doch, wenn ein Beispiel völlig an den Haaren herbeigezogen ist, ist es in einer Diskussion völlig umsonst gewesen.

MissMary schrieb:Mitunter verhalten sich Leute einfach sehr unerklärlich komisch,manchmal, weil sie völlig anders sozialisiert sind.

Manchmal haben sie auch anderes im Kopf als sich Namen von Menschen zu merken, denen sie gelegentlich begegnen. Das ist doch normal, finde ich. An der Kasse z.B. , sitzt so oft die eine Frau und wenn ich sie ansprechen möchte , muss ich aufs Namensschild gucken. An der Käsetheke. der Poststelle usw. wer weiß denn jeden Namen und dabei hätten sie es verdient, dass man sich den Namen merkt. Oder bin ich einfach zu alt und merke mir nichts mehr?

Manchmal kann man sich einen Namen besser merken , weil der einfacher zu merken ist oder als du deinen Namen der Person sagtest derjenige kurz abgelengt war durch eigene Gedanken oder äußere Einflüsse und der Person es peinlich war noch mal nachzufragen.
Und das Tatsächlich und Genau würde ich als ne Art Bestätigung des Gegenüber gesagten verstehen ausser der Unterton wäre Verändert.

@kittyka
also ganz ernsthaft, Du musst Dir keine Gedanken machen, eher die, die diese sog. Füllwörter so nervend, anstrengend usw blabla finden.
Hier, mal zum Nachlesen:

SWR2 Wissen

Äh, ähm, genau – Wozu gibt es Füllwörter?

Quelle: https://www.swr.de/swr2/wissen/aeh-aehm-genau-wozu-gibt-es-fuellwoerter-102.html#:~:text=Das%20%22Genau%22%20tauche%20dann%20auf,welche%20Inhalte%20als%20n%C3%A4chstes%20drankommen.

Du sprichst eben, wie Du sprichst, wird schon seinen Grund haben ;)

Vielleicht ist ja bei mir stumpf Trumpf, aber ich habe, ausser bei mir sehr wichtigen Personen, nie etwas darauf gegeben, was andere von mir denken. Was kümmert mich das dämliche Gesabbel anderer?

Namen kann ich mir auch schlecht merken, da könnte es auch durchaus vorkommen, dass ich da mal einen Namen gerade nicht"griffbereit" habe.

Bei "sprachlichen Eigenarten" fallen mir meine Gespräche mit meiner Verwandtschaft aus Berlin und Bayern ein. Wenn ich länger mit denen rede, bzw. sie mit mir, dann kommt es schon mal vor, dass ich in deren "Slang" verfallen würde, wenn ich mich nicht darauf konzentriere, sie nicht nachzuahmen.


Was für mich persönlich echt schwer ist, das sind Gespräche mit lispelnden Personen. Ich achte dann so sehr auf das Lispeln, dass ich mich zusammen reißen muss, nicht selbst damit anzufangen.

Ich glaube, ich spiegel sehr schnell andere Personen, ohne dies böse zu meinen. Auch mit anderen Verhaltensweisen kann das vorkommen, wenn ich direkt mit ihnen zu tun habe.

Tussinelda schrieb:also ganz ernsthaft, Du musst Dir keine Gedanken machen, eher die, die diese sog. Füllwörter so nervend, anstrengend usw blabla finden.

Ja, äh, genau

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/kolumne-nine-to-five-warum-sagen-alle-genau-18600702.html

Das hat sich gewandelt. Jetzt dient das „genau“ – in der gesprochenen Sprache – der Selbstbestätigung, sich sozusagen selbst zuzustimmen und recht zu geben.

Doch! Mach dir ruhig Gedanken @kittyka :D Denn genauso ist dein "keine Ahnung" und "Vielleicht" ja eher dann so zu deuten, dass du keine Ahnung hast, wovon du gerade sprichst - vielleicht. :troll:

Natürlich müssen sich mal wieder alle anderen Gedanken machen. :D Natürlich!

Genau!

https://schmid.welt.de/2015/12/18/genau/

Es ist monologisch, wer das Wort benutzt, kommentiert sich selbst, spricht sich also vor allem selbst an.

Alle empfinden es als Selbstbestätigung der eigenen Aussage und sind genervt, was ich absolut nachvollziehen kann.

Das „Genau“ setzt einen Punkt, skandiert die Rede. Oft klingt es fast so, als lobe die Kollegin sich selbst. Sie verlässt Platz A und begibt sich auf Platz B, um von dort aus ihr Alter ego zum kommentieren, zu bekräftigen und als bedeutsam hinzustellen.

Und natürlich verhält es sich mit "tatsächlich" auch so.

Ich bin schwer genervt von „tatsächlich“

Quelle: https://www.zevener-zeitung.de/Zeven/Ich-bin-schwer-genervt-von-tatsaechlich-144203.html

Ich mag unsere Sprache und ich mag es, anderen beim Sprechen zuzuhören. Was ich gar nicht mag, ist der inflationäre Gebrauch von immer denselben Wörtern oder von Floskeln. Besonders regt mich schon seit Monaten das Wörtchen „tatsächlich“ auf, das in jeden zweiten Satz eingeflochten wird und mir jede Talkshow, Kochsendung und viele andere Formate vermiest. Ich bin schwer genervt von dem sinnlosen Gebrauch von „tatsächlich“ und reagiere mittlerweile körperlich: Sobald ich jemanden „tatsächlich“ sagen höre, fühle ich mich kurz unwohl.

Hören sich die Leute eigentlich nie selber zu? Von der inflationären Benutzung des Wortes "genau" habe ich dabei noch gar nicht angefangen.

Auch mal zum Nachlesen und Nachdenken. :)

Interested schrieb:Doch! Mach dir ruhig Gedanken @kittyka :D Denn genauso ist dein "keine Ahnung" und "Vielleicht" ja eher dann so zu deuten, dass du keine Ahnung hast, wovon du gerade sprichst - vielleicht. :troll:

Ich glaube, dieses vielleicht sage ich oft, weil ich eben meine Meinung nicht als allgemeingültig präsentieren möchte. Das vielleicht drückt aus, dass ich theoretisch auch falsch liegen kann.

@kittyka

Ich schrieb ja ganz am Anfang, es kommt auf den Kontext an und wo im Satz und der Aussage ein Wort genutzt wird.